Die gute Nachricht zuerst: Thüringen brennt nicht, lieber Paul Ziemiak von der CDU. Es hat ausreichend geregnet in den letzten Wochen, die Wälder und Felder sind so nass, dass sie sogar den medialen Funkenflug der Wahl eines FDP-Ministerpräsidenten überstehen können. Denn genau das muss man nochmal betonen, weil es aus den Parteizentralen von CDU, CSU, Grünen und besonders der Linken so tönt, als hätte heute die Machtergreifung der „NSDAP 2.0“ stattgefunden. Ich habe nachgesehen, es ist alles ganz anders. Der neue Ministerpräsident heißt nicht Höcke, sondern Kemmerich. Wie das nach Neuwahlen aussähe, ist natürlich eine andere Frage. Statt des erwarteten Linken wurde im Bratwurstland durch einen Überraschungsrückzug der AfD jemand Ministerpräsident, dessen Partei bei der Wahl mit Mühe die 5%-Hürde übersprang – und der Blätterwald hat Schüttelfrost mit ARD-Brennpunkt.

Vergessen sind Klimanotstand, Feinstaub, Trump, Brexit und Coronavirus – Deutschland ist in Gefahr, weil ein Altkommunist nicht zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Hätte man nur rechtzeitig…ach, all diese „Hättes“. Man hätte diese Liberalen rechtzeitig dem Faschismus beiordnen und vor ihnen warnen müssen? Hätte längst Einsätze der Bundeswehr im Inneren, ja, sogar eine echte Bundeswehr zulassen müssen? Hätte die Unsicherheit von Wahlen durch Akklamation ersetzen, vielleicht sogar Opposition als solche verbieten sollen? Und hätte die FDP nicht längst vom Verfassungsschutz beobachtet werden müssen? Man hätte so viel tun können.

Jetzt die schlechte Nachricht: nein, hätte man nicht. Und ich kann nur dringend allen dazu raten, die Finger wieder aus den Steckdosen zu nehmen. Denn die neue Thüringer Landesregierung wird ohnehin nicht lange Bestand haben und es kommt bald zu genau den Neuwahlen, die heute schon von überall gefordert werden. Die Wahrheit ist aber auch, R2G hatte keine Mehrheit im Landtag, nicht mal die einfache und war somit streng genommen auch nicht berufener als eine Minderheitsregierung, die von einer demokratisch gewählten 5%-Partei gestellt wird.

Dass die FDP für gewöhnlich nicht zu den Anwärtern auf den Posten eines Regierungschefs zählt, kann ja wohl kein ernst gemeintes Argument sein. Dass die SED mal einen Ministerpräsidenten in der Bundesrepublik stellen würde, dass Egon Krenz die Bundeskanzlerin in den höchsten Tönen loben oder dass ein Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland je einem iranischen Mullah „im Namen des deutschen Volkes“ zum Jahrestag einer blutigen islamistischen Revolution gratulieren würde, hätte ich mir schließlich auch nicht träumen lassen.

Kontaktschuld

Ein weitaus größeres Problem als ein Ministerpräsident von der FDP auf Abruf ist jedoch, dass sich der Empörungsschrei „mit den Stimmen der AfD“ nun wohl verfestigen wird. Diese Partei, unisono zum Paria erklärt, hat offensichtlich die Strategie gewechselt. Jahrelang hatte man vergeblich versuchte, sich im Parteienspektrum Gehör zu verschaffen und dabei mehrere Richtungswechsel vollzogen und Parteivorsitzende verschlissen. Ergebnis dieser Strategie war der Totalboykott. Doch nun dreht der Lepröse den Spieß einfach um und spielt plötzlich Völkerball! Wie treibt man jemanden in die Verzweiflung, der einem schon aus Prinzip widerspricht? Man stimmt ihm zu!

