Je unbegreiflicher ein Verbrechen, desto wahrscheinlicher wird es politisch instrumentalisiert. Die Reaktionen auf den Mord an Kindern in einer Grundschule in Uvalde, Texas, weicht aber in vielen Details vom eigeübten Schuldzuweisungsbingo ab. Anders als noch kurz zuvor bei einem vergleichbaren Fall in Buffalo, wo als Motiv sehr schnell der offensichtliche Rassismus des Täters als ursächlich bezeichnet wurde, waren Medien und Politik scheinbar ratlos, was die Motivation des aktuellen Schützen angeht. Schließlich passte der Täter nicht in die üblichen Schablonen des Rassismus. Seine Opfer waren zwar Latinos, er selbst jedoch auch. Es gab auch keine wirren Manifeste, die der pathologischen Einordnung helfen könnten. Die Ratlosigkeit in Politik und Medien währte nur kurz, denn mit Wucht stürzte man sich fast sofort auf die „Waffenlobby“, die, einflussreich und mächtig und natürlich von den Republikanern gedeckt, die Opfer zu verantworten habe.

„Wenn die USA jetzt endlich vernünftige Beschränkungen für Schusswaffen einführen, könnten wir in Deutschland doch endlich ein vernünftiges allgemeines Tempolimit bekommen, oder?“ spekulierte etwa der Klimaprofessor Stefan Rahmstorf. Im Ungefähren bleibend, wie es seine Art ist, blieb Rahmstorf auch hier die Erklärung schuldig, wie eine „vernünftige Beschränkung“ aussehen mag. Vermutlich hat es aber irgend etwas mit CO2 zu tun, sonst würde er Waffenrecht ja nicht mit Tempolimit zusammenrühren.

Dunja Hayali zeigt gleich mit dem Finger auf Greg Abbott, den Gouverneur von Texas und klagt an: „Das ist der Mann, der das Recht auf Waffenbesitz mit Freiheit/Selbstbestimmung begründet, während er diese Argumente Frauen, die abtreiben wollen, verwehrt“. Die Gerichtshöfe der Moral kennen bekanntlich keine Geschäftsordnung und nehmen es auch mit der Wahrheit nicht so genau. Denn die Begründung für das Recht auf Waffenbesitz findet Abbott in der zweiten Verfassungszusatz, er muss ihn nicht begründen. Außerdem „verwehrt“ Texas Abtreibungen nicht, sondern hat eine Fristenregelung eingeführt, die der in Deutschland nicht unähnlich ist.

Den Vogel der Unwissenheit schießt aber unsere Faeser-Nancy ab, wenn sie behauptet: „Die furchtbare Bluttat an einer Grundschule in #Texas erschüttert mich sehr. Es ist entsetzlich, dass so viele Kinder und eine Lehrerin getötet wurden. Und es ist schlimm, wie mächtig die Waffenlobby in den USA noch immer ist – trotz so vieler schrecklicher Verbrechen.“ Ich teile Faesers Erschütterung – welcher denkende und fühlende Mensch tut das nicht? Die Mächtigkeit der Waffenlobby ist jedoch nur eine erahnte, gerade, wenn man sie mit der Realität und dem Einfluss anderer Einflussgruppen vergleicht.

Gute Lobby, böse Lobby

Überprüfen wir also mal Faesers Unterstellung und schauen in die nackten Zahlen. Man findet schnell die Statistiken für die Beträge, welche Lobbyorganisationen unter dem Label „Gun Rights“ für die politische Landschaftspflege in den USA locker machen. 2021 war ein Rekordjahr! Insgesamt 15,7 Millionen Dollar verteile die Waffenlobby. Die viel gescholtene NRA ist unter den Geldgebern übrigens nur auf Platz zwei. Stolze Summen, gewiss. Jedoch nicht mal unter den Top-20 der politischen Einflussnahmen. Auf Platz 20 steht übrigens die Filmindustrie mit mehr als 58 Millionen Dollar „Support“ allein im Jahr 2021. Unangefochten und mit atemberaubenden 356 Millionen Dollar auf Platz eins steht jedoch – Trommelwirbel – die Pharmaindustrie. Und wer hätte je gehört, dass die ihren Einfluss für irgendwas schlimmes missbraucht! Diese Information wird ihnen präsentiert von: Pfizer!

Es ist also nicht eine einflussreiche Lobby mit viel Geld, die den Waffenbesitz verteidigt, sondern in erster Linie die Verfassung selbst, auch wenn das einigen Politikern ein Dorn im Auge ist. Und der zweite Verfassungszusatz definiert nun mal die Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat und nicht, was der Staat dem Bürger gestattet.

