Ich bin spät dran und ziemlich genervt. Nicht, dass ich den Zug verpasst hätte oder den Flieger. Nein, ein EU-Gesetz und dessen Inkrafttreten in wenigen Tagen macht mir zu schaffen. Es frisst meine Zeit auf, ohne dass ich darum gebeten hätte, in dieser Weise beschäftigt zu werden. Dabei sind das Internet und mein Mail-Eingangsordner voll von Angeboten des Kalibers „Wolle Datensicherheit kaufen?“ und mir völlig unbekannte und möglicherweise auch nur angebliche Rechtsanwälte wollen mir helfen, gegen einen Obolus und die Überlassung all meiner Daten mein Blog rechtssicher zu machen, wenn am 25.5.2018 die DSGVO in Kraft tritt und all jenen Webseitenbetreibern saftige Abmahnungen drohen, die nicht nachgebessert haben. Ich denke, auch der letzte Internet-User hat mittlerweile das schrille Pfeifen gehört, das von diesem Gesetz ausgeht, welches, wie könnte es anders sein, in Brüssel geschaffen wurde. Für Branchen, welche die Abmahn-Anwälte ohnehin schon wie die Geier umkreisen, hat sich das Pfeifen längst in einen bedrohlichen Sirenenton verwandelt.

Und während sich Dänemark und Großbritannien bereits bei den Verhandlungen zum Gesetz Sonderrechte ausbedungen hatten, zog die Österreichische Regierung am 20. April noch in letzter Sekunde die Notbremse, indem sie eine Reihe von Ausnahmen wie etwa für Künstler oder Journalisten bezüglich der massiven Strafandrohung bei Verstößen gegen das Gesetz machte. Eine Geldstrafe von maximal 20 Millionen Euro oder 4% des weltweiten Jahresumsatzes sind schließlich nicht für jeden ein gleichermaßen kleiner Betrag. In Deutschland dagegen wurde das Gesetz dank der neuen „(fast)Allparteienkoalition der Europawilligen“ nur durchgewunken. Hierzulande scheint man der Ansicht zu sein, aus Brüssel könne nur gutes und schönes kommen, da muss man nicht so genau hinschauen. Und während sich unsere Gut-Medien vor allem mit dem Liebesleben Trumps beschäftigten, dräut den Bürgern und ihren digitalen Beschäftigungen Unheil aus Brüssel. Dort wurde nämlich schon am 27. April 2016 im EU-Parlament jene: „Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG“, auch Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) genannt, in Kraft gesetzt. Die zweijährige Übergangsfrist läuft ab, am 25. Mai 2018 wird es nun ernst.

Es ist also schon zwei Jahre her, dass dieses Gesetz verabschiedet wurde, welches geradezu ein Paradebeispiel dafür ist, wie eine gute Absicht, wenn sie in die Mühlen einer entfesselten Bürokratie gerät, sich in ihr genaues Gegenteil verkehrt. Erklärte Absicht war, die Bürger der EU vor dem Missbrauch ihrer Daten zu schützen, herausgekommen ist ein Schwebezustand der rechtlichen Unsicherheit, in dem so gut wie niemand mit Sicherheit sagen kann, was noch erlaubt und was verboten ist. Wirklich betroffen sind dabei jedoch nicht die großen Player und Datensammler, deren gut ausgestattete Rechtsabteilungen einen wirksamen Schutzschirm über dem Tun und Lassen ihrer Firmen und Organisationen ausbreiten können. Im Gegenteil: je kleiner eine Firma ist, umso größer ist die Unsicherheit und umso verhältnismäßig höher ist auch der Aufwand, sich gegen künftige Abmahnungen zu wappnen. Dabei ist es momentan egal, mit wem man über das Thema spricht, alle sind extrem genervt und verunsichert. Es sei denn, man kann sich Gelassenheit leisten. Eine große Anwaltskanzlei mit der ich sprach, steht auf dem fatalistischen Standpunkt, dass, wenn sie bei der Umsetzung der Anforderungen Bemühen zeige, ein Gericht schon wegen der unklaren Gesetzeslage einer Klage vorerst nicht zustimmen werde. „Und vor Abmahnungen fürchten Sie sich nicht?“ will ich von Rechtsanwalt P. wissen. Wenn welche reinflattern, werde man die halt bezahlen, meint er. Andere Branchen sind da weniger entspannt. Wer etwa ein Autohaus betreibt, bekommt es im Fall einer Abmahnung nämlich mit der „Deutschen Umwelthilfe“ (DUH) zu tun und die Erinnerung an die Zeit ist noch frisch, als für jede Verkaufsanzeige, bei der der Händler vergessen hatte, die Leistung des zu verkaufenden Autos auch in KW statt nur in PS anzugeben, eine satte Abmahnung über mehrere tausend Euro ins Haus flatterte. Diese Abmahnungswelle hat zwar der deutschen Umwelt nicht geholfen, wohl aber dem „Bunch of Lawyers“ namens „Deutsche Umwelthilfe“.