„Mit den Stimmen der AfD“ werden womöglich demnächst Haushalte verabschiedet und Mittelmeer-Rettungsmissionen beschlossen. Die Erklärungsnöte müssen auch dann gewaltig sein, sonst ließe sich die Aufregung um die Wahl Kemmerichs „durch die AfD“ im Rückblick kaum rechtfertigen. Sowenig ich verantwortlich dafür bin, wer meine Texte liest, sowenig kann man die FDP in Thüringen für Wahlstimmen verantwortlich machen, um die sie nicht gebeten hat und die laut Aussage von Höcke keinesfalls für die Liberalen, sondern nur gegen die Linke abgegeben wurden. Dies im Sinn könnte sich Ramelow ebenso fragen lassen, warum er zum dritten Wahlgang noch antrat, wo er dies doch hätte wissen müssen. War man bei Rot-Rot-Grün etwa so mit der eigenen Machtsicherung beschäftigt, dass man nicht mal in Erwägung zog, die AfD könne, um dies zu verhindern, den FDP-Kandidaten unterstützen? Wer im Schach nicht mal einen Zug des Gegners voraussehen kann, sollte besser Tic-Tac-Toe spielen.

Schlechter Stil

Die Wahrheit ist, dass weder Deutschland noch Thüringen wegen dieser Politposse untergehen werden. Man hat dort schließlich jahrelang die Linke überlebt, was könnte da die FDP anrichten, die nun von buchstäblich niemandem mehr unterstützt wird und unweigerlich den Weg in Richtung Neuwahl gehen muss? Schon deshalb habe ich eher Mitleid mit der Lindnertruppe, die dieses vergiftete Geschenk angenommen hat.

„Kemmerich hätte die Wahl eben nicht annehmen dürfen“ heißt es nun von Linksgrün. Doch da hatte der neue Ministerpräsident wohl nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Und mal ehrlich, welcher heute-Kommentator hätte sich die Chance entgehen lassen, den Satz „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“ frisch zu vertonen? Wofür sich also in ausgerechnet dieses Messer stürzen? Für Ramelow? Für die große Koalition in Berlin, die nun schon zu Neuwahlen in Thüringen und zur Maßregelung einer Partei aufruft, die im Bund nicht in der Regierung, sondern in der Opposition ist?

Es war jedoch der denkbar schlechteste Stil, mit dem die Linke Hennig-Wellsow ihren Blumenstrauß Kemmerich vor die Füße warf. Schlechter Stil und unwürdig – aber ein Lackmustest für die Demokratiefestigkeit der Linken, den sie nicht bestanden hat. Es ist schon ein lustiger Zufall, dass ich heute die Arbeit an einem Artikel über Nancy Pelosis Wutanfall nach Trumps Rede zur Lage der Nation unterbrechen musste, um schnell diesen Artikel über den wesensgleichen Wutanfall der Linken zu schreiben. Schlechte Verlierer sind offenbar beide. Und schlechte Demokraten noch dazu.

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12 Kommentare

  1. Die Links- und Öko- Faschisten sind ja so empört… war ja auch zu erwarten.
    Daß aber auch FDP und CDU von einem perfiden Plan, ja sogar von einem Anschlag auf die Demokratie sprechen,
    sollte mittlerweile auch dem Dümmsten vor Augen führen, wo wir mittlerweile angekommen sind.
    Ist es nicht legitim, daß eine Partei einen Ministerpräsidenten verhindert, der bekanntermaßen Lichtjahre von den eigenen Überzeugungen entfernt ist? Kann man dem Teil der Wählerschaft welcher diese Partei gewählt hat, das Recht
    absprechen daß auch sein Wille gehört wird?

