„Die natürlichen Verteidiger und notwendigen Freunde angeklagter Patrioten sind die patriotischen Geschworenen.
Die Verschwörer sollen keine finden.“*

Wer kennt das nicht: Da ist man morgens spät dran, vielleicht hat man einfach verschlafen. Vielleicht hat man auch nur im Bad getrödelt. Wie auch immer, die Zeit wird knapp und um den Termin noch pünktlich zu erreichen, müsse man vor fünf Minuten losgefahren sein, sagt das Navi. Und wie auf Bestellung sind sie dann alle da, auf der Strecke. Die Sonntagsfahrer, die Vollidioten, die Schleicher und jene, die ihren Führerschein im Lotto gewonnen haben. Der emotionale Ausnahmezustand kennt nur noch Freunde (Abwesende) und Feinde (alle Anwesenden) und wir alle können froh sein, dass solche Gespräche im Auto nur Selbstgespräche sind und die Anschuldigungen, mit denen man sich im Auto Luft macht, folgenlos verhallen.

Man stelle sich nur vor, die Leichtfertigkeit, mit der man sich während der Fahrt gelegentlich zum Richter aufschwingt, hätte tatsächlich Folgen! Denn genau genommen ist man es ja vielleicht selbst, der gerade gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt. Der weiße Polo da vorn, der auf einer Bundesstraße 60 fährt, hat jedes Recht, dies zu tun. Und der Lkw, hinter dem man viel zu dicht aufgefahren ist, darf hier gar nicht schneller als 80 fahren. Warum ich ihnen das alles erzähle, obwohl ich natürlich der ausgeglichenste Autofahrer überhaupt bin, der nie emotionale Standgerichte hinter dem Lenkrad abhält? Weil es ein vergleichbares emotionales Autodafé in die reale Welt geschafft hat und dort mit Vorurteilen und Schnellgerichten jenseits aller juristischen Kategorien für Pogromstimmung und „korrekte“ Gesinnung sorgen will. Und Geld kann man auf diese Weise auch noch verdienen.

Yelp goes Indymedia

Sicher kennen sie Yelp, das amerikanische Empfehlungsportal, auf dem man anhand benutzergenerierter Rezensionen sehen kann, ob sich ein Restaurantbesuch lohnt, wie schnell oder gut eine chemische Reinigung arbeitet oder ob eine Kfz-Werkstatt freundlich zu ihren Kunden ist. In der Vergangenheit gab es zwar immer wieder Fälle, in denen Firmen mit Hilfe massenhafter schlechter Bewertungen niedergeschrieben wurden, aber Yelp bemühte sich, Bewertungen, die nicht auf persönlicher Erfahrung beruhten, sondern von Trollen organisiert wurden, herauszufiltern – das gilt auch für den gegenteiligen Fall, in welchem ein Unternehmen durch gefälschte positive Bewertungen in zu warmes Licht getaucht werden sollten. Doch mit dem Objektivismus ist das so eine Sache – er kann dem Zeitgeist zum Opfer fallen.

Am 8. Oktober 2020 verkündete Yelp voller Stolz, dass man nach mehrmonatiger Testzeit ein neues Bewertungskriterium eingeführt habe: das rassistische Verhalten. In Zusammenarbeit den aktivistischen Plattformen „15percentpledge“, die in Geschäften einen minimalen Warenbestand von 15% aus „Black-owned“ Unternehmen fordern sowie „myblackreceipt“, denen es gleich um eine vollständige Trennung (Apartheid war das alte Wort dafür) von weißen und schwarzen Unternehmen geht, hatte Yelp zunächst neue Bewertungsmaßstäbe eingeführt. Das Label „Black-owned“, also im Besitz von Afroamerikanern befindlich, prangt heute als Aufkleber längst an den Scheiben vieler Geschäfte und hat laut Yelp zu einem Anstieg der Bewertungen um über 600% geführt. Positive natürlich! Ein Schelm, der da an moralische Erpressung denkt.