Bit-Brother is watching you sowieso

Dabei muss eines klar sein: vor der größten Datenkrake von allen, dem Staat, schützt das neue EU-Recht nicht. Der holt sich die Informationen, die er haben möchte, im Zweifelsfall über eine Auskunftsverpflichtung, oder ein Gesetz oder er schickt Polizei und Geheimdienst vorbei. Ich möchte hier nicht weiter in die Details der DSGVO einsteigen, falls Sie also dachten, Sie würden von mir erfahren, was Sie diesbezüglich unternehmen sollen, muss ich Sie enttäuschen. Ich beobachte seit Monaten, wie sich Experten bei der Deutung des äußerst vage formulierten Gesetzestextes in den Haaren liegen wie die Priester des Orakels von Delphi bei der Deutung der wirren Weissagungen der Phytia – daran möchte ich mich nicht beteiligen. Mir geht es hier um Grundsätzlicheres. In diesem Fall ist nämlich eine gesetzliche Regelung aus Brüssel ohne nationale Anpassung direkt zu den Bürgern in diesem Lande durchgeschlagen, wo sie nicht – oder doch zumindest schlecht – verstanden wird und kontraproduktiv wirkt.

Die Frage ist nun, ob der Bürger wissen konnte, was da vor der Verabschiedung der DSGVO 2016 verhandelt wurde. Sicher, dies konnte er. Doch wie hoch ist der Aufwand, zu einem ausreichenden Verständnis von der Materie zu gelangen und wie groß die Chance des Einzelnen, auf den Gesetzgebungsprozess in Brüssel Einfluss zu nehmen? Das wäre ein Fulltimejob und ist somit unzumutbar für alle, die außerhalb der Brüsseler Bürokratie leben und nicht von ihr gefüttert werden. Wenn man einen fehlerhaften Bescheid über zu zahlende Grundsteuer von der Gemeinde bekommen hat, geht man zur Gemeindeverwaltung und klärt das. Ist man mit einer Entscheidung auf Landesebene unzufrieden, ist es schon schwerer, einen unmittelbar Verantwortlichen zu fassen zu bekommen. Wie kompliziert dies erst ist, wenn man mit seinen Beschwerden nach Berlin oder gar nach Brüssel muss, ist wohl jedem klar. Man gibt unweigerlich auf, wenn man tagsüber auch noch Fliesen verlegen, Rohre schweißen oder Brote backen muss. Nun spinnen wir den Faden mal noch etwas weiter und stellen uns die künftige „vereinigte Weltregierung“ vor, von denen linke und grüne Phantasten gern lautstark träumen (achten Sie nur mal darauf, wie oft bei Problemlösungen die UNO ins Spiel gebracht wird). In diesem Gremium entscheiden dann die Vertreter von Grönland, Mosambik und Indonesien darüber, wie die Dämmung ihres Hauses beschaffen sein soll und die Vertreter von Afghanistan, Sudan und China über die Ausgestaltung der Religionsfreiheit. Lachen Sie nicht, Saudi-Arabien ist schließlich auch in die UN-Frauenrechtskommission gewählt worden! Die bei der UNO werden schon wissen, was gut für uns ist und ob ein Radweg zwischen Hannover und Alfeld besser auf der linken oder der rechten Seite der B3 gebaut werden sollte!

