Jahr für Jahr findet im Bundestag ein gut eingeübtes Ritual statt: die Debatte um die Verlängerung der Mandate der diversen Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die Regierung unterstreicht bei dieser Gelegenheit die bedeutende Rolle, welche die deutschen Soldaten in Mali, Afghanistan oder Kleinpusemuckel bei der Erhaltung des Friedens, dem Bau von Schulen oder dem bohren von Brunnen spielten. Die Opposition hingegen verweist auf unsere ach so friedliche Welt, möchte den Verteidigungshaushalt am liebsten auf das Niveau der Vereinskasse des Schützenvereins Wolfratshausen herunterschmurgeln und aus der Nato austreten. Am besten sofort. Übers Jahr verteilt kommen zahlreiche Anfragen und Presseberichte zu den verschiedenen ambitionierten Rüstungsprojekten, bei denen Geld verbrannt wird wie bei einem ganzjährigen Osterfeuer, zu dem Schluss: mit dieser Armee, diesem Verteidigungsministerium und dieser planlosen Politik ist kein Staat zu machen. Das Problem ist, dass unsere Verbündeten das genauso sehen.

Rückblende, 1992. Ich lernte einen ehemaligen Major der NVA kennen, der sich nach seiner Entlassung als Nachhilfelehrer durchs Leben schlug, nachdem seine Armee das zeitliche gesegnet hat. Er war im Generalstab tätig und sein ganzes Soldatenleben damit befasst, den bösen Feind, der gleich hinter Helmstedt auf ihn lauerte, nach allen Regeln der Kriegskunst zu überrumpeln und fertig zu machen. Und so schmiedete er Pläne, erstellte Tabellen, berechnete Zeitpunkte, Wegstrecken und Bereitschaftsgrade und spielte in tausenden Varianten durch, wie dem „Angriff des Imperialismus“ begegnet werden könne, den man jederzeit erwartete – zumindest solange wollte man durchhalten, bis „eine richtige Armee“ einträfe. Er meinte die Russen. Dieser Mann, der sein Leben lang damit zugebracht hatte, kleine Plastikpanzer über Geländemodelle zu schieben und dabei auf Sonnenstand und Nordwind zu achten, berichtete mir tief enttäuscht davon, was er als erstes getan hatte, als er entlassen, die NVA verschrottet und Deutschland wiedervereinigt war: er fuhr, diesmal in einem echten Auto, zu den Plätzen, Hügeln und Tälern, wo er einst die Heerscharen des Imperialismus auf Karten bekämpfte und in der Simulation versucht hatte, dem „Ansturm der Bundeswehr“ zu trotzen. Was er dort fand? Nichts! Keine Stellungen, keine Truppen, keine Befestigungen, einfach gar nichts. Erst in diesem Moment, so sagte er, habe er begriffen, dass er dreißig Jahre lang eine Phantom-Armee bekämpft habe. Wörtlich fügte er hinzu, dass er, nach allem, was er sah, noch nie einen solchen „Sauhaufen“ wie die Bundeswehr kennengelernt habe. Seine erste Auslandsreise führte ihn dann folgerichtig in die USA, wo er die Militärakademie von West Point besuchte. Zumindest dort, sagte er fast erleichtert, gäbe es noch eine Armee, die diese Bezeichnung verdiene.

Peinlichkeiten aus der Waffenkammer des Guten

Zurück ins Jahr 2018. Unsere Drohnen fliegen nicht, unsere Hubschrauberpiloten üben beim ADAC, weil sie kein einsatzfähiges Fluggerät haben, der „Jäger90“ wurde mit zehn Jahren Verspätung ein überfrachteter Eurofighter, unsere U-Boote sind sämtlich kaputt und von der A400M, dem neuen Transportflugzeug, redet schon gleich niemand mehr, weil es einfach nur noch peinlich ist. Nun kommt ein weiteres Fiasko hinzu, über welches das „Wallstreet Journal“ am 12.1.2018 berichtet: Die neuen Fregatten vom Typ F-125, welche unsere Marine bestellt hat, sind Schrott! Abnahme verweigert! Die Diagnose, die man in den USA den deutschen Verbündeten stellt, ist niederschmetternd. Ich kann zwar nicht behaupten, ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet militärischer Ausrüstung zu sein, aber selbst einem Laien stellen sich beim Anblick der Fähigkeiten der neuen Schiffe einige Fragen.

