(Update am Textende bitte beachten)
Was heutzutage so alles als Anschlag durchgeht. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass Menschen nach mehreren Monaten Lockdown tatsächlich durchdrehen und Dinge tun, bei denen man nur verwundert den Kopf schütteln kann. Zum Beispiel einen ICE zum Entgleisen zu bringen. Der Focus berichtete: „Am Dreikönigstag verüben Unbekannte einen Anschlag auf einen ICE bei Schweinfurt. Der Schnellzug muss in der Folge notbremsen. Jetzt scheint die Polizei die Tatverdächtigen ermittelt zu haben: Es handelt sich um Corona-Gegner.“

Das Wording ist hier entscheidend. „Corona-Gegner“ wird hier synonym für „Corona-Leugner“ verwendet. Klingt seltsam, oder? Darf man jetzt nicht mal mehr gegen Corona sein? Das wären schlechte Nachrichten für Söder und Lauterbach!

Doch warum sollen es die sogenannten „Querdenker“ ausgerechnet auf einen ICE abgesehen haben? Lesen wir weiter im Focus. „Die bisher erlangten Erkenntnisse zu der Tat deuteten „stark darauf hin“, dass es eine Protestaktion von Gegnern der Corona-Maßnahmen gewesen sei…“. Also doch kein Anschlag, sondern eine Protestaktion? Was genau war passiert? „Am Dreikönigstag hatte ein aus Schweinfurt kommender ICE zwischen Waigolshausen und Gemünden eine Notbremsung einleiten müssen, nachdem er eine zwischen Holzlatten gespannte Plane überfahren hatte.“

Dieser Satz enthält zwei interessante Informationen. „Am Dreikönigstag“ ist die Sache passiert, also am 6.1. und damit fünf Wochen her, gerechnet vom Erscheinen des Artikels. Eine lange Zeit des Schweigens für eine terroristische Aktion, eine angemessene, wenn es sich schlicht um einen Unfall mit einer „zwischen Holzlatten gespannten Plane“ handelte.

Eine Plane also. Ob die vielleicht bedruckt war? Und zwischen Holzlatten gespannt? Hat es nicht mal zu ordentlichen Balken oder quergelegte Bäume gereicht? Das klingt doch alles stark nach einem simplen Transparent, das ursprünglich in der Nähe der Gleise aufgestellt war und sich inhaltlich mit Protest gegen die Corona-Maßnahmen befasste, zumal die Presse erwähnt, dass „in Tatortnähe“ weitere derartige Konstruktionen gefunden wurden.

Ob nun der Wind, die Querdenker oder vielleicht doch eher die Gegner der Querdenker das Transparent auf die Gleise beförderten, ist jedoch unklar. Dass es sich bei diesem Furz, den die Medien gern zum Fackelzug aufblasen würden, tatsächlich um einen Anschlag handelte, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Wie die Polizei so schnell Ermittlungserfolge vorweisen und ein Ehepaar aus Bad Kissingen ermitteln konnte, können wir nur vermuten. Doch ist es nicht wahrscheinlich, dass auf der ominösen „Plane“ neben verboten regierungskritischen Parolen auch eine Webadresse oder sogar eine Telefonnummer stand? Ja, so sind sie, diese Querdenker. Sie melden ihre Demos ordnungsgemäß an und hinterlassen an den Tatorten ihrer „Anschläge“ stets eine Visitenkarte! Ein Wunder, dass die Schreiberlinge bei Focus, DLF oder Tagesspiegel mit Brettern vor den Köpfen überhaupt Latten auf Gleisen sehen konnten. Kritisch hinterfragen können sie jedenfalls nicht.

Keine Bilder

Interessant ist, dass es so gar keine Bilder vom „Anschlag“ gibt. Würde der Anblick eines Transparentes das mediale Wortgebimmel aus „Anschlag“, „Hauptverdächtiger“, „Spuren“ und „Tatort“ etwa ad absurdum führen? Nur damit wir uns richtig verstehen: Fremdkörper auf Gleisen sind kein Spaß, schon gar nicht für den Lokführer, der in diesem Fall den ICE notbremsen musste. Und natürlich muss man das untersuchen. Doch warum gleich der klare und alleinige Terrorbezug, wo selbst bei echten Terroranschlägen mit Todesopfern traditionell „in alle Richtungen“ ermittelt wird und die Presse gebetsmühlenartig vor Pauschalisierungen und Vorverurteilungen warnt?

Der Tagesspiegel ist sogar so unverschämt, die Worte „36-jähriger Tatverdächtiger“ mit einem Artikel vom Vortag zu verlinken, in dem Söder vor den Gefahren einer „Corona-RAF“ warnt. Nach dieser Anschmutzung ist die Presse nur noch einen Joint davon entfernt, den Vorfall bei Schweinfurt zur Terrorattacke der RAF 2.0 hochzufiedeln. Eine Nummer kleiner hat man’s wohl nicht.

Doch so wie die Presse sich in Mutmaßungen und Verdächtigungen ergeht, kann ich natürlich auch mal vermuten, wie es weiter gehen wird. Und ich vermute, man wird sich aus der Sache einfach herausschleichen, falls nicht tatsächlich ein echter Anschlag dahintersteckt, für den es schon etwas mehr als ein paar Latten und eine Plane bräuchte. Vielleicht wird es eine kleine Meldung geben, man wird vielleicht von „ausgeräumten Vorwürfen“ sprechen oder von „eingestellten Ermittlungen“. Der Alarmismus vom „Anschlag“ und „Corona-RAF“ ist dann längst verhallt und bleibt nur noch als vage Erinnerung an eine Bedrohung durch Regierungskritik in den Köpfen der Leser. Vielleicht ist ja genau das beabsichtigt.