Ich kann die Ohnmacht und die Wut verstehen, die sich angesichts schrecklicher Taten wie der in Uvalde ein Ventil sucht. Spätestens nach einigen Tagen muss sich aber wieder Rationalität einstellen, um die Vorgänge so sachlich zu untersuchen, dass man sinnvolle Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen kann. Deutsches Politikergeheul dringt glücklicherweise nicht bis nach Texas und während Faeser und Rahmstorf längst weitergezogen sind mit ihrem Aufmerksamkeitszirkus, vielleicht zu Waffenlieferungen an die Ukraine oder CO2-neutraler Kriegsführung, dämmert den Amerikanern gerade, dass der erste Reflex, alle Schuld der „Waffenlobby“ zuzuschieben, verfrüht war.

Der Täter erfüllte alle psychologischen Merkmale eines amoklaufenden Außenseiters. Eltern getrennt, Mutter mit Drogenproblemen, er selbst lebte bei der Großmutter. In der Klasse wegen eines Sprachfehlers und der Armut der Familie gehänselt, ohne Freunde und letztlich auch ohne Schulabschluss arbeitete er bei einer Burger-Kette. Die Waffen hatte er völlig legal gekauft und für 2.000 Dollar gleich geradezu ein Luxusmodell eines halbautomatischen Karabiners erworben. Als „emo“ bezeichneten ihn seine Mitschüler, also emotional gestört, was vielleicht in einer Gruppe schwarz gekleideter Jugendlicher mit Kajal um die Augen Identitätsstiftend sein mag, ihn aber vereinzelte und dem Spott aussetzte. Genügte das, um im Backgroundcheck des FBI, der jedem Waffenkauf in den USA vorausgeht, irgendwie aufzufallen? Offenbar nicht.

Allen Forderungen nach Verschärfung des Waffenrechts liegt folglich entweder die Unwissenheit zugrunde, wie scharf das Gesetz in dieser Hinsicht bereits ist, oder aber dem Fehlschluss, je schärfer das Gesetz sei, desto sicherer sei man vor solchen Schulmassakern. Eine seit 1950 geführte Statistik zeigt jedoch auf, dass 94% aller dieser Vorfälle in sogenannten Gun-Free-Zones stattfinden und schaut man in die von Staat zu Staat unterschiedlich ausgestalteten lokalen Regeln zum Waffenbesitz, müssten Kalifornien, Illinois, New Jersey und New York dank schärfster Gesetze auch die sichersten Gegenden sein. Offensichtlich ist das Gegenteil der Fall.

Was macht eigentlich die Polizei?

Womit wir bei der Rolle derer sind, deren Beruf es ist, Waffen zu tragen: der Polizei. Der Täter von Uvalde konnte die Schule betreten, weil ein Lehrer die Tür nicht geschlossen hatte. Nur zwei Minuten nach dem Schützen war auch die Polizei vor Ort und binnen weniger Minuten wuchs die Stärke der Polizei in der Schule an. Um 12:03 Uhr waren 19 bewaffnete Polizisten im Gebäude und warteten. Und warteten. Und warteten noch bis 12:50 Uhr, bis sie endlich die Tür aufbrachen und den Schützen töteten. In der Zwischenzeit gingen bei der Polizei mindestens fünf Anrufe aus dem Klassenraum ein. 12:16 Uhr sagte der Anrufer, es lebten wohl noch acht oder neun Schüler. Das Minutenprotokoll ist schockierend. 47 Minuten verstrichen ungenutzt. Siebenundvierzig Minuten, in denen der Täter etwa 100 Schuss abfeuerte. Die Polizei konnte leicht mitzählen, denn sie stand ja vor der Tür. Man stelle diese Zahl und die verstrichene Zeit in Relation zu Bidens Aktionismus, etwa „High Capacity Magazines“ (was auch immer er darunter versteht) zu verbieten, wenn der Wechsel eines Magazins kaum eine Sekunde dauert. In 47 Minuten kann man eine Menge Magazine wechseln!

Die Verantwortlichen räumen ein, die Polizei habe „die falschen Entscheidungen getroffen“. Welcher Lobby könnte man das wohl in die Schuhe schieben? Oder sind nach zwei Jahren „defund the police“ vielleicht nicht mehr die besten Cops übrig? Versanden dringende Polizeireformen vielleicht in politischen Spiegelfechtereien? Wir können nur Mutmaßungen anstellen. Gewissen politischen Kreisen ist es jedenfalls ein Ärgernis, dass die Bevölkerung mittlerweile bis an die Zähne bewaffnet ist. Die Sorge ist nicht unbegründet, fußt aber auf einem Kategorienfehler. Die Menschen bewaffnen sich nicht aus niederen Beweggründen, sondern weil sie ihren Regierungen und mittlerweile auch der Polizei nicht mehr über den Weg trauen. Nach dem Massaker von Uvalde sicher noch weniger.