Etwa die, warum es wichtig war, deren maximale Einsatzzeit auf zwei Jahre auszudehnen, obwohl unsere Parlamentsarmee sich doch jedes Jahr ein neues Plazet im Bundestag holen muss, oder ob die Tatsache, dass die nötige Besatzung nun kleiner ist, keinen Schutz vor U-Booten und Flugzeugen mehr erfordert. Was soll es überhaupt bringen, dass der neue Fregattentyp im Vergleich mit dem alten erheblich an Fähigkeiten eingebüßt, dafür an Kosten und Gewicht mächtig zugelegt hat? Woran liegt das?

Das Wallstreet Journal spricht von „Schrumpfender militärischer Expertise und wachsender Verwirrung unter den führenden deutschen Politikern, wozu die Streitkräfte des Landes überhaupt da seien.“ Weiter heißt es: „Eine ganze Reihe verpfuschter Infrastrukturprojekte haben den Ruf von Deutschlands Ingenieurskunst zerstört. Für den 6 Milliarden Euro teuren Flughafen in Berlin, der bereits 10 Jahre hinter dem Zeitplan zurückliegt, gibt es noch keinen Eröffnungstermin, und die Neugestaltung des Stuttgarter Bahnhofs liegt auch erheblich hinter dem Zeitplan. Beobachter führen diese „Missgeschicke“ auf schlechtes Planungs- und Projektmanagement zurück, welches auch bei großen militärischen Projekten zu Rückschlägen führte.“

Technische und organisatorische Peinlichkeiten

Der ganze WSJ-Artikel lässt einem die Schamesröte ins Gesicht steigen, aber Sie sollten ihn dennoch unbedingt lesen. Bevor er hinter der Bezahlschranke verschwand, landete er zum Glück bei Archiv.is und kann dort eingesehen werden. International wird nämlich sehr genau verfolgt, wie rasant die Expertise Deutschlands gerade in zahlreichen Ingenieur-Disziplinen schrumpft. Bei militärischem Know-How bekämen wir Panzer wohl noch ganz gut hin, doch sobald Software ins Spiel käme, gingen in Deutschland stets die Lichter aus. Auch die Komplexität vieler Projekte werde in Deutschland heute tendenziell unterschätzt, meint das WSJ. Der Glaube, technische oder individuelle Fähigkeiten durch politischen Willen ersetzen zu können, zieht sich heute folgerichtig wie ein roter Faden durch die Gesellschaft. Im Militär wird dies nur deshalb früher sichtbar, weil es hier kaum Möglichkeiten gibt, sich einer alles beherrschenden staatlichem Doktrin zu entziehen, die sich als „Trickle Down“ unsinniger Weisungen aus einer Ministerin ergießt, die Ärztin ist und vorher im ministeriellen Umfeld von Familie, Senioren, Gesundheit und Soziales agierte – von ihrer Chefin sprechen wir hier lieber gar nicht erst!