Für die „Gegenseite“ hat sich Yelp nun auch etwas einfallen lassen: den „Verbraucheralarm gegen Rassismus“. Im Yelp-Blog heißt es dazu:

„Now, when a business gains public attention for reports of racist conduct, such as using racist language or symbols, Yelp will place a new Business Accused of Racist Behavior Alert on their Yelp page to inform users, along with a link to a news article where they can learn more about the incident.“

Bedeutet, dass wenn ein Unternehmen durch Berichte über „rassistisches Verhalten“ in den Fokus der Öffentlichkeit gerät, wird Yelp dieses Unternehmen kennzeichnen, zusammen mit einem Link zu dem Nachrichtenartikel, in dem über den Vorfall berichtet wurde. Es genügt aber auch ein Bericht darüber, dass BLM behauptet, das Unternehmen sei durch „rassistisches Verhalten“ aufgefallen oder diesem Unternehmen mit Pflasterstein und Molotowcocktail seine ganze Aufmerksamkeit schenkte. Alles was Yelp für sein Urteil und das Anbringen der „Warnung“ braucht, ist ein Presseartikel, ein TV-Bericht oder ein Anruf von BLM.

Gerichte werden überflüssig

Die Frage, ob sich im juristischen Sinn überhaupt jemand etwas „zu Schulden“ kommen ließ wird nicht mehr gestellt. Das moralische Urteil eines Presseberichtes genügt. An die Stelle der strafbaren Handlung tritt die strafbare Haltung. Und was strafwürdig ist, können wutgesteuerte Aktivisten nach gusto und Tagesform entscheiden. Wehe dem, der einem BLM-Aktivisten in die Quere kommt, der morgens zu spät dran ist und einen Schuldigen dafür sucht. Bereits ein nur empfundenes Missverhalten, vielleicht das fehlende Lächeln des Barista, der dem Aktivisten den Kaffee nicht schnell genug aushändigt oder wenn der asiatische Eigentümer eines Pfandleihhauses nicht einsehen will, dass er Reparationen für Sklaverei und Unrecht zahlen muss, kann über Nacht zu einem Presse-Event führen, wenn am Morgen danach der CNN-Reporter von „größtenteils friedlichen Protesten“ spricht, während hinter ihm die rauchenden Trümmer schweigen.

Und falls es nicht gleich in dieser Form eskaliert ist, hilft nun ein „Verbraucheralarm“ dem verängstigten Kunden, Geschäfte zu meiden, mit denen BLM noch ein Hühnchen rupfen muss. Vielleicht ist der „Vorfall“ echt. Vielleicht ist der Besitzer oder sind die Angestellten tatsächlich rassistische KKK-Typen. Doch die Grenze zwischen verpönt und verboten, zwischen rassistischem Idioten und Kriminellem zieht eigentlich das Gesetz, nicht Yelp oder BLM-Aktivisten. Doch solche Feinheiten interessieren Yelp nicht mehr, wo man mit langer, scharfer Sense über die bunte Wiese der Geschäftswelt gehen will. Man überträgt BLM die Macht, als Gesinnungspolizei zu agieren und jenseits von Recht und Gesetz Ankläger, Staatsanwalt und Richter in eigener Sache zu sein. Es ist deshalb ein Irrtum, der Parole zu glauben, BLM wolle die Polizei abschaffen. BLM möchte vielmehr die Polizei sein!

Kann man sich dem entziehen? Was muss man tun, um nicht auf dem Radar von Yelp und damit auch von BLM aufzutauchen? Man kann unsichtbar werden, seinen Laden an einen Afroamerikaner verkaufen, sich für kleines Geld einen von der Bewegung anerkannten Aufkleber ins Fenster kleben und nur noch Schwarze beschäftigen – oder diese zumindest besser als Weiße bezahlen und die Presse darüber informieren. Man kann Schilder hochhalten und Tee ausschenken, wenn des nachts die Sprechchöre am Laden vorbeiziehen. Man kann schweigen, wenn der Laden auf der anderen Straßenseite zwecks Reparationszahlungen geplündert und anschließend abgefackelt wird. Und man kann hoffen, dass all die Maßnahmen, die man getroffen hat, um unsichtbar zu sein, ausreichen werden, wenn man den letzten Laden überhaupt in der Straße ist, der bei Yelp noch zu finden ist und das lokale Chapter von BLM sich eines Tages fragt „…und wo gehen wir heute Abend hin?“

