Die Nazizeit hat besonders für Hollywood eine morbide Faszination, weshalb es nicht an filmischen Reminiszenzen mangelt, auch an solchen der durchgeknallten Art. Die Faschisten besiedeln im Film heute die Rückseite des Mondes oder das Innere der Erde, oder sie versuchen in Marvel-Comics als genetisch verbesserte Zombies die Weltherrschaft an sich zu reißen. Am liebsten glauben die Deutschen aber, dass die paar übrig gebliebenen Irren Weltansichreißer und Rassereinhalter nach Argentinien ausgewandert sind, oder sich in der „Colonia Dignidad“ ihren pädophilen Gelüsten nachgehen – ihre kruden Ideen, zu denen man auch gern den Antisemitismus in Gänze zählt, haben sie selbstverständlich mitgenommen! Hier und heute gibt es sowas nicht!

Doch ganz so einfach ist es nicht, wie wir immer wieder erkennen müssen. Schon die Urheberschaft des Antisemitismus können wir kaum den Nationalsozialisten andichten, sie waren es nur, die ihn zur Staatsdoktrin machten um aus einer konstruierten moralischen „Überlegenheit“ heraus effektiver Massenmorden zu können. Antisemitismus gab es bereits vor 1933 und leider auch noch nach 1945. Er wohnt in Islamisten, neuen Rechten, linken „Israelkritikern“ und Verschwörungstheoretikern aller Couleur – und neuerdings auch in Schweizer Hoteliers. Im schönen Arosa gelegen bietet das „Apartmenthaus Paradies“ entspannten Aufenthalt mit Alpenpanorama, gediegener Gemütlichkeit, Pool und Apartheit.

Ein Schild am Eingang zum Poolbereich klärt darüber auf, welche Menschen die Betreiber für schmutzig und absonderlich halten: „To our Jewish Guests, Woman, Men and Children, Please take a shower before you go swimming and althoug after swimming. If you break the rules, I’m forced to close the swimming pool for you. Thank you for understanding. – Ruth Thomas“

Wenn der dreckige Jude im Schweizer Hotel sich nicht benimmt, setzt es was! Auch für die Benutzung des Kühlschranks gibt es besondere Regeln nur für Juden: „For our Jewish guests: You may access the refrigerator only in the following hours: 10:00-11:00 and 16:30-17:30. I hope you understand that our team does not like being disturbed all the time.” Mal ganz abgesehen davon, was es für ein Bild auf ein Hotel wirft, dessen Personal sich von seinen Gästen „gestört“ fühlt, sind diese Aushänge seit langem das widerwärtigste, was ich an Alltags-Antisemitismus in Europa gesehen habe! Die fadenscheinigen Ausflüchte, die das Management auf Anfrage der „Times of Israel“ machte – man habe lediglich zwei Mädchen gemeint, die versucht hätten, ohne duschen in den Pool zu gelangen und diese hätten auf „normal Ansprache“ nicht reagiert, weshalb man zur „Gruppenansprache“ übergegangen sei, macht die Sache nicht besser, sondern schlimmer.

Dieser Vorfall und die Reaktion darauf zeigen wieder einmal deutlich, dass Antisemitismus nichts sein muss, für das man sich bewusst entscheidet und das man auch selbst so nennen muss. Es ist vielmehr ein gesellschaftlicher Virus, der latent vorhanden ist und der an oft unerwarteten Stellen zum Ausbruch kommt. Die Betroffenen merken häufig nicht einmal, dass sie Antisemiten sind und auch die Schweizer Hoteliers sind sich keiner Schuld bewusst. Hier hilft nur noch der weise Spruch des deutschen Alltagsphilosophen Dieter Bohlen bei der Einordnug: „Mach einem Bekloppten klar, dass er bekloppt ist!“

Nachtrag: Die Schilder wurden nach den massiven Protesten entfernt, das Management des Hotels äußert sich auf meine Anfrage leider nicht zu den Vorwürfen. Eine Entschuldigung hält man jedoch offensichtlich für überflüssig. Die Buchung des Hotels ist es damit aber in Zukunft auch.

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9 Kommentare

  1. Naja, hätte man auf dem besagten Schild einfach nur „jewish“ weggelassen, wäre nichts gewesen. Ich möchte nicht wissen, wie viele christliche Mitbürger hier im Land das Schwimmbad ungeduscht mit dem eigenen Sud würzen…

  2. Unglaublich, was sie hier posten, ohne die wirklichen Fakten zu kennen. EBesser Sie erkundigen sich, was wirklich Sache ist und posten dann nicht einen solchen Unsinn.