Willkommen in der „Gerd-Bastian-Kaserne“

Das größte aktuelle Problem ist für die Ministerin deshalb nicht etwa, dass ihr der ganze Laden schon rein technisch langsam um die Ohren fliegt, nein! Wichtiger ist, dass die Truppe mit einer neuen und besseren Tradition unterfüttert wird, aus der Sinn und Ansporn für künftige Friedensmissionen nur so fließen werden. Ist erst mal der Flakhelfer Helmut Schmidt vom Nagel gehängt, ist es nicht mehr weit bis zur Gerd-Bastian-Kaserne, in der das Bataillon „Joschka Fischer“ den Häuserkampf mit dem Wischmop Modell „Jutta Dithfurt“ übt. Und wenn man denkt, jetzt könnte eigentlich niemand noch blöderes ums Eck kommen, beweist die Linke Politikerin Evrim Sommer das Gegenteil und beklagt, Deutschland könne nicht mehr glaubhaft gegen Kindersoldaten eintreten, wenn die Bundeswehr weiterhin 17-jährige rekrutiere. Ja, wer kennt sie nicht, die kriminellen Anwerber deutscher Heere, die durch deutsche Innenstädte ziehen und willenlose Knaben aufsammeln, sie mit Drogen gefügig machen, ihnen Waffen in die Hand drücken, damit sie ihre Eltern töten und unverwundbar werden. Liebe Frau Sommer, da in unserer Bundeswehr die Waffen kaum richtig funktionieren und die Rekruten erst mit 18 an selbige herangelassen werden, besteht da wohl doch keine Gefahr – noch nicht mal eine moralische! Schöne, friedliche Welt des deutschen Militärs!

Das könnte uns alles egal sein, weil es wie seit Jahrzehnten ja zur Not noch richtige Armeen gibt, etwa in Frankreich, Großbritannien oder den USA, die uns zur Hilfe eilen würden, sollte es mal eng werden. Das würden sie doch oder? Sigmar Gabriel hat leider bei mehr als einer Gelegenheit geprahlt, wir könnten schon ganz gut allein auf uns aufpassen – daran habe ich angesichts unserer tatsächlichen militärischen Fähigkeiten doch erhebliche Zweifel. Sollte der amerikanische Präsident jemals in seinem 1-seitigen Morgenbriefing eine Zusammenstellung der ihn betreffenden Headlines von SPON, SZ, Taz und Zeit lesen, könnte er sich das mit dem „America first“ nochmal überlegen und auch in Sachen Militär ein „America only“ daraus machen und zum Beispiel unseren Friedenstruppen die Erfolge in Afghanistan gleich ganz und vollständig überlassen. Wie wir ja wissen, schießen die Taliban nie auf Soldaten, die sich kaum angemessen zur Wehr setzen können. Was heißt nochmal „Wir kommen in Frieden“ auf Paschtu?

Die Posse mit den untauglichen neuen Fregatten führt uns plastisch vor Augen, auf welchem Weg sich Deutschland längst befindet. Zu allem entschlossen, aber letztlich zu nichts mehr fähig. Der Schrei nach „mehr Europa“, wie er von fast allen Parteien uni sono zu vernehmen ist, wird wohl in Wirklichkeit ein Hilfeschrei sein. Die ideologische Verfettung und die Unfähigkeit der deutschen Politik, die eigenen Möglichkeiten realistisch einzuschätzen, werden uns über kurz oder lang zum Mühlstein am Hals Europas machen. Auch hier lassen sich neben dem Militärischen noch weitere Beispiele anführen, deren inhaltlicher Größenwahn in keiner Weise zu den endogenen Fähigkeiten passen will: Massenmigration, Klimawandel, Energiewende, NetzDG.

Andererseits stellt sich die glatte Weigerung vieler deutscher Politiker, die zugesicherten Mittel in die Verteidigungsfähigkeiten zu stecken, womöglich doch als pragmatische Einstellung zur Realität heraus. Denn wozu mehr Geld in militärische Projekte versenken, wenn dabei sowieso nichts als Schrott entsteht, weil wir auf diesem Gebiet längst zu nichts mehr in der Lage sind? Dann pumpen wird das Geld doch lieber gleich in Migrationsforschung, Genderstudies, Politkampagnen und Lichterketten. Zum Schluss möchte ich noch einen der kommentierenden Leser des WSJ zu Wort kommen lassen.