Und während die Politik – zumindest unterhalb der Präsidialebene ­– im Jahr 2020 die gewaltsamen Ausschreitungen von Black Lives Matter feierte, bewaffneten sich in bisher ungekanntem Maße selbst Bürger in vorgeblich fortschrittlich-demokratisch tradierten Gegenden wie New Jersey und New York. Man stimmt gewissermaßen mit den Kreditkarten ab. Auch die Bundesstaaten schaffen in ungekannter Geschwindigkeit Fakten und vereinfachen ihr Waffenrecht auf „constitutional carry“, also das unbeschränkte Recht, Waffen auch bei sich zu führen, 31 Staaten sind es bisher, das ist die Majorität.

Den Rest der gerade wieder aufkochenden Diskussion hat längst der 3D-Druck abgeräumt. Und wenn es auch keine legalen Waffen sind, die sich per Drucker herstellen lassen, so herrscht doch nie ein Mangel an krimineller Energie und faktischer Gelegenheit, illegal in den Besitz einer Waffe zu kommen. Daran werden auch schreckliche Verbrechen wie das in Texas nichts ändern können. Der Unbewaffnete ist immer der Dumme, egal ob gegenüber dem Verbrechen oder einem Staat, der seine Aufgaben entweder schlecht erfüllt oder seine Kompetenzen überschreitet.

Epilog

In der Nähe einer Schul-Abschlussfeier mit 30-40 Teilnehmern in West Virginia geriet vor wenigen Tagen (ich glaube, es war der 26.5.22) ein Mann in eine Verkehrskontrolle. Er war zu schnell gefahren und hatte offensichtlich auch sonst ein langes Strafregister. Eine halbe Stunde später parkte er sein Auto in der Nähe der Schülerparty, holte ein Gewehr von der Rückbank und begann, in die Menschenmenge zu schießen. Eine Frau, die zufällig in der Nähe stand, bemerkte das Tun des Schützen, zog ihre Pistole und ging auf die Gefahr zu, statt davon zu rennen. Sie gab mehrere Schüsse auf den Attentäter ab und stoppte ihn so. Sie hatte ihre Waffe übrigens genauso legal erworben wie der Täter in Uvalde.

Stellt sich also die Frage, wie oft in den USA Waffen in Verteidigungssituationen eingesetzt wurden und Leben retten halfen. Es sind laut Statistik allein für 2021 etwa 1,67 Millionen Fälle. Sicherlich ist nicht jeder Einsatz so spektakulär wie der in West Virginia, aber die Zahl der positiven Episoden, die es in landesweite Nachrichten oder gar in die Twitterprofile deutscher Politiker und Medienvertreter schaffen, liegt bei ziemlich genau Null. Warum? Wenn Bürger ihre Sicherheit in die eigenen Hände nehmen, brauchen sie doch die Politiker nicht mehr, die ihnen Sicherheit versprechen. Oder die Medienvertreter, die ihnen versichern, wie gut ihre Sicherheit bei der Politik aufgehoben ist. Und das kann ja nun niemand wollen in Deutschland, dem Land der Messerstechereien. Freiheit oder Sicherheit, so lautet der Deal, den die Politik anbietet. Die Amerikaner wollen beides und bewaffnen sich. Ich kann es ihnen nicht verübeln.

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13 Kommentare

  1. Besonders lächerlich wird das „Legalen Waffenbesitz verunmöglichen“ Gehabe übrigens, wenn man sich vergegenwärtigt, wieviele der Befürworter einer strikten Gesetzgebung gleichzeitig „offene Grenzen“ wollen. Nach Mexiko zum Beispiel, einem mindestens n Teilen Kartellbeherrschten Land mit 6-8 fach höherer Mordrate als den USA. Natürlich fände über diese Grenze kein Waffenschmuggel in großem Stil statt….

