Seit Tagen versuche ich, in der Causa Chemnitz einige sinnvolle und zusammenhängende Gedanken zusammen zu schreiben und muss doch immer wieder verwerfen und neu ansetzen. Vor allem, weil mir an vielen Stellen einfach die Fakten fehlen, denn ich war ja nicht vor Ort. Doch dieses offizielle Faktendefizit hindert viele Journalisten und Aktivisten (sofern hier keine Personalunion vorliegt), die ebenfalls nicht vor Ort waren nicht daran, den Blasebalg der Empörung kräftig zu treten. Es ist, als wolle man im Experiment beweisen, dass die Wellen, die ein geworfener Stein im See schlägt, mit der Zeit immer höher werden können. Dabei ist der Stein selbst schon beinahe aus dem Blick geraten und tot zu Boden gesunken. Denn bei aller Sachsenschelte bleibt der Mord am Rande des Stadtfestes doch immer noch das auslösende Ereignis. Ein Mord, den man beim schlechtesten Willen nicht den Chemnitzern im speziellen oder den Sachsen im allgemeinen in die Schuhe schieben kann – obgleich man genau dies versucht, wie ich noch zeigen werde.

Die Abfolge der Ereignisse ist jedoch ein Stück, das bereits mehrfach in Deutschland zur Aufführung kam und wohl auch weiterhin gegeben wird: Eine mehr oder weniger kleine Gruppe von Menschen, die in einem Ort als Gäste der Bundeskanzlerin und der jeweiligen Landesregierung leben und von den lokalen Normen abweichende Vorstellungen von Freizeitgestaltung und Ehre haben, fallen wiederholt durch „Ärger“ auf. Der beschreibende Euphemismus nach der finalen Begebenheit für solche Gäste lautet dann „polizeibekannt“ oder „im Stadtbild bekannt“. In den meisten Fällen handelt es sich um Menschen, deren Asyl- oder Migrationsbegehr abgelehnt wurde und die deshalb den Status „geduldet“ haben – was bedeutet, dass sie nach Recht und Gesetz eigentlich überhaupt nicht hier sein dürften. Die Bürger der duldungsbereiten Orte beobachten seit Jahren einen signifikanten Anstieg spezifischer Straftaten, insbesondere sexuelle Belästigung und Vergewaltigungen nehmen zu, ebenso Diebstähle, Schlägereien und ähnliche Übergriffe, die auf eine „kurze Zündschnur“ hinweisen. Was auch signifikant zunimmt sind die demonstrativen Aktionen jener Menschen, die sich besorgt darüber zeigen, dass sich andere Bürger über die zunehmende Unsicherheit beklagen. Dieses Phänomen der vorauseilenden Beschwichtigung zielt nie auf die Probleme selbst, sondern deutet sie um. So wird Verunsicherung zu Hass erklärt und die Tatsache, dass man genau weiß, von wem die zunehmende Gewalt ausgeht, wird zum Rassismus umdefiniert. Derart unter Rechtfertigungszwang gesetzt und zum Schweigen gebracht, begeben sich viele Bürger in eine innere Immigration gegenüber dem scheinbar nachlässigen Staat und den ihn vertretenden Institutionen, wozu auch weite Teile der Medien gerechnet werden. Denn deren Wortwahl ist verräterisch, die Bildauswahl spärlich und die Schlussfolgerungen geradezu abenteuerlich.

Fällt ein Stein in einen Medien-Teich…

Die Beschaffenheit des Steins, der in den Medien-Teich fällt, bestimmt, ob die Wellen, die er erzeugt, zu- oder abnehmen. Eine mediale Verstärkung des Mordes an einem Offenburger Arzt hielt die Tagesschau für ein zu lokales Ereignis, während ein Syrer, der in Wismar offenbar zusammengeschlagen und beschimpft wurde, eine ausführliche Würdigung erfuhr. Nun ist sicher beides gleichermaßen abzulehnen und juristisch sauber aufzuarbeiten. Das erklärt jedoch nicht die unterschiedliche Gewichtung, die den Fällen offensichtlich beigemessen wird. Liegt es an Wismar, das im wilden Osten liegt, wo bekanntlich diejenigen leben, die dumpf, dumm und dauerstoned sind? Liegt es an der Tat selbst, die in Offenburg von genau jener Willkommenskultur verübt wurde, gegen die sich gewaltbereite Ossis in Wismar versündigt haben? In Chemnitz kamen zwei solche Ereignisse zusammen und die mediale Aufmerksamkeit stürzte sich auch hier nur auf den „Wismar“-Anteil, während der „Offenburg“-Anteil zur Marginalie schrumpfte.

Da ich wie gesagt nicht in Chemnitz, ja, sogar in meinem ganzen Leben noch nie in Chemnitz war und mich nicht auf Gerüchte verlassen mag, vergleiche ich die Bilder und Polizeiberichte mit den Kommentarspalten der Medien und den Aussagen der Politiker. Von Hetzjagden und Aufmärschen war dort die Rede. Doch spiegelte weder ein Polizeibericht noch ein Videoschnipsel auch nur annähernd solche Zustände wieder, die den Gebrauch dieser starken Vokabeln rechtfertigen würden. Es ist auch unwahrscheinlich, dass ausgerechnet bei diesen Vorkommnissen nirgends ein Smartphone gezückt wurde oder die Ausschreitungen nicht coram publico stattfanden. Mir jedenfalls ist nicht bekannt, dass es außer dem Ermordeten und seinen beiden Begleitern überhaupt weitere Verletzte oder Sachschäden gegeben hat. Können die Rechten in Chemnitz nicht, was den Linken beim G20-Gipfel in Hamburg so mühelos gelang?

Doch halt, einen weiteren Verletzten gibt es. Es ist der Imperativ, der in letzter Zeit so häufig missbraucht wurde, dass er sich von den Schändungen in unserer Presse wohl kaum noch erholen wird. Auf der Suche nach immer absurderen Steigerungen in Betroffenheit, Verachtung und Schuldzuweisung dreht der Ton, der längst nicht mehr höher werden kann, ins Übersteuern der Lautstärke – und zwar, bis es schmerzt.

Tanzen auf dem Grab

Denn wenn „Die Toten Hosen“ und andere am 3.9. vor dem Karl-Marx-Monument in Chemnitz aufspielen, tun sie das nicht, um dem Ermordeten Daniel H. die Ehre zu erweisen, sondern unter dem Hashtag „wirsindmehr“ gegen die vermeintliche Nazifizierung Deutschlands. Die unfreiwillige Komik, der sich die Teilnehmenden verdienten Kulturschaffenden des Volksvertreters (die feinsahnigen sind erklärtermaßen Heiko Maas‘ Lieblinge) aussetzten, besteht in der Tatsache, das sie einer Dystopie (Pegida, Islamisierung) einfach eine andere, linksextreme entgegensetzen. Ich wünsche der Polizei in Chemnitz gute Nerven, wenn sie „Feine Sahne Fischfilet“ (Die Bullenhelme, die sollen fliegen…), „Marteria & Casper“ (Für den Untergang sorgen wir, nicht ihr…) und die Hosen (Wir schießen…Bullen um, wenn’s nicht mehr anders geht) vor dem Ultra-Fanblock des Chemnitzer FC beschützen müssen.