„Germany is not invincible. Germany and Germans are not super smart, either.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Leider nicht nur im militärischen Bereich.

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17 Kommentare

  1. Nein keine Sorge,
    noch haben wir richtiges Militär in Reserve!…?
    Leider sind diese Leute inzwischen Zivilisten, schon 50-70 Jahre alt und haben seit Struck,s „Hindukusch-Dogma“ keine Lust mehr hier noch irgendwas oder -wen zu „verteidigen“
    Und wenn sich unsere rot-grün-gegenderte Gesellschaft unbedingt „sicher fühlen wollen“….ja dann sollen sie doch ihren Mist ALLEINE verteidigen….am besten in der Antartkis.

  2. Ich teile Ihre Meinung in Bezug auf eine „Ministerin“, die keine Ahnung von dem hat, was sie tut und auch bewusst gegen die Aufgabe verstößt, die das Grundgesetz und der Soldateneid stellen: Sie hat den Rekruten im letzten Sommer im Bendlerblock erzählt, sie verteidigten „das Recht und die Freiheit“. Dass die deutschen Soldaten aber nur das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes verteidigen dürfen, hat sie dabei „übersehen“.
    Eine verfettete, feige und nur an der eigenen Sicherheit des Dienstpostens orientierte und interessierte Wehrbürokratie (Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel, werden aber immer wieder kaltgestellt) bestätigt wohl jeder Soldat, der sich mit diesen Leuten auseinanderzusetzen hat. Jahrzehnte sozialdemokratischer Verteidigungsminister – ja, auch Helmut Schmidt, unter dessen Ägide die Gründung der Bundeswehruniversitäten fällt, in denen der deutsche Offiziersnachwuchs systematisch von seinen Traditionen entfernt und in Richtung williger Handlanger fremder Mächte gedrillt wird und an denen sich mittlerweile dieselben Soziologen und anderen Spinner herumtreiben dürfen wie an den normalen Unis – haben zu dem geführt, was wir jetzt beklagen müssen.
    Nichts desto trotz haben wir immer noch hervorragende Soldaten in den Spezialkräften, um deren Fähigkeiten und Fertigkeiten uns alle anderen beneiden. Deren Ausbildung basiert immer noch auf der hervorragenden Grundlage vergangener Zeiten, die nicht umsonst auch in alle anderen führenden Armeen übertragen wurde, sowohl die amerikanischen wie die israelischen Streitkräfte haben da „geklaut“. Hierzulande aber werden Offiziere, die diese soldatischen Traditionen hochhalten und weitergeben wollen, als Nazis diffamiert und entlassen, die erfolgreiche Auftragstaktik wird zugunsten einer Befehlstaktik schleichend abgeschafft, die genau dem ideologisierten Handeln der Politik entspricht – jede Abweichung vom vorgegebenen Weg wird hemmungslos sanktioniert, in der Truppe durch Verweigerung sozialer Leistungen oder Schadensersatzansprüche gegen die Handelnden. Wie soll eine solcherart drangsalierte Truppe wirklich Krieg führen? Aber zum Glück bewachen wir ja nur die „richtigen“ Soldaten im Kosovo oder in Mali und bezahlen die Interessen anderer Mächte mit Blut und Geld.
    Und warum die besten Uboote der Welt gerade alle nicht einsatzfähig sind, das wäre in der Tat einmal zu ergründen. Werden vielleicht gerade anderswo Ersatzteile oder gar ganze Boote benötigt? Es gibt ja derzeit genug Orte, an denen Revolutionen und Frühlinge inszeniert werden.