  3. Ihre Deutung dieser unsäglichen Mahnung als Zeichen eines (gerade bei Hinterwäldnern!) verbreiteten, latenten Judenhasses ist naheliegend. Doch denke ich, dass Sie hier falsch liegen. Stellen Sie sich bitte einmal vor, die Botschaft hätte sich an nicht an Juden, sondern an Musliminnen gerichtet mit der Aufforderung, den Gästepool nur in Badekleidern zu benützen und nicht „ungeduscht“ in voller Körperverhüllung. Das wäre unter dem Aspekt der betrieblichen Kommunikation eine ebenso desaströse Mitteilung gewesen. Hätten Sie in so einem Fall der Wirtin der Islamfeindlichkeit unterstellt?

    • Da machen Sie einen Denkfehler, denn niemand wollte in diesem Fall den Pool in unangemessener Bekleidung betreten. Gruppenansprache setzt Gruppenverhalten voraus. Das ist beim Badeverhalten hier aber nicht gegeben, denn die Ansage richtete sich ja nicht gegen die (nicht vorhandene) Angewohnheit, die Kippa beim Baden auf dem Kopf zu tragen. Wenn die Betreiber Burkinis verböten, wäre das auch kein Problem. Konstruiert man aber den Fall, dass zwei muslimische Mädchen, vorschriftsmäßig in Badekleidung, das Duschen vergessen hätten – dann wäre ein Schild mit der Aufschrift „An unsere muslimischen Gäste“ sicher ebenso daneben und als Muslim-Feindlichkeit zu bezeichnen.

      • Gruppenansprache setzt nicht Gruppenverhalten voraus, sondern Gruppenkontrolle. Und einigen Medienberichten zufolge ist der Pool in Bekleidung benutzt worden. Eigenartig, dass gerade Sie mir hier unterstellen, irgendetwas zu konstruieren. Meiner Auffassung nach handelt es sich hier immer noch nur um ein Missgeschick. Ein sehr grobes und fahrlässiges Missgeschick, aber eben ein Missgeschick. Vielen Schweizern ist das Befolgen von Regeln so wichtig, dass die Höflichkeit darunter leidet. Mit Judenhass hat das nichts zu tun. Viel aufregender ist, zu beobachten, wie das Ganze medial aufgebauscht wird. Da sind kühle Köpfe gefragt, Roger. Ich lese Ihre Artikel übrigens immer mit grossem Vergnügen, aber in diesem Fall denke ich haben Sie sich zu einer Deutung hinreissen lassen, die keinen Gewinn bringt.

        • Missgeschick. Das wird’s gewesen sein. Die Betreiber nennen es Missverständnis.Letztlich ist der ganze Antisemitismus nur ein einziges, großes Missverständnis. Ich denke, dass ich mit meiner Deutung richtig liege und da das hier keine Webseite mit Gewinnerzielungsabsicht ist, zählt am ende das, was ich von dem Artikel habe: Mir den Frust über Missgeschicke dieser Art von der Seele zu schreiben. Es gibt schon genug kühle Köpfe hier im Land, die bereit sind, noch sie abscheulichsten Absonderlichkeiten als Missgeschick, kulturelle Eigenart oder Missverständnis hinzunehmen und sich Tag für Tag im Appeasement zu üben. Das muss letztlich jeder selbst entscheiden – mein Ding ist es nicht.

  4. Das Schild hätte ich für einen schlechten Internet-Hoax gehalten, nicht für etwas das in einem tatsächlichen Hotel an einer wirklichen Tür hängt – wenn ich nicht wüßte daß es echt ist.

  5. … will mal behaupten, dass es noch nirgends korrekt geschriebene Schilder dieser Art gegeben hat.
    Folgerung: Jemand, der sich anständig ausdrücken kann und die Rechtschreibung beherrscht kann kein Judenhasser sein.
    Ja?
    -Hmnein, falsche Folgerung. Die Erfahrung lehrt naturgemäß Anderes.
    Nu gutt!, dann kann wenigstens einer, der eine fremdsprachige Grammatik & Rechtschreibung beherrscht (also Englisch für Dütschschwitz’rr oder immerhin Deutsch für hiesige Türken der dritten Generation), kein Judenhasser sein, nein?
    Möglich.

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