Mir geht es nicht so sehr um die Lyrics dieser Halbtagspunker und Radebrecher. Kunstfreiheit und so. Mir kommt diese Aktion aber typisch deutsch vor. Dort, wo Politiker versagen, sitzen Künstler und Schauspieler auf den Sesseln der Talkshows um wortreich über Gegenstände Auskunft zu geben, von denen sie noch weniger verstehen als die Menschen, die ihnen bei diesen Übungen zusehen. Nicht anders ist zu erklären, warum ausgerechnet ein Campino oder ein Udo Lindenberg, die beide in ihrem ganzen Leben noch nichts anderes gemacht haben als Musik (was ohne jeden Zweifel aller Ehren wert ist), zu Verstärkern oder Beschwichtigern politischer Großwetterlagen herangezogen werden. Man bestückt doch das „Literarische Quartett“ auch nicht mit Analphabeten und Altpapierhändlern. Was jedoch ein G‘schmäckle hat, ist die Vorstellung, eine vermeintlich rechtsextreme Stimmung in der Stadt mit einer möglichst linksextremen neutralisieren zu können. Es ist, als hätte man sich irgendwie vage an den Chemieunterricht und das Gleichgewicht von Säuren und Basen erinnert. Mit einer Stadt sollte man das nicht machen. Mit einem Land oder der EU übrigens auch nicht.

Augsteins Pimmelei und andere Anschmutzungen

Die Schrillheit der üblichen Verdächtigen wie dem Transprotelarier (ein Proletarier, gefangen im Luxus eines Kapitalisten) Jakob Augstein, der die Demonstranten als die üblichen „Pimmel mit Ohren und Sonnenbrille“ bezeichnete, werden in vielen Medien begleitet von andeutungsvollen Artikeln, die viel subtiler vorgehen und mit Andeutungen arbeiten. Und nein, ich werde diesen Artikel nicht verlinken. Wer „Chemnitz“ hört, soll „Sachsen“ denken und wer „Sachsen“ denkt, soll gefälligst die Nachtigall trapsen hören. Auf diesen Haufen wirft man gleich noch ein paar gefühlte Verunsicherungen – oder darf man hier vielleicht auch von „Ängste schüren“ reden? Wenn etwa Margarete Stokowski zu berichten weiß, dass sich viele Menschen schon nicht mehr mit dem Zug durch ostdeutsche Bundesländer trauen. Doch was macht Stokowskis Aussagen authentischer und zutreffender, als die von Chemnitzern, die sich über die wachsende Unsicherheit in der Stadt beklagen und sich besorgt über die zunehmenden sexuellen Übergriffe dort äußern? Gibt es ein Kriterium dafür, welche Besorgnisse und Ängste man ernst nehmen muss und welche nur auf Phobien und Fremdenfeindlichkeit beruhen und deshalb pathologisiert und verachtet werden dürfen? Meiden Joggerinnen heute deshalb manche Parks, weil sie dort von sächselnden Rechtsextremisten dialektisch belästigt werden? Und ist das nur in Chemnitz so?

Tief im Osten…

Einer der wenigen Vorteile, aus dem Osten zu kommen und die DDR und besonders deren Ende noch im Erwachsenenalter miterlebt zu haben ist es vielleicht, sich ein feineres Näschen für regierungsamtlichen oder erzieherischen Bullshit bewahrt und damit eine größere Grundskepsis gegenüber der Regierung behalten zu haben. Es hat eine Weile gedauert, bis es auch in diese Richtung die ersten Anschmutzungsversuche gegeben hatte. Der reflexhafte Vorwurf des „Undanks“ der Ossis gegenüber dem aufnehmenden Westen, der 1990 ja gewissermaßen 16 Millionen Flüchtlinge generös aufgenommen habe, konnte sich nicht lange halten. Denn bei allen fahrlässigen Vergleichen hatte man glatt vergessen, dass diese „Flüchtlinge“ immerhin ein ganzes Land und sogar einige ganz zauberhafte Inseln mitgebracht hatten. Oder sagen wir ein halbes Land, kaputt wie es war. Außerdem sind die meisten von ihnen ja auch „drüben“ geblieben.

Weit perfidere Töne schlägt etwa Anetta Kahane an, wenn sie von „Pogromstimmung“ in Chemnitz spricht und den Mord an Daniel H. indirekt den Demonstranten in die Schuhe schiebt. Sie sagt:

Die Sprache ist extrem brutal, denn es wird oft unverhohlen zu Mord und Totschlag aufgerufen. Wir können beobachten, dass dort, wo die sozialen Netzwerke auch regional sehr stark hetzen und aktiv sind, auch die Gewaltbereitschaft und die Gewalttätigkeit von rechtsextremen Gruppen höher ist. Zwischen Hetze im Internet und der Mobilisierung zu Gewalttaten gibt es einen direkten Zusammenhang.“

Dass Kahanes Stiftung Lebenszweck und finanziellen Honig aus der Tatsache saugt, möglichst hinter jedem Baum einen Nazi zu finden, gibt ihren Äußerungen natürlich Würze. Noch weiter geht Lutz Rathenow in seinem Gastkommentar beim DLF. Er beklagt mangelhaftes Interesse im Osten an den Erklärungen der Medien und schreibt:

„Man will die Artikel nicht lesen, in denen die Verhältnisse in Syrien oder dem Irak erklärt werden, Informationen gefährden die Gewissheit. Sich nur nicht mit dem Schicksal der beiden mutmaßlichen Täter aus jenen Ländern beschäftigen. Nur nicht über die Unterstützung der DDR, also Ostdeutschlands, für die syrischen und irakischen Diktatoren sprechen. Nur nicht über die eigene Begeisterung für Russlands Präsidenten Putin nachdenken, der mit seiner Kriegsunterstützung in Syrien auch Flüchtlinge für Deutschland produziert. Weiterhin.“

Rathenow macht den Fehler, den viele machen, wenn sie die sinkende Glaubwürdigkeit klassischer Medien beklagen. Er setzt die Information wertig mit der Erklärung gleich, die stets mitgeliefert wird. Darüber kann sich nur beklagen, wer seine eigene „Erklärung“ eines Vorfalles für bindend und wahrhaftig hält. Sein Versuch jedoch, Empathie für das Schicksal der mutmaßlichen Täter zu erzeugen, indem er ihre Schuld dadurch zu relativieren versucht, dass die DDR (also Ostdeutschland, also Sachsen, also Chemnitz) einstmals mit den Diktatoren der Herkunftsländer kuschelte, nenne ich eine infame Unverschämtheit! Zumal keiner der mutmaßlichen Täter auch nur annähernd das Alter hat, um von der DDR mehr zu wissen, als in den Geschichtsbüchern steht, welche beide wohl auch nicht gelesen haben. Den Bewohnern der neuen Bundesländer überkommene DDR-Gewohnheiten anzudichten und diese zur Erklärung abweichenden Verhaltens aufzublasen, ist in der Tat der Gipfel der Frechheit. Nur im Verhalten der Kanzlerin mag man ausschließlich edle europäische Gefühle entdecken – aber die wurde ja auch in Hamburg geboren!