* Aus dem Gesetz vom 22. Prairial zur Abschaffung der Verteidigung in Gerichtsverfahren, Zitat aus „Robespierre“, Friedrich Sieburg, S. 198

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9 Kommentare

  1. Yelp und seine seltsamen Bewertungskriterien. So um 2014 hatte yelp für viel Geld den deutschen Konkurrenten Qype gekauft und dann erstmal geschätzte 90 % der Qypebewertung gesperrt, weil sie wohl nicht ihren Bewertungkriterien entsprachen. Von diesem selbst versetzten Schlag in die Magengrube hat sich das Unternehmen nie erholt und ist deshalb in Deutschland irrelevant.

  2. Gibt es eigentlich Menschen, die dieses Neo-Autodafe mögen? Es gibt Profiteure, Opportunisten, Angsthasen, ja, aber Leute, die es mögen? Ich kann nicht mit dem Blick über den Balkan oder den Kaukasus schweifen lassen und mir sagen, oh, aber hier wird alles gut gehen. Diese totale ethnische Aufwiegelung wird nur hier gut ausgehen. Ich seh es nicht. Ich sehe mich in 30 Jahren in einer Explosion erblinden oder von Antifa-Warlords erschossen. Ich seh nicht, wie das noch gut wird. Ich seh es einfach nicht mehr.

    Oh, es gibt noch Dumme. Die gibt es natürlich. Menschen, denen ALLES absolut am Heck vorbeigeht.

    • Sagte ich das schon mal? Opportunisten haben die höchste Überlebenschance. Und wer das Spiel noch besser kann als die anderen, steigt im Rang! Das sind dann die Bessermenschen. Die bekommen einen Friedensnobelpreis für Bombenabwurf oder das Bundesverdienstkreuz für die besten Schauergeschichten (Wahrheitsgehalt egal). Wer die besten Reden schwingen kann, bekommt Standing Ovations von einem Heer von hirnlosen Duracell-Klatschhäschen, die gar nicht aufhören können zu klatschen.
      Machen wir einfach mit, dann werden wir reich und haben viele Freunde. 😀

      (aber gekotzt wird im stillen Kämmerchen vor dem Spiegel)

    • In 30 Jahren?? Streichen Sie die Null, Sie Optimist, dann passt es wieder!

      Schreckliche Angst fällt mir aufs Herz, wenn ich bedenke, wie es mit der allmächtigen Gewalt des Bösen in aller Geschichte gewesen ist. Sagt man, daß die Wahrheit endlich immer triumphiert, daß das Gute stärker ist als das Böse, so läutet man nur Phrasen und gibt sich Illusionen hin.

      Juan Donoso Cortés

      (1809 – 1853), Juan Francisco María de la Salud Donoso Cortés, spanischer Diplomat, Politiker und Staatsphilosoph

  3. Was steht denn bei Yelp über den schwarzen Restaurantbetreiber und Koch in Kiel, der sein Restaurant „Zum Mohrenkopf“ genannt hat?

    • Ich glaube, in Deutschland ist diese woke Ergänzung der Bewertungskriterien noch nicht ausgerollt. Es fehlt noch an der durchsetzungsstarken Moralpolizei. Warten wir mal bis nach der Bundestagswahl 2021. 😉

    • Der Mann, Andrew E. Onuegbu, ist wirklich gut, hab ihn letztens in einer Talkshow gesehen in der er erzählt hat, dass ein Pärchen – er schwarz, sie weiß – den Chef sprechen wollte um sich über den Namen zu beschweren. Als er aus der Küche kam hat der Schwarze ihn gefragt, warum er für einen Rassisten arbeitet. Hab mich köstlich amüsiert. Bedeutend war der Satz von Herrn Onuegbu, dass er keine Weißen braucht, die ihm sagen wann er beleidigt zu sein hat. Hab meinen imaginären Hut vor ihm gezogen.

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