Ich behaupte, je größer die Entfernung der Entscheider von ihrem Gegenstand ist, umso geringer ist die gefühlte und tatsächliche Verantwortlichkeit für getroffene Entscheidungen und umso schlechter fallen die Entscheidungen eben auch aus. Das war in der EU natürlich schon immer so. Es fiel nur nicht so sehr auf, weil die in unser Land zurückflutenden EU-Gesetze stets noch in nationales Recht übersetzt werden mussten. Die tendenzielle Selbstaufgabe nationaler Interessen durch unsere handelnden Politiker zugunsten von „mehr Europa“ sorgt allerdings nicht mehr für wirksamen Schutz vor gefährlichen Überregulierungen und der weiteren Einschränkung persönlicher Freiheiten durch unsinnige EU-Gesetze. Doch wie kann es sein, dass in der EU, in der wir alle miteinander angeblich von Tag zu Tag freier leben können, Gesetze wie die DSGVO entstehen können? Sind wir vielleicht „zu frei“, wie Platon dies verstand? Der schrieb: „Auch die äußerste Freiheit wird wohl dem einzelnen und dem Staat sich in nichts anderes umwandeln als in die äußerste Knechtschaft. So kommt denn natürlicherweise die Tyrannei aus keiner andern Staatsverfassung zustande als aus der Demokratie, aus der übertriebensten Freiheit die strengste und wildeste Knechtschaft.“

Platon hatte unrecht, aber er kannte die EU ja nicht

Ich denke, hier irrte Platon. Nicht übertriebene Freiheit führt in die Knechtschaft, sondern der fahrlässige Nichtgebrauch derselben! Wir beobachten heute diesbezüglich ein unseliges „Geben und Nehmen“ – die einen geben die Kontrolle gern ab, die anderen nehmen die Kontrolle gern in die Hand, um sie auszuüben – natürlich nicht ohne dies als Dienstleistung auszugeben und dafür zur Kasse zu bitten. Der staatliche und im Fall der EU sogar der suprastaatliche Interventionismus ist deshalb zumindest teilweise Folge nicht genutzter Freiheiten. Die Pressefreiheit ist uns nicht wichtig, weil wir ohnehin immer dieselben Zeitungen lesen. Die Meinungsfreiheit ist uns lästig, weil wir uns gern der Mehrheitsmeinung anschließen und die Redefreiheit brauchen wir nicht, weil wir glauben, nichts zu sagen zu haben. Überall dort, wo die Bürger es versäumen, Warnschilder zur Staatsabwehr mit der Aufschrift „Bis hierher und nicht weiter“ aufzustellen, greift der Staat nur zu gern regelnd ein. Er tut dies durchaus im Bestreben, das Leben seiner Bürger besser zu machen, nimmt ihnen damit aber jede Entscheidungsmöglichkeit und damit letztlich auch die Freiheit – und sei es nur die, mit einer selbst getroffenen Entscheidung unzufrieden zu sein. Wir erleben diese buchstäbliche Entmündigung jeden Tag. Der Staat sagt uns, was wir essen sollen und was nicht. Er belästigt uns mit Ekelbildern auf Zigarettenpackungen und belehrt uns auf Plakaten, wie wir „Demokratie leben“ sollen. Er bestimmt, wieviel Energie unsere Häuser verbrauchen dürfen und wieviel Kraftstoff unsere Autos. Er zwingt unsere Kinder in sein mehr schlecht als recht funktionierendes Bildungssystem und wenn wir sterben, verlangt er einen Teil unseres Besitzes für sich. Nun ist also der Datenschutz dran und nach Steuerberater, Ernährungsberater, EU-Subventionsberater und Rechtsberater ist der Datenschutzbeauftragte der nächste, der uns Selbstbestimmung abnimmt, weil es jedem Menschen heute systematisch unmöglich gemacht wird, sich kraft seiner Erziehung, Bildung und mittels des eigenen Verstandes so zu verhalten, dass er sich nicht selbst schadet und nicht unwissentlich gegen Gesetze verstößt, die nicht zu seinem Schutz erlassen wurden, sondern zu seiner Entmündigung.