Die Revoluzzerkumpanei der DDR mit jedem Regime, wenn es nur solvent und antiwestlich war, ist bekannt. Dem steht die heutige Kumpanei mancher Bundespolitiker leider kaum nach, die gern jedes Regime unterstützen würden, wenn es nur insolvent und antiamerikanisch ist, wie das iranische, das türkische oder die Fatah. Auch der Generalverdacht der Putin-Begeisterung der Sachsen ist einfach nur dämlich. Derlei unterkomplexe Erklärungen und Zuweisungen finden sich leider zu Hauf in der Presse, was die Stimmung nicht gerade hebt und das verlorene Vertrauen in die „vierte Gewalt“ (Selbstlob und Fehleinschätzung) nicht zurück bringt.

Junge Welt, 9.10.1989

Der mediale Prozess, der einen Teil der Bevölkerung auf diese Weise sprachlich ausbürgert und entmenschlicht, ist im vollen Gange. Wer dazu Parallelen in der Geschichte sucht, wird leicht in der diffamierenden Berichterstattung von DDR-Medien über die beginnenden Montagsdemos in Leipzig fündig. „Mit den falschen Leuten“ mitlaufen, sich „in schlechte Gesellschaft“ begeben … die Versuche, auf diese Weise Zweifel und Unsicherheit zu verbreiten, scheiterten endgültig im November 1989. In der Bundesrepublik im Jahr 2018 wird es wohl deutlich länger dauern, bis die Menschen erkennen, welches Spiel da gespielt wird.

Der Medial-Indoktrinelle Komplex

Dieter Hildebrandt sagte: „Wenn ich auf der Bühne einen Fehler mache, mache ich gleich noch einen hinterher. Dann sieht es nach Methode aus.“ Was auf der Bühne taugen mag, wird zum Glaubwürdigkeitsproblem, wenn es Prinzip von Regierungshandeln wird. Das aktuelle Merkel-Kabinett sitzt wie das vorherige fest in einer selbst gestellten Falle. Man kommt einfach nicht zurück hinter die Fehlentscheidungen der Vergangenheit, obwohl man weiß, dass man diese für eine wirksame Korrektur klar als Fehler benennen müsste. Stattdessen investiert man viel Zeit und Geld in die Neuverdrahtung der Gehirne der Bürger, indem man zum Beispiel versucht, Kategorien zu verschieben. Aus dem Dualismus „Erlaubt-Verboten“, der in einer bürgerlichen Gesellschaft relativ genau die Grenze dessen markiert, was man sich als Bürger sanktionslos leisten kann, wird zu „Erwünscht-Unerwünscht“, was bei der Kanzlerin gelegentlich zu kuriosen Aussagen führt, wenn sie etwa in einem Interview betont, dass „Straftaten bei uns verboten“ seien.

Unisono verurteilte die Politik die „Aufmärsche“ und den „Mob“ in „Sachsen“ als rechtsgerichtet und unerwünscht, auch wenn es faktisch keineswegs verboten war, gegen die zunehmende Gewalt in Chemnitz zu demonstrieren und dabei deren Urheber klar zu benennen. Dennoch delegitimiert man die Demonstrationen und stellt ihnen medial ausführlich solche gegenüber, die von staatlich alimentierten Nicht-NGO’s wie „Aufstehen gegen Rassismus“ mit gesponserten Material für den nicht ganz so spontanen Empörungsbedarf organisiert werden. Hier zeigt sich, wie groß das staatliche Instrumentarium mittlerweile ist, dass man in den letzten Jahren zum Beispiel mit der Kahane-Stiftung oder der ebenfalls mit Steuergeldern finanzierten Aktion „Demokratie Leben“ aufgebaut hat.

Man darf es allerdings durchaus als schlechten Scherz verstehen, wenn man als Bürger und Steuerzahler gegen die Folgen der Politik der Bundesregierung auf die Straße geht, dort auf die von den eigenen Steuern finanzierten staatlich konformen Gegendemonstranten trifft und sich dann von den Medien, für deren Finanzierung man obligatorisch zur Kasse gebeten wird, verunglimpfen zu lassen. Wenn Ministerpräsident Kretschmer in diesem Zusammenhang dann noch von einem „Anschlag auf unser Wahrheitssystem“ spricht, läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Von welchem System spricht der Mann? Und was ist das für eine Wahrheit, die ein System braucht, hat oder fordert?

Und immer so weiter

So wenig sich die immer lauter werdenden Proteste 1989 wegsenden und wegschreiben ließen, so wenig wird sich die Stimmung im Land durch die Reaktionen der Politik und die medialen Geißelungen und Verunglimpfungen wieder einfangen lassen. Wie 1989 ist es dafür längst zu spät, zu viele Einzelfälle, zu viel weggedrückt, zu viel Verächtlichmachung. Denn all die Einzelfälle, welche die Gemüter erhitzen – und für sich genommen sind es natürlich in der Tat Einzelfälle – basieren immer wieder auf demselben dreifachen Unrecht: Menschen, die nach allen geltenden Gesetzen nicht das Recht haben, sich in diesem Land aufzuhalten verletzen zunächst unterhalb der medialen Wahrnehmungsschwelle fortlaufend Gastrecht, bis eines Tages eine Situation so eskaliert, dass Menschen zu Schaden kommen.

Die Reaktionen darauf werden in einem Akt der Verdrehung von Ursache und Wirkung dazu benutzt, den eingeschlagenen politischen Weg zu rechtfertigen. Die Honecker-Parole „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“ feiert eine zombieske Auferstehung. Die lexikalisch nicht ganz korrekte Alliteration des Tages lautet deshalb „Köln, Kandel, Chemnitz“ und diese Reihe wird sich, weil die Politik unfähig ist die richtigen Schlüsse zu ziehen, leider so fortsetzen. Man sollte Menschen, die hier eine Straftat nach der anderen begehen, „polizeibekannt“ sind und offensichtlich eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen, nicht auch noch dadurch belohnen, dass man sie duldet und alimentiert. Bürger dieses Landes haben sich für polizeibekanntmachende Tätigkeiten strafrechtlich zu verantworten, wer nicht Bürger dieses Landes ist und sich hier ohnehin nicht aufhalten dürfte, muss dieses Land umgehend verlassen.