    @Aristobulus: was ist das für ein ahistorischer Unsinn? nur als Beispiel: wann je soll den bitte die Chance auf Bündnisse mit Briten und Franzosen bestanden haben? Die Franzosen haben spätestens seit dem 30jährigen Krieg, als das Elsass und Lothringen annektiert wurden, die Mitte Europas als ihre Einflusszone betrachtet und spätestens nach dem angezettelten und verlorenen Krieg 1870/71 nur noch auf Rache aus. Die Briten waren jeher außen vor, die Doktrin sollte bekannt sein, mittlerweile ebenso die Inhalte der Tagebücher Asquith‘. Selbst die (Verzichts-)angebote Hitlers aus einer relativen Position der Stärke heraus wurden nicht angenommen.
    Schauen Sie sich einmal die Zahlen der Flottenstärken an, dann ist leicht festzustellen, dass alle anderen relevanten Mächte weitaus mehr und größere Schiffsbestände aufzuweisen hatten. Ich fürchte, Sie sind nicht ganz auf dem aktuellen Stand; vielleicht hilft es, nicht nur Kellerhoff oder Knopp zu konsumieren.

    • Gefällt mir ausnehmend gut, was Sie sagen.
      Kompetenz findet man leider kaum noch in diesem Land. Damit sind auch vor allem historische Zusammenhänge gemeint.

    • „…Bundeswehruniversitäten … in denen der deutsche Offiziersnachwuchs systematisch von seinen Traditionen entfernt und in Richtung williger Handlanger fremder Mächte gedrillt wird und an denen sich mittlerweile dieselben Soziologen und anderen Spinner herumtreiben dürfen wie an den normalen Unis…

      Mit den Soziologen und anderen Spinnern haben Sie natürlich Recht.
      Mit den beiden anderen Beobachtungen (Traditionen und Handlanger fremder Mächte) haben Sie natürlich Unrecht: Die Traditionen der Bundeswehr waren Trotz Baudissins Reformen über viele Jahrzehnte von der Wehrmacht bestimmt.
      „Handlanger fremder Mächte“ -? Was soll das bedeuten? Die Westbindung Deutschlands ist DIE Garantie für deutsche Bekömmlichkeit. So bald die Deutschen nicht mehr westgebunden sind, tun sie plötzlich absolut Unbekömmliches und Antiwestliches (mit Westbindung meine ich selbstverständlich nicht EU-Hörigkeit oder Masseneinwanderung).

      „… wann je soll den bitte die Chance auf Bündnisse mit Briten und Franzosen bestanden haben?“
      Lesen Sie meinen Kommentar bitte sorgfältiger. Kaiser Wilhelm hat die Möglichkeit eines Bündnisses mit den Briten so lange systamatisch unterminiert, bis alles zu spät war, und er hat die Erbfeindschaft mit Frankreich aufrecht erhalten. Resultat: Der erste Weltkrieg!, der mit einer einigermaßen vernüftigen Bündnispolitik wahrscheinlich ein regionaler Balkankrieg geblieben wäre.
      In der Weimarer Republik haben Rathenau und später Stresemann getan, was sie konnten, um Westbündnisse zu gründen. Rathenau wurde dafür ermordet.
      Insgleichen Adenauer hat ab 1948 das deutsch-französische Bündnis und die deutsche Westbindung (mit den USA) gegen viele Widerstände durchgesetzt. Ach, was hätten Sie damals gesagt, Herr Meyer: Adenauer macht Deutschland zum Handlanger fremder Mächte, und er negiert die geheiligten teutschen Militärtraditionen 😀