Diente der Begriff „informationelle Selbstbestimmung“ in den 80er Jahren noch dazu, die Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat zu definieren und dessen Interessen klare Grenzen zu setzten, mischt sich die DSGVO vorwiegend in den Informationsaustausch zwischen den Bürgern selbst ein und regelt Selbstverständlichkeiten, als hätte man es mit Dreijährigen zu tun. Wer zum Beispiel einen Kommentar zu diesem Blog schreibt, muss zukünftig ausdrücklich zustimmen, dass diese seine Daten gespeichert werden. Dass dies logischerweise überhaupt der Zweck eines Kommentars ist, kümmert den Gesetzgeber nicht. Er glaubt, darauf müsse explizit hingewiesen werden. Es gibt jedoch praktisches Wissen, das man in einer Rubrik namens „Was-jeder-weiss“ zusammenfassen könnte. Dazu gehört, dass Wasser bergab fließt, Feuer heiß und Trockeneis kalt ist und dass Marmelade Zucker enthält. Wenn Kindererziehung und Bildung es nicht schaffen, diesem Schatz an Allgemeinwissen ausreichende Verhaltensregeln für den Umgang mit den eigenen Daten im Internet hinzuzufügen, kann dieser Missstand nicht durch den Erlass einer Datenschutzverordnung verbessert werden. Diese belässt den Bürger bewusst in seiner Unmündigkeit und vermittelt den Eindruck, der Staat, die EU oder irgend eine andere wachende Instanz werde schon dafür sorgen, dass er selbst keine Entscheidungen treffen, Risiken seines Verhaltens nicht selbst abschätzen und die Konsequenzen seines Handelns nicht selbst tragen muss.

Und so wird es weiter gehen, wenn die Bürger nicht endlich wieder deutliche Warnschilder für die Politik aufstellen, um ihre Interessen vor dem Zugriff und der Regulierungswut des Staates und der EU zu schützen. Es ist sonst nicht mehr weit bis zum EU-konformen Airbag, der erst nach Bestätigungsklick auf die Verzichtserklärung zur Garantieverlängerung auslöst.

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20 Kommentare

  1. Oh mann, ihr feiert euch jahrelang in euren „digitalen Flitzern“ (mit HUD, aber ohne Knautschzone, ABS oder Airbag) als Elite ab. Jetzt, wo’s 4%-vom-Umsatz-ernst wird, die nervigen Security-Bedenken aus der IT nicht mehr einfach mit irgendeinem „german angst“ kommentar beiseite geschoben werden können und die Prozesse endlich mal aufgeräumt werden müssen, geht das große Wehklagen los.

    Sorry, aber das DSVGO-Geheule ist einfach nur jämmerlich. Jede kleine Döner-Bude betreibt bei der Einhaltung von Hygienestandards mehr Aufwand als von euch gefordert wird.

  2. „Nun ist also der Datenschutz dran und nach Steuerberater, Ernährungsberater, EU-Subventionsberater und Rechtsberater ist der Datenschutzbeauftragte der nächste, der uns Selbstbestimmung abnimmt, weil es jedem Menschen heute systematisch unmöglich gemacht wird, […]“

    Wenn ich diese Aufzählung lese, muß ich an das Förderprogramm „Soziale Stadt“ denken, und der damit verbundenen Einrichtung einer Art Büro für soziale Angelegenheiten, wohl so etwas wie ein Sozialbeauftragter. Weiß nicht, warum in meinen Gedanken dann immer das Wort „Blockwart“ auftaucht. Auf einem anderen Bild in der offiziellen Broschüre zum Förderprogramm habe ich Jugendliche gesehen, die unter Anleitung eines Erwachsenen in einer Schabrackenartigen Umgebung einen Gruppentanz getanzt haben. So sehr ich es gutheiße, wenn Menschen egal welchen Alters unterkommen und eingebunden sind, so sehr befürchte ich, dass ein Förderprogramm a la „Soziale Stadt“ mehr sowas wie Freiheitsverlust und Kontrolle bedeutet. Andererseits bekommen vielleicht allzu negativ auffällige, eventuell zu Kriminalität neigende Jugendliche einen Halt, den sie sonst nirgendwo erhalten. Dann wiederum halte ich sehr wenig von den immer größer werdenden paternalistischen Eingriffen von Vater Staat in die Leben der Menschen. Antidot: zurück zur Großfamilie, bzw. der Großfamilie ähnlichen Strukturen.

    • Sorry, ich bin manchmal einfach etwas… Verspielt. Etwas anderes ist das, was Du meinst, für mich gar nicht. Ich werd mich zurücknehmen.