Das ist ja kein gefühliges Bürgergeplapper eines durchgeknallten Bloggers, sondern geltendes Recht, das in einigen Fällen sogar per Abschiebung umgesetzt wird, idealerweise mit einem „Godspeed“ und „einem goldenen Handschlag“, weil noch nichts passiert ist. Angesichts der Häufung von Einzelfällen ist dies allerdings „too little, too late“. Es ist den Bürgern kaum zu vermitteln, dass der Staat, den er mit seinen Steuerzahlungen finanziert, zwar ausstehende Rundfunkgebühren mit Erzwingungshaft ahnden kann, sich jedoch angesichts importierter Gewalt vor seiner Verantwortung drückt. Wer hier Schutz vor Verfolgung sucht, verwirkt diesen Schutz, wenn er gewalttätig wird. Endet diese Gewalt erst tödlich wie in Chemnitz, ist es zu spät, auf ein nachlässig eingesetztes staatliches Gewaltpotenzial zu verweisen – und es dann heuchlerisch ausgerechnet an jenen zu exekutieren, die gegen die Gewalttat demonstrieren.

Fast das schlimmste, was man an diesen Chemnitz-Demos beobachten kann ist nämlich die Tatsache, dass der Staat es durch sein nachlässiges Handeln in Sachen Migration und Asylrecht fertigbringt, den ohne jede Frage existierenden rechtsextremen Randgruppen und gewaltberauschten Hooligans eine moralische Rechtfertigung für ihr Auftreten auf solchen Demos und der Antifa auf Gegendemos zu verschaffen! Die aktuelle Regierungspolitik spielt auf diese Weise den Extremisten beider Couleurs zu und bringt dadurch die sogenannte „Mitte“ zum Schweigen, weil sie sich weder von der einen, noch von der anderen Seite vereinnahmen lassen will. Dies ist eine Stille, die Fäuste in den Taschen hat.

Zu spät für die Vernunft?

Meine Hoffnung ist, dass ich mich irre – meine Befürchtung ist jedoch, dass es bereits zu spät sein könnte, den Rückweg anzutreten. Der Mobilisierungsgrad ist bereits zu hoch. Auf beiden Seiten! Der Wille, die Argumente der zornigen Bürger anzuhören, ist längst an seltsame Vorbedingungen geknüpft. Es wird nämlich stets unterstellt, diese hätten den Boden unseres Grundgesetzes längst verlassen und befinden sich auf diese Weise dreifach unter Rechtfertigungszwang. Erstens sind sie stets aufgefordert, ihre Verfassungstreue zu beweisen, am besten, indem sie blind den Parolen und Anschuldigungen der Politik zustimmen. Mit AfD-Politikern spricht man zum Beispiel erst dann, wenn diese die Partei verlassen haben und sich als „Kronzeugen“ zur Verfügung stellen. Zweitens spricht man ihnen wegen vermeintlicher Verfassungsfeindlichkeit den Willen ab, für eben diese Verfassung einzutreten und drittens ist da ja noch das eigentliche Thema ihrer Proteste, wo man sie mit sehr eigenwilligen statistischen Interpretationen zu pathologischen Angstmachern, Spinnern und Fremdenfeinden erklärt.

So versucht die Politik, die Gräben zu den Protestierern für die (noch) schweigenden Bürger möglichst tief zu graben und das, was ihnen von dort winkt, mit dem zu übertönen, was ihnen medial blüht, wenn sie sich dorthin begeben. Doch das Problem wird am Ende die Statistik sein. Denn jedes gemesserte Opfer hat Angehörige, jede vergewaltigte Frau hat Familie, jeder Niedergeschlagene oder Beraubte hat Kollegen. Die Anzahl derjenigen, die in direkten, ungefilterten Kontakt mit den Schattenseiten der erst freiwilligen und dann verordneten Willkommenskultur kamen, steigt von Tag zu Tag. Und genau wie der natürliche Feind des Historikers der Zeitzeuge ist, ist der Augenzeuge der Feind der medial einseitigen Berichterstattung. Wenn ich mir nicht Tag für Tag wünschen würde, der Wahnsinn möge ein Ende haben, würde ich sagen: Macht nur so weiter. In einem Land, dessen Presse sich stets erst über die zweite Kugel empört, muss sich wirklich niemand wundern, wenn die Leute irgendwann dazu übergehen, zuerst zu schießen. Und das will ja wohl niemand je wieder in Deutschland erleben!

Vorläufiges Fazit

Ich hoffe, die nächsten Wochen werden mehr Klarheit über die Vorgänge in Chemnitz und den konkreten Tathergang des Mordes an Daniel H. bringen. Denn was von den „Mobs“, „Hetzjagden“, „Pogromen“ und „Aufmärschen“ tatsächlich stattgefunden hat, kann man momentan leider weder durch die Presse noch die Politik erfahren. Doch am Ende bleibt die bittere Erkenntnis, dass Daniel H. tot ist und zwei andere Menschen, über die erst recht niemand mehr spricht, schwer verletzt sind. Artikel 1 unseres Grundgesetzes sagt, die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt auch für Sachsen, selbst für zornige, demonstrierende. Einige Journalisten jedoch fütterten voller Wonne ihre Vorurteile mit den Vorgängen in Chemnitz, weshalb ich mir erlaube, Artikel 1 für Kollegen wie Stokowski, Augstein oder Rathenow beschämt zu modifizieren:

Die Würde mancher Journalisten ist untastbar.

PS: In Zeiten wie diesen, wo alles kategorisiert und in Schubladen gesteckt werden muss, brauchen wir noch einen knappen Begriff für diese neue Art von „Benefiz-Konzert“, mit der auf Einladung des Bundespräsidenten am Montag die Chemnitzer Bürger beglückt werden. Diese Kategorie liefere ich gern noch nach: das ist nämlich streng genommen nichts anderes als musikalische Tatortreinigung!

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41 Kommentare

  1. Danke für den 1. Schritt in Richtung Problemlösung. Nach der Aufklärung stellt sich die Frage: Was tun? Dies setzt voraus: Was will ich und wie. Was ich will ist eine humane Gesellschaft. Leben und leben lassen. In einer demokratisch verfassten Gesellschaft muss dieses Postulat mehrheitsfähig sein. Diese Mehrheit sollte sich in Parlament, Regierung, dem Recht und den Institutionen der Gesellschaft widerspiegeln. Garant für die Einhaltung der übergeordneten Regel eines menschenwürdigen Zusammenlebens kann in einer demokratischen Rechtsordnung die Justiz sein, wenn sie unabhängig ist. Im derzeitigen System der BRD ist dies nicht der Fall. Die Justiz steht unter Aufsicht und Kontrolle der Regierung – dem Justizminister. Daher die Diskrepanz von postulierter und faktischer Gewaltenteilung. Der längst überfällige 2. Schritt könnte also die Verwirklichung der 3. Voraussetzung für einen Rechtsstaat sein: eine unabhängige Justiz.