Update

Kaum drückt man auf „Veröffentlichen“, kommen neue Informationen herein. In diesem Fall womöglich entscheidende. Denn wie ich erfahren habe, soll das Transparent nicht einfach auf den Schienen gelegen haben, sondern über die Gleise gespannt gewesen sein. Das würde die Sachlage natürlich ändern, weil man dann von Vorsatz ausgehen müsste. Auch ist in einem solchen Fall die Gefahr für den Lokführer erheblich. Es handelte sich dann juristisch wohl um einen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr, von Anschlag zu sprechen, wäre aber selbst dann höchst fragwürdig in einem Land, in dem ohne Bahnblockaden ähnlicher Art kein Castor-Behälter von A nach B kommt.

Das von Focus, DLF und Tagesspiegel ausgelassene Wörtchen „gespannt“ kam mir auch nicht von selbst in den Sinn, weil es jenseits meiner Vorstellung liegt, so einen Blödsinn auch nur in Betracht zu ziehen. Transparente neben der Trasse, ja.  Aber doch nicht über die Gleise!

Im Moment ist noch nichts genaueres bekannt und deshalb sind noch beide Varianten der Geschichte denkbar. Wir dürfen also im Wortsinn gespannt sein, was wir noch so alles erfahren – oder nicht erfahren.

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10 Kommentare

  1. Interessant.

    In den USA ziehen die Demokraten ja derzeit den Schauprozess Impeachment nicht deswegen auf, weil sie wissen, dass sie dadurch Trump blocken können, sondern weil sie sagen: Seht her, Bürger, wir können euch vor den einheimischen Terroristen, den domestic terrorists schützen – wenn ihr uns nur noch mehr Bevollmächtigungen für mehr Überwachung und Co. gebt, also einen Patriot Act 2.0. Damit schützen wir euch dann, wie wir euch vor Corona geschützt haben.

    Der Clou ist dabei, dass der erste, nach 9-11 angeleierte Patriot Act nach einer Weile hätte auslaufen sollen – aber er auch bald 20 Jahre später immer noch aktiv ist, weil er brav regelmäßig verlängert wird. Und dass ein Patriot Act 2.0 natürlich ganz klar gegen andersdenkende, die Regierungslinie nicht unterstützende Menschen agieren kann, komplett mit V-Männern und Infiltrieren ganz normal-patriotischer Organisation – ergo 75+ Millionen, die Donald Trump gewählt haben. Machtfestigung mit anderen Worten, denn wer will sich schon mit Terroristen gemein machen?

    In Deutschland können Merkel, okay, Söder und seine Kumpanen dann analog sagen: Seht her, ihr Deutschen, wir können euch auch nicht nur vor dem Virus, sondern auch vor den Terroristen schützen, deren leugnende Aktivitäten euer Leben ebenfalls bedrohen.

    Parallelität der Ereignisse. Infantilisierung und Bevormundung allenthalben. Aber die Leute machen mit und lassen es sich gefallen.

  2. Am Ende eines Marathonlaufes durchtrennt der Erste im Ziel auch oft ein „Transparent“. Ist das dann auch ein gefährlicher Anschlag? Bei jungen Pferden vollzieht man im Gelassenheitstraining auch so etwas ähnliches – Terrorismus allerorten…..

  3. Nun, wie wir alle wissen, hat gerade eine „Studie nachgewiesen“ , daß Querdenker für 21000 Coronafälle verantwortlich sind.
    Und solchen Menschen sind natürlich auch Terroranschläge zuzutrauen.
    Es ist doch bekannt, ohne AfD und Querdenker hätten wir in Deutschland einen Insidenzwert von unter Null.
    Also zumindest wenn man den Leitmedien vertraut.

    In der Nähe von Velbert hat es Anfang des Monats einen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr durch gefällte oder angesägte Bäume gegeben. Über den oder die Täter weiß die Polizei noch nichts.
    Rechte können es demnach nicht gewesen sein denn die hinterlassen ja für gewöhnlich Name, Anschrift und Telefonnummer.
    Vielleicht wird man es ja nie erfahren weil es die „falschen“ Täter waren.

  4. Das hatten wir doch alles schonmal.
    Ich glaube auch nicht dass diese Leute wirklich so verblödet sind, und den Mist den sie schreiben
    wirklich selber glauben, eher handelt es sich hier um absolutes Pflichtbewusstsein wie halt damals im
    “ Deutschen Fernsehfunk“.

    • Der Focus, der Tagesspiegel, Söder-Bärbrock-Habeck-Murkel usw. usf. sind buchstäblich „ein Kessel Buntes“, genauso dement grau wie gähnend absurd.

  5. „Ein Wunder, dass die Schreiberlinge bei Focus, DLF oder Tagesspiegel mit Brettern vor den Köpfen überhaupt Latten auf Gleisen sehen konnten.“
    Nein, kein Wunder. Die sehen alles, was sie sehen wollen. Mein Gott, was ist nur aus diesem Land geworden. Nur noch Irre bei den Veröffentlichenden der zu habenden Meinung ?

    • In der Tat. Auch Söder höchstpersönlich, der die bisher eher unpolitische CSU durch Merkelisierung zu einer Blockflöte des grassierenden Durchregier- Irreseins machen will, fantasiert lieber über Rechtsabweichler daher, als staatsbezahlte Linksradikale als das zu bezeichnen, was sie sind.

  6. Sorry, der Artikel ist vom 11.02., der Dreikönigstag ist der 06.01.: dazwischen liegen nicht 5 Tage sondern über 5 Wochen!

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