  2. Ich bin auch für ein vernünftiges Waffenrecht.

    Da es häufiger School-Shootings gibt, kann man das Konzept der Schule als Gun-Free-Zone als gescheitertes Boomerkonzept betrachten. Stattdessen wäre ich dafür, Lehrer verpflichtend zu bewaffnen, und diese auch zu ermuntern, regelmäßig sowas wie Combat Shooting zu trainieren, indem man diejenigen feuert, die in diesem Sport eine gewisse Leistungsgrenze unterschreiten. Lehrer mögen zwar ihre Schüler hassen, aber man kann wenigstens davon ausgehen, dass das Pack versuchen wird, sich seiner eigenen Haut zu erwehren, sobald jemand Amok läuft.

    Der Fall Uvalde ist ebenfalls das beste Beispiel dafür, weshalb die Polizei kontraproduktiv ist, und „Defund the Police“ schon in die richtige Richtung geht. Es ist nämlich nicht so, dass niemand die Schule stürmen wollte, während die Bullen dumm rumstanden. Es standen draußen ebenfalls (ich glaube) Eltern rum, die selbst stürmen wollten, die dann jedoch von der Polizei davon abgehalten wurden. Der Gedanke mit dem Gewaltmonopol, und der Idee, dass die Polizei für Sicherheit sorgt, und nicht die Bevölkerung selbst, hat in dem Fall Leben gekostet.

    Jedenfalls bin ich dafür, dass die USA ihre logistischen Kapazitäten übt und ihre eigene Waffenindustrie ebenso wie den Weltfrieden fördern, indem sie sich weltweit für das Recht Waffen zu tragen einsetzen, und von ihren ganzen Militärbasen aus Amazon-Drohnen ausschickt, die M4 Sturmgewehre und 40mm Granaten an zufällige Zivilisten verteilen, damit diese ihre Politiker von den Vorteilen einer bewaffneten Bevölkerung überzeugen wollen. In der Ukraine sieht man ja gerade, welche Nachteile es hat, wenn sich nicht jedermann für lange Zeit zur persönlichen Erbauung mit billig massenproduzierten Infantriewaffen eindecken konnte. Sobald es darauf ankommt, fehlt es an allem was gebraucht wird, wenn man sich auf den Staat verlässt.

    Jedenfalls bleibt zu hoffen, dass die ganzen Waffen, mit denen jetzt in der Ukraine Invasoren getötet werden, später im Westen landen. Wenigstens ein Teil davon.

    • In den USA gibt es das Gewaltmonopol-Konzept nicht. Was auch immer die Polizisten davon abhielt, einzugreifen oder eingreifen zu lassen, hatte vermutlich nichts mit dem deutschen Nur-der-Staat-darf-x-Denken zu tun.

      Ursprünglich stammt der Begriff „Gewaltmonopol“ von Max Weber und war rein beschreibend und nicht normativ gemeint (also: Er beschreibt ursprünglich gar kein Sollen). Weber argumentierte, dass „Staat“ de facto alles sei, wo jemand herumkommandiert und bei Regelüberschreitungen mit Gewalt straft. Es ist also „Staat“, wenn Gewalt monopolisiert wird. Unterschiede gibt es dahingehend, wie viel eine Herrschaft regelt und bestraft. Eine Abwesenheit von Menschen, die anderen Vorschriften machen und mit Gewalt strafen wollen, ist auf Dauer nicht möglich, weil die menschliche Natur einen Webfehler hat. Die Einsicht der amerikanischen Gründungsväter und einiger europäischer Autoren vor und nach ihnen war, dass bei strenger Beachtung weniger, geschickt gewählter Regeln – wie z.B. Leute auch reden zu lassen, wenn man sie nicht hören will – die Freiheit des einzelnen Menschen maximiert wird. Das Problem unserer Zeit ist, dass die Regeln jetzt so oft für Unsinn gebrochen wurden – z.B. Werbeverbot für Zigaretten – dass die Menschen ihre Bedeutung nicht mehr verstehen und die Prinzipien nicht mehr verteidigen. Damit übernehmen wieder diejenigen, die sich selbst an keine Regeln halten, aber dafür um so mehr neckische Verbotsvorschläge für andere haben.

      • >In den USA gibt es das Gewalt­mo­no­pol-Kon­zept nicht.

        Das sieht der Herr Obama anders. Der sagt, dass das Monopol auf Gewaltausübung das ist, was einen Nationalstaat von anderen Entitäten abgrenzt:

        https://www.youtube.com/watch?v=H7ilSNa0Cgs

        Es scheint im selbstverständnis des amerikanischen Staats also durchaus eine Rolle zu spielen.