  2. Es ist wichtig und notwendig, die Fakten klar zu benennen und darzustellen. Und es ist, wie hier zu sehen, oft müßig den Dschungel der Verdrehungen, Fälschungen, Unterstellungen, Auslassungen und Täuschungen zu durchdringen und Klarheit zu schaffen. Und immer öfter kochen in mir Wut und Zorn auf die Leitmedien und die Politiker wegen deren ständiger Falschmeldungen und Verdrehungen auf. Aber das ist ja allem Anschein nach gewollt. Deshalb dürfen wir uns nicht von den medialen und staatlichen Provokateuren zu Gewaltausbrüchen und zur Spaltung hinreißen lassen. Täten wir dies, hätten sie ihr Spiel schon gewonnen. Deshalb spreche ich Roger hier meine Hochachtung für seine Besonnenheit und Sachlichkeit aus.
    In einem Punkt bin ich nicht seiner Meinung: Er hofft, dass er sich irrt und befürchtet, dass es zu spät sein könne, den Rückweg anzutreten. Ich bin der Meinung, es ist notwendig, dieses System zu Fall zu bringen, je schneller, umso besser. Und das geht nicht, indem wir den Rückweg antreten, sondern indem wir schauen, wie die Macht der Herrschenden zustande kommt und sich erhält. Letztlich ist es ein Mittel: das Geld.
    Deshalb rufe ich dazu auf, bereits jetzt Visionen für die Welt, die Gesellschaft, die wir nach dem Zusammenbruch des Systems (es wird zusammenbrechen) wünschen, zu entwerfen. Ich selbst habe mich weit vor gewagt mit meiner Vision einer herrschaftsfreien und geldlosen Gesellschaft. Diese ist beschrieben in meinem Buch „Befreiende Aussichten – Visionen für das Jahr 2040“: https://tredition.de/autoren/sigwart-zeidler-23606/befreiende-aussichten-paperback-102571/.
    Ja, ohne Geld sollte jeder Mensch aus Freude an dem, was er tut, seine Talente und Gaben den anderen Menschen zum Wohl allen Lebens zur Verfügung stellen. Denn ohne Geld bricht die Macht der herrschenden Finazeliten von ganz allein zusammen. Erst in einer solchen Welt können wir tatsächlich selbstbestimmt und eigenverantwortlich das leben, was wir aus tiefstem Herzen als die uns gestellte Aufgabe erkennen und verwirklichen wollen.
    Lasst uns mit Mut die herrschaftsfreie Welt erschaffen!

  3. Danke für diesen Beitrag. Da sind viele wichtige Punkte drin. Am wichtigsten mE, dass sich die „etablierten Parteien“ quasi von links gefangen nehmen. Sie gehen eine gefährliche Union mit linksradikalen ein. Das kann nur Ärger geben. Problematisch ist auch, dass Medien wie Politik, die Zustände im Land fast ausschliesslich von den politischen Rändern der Gesellschaft beurteilen. So bekommen rechte wie linke Internettrolle und andere Deppen ein extrem hohes Gewicht. Der Normalo spielt praktisch keine Rolle… Das kann auf Dauer nicht gut gehen…

  4. Geplapper sich intelektuell gebender „Journalisten“. Seit 1991 tobt der Mob offen und offensichtlich in der ehemaligen DDR. Jetzt so tun, als ob das etwas Neues, aus dem wie sich Broder nicht entblödet zu sagen: aus der Messerstecherkultur, Entstandenes sei ist das eigentliche Problem. Deutschland hat Ostdeutschland ohne Wenn und Aber aufgenommen und nun muss man seit fast 25 Jahren mit „national befreiten Zonen“ und Verfolgungsjagenden quer durch Dunkeldeutschland leben. Unterstützt wird man von „Journalisten wie Broder und dem Auto dieses Geschwätzes. Fakt ist, dass Ostdeutschland in der Hand von Nazis ist. Es mag Ausnahmen geben, aber wenn Broder ein besetztes Haus in Berlin mit den pogromartigen Ausschreitungen in Dunkeldeutschland vergleicht ist ganz klar, dass er und seine Elfenbeinfreunde eine gut entlohnte Beschäftigung suchen. Und offensichtlich zahlen die einschlägigen Quellen, Koch, Mercer, Bannon, das Kapital hinter der AfD und der FPÖVP so gut, dass sich hier ein „intelektueller Rechtsaußenjournalismus“ bildet, der über die bösen Hausbesetzer in Westdeutschland pöbelt, aber gerne dem applaudiert, was in Chemnitz und seit Jahrzehnten in der DDR passiert. Und da brauchen wir beim besten Willen keine Diskussionsrunden und auf der Nase parkenden Lesebrillen. Fakt ist, dass auf Plattformen wie diesem Blog oder der der Achse des Guten kein Platz mehr weiter Rechts zu finden ist. Spannend, wenn man bedenkt, welcher Abstammung einige dieser Schreiberlinge sind. Soviel Selbsthass ist schon bemerkenswert.

    • Danke Roger, dass Du diese Zeilen des Herrn Wiederwald veröffentlicht hast!
      So erhält man einen tiefen Einblick in die Welt der Kämpfer gegen RÄCHTZ.
      Auch wenn dieser Einblick intellektuell -nun ja- eher recht armselig daher kommt.
      Einen besseren Beweis der These von Jürgen Fritz/ Michael Savage kann man sich kaum vorstellen.

    • „Und offensichtlich zahlen die einschlägigen Quellen, Koch, Mercer, Bannon, das Kapital hinter der AfD und der FPÖVP so gut, dass sich hier ein „intelektueller Rechtsaußenjournalismus” bildet, der über die bösen Hausbesetzer in Westdeutschland pöbelt, aber gerne dem applaudiert, was in Chemnitz und seit Jahrzehnten in der DDR passiert.“

      Ich bin froh, dass auch Linke hirnverbrannte Verschwörungstheorien verbreiten. Da muss man sich weniger für die konservativen Entgleiser schämen.

  5. Lieber Herr Letsch
    fand die Migrationspolitik unseres Staatsrates incl.aller Nebenwirkungen auch verfehlt,bis ein Videointerview
    am Rande der Chemnitzer Zusammenrottung mich eines besseren belehrt hat.
    Jährlicher Zuzug von 1 Million solcher Neubürger würde unserem Land tatsächlich sehr gut bekommen.