      • Tut mir leid, es wird nicht besser.
        Baudissin, der den Deutschen wohl von den Briten dringend anempfohlen wurde (ein Witz für sich: die zwar ausgezeichneten britischen Soldaten, die allerdings zu Land immer schlecht geführt wurden, empfehlen ausgerechnet der am besten geführten Armee neue Führungskonzepte…) und sein Konzept sind für jede Armee vollkommen untauglich. Mittlerweile gesteht man sich sogar bei der Bundeswehr ein, dass das alles wohl nicht so wirklich funktioniert.
        „Die Westbindung Deutschlands ist DIE Garantie für deutsche Bekömmlichkeit. So bald die Deutschen nicht mehr westgebunden sind, tun sie plötzlich absolut Unbekömmliches und Antiwestliches“ – Merken Sie eigentlich, was Sie da schreiben? Sie können das doch gar nicht beurteilen, da die Westbindung erst seit 1949ff existiert und nicht beendet ist. Und für alle sichtbar tun „die Deutschen“, will heißen, das durch atlantische Rotlichtbestrahlung eingenordete politische Kartell im Bundestag doch sehr wohl antiwestliches – wie seit 2015 unzweifelhaft feststehen dürfte!? Und plädieren Sie allen Ernstes dafür, dass die Deutschen ihre Sicherheit nicht wie alle anderen in die eigenen Hände nehmen dürfen? Der Grund dafür würde mich interessieren, allerdings habe ich schon einen Verdacht, wie der aussehen wird: Wir haben doch aber… – Nein, haben WIR nicht.
        Ein Bündnis mit den Briten war weder zum Ausgang des 19. Jahrhunderts noch danach möglich. Die Briten haben immer die zweitstärkste Macht auf dem Kontinent gegen die Stärkste unterstützt; nachdem Preussen zu stark wurde und Frankreich 1870/71 seine Grenzen (bitte denken Sie dran, Frankreich bekam den Krieg, den es selbst wollte!) aufgezeigt bekam, waren die Franzosen der entsprechende Partner. Die Zusammenarbeit begann da ja auch schon nachweislich in den 90er Jahren. Dass die Franzosen überhaupt keine Anstalten zum friedlichen Nebeneinander machten, sollte wohl Allgemeinwissen sein („Nie darüber sprechen, aber nie vergessen.“)
        Rathenau und Stresemann haben wohl versucht, das Versailler Schicksal erträglicher zu gestalten – den Feind, den du nicht besiegen kannst, musst du umarmen – das ist aber wet von einer Westbindung entfernt, zumal diese ja auch gar nicht gewünscht war. Die Briten waren ohnehin etwas Besseres und kümmerten sich um ihr zahlungsunfähiges Imperium und die Franzosen drangsalierten das Reich auf jede erdenkliche Weise, die vielfachen Einmärsche, zum Beispiel der „Ruhrkampf“, sind doch beredt.
        Adenauer als Kronzeuge für die Notwendigkeit einer Westbindung ist ein zweifelhafter Leumundszeuge, hat nicht gerade der schon den Anschluss (!) eines Rheinstaates an Frankreich in den Zwanzigern forciert? Und von Westbindung konnte doch ab 1945, nach dem bevölkerungsrelevanten Luftterror und den ebenso wirksamen Gefangenenbehandlungen auch der westlichen „Befreier“ keine Rede sein: „Deutschland wird nicht zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat besetzt“, schon vergessen? Erst als man gemerkt hat, dass man alleine nicht soviel wird ausrichten können gegen die Panzerarmeen des Ostens, war deutsches Kanonenfutter wieder willkommen. Und das ist es noch heute, wie man in Afghanistan und Mali sieht.

  3. Wenn die Bevölkerung nicht die Bedeutung der Streitkräfte hoch genug einschätzt, wundert mich Vernachlässigung nicht. Mehr noch: Die beharrliche Weigerung mehr für die Ausrüstung und Steigerung der Einsatzfähigkeit auszugeben, trifft ja gerade auf positive Resonanz. Da wäre ein wenig mehr Helmut Schmidt gerade richtig für die SPD.

    Aber: Der Autor weist darauf hin, kein Experte in militärischen Dingen zu sein. Dennoch übt er deutliche Kritik an Aussagen zum Fregattenkauf. Natürlich ist es peinlich, wenn Schiffe wieder in die Werft zurückmüssen. Aber die Fregatte befand sich doch gerade in einer ausführlichen Test- und Abnahmephase. Wenn das Amt für Wehrtechnik für Beschaffung hier einfach durchwinkt, lässt mich das auch nicht ruhiger schlafen.

