Ich bin spät dran. Das Frühstück muss also ausfallen. Der Hunger meldet sich leider schon am Ortsausgangsschild, kann jedoch mit dem Hinweis, irgendwo auf der Autobahn schnell gestillt zu werden, zum Verstummen gebracht werden. So vorzugehen gebietet allein schon die Vernunft, denn nichts unterbricht ein Kundengespräch peinlicher als ein knurrender Magen, der deutlich hörbar ruft „Geben Sie mir den Auftrag, ich habe Hunger und brauche das Geld!“ Die erste Autobahn-Raststelle wird also genutzt, um rasch und ohne viel Nachdenken ein paar typische Snacks einzukaufen. Alles zwar ess- aber sicher kaum genießbar, funktional wie Schiffszwieback oder Einmannpackungen bei der Armee. Zweck schlägt Genuss und so eine in undefinierbaren Teig eingebackene Minisalami ist in zweiter Linie auch noch praktisch, weil man sich dank eines Teigmantels mit der Konsistenz von Fensterkitt die Finger nicht fettig macht und die Kalorienzufuhr nebenbei und während der Fahrt erledigt werden kann. Einfach aufreißen und reinbeißen.

Jeder weiß, wie langweilig die Dinger schmecken, aber schon beim ersten Bissen hatte diese BiFi-Rolle meine ganze Aufmerksamkeit. Die Teighülle hatte so gar nichts Zähes, sondern bot dem Biss überhaupt keinen Widerstand. Mürbe und porös wie die Knochen eines hundertjährigen Osteoporotikers bröselte es und gab den Weg frei auf das Röllchen im Inneren. Der Weg durch den Teig war zu kurz, um noch verdutzt innehalten zu können. Der Eindruck von Mürbheit verstärkte sich in der Mitte noch und der fleißige Archivar in meinem Kopf suchte im Textur-Archiv verzweifelt nach bekannten Dingen. Im Abschnitt „Lebensmittel“ wurde er nicht fündig, „Salami“ oder auch nur „salamiartig“ verwarf er sogleich. In was hatte ich da gerade gebissen? Mittlerweile kam auch der Geschmack beim Gedächtnisarchivar an, der jedoch nur mit aufgerissenen Augen und kopfschüttelnd die Schultern hochzog. „Keine Ahnung, was das sein soll! Ich tippe auf Kohlenanzünder oder Styropor.“ Fehlte nur noch der Augenschein und der ergab eine orange-rote, glanzlose Masse an der Stelle, wo eigentlich die Salami sein sollte.

Erst jetzt bemerkte ich das Klingelwort „Veggie“ auf der Verpackung. Ich hatte mich wohl in der Eile vergriffen. In dem Moment erinnerte ich mich an diesen grenzdebilen Werbespot auf YouTube, in dem sich ganz zeitgemäß nur Looser und Deppen in peinlichen Posen und Klamotten tummelten und das Ergebnis dem Betrachter als das „Neue Normal“ verkauft werden soll. Der Spot warb für eben jene neue „Veggie-Bifi“, von der ich jetzt eine Probe im Mund hatte, mit dem Spruch: „Wenn Weizen BiFi sein will, dann machen wir das möglich.“ Ich hatte soeben in eine Transwurst gebissen!

Der Weizen wollte es so und da heute jeder alles sein oder wollen kann, ohne dass Kritik erlaubt ist, tut man dem verwirrten Weizen eben den Gefallen. Mein Problem war natürlich die Blindverkostung, so ganz ohne Kennenlernen, political correctness und Pronomen. Der gute Wille, den Weizen nicht zu verletzen und sein Salamistreben nicht durch zu hohe oder gar normative Ansprüche an Geschmack, Textur, Farbe oder Funktion zu stören, hatte sich vorab nicht einstellen können. Jeder brave Veggie-Bürger hätte doch anerkannt, dass auf der Verpackung „BiFi“ steht, eine Teighülle vorhanden ist und in der Mitte ein irgendwie roter, runder Zentimeter auf den geneigten Esser wartet. Das muss ja wohl reichen!

Doch auch für den ersten unfreiwilligen Eindruck gibt es keine zweite Chance und meine beleidigten Sinne urteilten in aller Härte: Alles Weizenartige hatte man diesem Weizen ausgetrieben und dennoch ist keine Salami aus ihm geworden. Nur eine politisch korrekte Zumutung. Außerdem habe ich einen Verdacht: der Weizen wollte gar nicht BiFi sein!

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9 Kommentare

  1. Toller Einstieg, …den Rest habe ich schon gar nicht mehr gelesen. Wir befinden uns im Krieg. Schon vergessen… . Sie werden von der StaaS schon laenger avisiert. Schreiben Sie was nationales, kuerzeres… das ist die bna oder bdna fuer die netze man vorsicht gruen, betrachten sie itu, die chinesen sind sauer betrachten sie dazu scienceF 6 ok. da liegen wichtige infos. Der Einschlagspunkt liegt genau an der franc. Grenze .sehen sie rückwärts, die chien warten darauf schreiben sie schnell mal darueber Stichwort elon itu i am ei fragen sie aber nicht nach virus

    • Hmmm. Gehen Sie über Los und ziehen Sie bitte keine zweihundert Bifi Transwürste ein, es sei denn Sie möchten die Parkallee mit einem Atomkraftwerk überbauen.

  2. Jetzt haben Sie endlich auch aus eigener Erfahrung gelernt, dass Klaus Schwab die ganze Zeit schon recht hatte. Man kann sich sehr wohl vegan und natürlich ernähren, wenn man statt Fleisch gefriergetrocknete Insektenquetschpaste isst.

  3. Sehr amüsanter Artikel, vielen Dank für die Lacher.

    Nur als Hinweis, da es viele falsch machen (mich bis vor einer Weile eingeschlossen):

    Korrekt ist Loser, da es von lose (verlieren) kommt und nicht von loose (locker/lose).

    Ich wünsche ein schönes Wochende!

  4. Selten so gelacht!
    Da musste ich an einen Besuch im Bioladen denken, Bekannter war Vegetarier.
    Ich schaute mir das alles interessiert-befremdet an, aber an der Tiefkühlung erstrahlten meine Augen: Es gab dort tatsächlich so richtig schön anzusehende Koteletts. Das „Fleisch“ war so irgendwie Soja-Weizenpamps mit Chemie, aber das Geilste war, daß auch der übliche „Knochen“ eingebaut war – aus Plastik, versteht sich…
    Die haben doch ’nen Hau weg.
    Demnächst werde ich mal wieder hingehen und gucken, ob die Weißfische im Angebot haben, Rotauge, Brassen, irgendsowas, mit aus Kunststoff nachgebastelten Gräten rund um den Soja-Algen-Geschmacksverstärker-Matsch. Ob man auch daran ersticken könne wie beim Original, werde ich dann in aller Unschuld fragen.
    Guten Appetit!

    PS: Werter Herr Letsch, Sie haben da ohnehin etwas falsch verstanden. Mit „Einfach aufreißen und reinbeißen.“ ist gemeint, daß Sie das aufreißen, den Inhalt wegwerfen und dann genüßlich die Verpackung verspeisen.

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