    Das erkennt sogar der Nazi,der darunter kommentiert“:…..würde für diesen Menschen mit meinem Leben eintreten!“
    https://www.youtube.com/watch?v=DS3oDyRMX5s&feature=youtu.be

  6. aus Zeitmangel nur ein kurzer Hinweis:
    das letzte Wort Ihres sehr guten Artikels bitte berichtigen zu ANTASTBAR

    mit besten Grüßen

  7. Sie haben viele wichtige Aspekte aufgezeigt und die Dynamik der Vorgänge zutreffend beschrieben – Dankeschön. Ich teile Ihre Befürchtung, dass Politbürokraten in Parteien, samt von ihnen finanzierten Korporationen und nebst ihrer medialen Gefolgschaft nicht lernfähig sind, sondern ihre vom Steuerzahler gut alimentierte Wagenburg mit Zähnen, Klauen und äußerster Beschallung aller Andersdenkenden verteidigen werden. Noch übler – und erste Anzeichen sind unübersehbar, zumal sie aus einer Berliner Senatsverwaltung kommen – wird es, wenn Hilfstruppen aus den Reihen der „Schutzsuchenden“, ihrer ideologischen Superiorität gewiss, die Unruhen auf den Straßen zu veritablen Schlachten eskalieren. Ob Appelle an die Integrierten, Integrationswilligen, Vernünftigen dann noch verfangen?
    Wir können nur hoffen, dass Stimmen wie die Ihre, bis dahin nicht zum Schweigen gebracht sind, leider sind die Tendenzen auch dazu offensichtlich – und wer Erfahrungen mit dem Totalitarismus der DDR gemacht hat, sieht die Ähnlichkeiten auf dem Weg zu „Einheitsfront“ und Staatsfunk nicht ohne größte Unruhe. Bleiben wir wach, ideenreich und mutig, uns dem zu widersetzen!

  8. Ein paar dumpfe Suffköpfe mit erhobenem Arm machen noch kein Pogrom; dies wäre eine Verharmlosung der echten Verfolgungen, selbst derer im Mittelalter.

    Eine psychologische Parallele bietet hingegen die real existierende Sachsenhatz, Hate Speech in Reinform: Kollektiven Psychosen verbreiten sich über modernen Märchen. Damals von Kindermord oder Brunnenvergiftung, heute das ausgrenzende Narrativ vom ewiggestrigen Ostdeutschen.

    Beide Legenden stehen der Spinne in der Yuccapalme um nichts nach: Sie sind frei erfunden, laufen aber in der Echokammer der Edelproletarier besser als der übliche Clickbait von blanken Busen bis Big Brother. Das Motiv? Der Wessi neidet dem Ossi seine Revolution von 1989. Was eine Revolution ist, bestimmen „wir“.

    Freilich hilft alle Aufklärung und Richtigstellung nichts, wenn der spiegeltreue Leser die Story glauben will, zumal in der Pose des Pharisäers, der Gott dankt, dass er kein Sachse ist wie jener dort. Ein Philosoph, gefangen im Intellekt eines Kretins.

  9. Die bürgerkriegsähnlichen Zustände, die schon vielfach vorausgesagt wurden, haben wir bereits in Schweden. Ausgeblendet wird bei den Reaktionen das gesamte Osteuropa, bzw. gefiltert. Ich möchte Herrn Letsch ausdrücklich für seine klarsichtige Analyse danken. Hoffentlich hat er nicht recht damit, dass es bereits zu spät sein könnte!

  10. Ich teile die Menschen einfach mal in zwei Gruppen: Die einen folgen dem agonalen Prinzip, können sich in Raum und Zeit zurechtfinden, können Kopfrechnen und Pläne für die Zukunft machen, kurz gesagt: strategisch führen. Die anderen folgen dem sozialen Prinzip, lassen sich vom Hier und Jetzt treiben, rechnen und denken mit dem Bauch und suchen immer nur Wellness-Oasen für sich und ihre Kinder. Sie würden sich selbst ein schwarzes Tuch überziehen, wenn sie dadurch in ihrem Umfeld soziale Konflikte vermeiden könnten; kurz gesagt: sich vorauseilend unterwerfen. Wir haben zu viele Männchen, die ihr steinzeitliches Erbe verleugnen, gefangen in der Sozialisierung eines Weibchens.

  11. Ich habe mir einmal Gedanken über diese Situation da gemacht und das Ergebnis in Verse gebracht:

    Eine Bitte:
    Auf den Straßen tritt die Antifa
    Auf das, was einmal Deutschland war.
    Lutz und Andre und Götz und Björn:
    Lasst euch nicht beirren, lasst euch nicht störn!
    (Siegfried Prütt 2018)

  12. Vielen Dank für den Artikel, meine subjektive Wahrnehmung ist also doch nicht Falsch. Habe derzeit auch die Fäuste in der Tasche und so ein 89 Gefühl mit meinen 57 Ossi Jahren

    • Gelernte Sowjet- und DDR-Bürger haben einen Seismografen für Misstöne in Medien und Politik, der uns im Westen nicht in diesem Maße gegeben ist: Die Sprüche klingen nach Endsieg, also ist der Zusammenbruch nah. – Das Tröstliche: Mann kann einige Leute für alle Zeit belügen und alle Leute für einige Zeit, aber niemals alle Leute für alle Zeit.

  13. Könnte sich irgendwer um die Schnecke kümmern, die soeben die Kommentarfunktion überholt hat?

  14. „Es ist den Bürgern kaum zu vermitteln, dass der Staat, den er mit seinen Steuerzahlungen finanziert, zwar ausstehende Rundfunkgebühren mit Erzwingungshaft ahnden kann, sich jedoch angesichts importierter Gewalt vor seiner Verantwortung drückt.“

    Jaja, die Kuscheljustiz. Das Folgende ist natürlich mal wieder nur halb on-topic, aber ich denke, dass es bezüglich der Chemnitz-Sache eine Rolle spielt. Also, die Kuscheljustiz:

    Es wird eine Desinformationskampagne gefahren, die den Eindruck erweckt, man käme wegen Kleinigkeiten in Beuge- oder Erzwingungshaft. Kommt man nicht. Sofern möglich, wird man leergepfändet. Banken, Arbeitgeber, und alles, was man auf bürokratischem Wege verpflichten kann, wird in die Pflicht genommen. Und weil dies so gut klappt, wird nach Möglichkeiten gesucht, aus allem eine Geldstrafe zu machen.

    Sobald jemand jedoch zahlungsunfähig ist, muss er dies nur noch auf einem vorgedruckten Wisch erklären, und hat Ruhe. Das Schlimmste, was dann passieren kann, ist, dass das Arbeitsamt monatlich 20€ vom Harz4 zur Begleichung der Strafe abführt. Sollte wegen Nichtzahlung Erzwingungshaft angeordnet werden, dauert diese selten länger als eine Woche, und der Haftantrittstermin liegt teilweise über ein Jahr in der Zukunft. Wenn der Harzer es darauf ankommen lässt, und ein Haftbefehl herausgegeben wird, bekommt er vorher noch die Gelegenheit, entweder einen Wisch zu unterschreiben, auf dem er seine besten Absichten erklärt, oder 20€ Anzahlung zu leisten, womit er den Haftantritt abwenden kann. Die versuchen mit allen Mitteln zu verhindern, dass jemand ihren Bluff called, weils überhaupt nicht genug Haftplätze für diejenigen gibt, die eigentlich eingesperrt werden müssten.

