Martin Schulz ist ein wohlwollender Despot, was muss man ihm lassen. In seinen Reden und Statements vor dem BREXIT bemühte er sich stets, den Insulanern die Vorzüge der EU schmackhaft zu machen. Er verwies stets auf die enormen Erfolge der EU und den langen Weg, den die EU und London gemeinsam gegangen sind und er betonte, wie nah man dem Ziel eines wirklich geeinten Europa eigentlich schon sei. Es klang häufig wie die Ansprache eines Pharaos, der die Israeliten davon überzeugen will, wenigstens noch die eine Pyramide fertig zu bauen, bevor sie sich auf den Weg ins Ungewisse machen werden. Warte, warte nur ein Weilchen, bald ist es geschafft, macht jetzt nur nicht schlapp!
Aber die Briten wollten nicht warten, die süßen Worte des Herrn Schulz haben die Sache sogar eher beschleunigt. Wer nun dachte, der deutsche Martin Schulz würde „deutsch ticken“ und ähnlich wie Steinmeier, Schäuble, Seehofer und sogar Merkel ruhig argumentieren und den Briten die Hand über den Ärmelkanal reichen, sah sich getäuscht. Schulz ist „Europäer“, kein Deutscher. Und der Europäer in ihm ist stinksauer! Der Stiefel ist in Bewegung und muss irgendwo hintreten, am besten in einen britischen Arsch. „Ich erwarte den Austrittsantrag der Briten bis Dienstag“.
Denn wohlwollend hin oder her, ein Despot ist er schon, der Herr Schulz. Schließlich kennt er den Laden in Brüssel seit langer Zeit, er ist in Brüssel politisch „erzogen“ worden. Und ein wichtiger Teil dieser „Erziehung“ ist die Gewissheit, dass aus Brüssel nur Gutes kommt – und wer das nicht sehen will, soll zur Strafe verdammt noch mal geblendet werden!
Die EU – wohlwollend, vereinigend, gut
Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass es seit einigen Jahren eine zunehmende Arbeitsteilung in der EU gibt? Ich rede nicht von den Kompetenzen, die sich die Brüsseler Bürokratie Stück für Stück von den Nationalstaaten holt. Ich rede von dem Nektar, den besonders die EU-Kommission und das EU-Parlament aus den Beschlüssen und Ergebnissen saugen, die diese Verlagerung mit sich bringt.
Zunehmend scheint sich „Brüssel“ für die positiven Aspekte Entwicklung innerhalb der EU verantwortlich zu fühlen, während für die negativen stets die kleinlichen, ewig gestrigen Nationalismen und Egoismen der Mitgliedsstaaten verantwortlich gemacht werden. Man hört etwa, Europa sei ein Friedensprojekt und hätte den Kontinent davor bewahrt, wieder in kriegstreiberische Denkmuster zurück zu fallen. Europa hätte die Grenzen geöffnet, sei Friedensnobelpreisträger und schütte die strukturschwachen Gegenden, die Bauern und die dritte Welt nur so zu mit Geld. Überall nur Positives. Die Sonne scheint, der Himmel lacht – das hat die EU gemacht!
Das ist natürlich kompletter Käse, denn nicht die EU-Kommission, sondern die Alliierten haben Europa nach 1945 aus der Scheiße gezogen, das Geld, das die EU verteilt, holt sie sich vorher von ihren Mitgliedern und der Nobelpreis, ich bitte Sie! Obama hat einen, Arafat hat einen und auch die „Ärzte ohne Grenzen“ haben einen. Letzterer Nobelpreisträger hat nun erklärt, kein Geld mehr von dem anderen Nobelpreisträger, der EU nehmen zu wollen, weil sich die EU abschotte und sowas nun mal bäbäh sei. Donnerwetter, auf 50 Millionen Euro pro Jahr zu verzichten, das hat Stil! Mindestens einer der streitenden Nobelpreisträger liegt hier gründlich falsch, wahrscheinlich sogar beide. Nobelpreise sind eben keine Ablassbriefe für Unsinn, den man in der Zukunft verzapfen wird. Auch nicht für Fehlentscheidungen in der Vergangenheit, von denen das Nobelpreis-Komitee nichts ahnte.
In Brüssel wird also prinzipiell die gute, die saubere, die positive Politik betrieben. In Berlin, Paris, London oder gar München hingegen, wo sich die Politiker zumindest gelegentlich mit den Menschen befassen müssen, die ihnen bei der nächsten Wahl in die Suppe spucken können, dort herrscht der niedere Instinkt des politischen Überlebens, dort ist Dschungel, dort ist der Nationalismus zuhause.
Wenn die EU-Deutungshoheit über richtig und falsch, Gut und Böse, Fortschrittlich und Reaktionär, Europäisch und National so bestehen bleibt, wie Martin Schulz sie sieht, war der BREXIT wirklich der Anfang von Ende der EU.
Ach, übrigens, Herr Schulz… Ihre Forderung an die Briten „bis Dienstag“ ihren Austrittsantrag nach Brüssel zu schicken steht rechtlich auf genauso dünnen Beinchen wie meine Forderung an Sie:
Treten Sie zurück, Herr Schulz. Sie haben Zeit bis Mittwoch!
Schöner Artikel, der mir aus dem Herzen spricht.
Nur eine Kleinigkeit: Nicht die „Allierten“ haben „Europa aus der Scheiße gezogen“, das waren bestenfalls die USA.
Frankreich und England haben sich schon nach dem ersten Welkrieg kaum erholt und lagen nach dem zweiten, zumindest wirtschaftlich auch am Boden. Und die UDSSR hat demontiert. „Aus der Scheiße gezogen“ haben sich schon die einzelnen europäischen Nationalstaaten selber, mit freundlicher Hilfe der USA.
Grüße A.R.
Die herausgehobene Rolle der USA räume ich gern ein.
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