    Völlig daneben liegt der Autor in Sachen Abgleich F122 und F125. Und das so richtig mit Anlauf.
    1. Das Einsatzspektrum der F125 ist mit bedacht anders gewählt als es bei F122. F122 war für den Einsatz in Nordsee und Atlantik im Rahmen der Uboot-Suche und Geleitaufgaben ausgelegt. Da ist eine Bewaffnung mit Antischiffraketen und Torpedos verständlich. Die Einsätze (Pirateriebekämpfung etc.) vor denen die Bundeswehr heute steht sind nun einmal andere. Mit waffenstarrenden Fregatten, die reich an Flugabwehrraketen und Torpedos (F124 zum Beispiel) sind, erfüllt man einfach die Bedürfnisse der Truppe nicht. Platz für Boardingteams oder Gefängniszelle sind da nicht zu finden gewesen.
    2. Die Verminderung von Liegezeiten ist ein großer Vorteil für eine Marine, die nicht in der Ost- und Nordsee zumschippert, sondern am Horn von Afrika oder Mittelmeer aktiv ist. Einmal vor Ort sparrt man sich lange An- und Rückreise für Werftarbeiten und fliegt wechselnde Besatzungen ein. Da zieht auch das Argument der Mandatierung der Einsätze nicht. In Afghanistan wurde auch der Aufbau von Infrastruktur und Herrschaffung von Material über Zeiträume betrieben, in denen man auch ständig mit einer jährlichen Verlängerung ausging. Wieso das Argument dort aber nicht für die Schiffe gelten soll?
    3. Das Hubschrauber zur Ubootabwehr mitführbar sind und die Möglichkeiten zur elektronischen Aufklärung in ganz andere Größenordnung vorhanden sind, wird lieber nicht erwähnt. Wo man sich dort gerade so richtig in Rage geschrieben hat 🙂

    Es lohnt auch der Blick auf andere Streitkräfte der Welt:
    http://augengeradeaus.net/2017/12/royal-navy-in-not-kein-schiff-wird-kommen/

    https://www.scientificamerican.com/article/what-went-wrong-with-the-f-35-lockheed-martins-joint-strike-fighter/

    http://www.dailymail.co.uk/news/article-4702826/UK-s-new-fighter-jets-hit-issues-send-costs-soaring.html

    http://www.businessinsider.de/hms-queen-elizabeth-is-leaking-but-the-problem-may-be-overstated-2017-12?r=US&IR=T

    • Die Einschätzung, das die neue Fregatte ihre Einsatzziele verfehlt, stammt ja nicht von mir. Die im WSJ zitierten Verteidigungsexperten sind zudem fast ausnahmslos unsere Landsleute. Der neue Schiffstyp sollte – ähnlich übrigens wie der Eurofighter – am besten alles können, was auch immer das genau sein soll. Übrigens habe ich die Teile des Artikels, die ich in Rage geschrieben habe, wieder gestrichen. Mache ich immer so. 😉

  4. GERMANY
    The decline of a nation.

    Unbeirrt geht der rot-grüne Merkelideologieirrsinn und Wirrsinn in die nächste (letzte?) Runde.

  5. Von den acht (!) U-Booten der Bundesmarine soll wegen technischer Defekte keines einsatzbereit sein. Hubschrauber kauft man gebraucht und das Material für den Afghanistaneinsatz transportieren gecharterte ANTONOVs vom Erzfeind…

  6. Die Aufgabe der Bundeswehr war doch schon immer den Feind solange am Lachen zu halten bis Militär kommt :))

  7. !968/69 gab es schon diesen Kommentar in der Truppe:
    Warum ist das Kennzeichen der Fahrzeuge Y-xxx?
    Y ist das Ende von Germany:)