  2. Ja, auch ich bekam am Mittwoch das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Jetzt, zwei Tage später dünkt mir aber, wozu dieses ganze Theater führen dürfte: Dass nämlich nach all dem medialen Trommelfeuer auch der letzte unbedarfte Michel, der sich seine Informationen noch immer bei Claus und Marietta besorgt, mitbekommen hat, dass neben der AfD, auch die CDU und die FDP ab sofort nicht mehr zu wählen sind. Weil die ja nur auf Spielchen und Machterhalt, bzw. Machtausübung, aus sind. Was bleibt demnach als echte Alternative und wird als erstes (gottlob die einzige nennenswerte Wahl in diesem Jahr) in Hamburg zu bestaunen sein? Ein nie dagewesener Siegeszug der Grünen, die sich ja in Erfurt schön aus dem Ganzen rausgehalten haben. Somit war das Verhalten der AfD am Ende doch nicht ganz so clever, wie es zunächst aussah. Die grüne Karawane wird richtig schön Fahrt aufnehmen. Und was das heißt, kann sich jeder hier denke ich ausmalen…

    • Nun ich vermute, die Grünen hätten auch ohne Erfurt genügend Stimmen erhalten. Denn noch immer gibt es zuviele die glauben, Rote und Grüne würden uns glorreichen Zeiten entgegen führen.
      Darum bin ich auch dafür der bundesdeutsche Fahne Hammer und Zirkel beizufügen.
      Denn wie hieß es über die Bedeutung der DDR Fahne:
      Nach schwarzen Zeiten kamen die Roten und versprachen uns goldene Zeiten. Und jetzt müssen wir Zirkeln damit wir nicht unter den Hammer kommen.

  3. So wie sich dieses Schauspiel abgespielt hat, komme ich immer mehr zu dem Schluss: Die etablierten Parteien haben Angst, das die AfD Zuviel der Lügen entdecken und publik machen könnte!

  4. Allen den vorherigen Kommentaren ist nichts hinzuzufügen. Es bleibt nur zu hoffen, dass das (gemeine) Wahlvolk das auch begreift und nicht nach den abstrusen Versprechen und Forderungen der Grün-Linken agiert.
    Was haben diese beiden Gruppen denn schon Positives für Deutschland gebracht? Es muss erinnert werden an: Deutschland du mieses Stück Scheisse (Grün) oder SED, Mauertote.

  5. Ein Coup wie im Bilderbuch, ein Musterbeispiel von Demokratie haben wir vorgeführt bekommen und eine multimediale und überparteiliche Hysterie, die entlarvender gar nicht sein kann, erleben wir jetzt.

    „Ein Verbrechen an der Demokratie“ kann man da lesen (Campact) und Nazis sind jetzt an der Macht etc.
    Wer jetzt nicht kapiert, wo wir in Deutschland inzwischen angekommen sind, der wird es nie kapieren. Deutschland ist im Griff einer links totalitären Elite, die sämtliche Massenmedien und Parteien gekapert hat und vor nichts zurückschreckt, die es an Anstand und Würde gründlich fehlen lässt. Wäre die Politik wie die Medien nur halbwegs demokratisch, wäre ein kleiner Haufen (tatsächlich) Rechtsextremer kaum der Rede wert. Nur das unentwegte aggressive Antirechtsgedöns macht die Rechte erst groß und genau das ist Demokratie – Aktion & Reaktion sind logische Mechanismen.

    Ich bin froh, dass die Kommunisten einen ordentlichen Dämpfer bekommen haben und froh bin ich auch, dass ein Liberaler, die Mitte, jetzt den Vorsitz innehat – ganz egal, von wem auch immer gewählt. Unerträglich ist dieses Geschrei, das jetzt veranstaltet wird. Niemand hat aufgeschrien, als die SED wieder an die Macht gekommen ist. Kaum jemanden dort juckt es, dass linke Terroristen von eben jenen linken Parteien gefördert gegen wie auch immer gearteten Widerstand aufmarschieren, dass Deutschland als Industrienation demontiert wird von Grünen Ideologen die von dem, was sie fordern, nicht einmal einen Hauch von Ahnung haben. SPD und CDU sind gleichsam verseucht mit dem Virus der Linksideologie „autofrei-wirsindbunt-noborders-elektroohnestrom-sonstweltuntergang“. Deswegen werden sie auch abgewählt. An ihrer statt wird die AfD gewählt. Und die wählt eben nicht links!