    Ab und zu wird auch mal an jemandem ein medienwirksames Exempel statuiert, aber das sind Einzelfälle. Normalerweise wird mit großem Tamtam alles zur Bewährung erlassen, die Anklagepunkte werden, wo möglich, so gewählt, dass man eine Geldstrafe draus machen kann, und sobald es nach Aktenlage absehbar ist, dass irgendwo kein Geld mehr zu holen ist, und der Beschuldigte seine Rechtsmittel ausschöpfen wird, werden die Akten gerne auch mal einfach gar nicht bearbeitet. Verdunkelungs- und Fluchtgefahr werden mitlerweile auch nur noch bei organisiert vorgehenden Beschuldigten angenommen, nicht jedoch bei Gelegenheitstätern. Darum sind diejenigen, die diverser Übergriffe beschuldigt werden, nach der erkennungsdienstlichen Behandlung und der Unterzeichnung einiger Vordrucke, wieder frei. Es ist mitlerweile auch eine beliebte Verteidigungsstrategie geworden, den Gerichtstermin mit allen Mitteln möglichst weit in die Zukunft zu verschieben, weil man erstens in der Zwischenzeit frei ist, und zweitens umso mildere Strafen vergeben werden, je länger eine Tat in der Vergangenheit liegt, sofern der Beschuldigte sich in der Zwischenzeit „gebessert“ zu haben vorgibt. „Ein Kind in die Welt gesetzt haben“ ist übrigens auch ein guter Strafmilderungsgrund, für den man noch Kindergeld kassiert. Für längere Zeit in Haft zu kommen ist schwer, wenn man sich nicht total blöd anstellt. Und eine „Bewährungsstrafe“ ist faktisch ein kompletter Straferlass, und keine Strafe.

    Kuscheljustiz ist also anders, als gemeinhin angenommen. Es fehlen Haftplätze, und darum wird mit allen Mitteln vermieden, Leute in den Knast zu schicken. Stattdessen wird händeringend versucht, Menschen auszuplündern. Dies setzt natürlich voraus, dass es Geld gibt, das man plündern kann. Falls nicht, passiert wenig. Wer pleite ist, muss sich schon richtig anstrengen, um bestraft zu werden. Chronische Pleitegeier mit Schulden beim Staat und keiner Zahlungsmoral müssen damit rechnen, ab und zu mal kurzzeitig verhaftet zu werden, damit sie auf dem Polizeirevier einen Wisch unterschreiben, in dem sie hoch und heilig versprechen, keine Kohle zu besitzen, und in Zukunft auf die Briefe zu reagieren, die man ihnen per Post zuschickt. Und das wars.

    Aber das sind alles Blendgranaten. Wer den Bluff vom Staat called, und es darauf anlegt, mal mit maximaler Härte bestraft zu werden, wird enttäuscht werden. Was man in solchen Fällen erlebt, sind leere Drohungen und Hinhaltetaktiken. Man kriegt dann lauter Drohbriefe mit offiziellem Siegel und seitenlangen Rechtsbelehrungen, und muss damit rechnen, zu zufälligen Zeitpunkten für einige Stunden verhaftet zu werden, um den Papierkram auf dem Polizeirevier in Ordnung zu bringen. Das Schlimmste, was man tatsächlich erleben kann, ist das vorausgehende Ermittlungsverfahren, beziehungsweise die Belästigungen und übergreifenden Beschlagnahmungen von Seiten der Polizei, die im Zuge dessen erfolgen. Dies kann unangenehm sein, sofern man sich in einem Umfeld aufhält, in dem die Polizei respektiert wird. Besonders, wenn die Polizei damit beginnt, Bekannte als potenzielle Komplizen zu verdächtigen, und im Zuge dessen zu belästigen. Oder, wenn man wegen dem sozialen Schock in die Selbstmordpräventionszelle kommt, wo man ohne Decke bei Licht schlafen, und 24/7 halbstündlich einem Beamten versichern darf, dass man noch lebt. Hält man sich hingegen in einem Umfeld auf, in dem die Polizei nicht respektiert wird, das sich selbst auf gelegentliche Belästigungen seitens der Polizei eingerichtet hat, und das diese Versuche so gut es geht abblockt, läuft diese Taktik ins Leere, und wird lediglich als sinnlose Belästigung von idiotischem Pack in dämlichen Kostümen empfunden, das alle Beteiligten in ihrem Entschluss bestärkt, diesem Pack keinen Zoll breit nachzugeben. Eine zivilisiertere Ausdrucksweise lässt bestimmte Denkweisen nicht zu, daher die Formulierung. Zivilisierte Redensweise hat Eigenschaften von Newspeak, und unterdrückt gewisse Denkweisen.

    Ich würde daher behaupten, dass Menschen, die ein Problem mit unserem Justizsystem haben, zwei Eigenschaften besitzen:

    1. Sie haben Geld, den man ihnen wegnehmen kann
    2. Sie leben in einem Umfeld, in dem die Justiz respektiert wird, und nicht einfach nur als eine Verbrecherbande unter Vielen gilt.

    Wer diese Eigenschaften nicht hat, der hat kaum Probleme mit unserem Justizsystem. Aber um zum Punkt zu kommen: Es ist keine Kuscheljustiz. Es ist eine Plünderjustiz. Und diejenigen, die die beiden Punkte erfüllen, sind diejenigen, die zur Finanzierung des Gemeinwesens ausgeplündert werden. Dafür ist die Justiz da. Das ist ihre Hauptfunktion. Alles Weitere ist nebensächlich. Würde sie diese Funktion nicht erfüllen, würde sie nicht existieren.

  15. Klasse, ich bin begeistert von ihrem Artikel! Das vernüftigste was ich zu Chemnitz gelesen habe. Presse mit „bias“ bedingt einen Journalisten den man in USA als “ media whore“ bezeichnet. Den Stolz auf saubere, wahrheitsgetreue Berichterstattung ist der Ideologie zum Opfer gefallen. Es ist eigentlich eine Schande, dass man als deutscher Bürger nur noch auf Auslandspresse und Gott sei Dank Blogger, zugreifen muss um saubere Informationen zu bekommen.

  16. Dieser sprachlich so elegant-geschliffene Essay hat wieder einmal literarische Qualität und man liest sich soghaft durch den interessanten Text. Trotzdem ist das vor allem ein ganz ernster, bitterer und mahnender Artikel, den man eigentlich vervielfältigt als Flyer auf den Straßen verteilen oder vom Hubschrauber herabflattern lassen müsste.
    Sachlich und ohne jede journalistische Bonmot-Polemik werden hier die bestürzenden Zustände und die haarsträubende Entwicklung in unserem Land systematisch dargestellt. Die unehrlichen, einengenden, ideologiegetränkten Propaganda-Medien-‚Berichte‘ lassen doch viele immer zorniger, unsicherer und resignierter werden. Da tut es gut zu sehen, dass es Menschen gibt, die solche tollen Artikel schreiben können und einem zeigen, dass man nicht allein ist mit seiner Ratlosigkeit.
    Aber wo führt das alles hin? Freien Journalismus in niveauvollen Blogs präsentieren und intelligente Kommentare und Analysen vorlegen…ändert sich dadurch etwas? Irgendwann? Oder ist es wirklich schon zu spät?