  3. Neulich las ich diesen ausdrucksstarken Kommentar auf Journalistenwatch:

    „Eine 200 Meter hohe Mauer um ganz Wien herumziehen und anschließend zuscheißen!“

    Ob das auch für Berlin funktionieren würde? 😉

  4. Die Compliance- und Rechtskosten sind mitlerweile im IT-Bereich tatsächlich die größte Kostenposition. Man kann heutzutage sehr billig eigene Software und Dienstleistungen über App-Stores oder die eigene Internetseite vertreiben, riskiert ohne Rechtsabteilung jedoch ständig, wegen der abstruseste Dinge insolvent geklagt zu werden. Ich hab selbst schon die Erfahrung gemacht, dass die Entwicklung sinnvoller und innovativer Produkte eingestellt werden musste, weil die initialen Rechtskosten um den Faktor zwanzig höher gewesen wären, als die Entwicklungskosten. Mitlerweile ist es schon so weit, dass es ein Standortvorteil ist, wenn eine Firma ihren Sitz und ihre Server in einem Land hat, das nicht bei der Durchsetzung deutscher- und EU Gesetze hilft. Ich denke, in dieser Richtung wird sich noch viel tun, und würde wetten, dass Facebook&Co sich längst darüber klar sind, dass sie sich ihr Geschäftsmodell kaputt machen, wenn sie sich von den Bevormundungsstaaten Vorschriften machen lassen. Es ist absehbar, dass Serverfarmen in Ländern, die nicht kooperieren, zunehmend wichtig werden.

    Vielleicht noch ein kleiner Praxistip zum Datenschutz, der nicht von einem Anwalt, sondern von einem IT-ler kommt: Es geht beim Datenschutzgesetz nur um personenbezogene Daten. Im Internet wäre das vor allem die IP-Adresse, die automatisch erhoben wird, sowie weitere Daten – Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Accountname, und dergleichen – die man explizit abfragt. Es ist einfacher, derartige Daten überhaupt nicht zu erheben, als sie rechtskonform zu erheben. Normalerweise gibt es keine Aufbewahrungsfristen oder Know-your-Customer-Policies, und wenn man überhaupt keine personenbezogenen Daten erhebt, kann man weder gegen den Datenschutz verstoßen, noch kann man von Ermittlungsbehörden dazu gezwungen werden, den Übeltäter zu verpetzen, der es gewagt hat, „Heil Hitler, Du Arschloch“ zu schreiben. Wenn man diese Dinge ignorieren kann, hat man sich das Leben leichter gemacht. Es ist nur in Ausnahmefällen – zu denen Blogs nicht zählen – sinnvoll, einzelne Benutzer identifizieren zu können.

    Die Technische Umsetzung wäre, dass man den Webserver so konfiguriert, dass er erst ab dem Loglevel WARN etwas in seine Logs schreibt, und alles darunter verwirft. Dann hat man Fehlermeldungen, aber keine Zugriffsmeldungen, was sich im Normalfall auch besser lesen lässt. Da der Webserver als Proxy zum Backend fungiert, kann der Webserver die HTTP-Header der Anfragen so umschreiben, dass es für das Backend aussieht, als käme jede Anfrage von 127.0.0.1. Mehr braucht das Backend nicht, weil dieses die Sessions anhand von Cookies auseinanderhält. Auch das Backend kann man ab Loglevel WARN loggen lassen, sofern das möglich ist, oder das Log andernfalls einfach nach /dev/null schreiben. Das Backend sollte Daten zur Session zudem tunlichst nicht in eine Datenbank schreiben, sondern über einen Daemon wie Redis oder Memcached abrufbereit halten. Dadurch werden Sitzungsdaten überhaupt nicht mehr persistent gespeichert, und hören auf zu existieren, sobald die Lebenszeit des Cookies vorüber ist. Die ohnehin nicht länger als eine halbe Stunde dauern sollte. Sofern das Backend dies unterstützt, ermöglichen diese Daemons es auch, die eher statischen Seitenbereiche zu cachen, was dem Prozessor massiv Last abnimmt, Seitenaufrufe massiv beschleunigt, und DoS Angriffe gegen den Prozessor ziemlich schwer werden lässt. Was bleibt ist Throttling und IP-Blocking. IPs, von denen DoS Angriffe ausgehen, lassen sich automatisch per iptables blocken oder throttlen. Throttling einselner Urls und Sessions erfolgen über den Webserver oder über die WAF. Wobei es meistens reicht, die Zahl der POST Requests pro IP und Session innerhalb einer Zeiteinheit zu begrenzen.