        Bezüglich der Notwendigkeit von Herumkommandiererei und Gewalt würde ich ja zustimmen, ich glaube aber, dass der Menschheit eine erhebliche Organisationskraft innewohnt, und das ganze auch dezentral hinhaut. Als Beweis dafür genügt ja ein Blick in die Geschichte. In der Antike haben die Leute es in dünn besiedelten Gegenden hingekriegt, Riesenheere auf die Beine zu stellen, während sie in einer Gesellschaft lebten, in der die Macht defacto von Familienpatriarchen ausgeübt wurde, die ihre Familien wie Unternehmen führten. Das hat auch geklappt.

        Wahrscheinlich wirst Du als Gegenbeispiel aus der Antike Rom anführen, wo die Macht der Familienpatriarchen zwar immer noch nahezu absolut und die Zentralgewalt vergleichsweise klein war, Letztere ersteren selbst jedoch immer größere Verpflichtungen gegenüber dem Staat auferlegte, die es diesem wiederum ermöglichten, ein großes Heer zu unterhalten, das dann alle Nachbarn genozidierte, oder versklavte, und ansonsten mittels Steuern und Fiat-Geld ausplünderte, um so sein weiteres Wachstum zu finanzieren. Silbergeld das am Schluss zu 2% aus Silber bestand, und so. Insgesamt wurden die Römer ziemlich modern. Jedenfalls: Rom stronk, Stämme lame. Darum: SPQR.

        Am Ende genodizidierten die Römer dann jedoch nicht nur ihre Nachbarn, sondern auch ihre eigene Kultur, und ersetzten diese durch die Wüstenreligion. Meiner Meinung nach gewollt und als direkte Folge ihres imperialistischen Strebens, in der die Zentralgewalt nach immer mehr Macht strebte.

        Am Ende von imperialistischem Wachstum werden immer innere Widersprüche stehen, weil jeder Imperialismus dadurch limitiert wird, dass er am Ende über Menschen herrscht, denen ihre eigene Herkunft wichtiger ist, als das Imperium, und das traf am Ende genau so auf die ursprünglichen Römer zu, wie auf alle anderen, die Erstere unterworfen hatten. Die Schwierigkeit liegt ja nicht im Erobern, sondern in der Integration des Eroberten, dessen eigene Identität im Gegensatz zu der des Nutzviehs steht, das sich fürs Imperium aufopfert. Am Ende von erfolgreichem Imperialismus steht also eine große Herde von Nutzvieh, die kein Identifikationsmerkmal mehr hat, außer, dass alle am gleichen Schwanz lutschen und auf Aufforderung bereitwillig die Arschbacken spreizen. Das ist das Optimum für ein Imperium, die Essenz der Zivilisation, und das Resultat christlicher Moral.

        Dazu noch ein Spaßfakt: Es gibt doch diese Prophezeiung von Jesu Wiederkehr und der Endzeit und diesem ganzen Kram. Kannstu in der Bibel nachlesen. Diese Prophezeihung passt in die römische Geschichte und wurde bis ins letzte Detail noch zu Lebzeiten der Urchristen erfüllt, wenn man annimmt, dass der Kaiser Vespasian der wiederkehrende Erlöser ist. Die ältesten beweisbaren Quellen für das neue Testament stammten auch aus der Zeit nach Vespasian, und diese Prophezeihung beschrieb zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Belegbarkeit die damals gerade einige Jahrzehnte zurückliegende römische Geschichte, und legt nahe, dass der Kaiser nun Gott, und das Imperium Romanum nun das Reich Gottes ist. Als das Christentum dann zur Staatsreligion wurde, wurde es von römischen Staatsbeamten ausgelegt, niedergeschrieben, nur dadurch überhaupt erst geformt, und hatte dann kaum noch etwas mit Neros messiahnischen Juden zu tun.

        Ich halte das jetzt mal für einen deutlichen Hinweis darauf, von wem und in wessen Interesse das, was heute als christliche Glaubenslehre gilt, geschaffen wurde.

        Jedenfalls ist diese römische Staatsreligion, die seit knapp zweitausend Jahren darin fortwirkt, für ein längst nicht mehr existierenden Imperium immer weiteres entwurzeltes Nutzvieh nachzuzüchten, mitlerweile einer der wichtigsten Einflüsse in der europäischen Kultur geworden. Natürlich halten diese Leute es mitlerweile für eine längst spirituell gewordene Wahrheit und einen Gründungsmythos, dass es eine Zentralgewalt braucht, deren Untertan sie sein können. Und natürlich werden diese Leute sich immer neue Instanzen der Zentralgewalt erschaffen, und in dieser das Gute, Wahre, Göttliche erblicken. Das, was ihr spirituelles Bedürftnis erfüllt. Sei es nun der von Gott gewollte Absolutismus, die von aufklärerischer Weisheit geformte Republik, Kommunismus, Imperialismus, Nationalsozialismus (als Reaktion zum Kommunismus), Demokratie, oder sonst was heißt, nach über tausend Jahren der Zucht und Zivilisierung sind die Leute nur noch zum Sklaven zu gebrauchen, und suchen in letzter Instanz immer nur einen Herrn, dessen Schwanz sie lutschen können. Wenn mans aus dieser Warte betrachtet, dann kapiert man auch, weshalb sie aus den unterschiedlichsten Gründen immer wieder zum selben Schluss kommen, und alle Lehren, die sie aus vergangenen Fehlern ziehen, immer nur diesen einen Schluss bestärkt.