  17. Wie schon von anderen Kommentatoren erwähnt:
    Hervorragender Artikel!

    Da Parallelen zur DDR im Artikel angesprochen wurden, möchte ich noch auf folgendes verweisen:
    Auch wenn die DDR ein Unrechtssystem war, so musste der durchschnittliche Bürger -solange er nicht als Systemfeind ausgemacht wurde- sicherlich nie um sein Leib und Leben fürchten, wenn er den normalen Geschäften des täglichen Lebens nachging.
    Das sieht heute in der Buntenrepublik ganz anders aus.
    Wege von oder zur Arbeit sind mittlerweile gefährlich geworden, speziell fürs „schwache“ Geschlecht, Gänge zur Bank können mit Mord und Totschlag enden.
    Wer hätte gedacht, dass das System Merkel selbst Honecker in den Schatten stellt…
    Früher ging es um Freiheit, heute kommt noch die leichtfertig verspielte Sicherheit der Bevölkerung hinzu.
    Und die Massenmedien schreiben den Adolf an die Wand.
    Bei Tichy gab es mal einen später gelöschten Artikel, der davon ausging, dass Linke zum Teil geistig erkrankt sind.
    Wenn ich mir nun die Ergüsse der typischen Medien zum Thema Chemnitz anschaue und heute lesen muss, was der Schtonk äh Stern über die Achse im Zusammenhang mit Sarrazin verlauten ließ, dann liegt das mit der Erkrankung nicht so fern.
    Wobei eine Erkrankung allerdings fast immer entschuldigt, aber so einfach sollte man es den Presstituierten dann doch nicht machen.

  18. Guten Tag Herr Letsch,

    in Ihrer ausgezeichneten Analyse wurde auch der Punkt der Undankbarkeit der so genannten Ossis gegenüber dem vermeintlichen Befreier aus dem Westen angesprochen. Dazu möchte ich folgende These einbringen: Der Westen schuldet dem Osten (damit meine ich den gesamten ehemaligen Ostblock) Dank. Zum einen, weil die Menschen dort mit ihrer weitestgehend friedlichen Revolution dem Westen den besseren Gesellschaftsentwurf bestätigt haben und zum anderen, weil dadurch dem Kapitalismus westlicher Prägung Absatzmärkte bzw. Wirtschaftsräume mehr oder weniger ohne eigenes Zutun eröffnet worden (wobei mir schon klar ist, dass die Ereignisse 1989 ff. im Zusammenhang mit den westlichen Aktivitäten bis dahin stehen).

  19. „Der Mobilisierungsgrad ist bereits zu hoch. Auf beiden Seiten!“

    Auf allen drei Seiten. Es gibt drei Wertesysteme, die unvereinbar sind. Die Muslime müssen ihren Propheten und ihre Gemeinde mit allen Mitteln gegen Kritik verteidigen. Konservative glauben, dass sich Gewalt nur vermeiden lässt, wenn man alles anspricht und Konflikte löst. Die können, nicht einfach an den ganzen Ehrenmorden und Vergewaltigungen vorübergehen. Linke müssen Hitlerbaby töten und sehen Schuld bei Anklage.

    Ich fürchte, dass wir bald mexikanische, libanesische oder kolumbianische Verhältnisse haben. Ständig werden dann Menschen erstochen, entführt, mit Säure übergossen, abgefackelt, in die Luft gejagt… ein Krieg. Und keine Partei wird noch saubere Hände haben.

    Ich hatte vor längerer Zeit auf Tichys Einblick in die Kommentare geschrieben, dass ich die Kommentatoren auf ZEIT online für gewaltbereit halte. Das wurde sofort kassiert, obwohl ich sonst nichts weiter ausgeführt habe.

    So vernünftig der Einzelne ist, bewegen sich hier doch die Massen. Es rasen drei Galaxien aufeinander. Unaufhaltsam.

  20. Ein kurzer Nachtrag: Man sehe sich Artikel II der UN-Konvention gegen Völkermord (1948) an und vergleiche die Tatbestände mit der Situation in der BRD von heute.
    Das Ergebnis lässt einen sprachlos und zornig werden.

    Ich wünsche trotzdem ein schönes Wochenende und noch einmal danke.

    • Danke für diesen bärenstarken Hinweis. Ganz unabhängig von deutschen Verwaltungs- oder Verfassungsgerichten haben wir längst den Punkt erreicht, wo Den Haag Indizien sammeln müsste. Jedem Kopfdenker sollte klar sein, wohin die demografische Entwicklung führt. Lediglich Bauchdenkerinnen und Bauchdenker begrüßen das „Völkersterben von seiner schönsten Seite“ auch noch, weil es ja nur gegen alte, weiße Männer geht.

  21. Lieber Roger, ein ausgezeichneter Beitrag, ich wünschte, wir hätten in dieser Zeit jeden Tag hunderte davon. Meinen Dank dafür.
    Ich gehöre zu denjenigen, die die unselige Grenzöffnung vor nunmehr drei Jahren schon damals als Zündquelle für einen kommenden Bürgerkrieg gesehen haben. Als Schwarzmaler und Spökenkieker selbst von Freunden verlacht, hat sich meine Befürchtung leider bewahrheitet.
    Wir leben in einem Staat, der sich politisch in keinster Weise mehr von der DDR unterscheidet ( Dein Ausriss aus der JW 1989). Der große Unterschied war, dass die SED-Clique wenigstens nicht das eigene Staatsvolk und dessen Familien abschaffen, sondern nur im Zaum halten wollte.
    Das ist heute, wir wir alle sehen, nicht mehr der Fall. Import von Kulturfeinden, Alimentierung dieser mit unseren Steuergeldern, bewußt geduldete, wenn nicht geförderte Kriminalität. Zweiklassen- ( oder besser Zweirassen-) Justiz.
    Und ein medial-politischer Komplex, der die „Nationale Front “ und ihre „klassenbewußten“ Journalisten weit in den Schatten stellt, wie Du so treffend geschildert hast. Ich fürchte, dass das, was jetzt losgetreten worden ist, sich sehr schnell und gewaltsam entwickeln werden wird. Vielleicht aber braucht dieses zerstörte Land so eine „Reinigung“, um neu zu entstehen und sich seiner Tugenden, Traditionen und Erfolgen bewußt zu werden.

  22. Genialer Artikel! Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, die Würde vieler Journalisten und auch Politiker ist nicht nicht tastbar, weil nicht vorhanden.

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