    Das ist alles umsetzbar, ohne, dass ein einziges Mal irgendetwas gespeichert wird, das eine Person identifizierbar macht, wodurch das Datenschutzgesetz nicht anwendbar ist. So wie ich die Datenschutzgrundverordnung interpretiere, möchte der Gesetzgeber, dass Webserver in der beschriebenen Weise konfiguriert werden. Er nennt das „Privacy by Design“. Ich finde, dass dies an sich auch keine schlechte Sache ist. Ich selbst konfiguriere Server schon lange so, und die sind selbst nach Industriestandards extrem schnell und extrem stabil. Die Standard-Konfigurationen sind eher zur Fehlersuche geeignet, als für den Produktivbetrieb, und sie sollten deshalb nicht durchgängig verwendet werden. Meine ganz persönliche Motivation war immer, dass es mir zu viel Stress wäre, wegen irgendeiner Rechtsverletzung eines Benutzers gratis als Zeuge auftreten zu müssen, wenn sich diese Möglichkeit auch wegkonfigurieren lässt. Und wenn der Gesetzgeber jetzt schon explizit dazu auffordert, aufgrund von „Privacy by design“ nicht mitwirken zu können, will er es doch so.

      • Roger hat Recht, ich will nicht erreichbar sein. Sofern es aber nur um eine technische Hilfestellung geht, können wir das, mit Rogers Einverständnis, aber gerne hier bereden.

        • Krisen sind Chancen.

          Die Krise meiner überlangen Texte bietet Dir die Chance etwas zu lernen, sowie Deine geistige Gewandheit zu schärfen, indem Du sie widerlegst. Zudem könntest Du auch die Gelegenheit auch nutzen, Deine Maus besser einzustellen und Deine Tastatur besser kennenzulernen, die Dir beide bereitwillig dabei helfen würden, schneller zu scrollen. Und falls Du weniger intellektuell und mehr praktisch veranlagt bist, bieten meine überlangen Texte auch einen Anreiz zu körperlicher Ertüchtigung. Gut trainierte Scrollfinger schmerzen nicht.

          Siehst Du, Krisen sind Chancen, und was Dich nicht umbringt, das macht Dich stärker. Gelobt sei, was stark macht.

        • @Rolf

          [[ Die Krise meiner überlangen Texte bietet Dir die Chance etwas zu lernen, sowie Deine geistige Gewandheit zu schärfen, indem Du sie widerlegst. ]]

          Ich ziehe es vor, meine Zeit mit Kochen für meine Freunde zu verbringen. Mit Kuscheln & Kerzenschein mit meiner Liebsten. Mit zärtlichem, und dennoch wildem, ausschweifenden Liebemachen auf der Couch – auch wenn wir dabei schwitzen, wie die Schw…äne.

          Endloses, selbstbeweihräucherndes, beifallsheischendes, halbstark-schnippisches, halbwissend-philosophisches, ermüdend-langatmiges Gerede hingegen beeindruckt mich bereits seit meinen frühen Jugendtagen überhaupt nicht mehr.

        • Also klagst, jammerst, und meckerst Du lieber über Schmerzen im Finger, als Du fickst, und fickst lieber, als dass Du diesen Schmerzen etwas Positives abgewinnst?

          P.S.
          Schweine und Schwäne können nicht schwitzen. Denk dran, erst meckern, dann ficken, und dann erst zur Kenntnis nehmen.

  5. … also ich erkläre mich hiermit einverstanden, dass mein Kommentar gespeichert werde, aber ich erkläre mich mitnichten mit der „Verarbeitung meiner Daten“ einverstanden, denn ich will ja bloß, dass mein Kommentar erscheint, was jedoch ausschließt, dass ich wollen könnte, dass meine Daten verarbeitet werden, denn ich schreibe ja keine Daten zum Verabreiten, sondern einen Kommentar zum vielleicht Lesen.
    Also unter Vorbehalt. Ja? Ich klixe dann mal unter Vorbehalt auf das Klickquadrat, das mir sagt, es könnten nein würden hier meine Daten verarbeitet werden. Ähm, jedoch welche Daten?, ich hab ja nicht meine Schuhgröße angegeben?, also die ist 43, und dieses Datum darfst Du ausdrücklich verarbeiten, Roger, also wie auch immer jetzt!, aber andere Daten mitnichten!, und da müssten selbstverfreilich verschiedene Anklickquadrate pangen, ja?, auf die man klicken können dürfen muss, um zu klären, dass man die Hemdengröße und/oder die Religionszugehörigkeit zwar angegeben hatte, dass man sie aber nicht genannt haben will. Denn das ist wichtig. Sonst kann ja jeder kommen.

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