  8. Danke für den Artikel!

    Woran liegt’s? Deutscherseits existiert seit dem 30jährigen Krieg ein tiefer und zum Teil mit Tatsachen begründeter Militärpessimismus, nicht? Weil Kriege den Deutschen seit dem 30jährigen Krieg nichts und wieder nichts genützt haben, indem man jedoch trotzdem zumindest sich weiter gegen Invasoren verteidigen wollte, hat man sich in die suprematistische Säbelrasselei der Zeit vor dem ersten Weltkrieg allzu gern verstricken lassen, und im zweiten Weltkrieg wollte man alle vorigen militärischen Schwächen wieder hmja ausbügeln, indem man halb Europa ausgemordet hat – während gleichzeitig auch Millionen Deutsche umkamen.

    Die deutsche ‚Identität‘ der Gegenwart beruht noch auf der Epoche Napoléons, als man a) militärisch von allen Seiten völlig überrollt wurde, um b) dann die völlig falschen Bündnisse zu schließen und c) sodann alle napoleonischen Errungenschaften (Rechtsstaatlichkeit, Abschaffung der Zünfte, Schaffung einer allgemeinen Staatsbürgerschaft unabhängig von Gruppenzugehörigkeit mit Aufhebung der jüdischen Zwangs-Ghettos) für Jahrzehnte wieder in den Mülleimer gestopft hat.

    Nur ein Beispiel des ressentimentgeladenen Fantasiestolzes auf deutsche militärische Übermacht gepaart mit tiefem Pessimismus (der als Übersteigerung verdrängt wurde) und strategischer Vollfantasterei: Die Aufrüstung des Kaiserreichs unter Wilhelm II vor dem ersten Weltkrieg. Eine Fantasie von plötzlicher Weltmacht („Weltgeltung“). Sie hat Unsummen gekostet, Millionen Leben ohnehin, und sie war völlig sinnlos, zumal man alle Möglichkeiten sinnvoller Bündnisse (mit den Briten!, mit den Franzosen!) systematisch verpasst hat. Das liegt erst drei bis vier Generationen zurück, keine lange Zeit für die deutsche Gruppen’identität‘, die sich noch aus dieser Zeit speist.
    Mehr noch speist sich diese ‚Identität‘ aus den Konsequenzen des nazistischen Raubkriegs… und seitdem gilt, dass Krieg böse sei.

    Leute, die das über viele Generationen aingeatmet haben, bauen dann merkwürdige Fregatten, die nicht funktionieren, und sie lassen Hubschrauberpiloten autofahren, während sie im Fernsehen auf die USA und auf Israel einschlagen. Klar!, die USA und Israel können, wollen und müssen sich sehr erfolgreich gegen Feinde wehren. Laut dem überkomplizierten deutschen Pessimismus-Welt-Demuts-Gutseingehabe KANN derlei jedoch nur böse sein 😀

    • … und nur ein Beispiel für einen Kriegseinsatz der Bundesmarine, ja?, der als Einsatz sehr sinnvoll war, der jedoch in völlige Sinnosigkeit geschippert wurde: 2006 nach dem zweiten Libanonkrieg bekam die Bundesmarine den Auftrag, den Nachschub der Hisbollah zur See abzuschneiden. Die Leute haben immerhin Schiffe mit Kanonen?, aber Pustekuchen, die Bundesmarine fuhr a bissele auf dem Mittelmeer herum, weit von allen Küsten entfernt, während der Iran die Hisbollah auf dem Landweg schön und schnell wieder aufgerüstet hat. Während Außenministerdarsteller Westerwelle sich in Israel hinstellte und über „Apartheid!“ und „Siedlungen!“ schwätzte.

      Kürzlich sagte Außenministerdarsteller Gabriel wörtlich, dass „der Atomvertrag mit dem Iram im Interesse der ganzen Weltgemeinschaft“ liege. Destruktiver Irrsinn…

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