        • Echt cooler Beitrag, Rolfie – vor allem die ‚Sex and Crime‘-Abschnitte.

          Abgesehen ‚mal von der semantisch reizvollen Idee, in dünn besiedelten Gebieten Riesenheere aufzustellen, räume ich unumwunden ein:

          In einer rhetorischen Eierschlacht zur Umgehung des heißen Breies bist Du mir deutlich überlegen – auch in der Masse. In diesem Fall vermutlich zwingend notwendig, um ein ggf. überraschendes Auftauchen zentralgewaltlicher, inzwischen möglicherweise auch vermehrt entwurzelter Fachkräfte in Deiner näheren Umgebung zuverlässig zu vermeiden…

          Liebe Grüße

        • @Wisdom-Rolf-Off-The-Mount Bevor ich Barak Obama als Stellvertreter Amerikas akzeptiere, will ich seine Geburtsurkunde sehen. Und – wenn wir schon dabei sind – auch die seiner „Frau“.

          Scherz beiseite … Er benutzt Gewaltmonopol hier mitnichten auf die typisch neudeutsche Weise als Quasi-Verfassungskonzept, wonach nur der Staat Gewalt anzuwenden habe. Er sagt nur, dass eine Nation ohne Gewaltmonopol nicht denkbar sei. Was mitschwingt, ist, dass die Nation ihre Macht verlieren würde, wenn peu a peu Söldner und andere private Akteure Rollen der Gewaltausübung übernehmen. Es ist der Machtverlust an sich, an dem er sich stört.

          Extrem weit gedacht, hätte er damit eine gewisse Berechtigung, wenn ein Machtvakuum droht, das von skrupellosen Verbrechern gefüllt würde. Gerade Obama hat aber selbstredend selbst Söldner weiter beschäftigt und benutzt weiterhin auch privates Sicherheitspersonal für seinen Personenschutz. Obama und sein Umfeld haben selbst mit der Unterstützung von BLM und fehlenden Rückendeckung für die Polizei Nischen geschaffen, in denen gezielt Lücken im Gewaltmonopol geschaffen wurden, in die passgenau Verbrecher vorstoßen konnten. Für Weber zählt zum Gewaltmonopol auch die Delegation der Gewalt durch den Monopolisten , weshalb Söldner eigentlich gar kein Problem darstellen. Obama benutzt den Ausdruck also auch falsch, aber nicht ganz so falsch wie er typischerweise im jüngeren deutschen Sprachgebrauch verwendet wird.

          Typisch in Amerika ist die Haltung, dass alle Gewalt vom Volk ausgeht. Die Gründerväter waren eher unglücklich mit der Idee einer stehenden Armee, wie man sie typischerweise versteht. Der zweite Zusatzartikel klingt deshalb auch etwas kryptisch: „Eine stehende Miliz, notwendig für die Sicherheit eines freien Staates, [sowie/d.h.] das Recht der Bürger Waffen zu besitzen und zu tragen, dürfen/darf nicht eingeschränkt werden.“

          Die stehende Miliz existiert hier als Grundzustand. Es ist keine Kampftruppe eines Herrschaftsorgans, was man sonst unter stehendem Militär verstehen würde, sondern die Miliz sind die Bürger. Der Bürger ist schon das Militär und der Verfassungskonsens schützt die Bürger vor einer bösartig werdenden Regierung, die den Bürger entmilitarisieren will. Die Democrats sind v.a. eine Einwanderungspartei und vertreten nicht gerade typische amerikanische Einstellungen.

