Mit meinem Blog bin ich gerade erfolgreich aus Deutschland geflohen, auch wenn mein bisheriger Serviceprovider noch zu jenen gehört, mit denen es sich leben und arbeiten lässt. Der saß und sitzt im süddeutschen Raum und gehört noch zu den besten hierzulande. Ganz anders sind meine Erfahrungen hingegen mit einem Anbieter einschlägiger IT-Dienstleistungen, dessen Servicenummern eindeutig auf den „Reichshauptslum“ (Don Alphonso) Berlin hinweisen. Dorthin digital umzuziehen hatte sich ein Freund in den Kopf gesetzt und ich sollte die Sache regeln. Nun mache ich so etwas nicht zum ersten Mal und mein Serviceversprechen fiel entsprechend großspurig aus. „Kein Problem, ist in ein paar Stunden erledigt.“ Von wegen!

IT-Probleme gehören sicher zu jenen Stolpersteinen, die sich jeder spottenden Prosa ob ihres spröden Themas entziehen und Nerd-Humor möchte ich meinen Lesern ersparen. Deshalb ein kurzes Fazit nach mehreren Stunden verzweifelter Fehlersuche, an der ich natürlich auch den Kundenservice des Internetproviders ***** teilhaben ließ. Vergeblich!

Meine Bordmittel und Ideen waren erschöpft, der Fehler auf meiner Seite nicht aufzufinden oder auch nur zu erklären. Da man immer mit den eigenen Defekten und Unzulänglichkeiten rechnen muss, versprach ich mir vom kundigen Servicemitarbeiter entsprechende Handreichungen. Es waren insgesamt fünf. Servicemitarbeiter, nicht Handreichungen! Dazwischen Flöten und Oboen in nervtötender Warteschleife, die nach wenigen Minuten selbst dem ziegenfüßigen Pan die Hufnägel gezogen hätte.

Mein Problem mit dem Problem

Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit Ihrem Hund spazieren. Im Park angekommen werfen Sie den mitgebrachten Tennisball und ihr Bello flitzt dienstbeflissen los, nur um kurze Zeit später mit einem leeren Kaffeebecher zurückzukommen. Sie wundern sich und werfen den Becher. Der Hund flitzt los, und kommt mit einer leeren Flasche zurück. Sie werden mir zustimmen, dass es da offenbar ein Kommunikationsproblem zwischen Ihnen und dem Hund gibt.

So in etwa fühlte ich mich heute nach diversen Telefonaten. Ich war offenbar nicht in der Lage, den Servicemitarbeitern mein Problem zu verdeutlichen. Oder die Servicemitarbeiter waren nicht imstande, mit meinen Angaben auf die Suche nach dem Problem zu gehen. Mal apportierten sie einen Becher, mal eine Flasche. Sagte ich „Browser“, verstanden sie „ftp-Client“. Sprach ich von „HTTP-Fehlern“, radebrechte man mir „das Datei muss in eine Verzeichnis“ ins beleidigte Ohr. Kommunikative Missverständnisse, wann immer ich einen Mitarbeiter von ***** am Telefon hatte. Genervt von stundenlanger Fehlersuche und einer finalen, 30-minütigen Ehrenrunde durch das „Worst-Of“ der Pausenmusik verreckte ich schließlich in der Warteschleife. Das Problem blieb ungelöst, mein Geduldsfaden war gerissen.

Auf dem Weg zur „Idiocracy*“

Je komplexer die Probleme sind, desto klarer muss die Sprache sein, sie zu beschreiben. Das wäre der fachliche Bereich. Falls man sich einem Problem nur tastend und suchend nähern kann, ist eine gemeinsame Muttersprache, in der man sich sicher ausdrücken kann, unerlässlich. Mir scheint, in Deutschland ist gerade beides auf dem Rückzug. Ich weiß nicht, ob es wirklich, wie ich vermute, in Berlin begonnen hat. Vielleicht war meine heutige Reise durch die geballte digitale und sprachliche Inkompetenz auch völlig atypisch. Vielleicht hatten alle fähigen Mitarbeiter bei ***** heute Urlaub. Vielleicht liegt das Problem ja auch – wie so oft – zwischen meinen eigenen Ohren und das Kauderwelsch, die widersinnigen Anweisungen und die falschen Artikel und Plurale ergeben morgen plötzlich einen Sinn. Vielleicht wackelt gerade ein Servicemitarbeiter bei ***** am Kabel und alles ist plötzlich gut. Vielleicht ist aber auch alles viel schlimmer und wir schauen live und in Farbe einer einst hochbegabten Ingenieurnation beim Abnippeln zu. Die Technik ist noch da, genau wie der Wille, sich an deren Segnungen zu erfreuen. Nur beginnt die Menschheit zu vergessen, wer und wie die Technologie gebaut hat und wozu. Alle sind freundlich zueinander – und nichts kann ich den Mitarbeitern bei ***** leichter attestieren als dies –, laufen wild und viel Luft verdrängend hin und her und geraten dabei ordentlich in Schweiß. Nur wird nichts fertig, nichts geschaffen, nichts verbessert, nichts repariert und am Ende stirbt man sprachlos in einer Warteschleife. Warteschleifen werden vermutlich das letzte sein, was in Deutschland noch funktioniert.