  6. Besonders bemerkenswert finde ich, dass Die Linke nichts anderes als die mehrfach umbenannte SED ist.
    Eine SED die eine Diktatur, Mauertote und politische Gefangene auf dem Gewissen hat. All das aber ist offensichtlich völlig egal, denn Die Linke ist ja auf dem richtigen Weg der Weltrettung unterwegs.
    Und das ist wohl das größte Problem mit der AfD. Antisemitismus ist nicht das Problem, dass kennen die Linken zur Genüge aus den eigenen Reihen. Dass aber die AfD nicht daran glauben will die Welt würde in zehn Jahren untergehen oder wie ein linker Clown in Hamburg feststellte Millionen Menschen im Moment durch den Klimawandel sterben ist das eigentlich ungeheure. DIESES VERBRECHEN KANN MAN DER AfD NICHT DURCHGEHEN LASSEN.

    Punkt, aus die Maus.

  7. Ich stelle mir vor, bei der nächsten Wahl wird die AfD stärkste Partei in Deutschland. Welche Geschütze werden dann von linksgrün aufgefahren, welche Proteste, um dieses Ergebnis zu sabotieren, zu stürzen? Langsam erübrigt sich jede Wahl wenn ein Ergebnis, das einer bestimmten Truppe nicht passt, u.U.durch Drohungen “ korrigiert“ werden soll..und kann?
    Und es empört sich immer nur die eine Seite…seltsam..die andere, die der sogenannten
    “ Faschisten“ toleriert auch für sie negative Ergebnisse seit Jahren .

  8. Guter Kommentar.

    Die ganzen Vergleiche mit 1933 sind lausig. Dann hätte die NSDAP seinerzeit nicht den eigenen Kandidaten, sondern einen liberalen Reichskanzler gewählt, um die Kommunisten zu stoppen.

    Und was passiert, wenn der nächste Bundeskanzler mit den Stimmen der AfD gewählt wird? Dann müsste der auch zurücktreten, oder?

    Und was ist eigentlich mit den ganzen Gesetzen, die mit den Stimmen der AfD verabschiedet worden sind? Im aktuellen Bundestag? Oder gibt es da gar keine?

  9. Ein herrlicher, 100% zutreffender Kommentar! Die zufällige Tagesverbindung zwischen Nancy Pelosis ungezügelter und seltsam schülerhafter Vergeltung ( fetz durch..) – und der geschmacklose Ausfall von Thüringens Linken-Frau ist mir auch sofort aufgefallen. Fast lustig- oder eher etwas bestürzend.

  10. Eigentlich sollte man meinen, dass in einem Land, in welchem die Wähler nach links und rechts auseinandertriften, ein Politiker der Mitte genau der richtige Mann für das Amt des Ministerpräsidenten ist. Aber nein, der Aufschrei ist groß, auf eine clevere Taktik hereingefallen zu sein. Und im Wutanfall vergreift sich sogar Ziemiak im Ton. Ein „Ministerpräsident von AFD-Gnaden“ müsse zurücktreten dröhnt es von Links. Toll, da sollte sich die SPD mal an ihre eigene Vergangenheit erinnern. Da gab es den Kanzler Willi Brandt von Stasi-Gnaden und der hatte keinesfalls die Absicht zurückzutreten!

  11. Herrlich, was da in Thüringen geschah.
    Die Linke, (die Grünen und die SPD) sind offenbar nur dann mit der Demokratie einverstanden, wenn sie ihren Plänen nützt.
    Es war eine demokratische Wahl und eine demokratisch gewählte Partei hat taktisch klug gehandelt.
    Ist alles also demokratisch und rchtsstaatlich gelaufen. Kein Grund, Panik zu schieben.

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