          Deine Ausführungen zur Antike sind etwas schwammig. Roms mythische Gründungsdatum war 753 v. Chr. Der letzte König Lucius Tarquinius Superbus wurde 509 vertrieben, nur ein Jahr nachdem der Athener Tyrann Hippias entmachtet wurde. Von da an lebten die Römer in einer Republik. Die römische Republik war lange ein Verbundsystem von Socii-Städten. Der Bundesgenossenkrieg 91 bis 88 v. Christus drehte sich nicht darum, dass die anderen Völker unabhängiger werden wollten, sondern darum, dass sie Bürger der römischen Republik werden wollten. Die Republik war ein beneidetes Modell. Julius Caesar zerstörte die Republik und wurde Diktator und Gott. Ja, Gott. Man beachte, dass Machtkonzentration immer, ja, immer, zu Schwachsinn führt. Vespasian regierte 69 bis 79 n. Chr. und er steht da längst in einer langen, langen Reihe heidnischer Herrscher, die zu Gottheiten und Erlösern verklärt wurden. Der Hauptunterschied zwischen dem Judentum und dem Heidentum ist die jüdische Abkehr vom Personenkult. Eigentlich gelten fast alle Könige in heidnischen Kulturen als Götter. Ich kann also nicht wirklich sagen, welche Rolle du Vespasian zuschreibst. Entkriminalisiert wurde das Christentum jedenfalls erst mit dem Edikt von Milan (313 n.Chr.) und zur Staatsreligion wurde es mit dem Edikt von Thessaloniki, auch Drei-Kaiser-Edikt genannt.

          Jesus hat ganz gewiss keinen römischen Kaiser als Messias anvisiert. Damals liefen allerhand Weltuntergangspropheten rum. Die frühen Christen dachten, sie seien die letzte Generation vor einem Reich Gottes und dass ein mystisches Tier den Weltuntergang ankündigen wird. Heute, 2000 Jahre später, wissen wir, dass das alles Quatsch ist, das Reich Gottes nicht kam und eine Zinserhöhung der EZB die Endzeit einläutet.

          Mit der Rolle als Staatsreligion änderte sich das Christentum. Da hast du recht. Eine Sache, die mich immer abstößt, ist, wenn die katholische Kirche „Freiheit“ als „Befreiung von Sünde“ umdefinieren will. Also im Judentum ist Sklaverei bitter und schlecht und alles dreht sich darum, daran zu erinnern und die Befreiung zu feiern. Freiheit und Dankbarkeit ist zentral in der Religionspraxis. Ich verletze jetzt vermutlich wieder alle, aber das sehe ich so in anderen formellen Religionen nicht. Das westliche Christentum hat ein informelles freiheitsorientiertes Glaubenssystem herausgebildet, aber es steht unverbunden zu den Äußerungen der evangelischen Unterwürfigkeitskirche und der katholischen Machtsicherungslehre.

          Wenn ich zu sehr auf Nietzsches Sklavenhaltungsverformungsvorwurf an die westlichen Religionen abstelle, wird der Kommentar zu lang. Freiheitswertschätzung ist auf jeden Fall leider eine Ausnahme. Man kann ein gewisses Maß an Dezentralisierung durch Gewaltenteilung, auch vertikaler, also regionaler Natur, erreichen. Aber ich glaube, dass du dich verrennst, wenn du Wilde auf Pferden für ein Modell hältst, das „funktioniert“. In welcher Hinsicht denn? Lebenserwartung, Gesundheit, Wohlstand, Entscheidungsfreiheit…? Was hat denn in primitiven Stammeskulturen funktioniert? Du nennst die Organisation einer Armee. Selbst Annalena Baerbock würde diese Gäule heute wegbomben.

    • … lol … ? … was bist du du fuer einer? als boomer wirst du dich nicht einordnen lassen, also musst du wohl aus dem Mittelalter stammen. In der Jetztzeit findest du dich nicht zurecht. Also wieder zurueck in die Hoehle und weitermalen …

      • Yo Adam,

        Du verfällst diesem logischen Fehlschluss, bei dem man das was man gerade hat stärker berücksichtigt, als die Gesamtheit der Zeitlinie.

        Darum hoff mal lieber, dass das System, das Dich am Leben hält, noch ne Weile läuft. Zivilisation ist die Ausnahme, Barbarei der Normalzustand, unter dem sich die Menschheit entwickelt hat, und dieser Normalzustand ist nur einige ausgebliebenen Mahlzeiten weit entfernt.

        Vielleicht erlebst Du es ja noch, wie das eine ins andere umschlägt, und Dein Dasein erlangt einen völlig neuen Sinn als Spender eines mit Mustern beritzten Helotenschädels, der zusammen mit tausend anderen ein Hügelgrab schmückt, oder so. Du weißt schon, damit Du dem Bestatteten ins nächste Leben folgst, um ihm dort als Sklave zu dienen. Wer weiß, vielleicht stimmt die These mit der Reinkarnation, und Du verdientest Dir Deine jetztige Existenz, als Du Dich im letzten Leben zu einem solchen Helotenschädel machen ließest. Kek.