Meinem Freund werde ich nun raten, sich für seine Zwecke doch besser einen Serviceprovider in Süddeutschland zu suchen. Oder mir besser gleich in die Schweiz zu folgen.

Der Film zum Text: „Idiocracy“, eine Dystopie von Mike Judge aus dem Jahr 2006

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6 Kommentare

  1. Ich kann DigitalOcean empfehlen. Mit denen hatte ich nie Probleme. Amtssprache ist englisch, den Serverstandort kann man sich aussuchen, Beschwerden werden in der Regel ungesehen weitergeleitet, und mit dem Kundendienst muss man sich gar nicht abgeben, weil man den Server eh selbst einrichtet. Die Einrichtung einer neuen VM dauert da so ungefähr ne halbe Minute.

  2. Ich versuche es gar nicht erst mit Hotlines: Einschreiben mit Termin, klare Forderungen, wenn diese nicht erfüllt sind: Zahlungseinstellung bzw. Mahnbescheid; je nach dem ob Schuldner oder Anspruchsteller. Alles andere ist Zeitverschwendung. Es ist eine Illusion zu glauben, eine Hotline sei schnell, wenn es kompliziert wird.

  3. Ich hatte eine ähnliche „Episode“ mit einem bekannten deutschen Provider für Internet über Satellit. Online informiert, dann bei der „Bestellhotline“ zwecks Klärung offener Fragen und Bestellung angerufen. Die Klärung der Fragen scheiterte an sprachlicher Barriere und mangelnder Kompetenz, die Bestellung an einem höflichen, aber gebrochenen »da mussen Sie im Internet Paket 1, 2 oder 3 klicken.« Also zurück ins Netz, noch ein wenig zum Thema recherchiert und auf der Website des Providers Paket 2 bestellt. Schon drei Tage später kam das Teil an – ausgepackt (Schüssel, Receiver, Zubehör – alles gebraucht, Kabel waren neu) – installiert (2 Wochen funktionierte es solala, danach ging nichts mehr) – Anruf nun bei der „Servicehotline“ (komisch, es schien dieselbe „Servicefachkraft“ zu sein, die ich schon an der „Bestellhotline“ hatte) – kurz: mir konnte nicht geholfen werden und mir wurde geraten das Paket 3 zu bestellen, da hätte ich eine höhere Bandbreite und „weniger User im gleichen Pool“ – Fazit: Ich hab’s zurückgeschickt, die 2. Rechnung nicht bezahlt und nie wieder etwas gehört. So geht wohl Profitmaximierung…

  4. Die Durchverblödung und sprachliche Un-Mächtigkeit ist im deutschen oder ehemals deutschen Kundenservice angekommen. Telefonieren Sie mal mit Amazon. Die wenigsten Mitarbeiter sind dort in der Lage, sich kaufmännisch oder technisch korrekt zu artikulieren, sodass Sie stets auf eine erfolgreiche Weiterleitung hoffen müssen. Schuld sind nicht die Mitarbeiter, sondern der Arbeitgeber, der seine Angestellten trotz mangelnder Sprachkenntnis den Kunden zum Fraß vorwirft.
    DHL-die Krönung der Schöpfung. Erst zerstören sie mir einen teuren, hochwertigen Toaster (rd. 350 Euro) auf dem Weg zum Kunden und entziehen sich dann der Reklamation durch stundenlange (im Ernst) Warteschleifen und plötzlichen Abbruch. Wer sprach dereinst von der „Servicewüste“? Der kennt die heutigen Zustände nicht.

  5. Die schlimmste Telefonhilfe hat immer noch DHL – bislang ist es mir noch jedesmal passiert, dass die Callcenteragenten dort mir nach ewigem kreisen im vorgegebenen Schema mein ursprüngliches Problem als nur für mich herbeigezauberte Abhilfe präsentiert haben. Oder besser gesagt: wohl präsentieren mussten – wer auch immer diese Schemata geschrieben hat, muss Menschen hassen. Sowohl die Agenten als auch die Kunden.

    • … um diese Leute erfolgreich aus dem Konzept zu bringen und ihnen zweifelsfrei mitzuteilen, dass die Kundenwut stetig zunimmt, lässt sich bei solchen Gelegenheiten ein wenig Georg Trakl in den Telefonhörer rufen:
      „Laut zerspringt der Weiherspiegel.
      Möven schrein am Fensterrahmen.
      Feuerreiter sprengt vom Hügel.
      Und zerschellt im Tann zu Flammen.“

      Aber das wird dann wieder nicht verstanden, denn die verstehen immer höchstens gar nichts, und davon auch nur den allergeringsten Teil. Um ihnen also die ultimate Kundenverdammnis am Zweifelsfreiesten mitzuteilen, zitiere man ihnen mit gebührendem Getöse noch diesen Trakl:
      „Doch stille sammelt im Weidengrund
      Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
      Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle;
      Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.“

      Womit sodann alle Zweifel ausgeräumt sein dürften. Obwohl das alles so gar nichts nützt. Nu!, das war aber auch schon vorher so klar wie die schwärzeste Verwesung.

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