  3. Aus deutscher Sicht ist in Amerika alles Scheiße, bis die ihr System 1:1 dem deutschen Parteikartellsystem angepasst haben.
    – Selbstverteidigung? Schnelle Elektro-Streifenwagen reichen
    – Wahlmänner? Unsinn, denn dort gibt es eh nur ein 2-Parteien-2-Kandidaten-System (übrigens falsch).
    – Meinungsfreiheit? Es führt eine gerade Linie von Mohammed-Karikaturen über Claudia-Roth-Witzen bis nach Auschwitz 2.0.

    Der Deutsche weiß halt alles besser. Erst wenn der „Tatort“ in Amerika ausgestrahlt wird, hätte das Land noch eine Chance auf Demokratie.

    Dunja Hayalis Gleichsetzung von Abtreibung mit Freiheit geht auf die kanadische Autorin Margaret Atwood („The Handmaid’s Tale“) zurück. Die behauptet allen Ernstes, dass Diktaturen dadurch entstehen, dass verhütungsüberforderten Frauen an der Abtreibung gehindert würden. Es steht also die Abtreibung als Akt der Befreiung auf einer Stufe mit dem potentiellen bewaffneten Widerstand gegen eine Diktator. Damit will ich nicht sagen, dass Frau Hayali zu blöd wäre, selbst so eine steile These aufzustellen, aber genau so ist es.

    • Ja eben. Es wird in jeder Hinsicht unfassbar viel Mist gequasselt, je mehr Mist draußen passiert; und indem derzeit recht bis sehr viel Mist draußen passiert, wird um so mehr und mehr Mist darüber gequasselt. Als ob das ein Naturgesetz wäre. Wahrscheinlich ist es ja eins.

      Wobei „passiert“ ja auch nicht zutrifft. Gun-Free-Zones fallen nicht einfach vom Himmel, sondern irgendwer denkt sich diesen Mist aus und quasselt darüber, und schon wieder ist aus dem schieren Nichts einfach so ein Brocken Mist entstanden, weil der dann wirklich entsteht da draußen!, indem man eine und noch eine und dann viele Gun-Free-Zones schafft und dann über immer noch zu viel Waffen weint, weil Verbrecher und Irre es selbstverständlich ausnutzen, dass die Guten keine Waffen haben dürfen.

      Oder die Abtreibungswut, der Abtreibungskult, dieser mörderische Mist, der auf die Freiheit des Tötens pocht – als ob es so was je gäbe.

      Oder der Amerikahass seit so etwa 1850, denn so lang grassiert der hierzulande schon, und jede Generation erfindet ihn neu und addiert zum großen Mist einen noch größeren Mist.

      Oder, dass der Autor Uwe Tellkamp gerade offiziell vom Bayrischen Rundfunk hingerichtet wird. Ja den Tellkamp nervt halt zunehmend die hiesige staatliche Hatz gegen Meinungsabweichler, denn die kennt er ja auch aus der DDR noch ganz gut, nein?, und da richtet der GEZ-milliardenschwere Bayrische Rundfunk ihn regelrecht hin mit vielen kleinen schwarzen Buchstaben, weil der der Leser und Hörer den selben Mist wie der Staatsfunk zu denken habe.

    • Vielleicht sollte man den FeministInnen vorschlagen, man werde sich für ihr das Recht einsetzen, dass jede Frau ihr Kind bis zum 21 Schwangerschaftsmonat legal abtreiben kann – falls sie doch nicht mit dem Geschrei klar kommen – wenn sie sich als Gegenleistung dafür einsetzen, dass jeder Mann ohne Prüfung und ID-Check per Mailorder Infantriewaffen kaufen kann. Am besten weltweit, denn die US-Importbeschränkungen sucken derbe.

      Das wäre doch mal ein nettes quid pro quo, bei dem diese ganzen „emanzipierten“ Weiber zur Abwechslung mal einen Mehrwert hätten.

    • Die Deutschen sind von Wesen und Reifung galt eine Mischung aus Kindergartenkindern (haltet Euch alle an den Händen, spielt nixht mit Abweichlern und wartet das Mutti das regelt) und der prototypisch passiv-aggressiven evangelischen Kindergärtnerin. Bei der „Ich kann auch ohne Alkohol fröhlich sein“ bedeutet: Was ich nicht mag, brauche oder will, hat gefälligst auch kein anderer zu mögen, braucben oder wollen…..

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