Versuchen Sie ein unterhaltsames Quiz in einer Runde mit Freunden, die sich selbst das beste Zeugnis in Sachen ökologisches Bewusstsein ausstellen würden. Ich rede nicht vom Typ Jan-Malte Dinkelkleie, der nur Second-Hand im Nachbarschaftsladen kauft, sondern vom gut situierten Studienrat, der aufs eigene Auto verzichtet und seinen etwas zu großen CO2-Fußabruck gern mit Ablasszertifikaten zudeckt. Fragen Sie solche Freunde, wie wohl für sie die Ideale Wohnsituation aussehen müsste, um dem Klimawandel ein Schnippchen zu schlagen und dem eigenen Moralkonto möglichst viele Karmapunkte gutzuschreiben.

Jede Wette, dass Begriffe wie diese fallen: ökologisch nachhaltig bauen, Bescheidenheit bei Wohnungsgröße, viel Platz für Gemeinschaft, erneuerbare Energie, Solar, autofrei, Wärmepumpe, Holz, viel Grün, naturnah…vor den Augen Ihrer Freunde – und jetzt auch vor den Ihren – entsteht ein paradiesischer Ort voller sympathischer, lächelnder Menschen ohne Autos, die Straßenbahn wartet gleich hinter der Biegung, um sie in Nullkommanix ins Stadtzentrum zu bringen, eine Fahrradklingel ertönt, ein Kind lacht und dort, sehen Sie nur, ein Schmetterling! Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. So enden Märchen bekanntlich gern.

Es sei denn, sie enden wie das der Marie-Antoinette, die ihren ruinösen Traum von der ländlichen Idylle in ihrem Kulissendorf „Hameau de la Reine“ wegen revolutionärer Halsabschneiderei nicht lange genießen konnte. Der Vergleich, den ich gleich machen werde, ist etwas unfair und überspitzt, das gebe ich zu. Aber Hameau, das aus einer romantisierenden Mode heraus entstand, kam mir nun mal als erstes in den Sinn, als ich vom Scheitern eines modellhaften Wohnprojektes in Hannover hörte. Die Genossenschaft „Ecovillage“ musste die Insolvenz in Eigenverantwortung abbrechen und ist nun, wie der DLF berichtet, wirklich pleite und in Regelinsolvenz. Bei allen spitzfindigen Vergleichen ist das nichts, worüber man sich freuen sollte.

Ecovillage, das müssen Sie wissen, hätte die Erfüllung des ökologischen Träumchens aus unserer Freundesrunde weiter oben werden sollen: Autofrei, CO2-neutral und natürlich mit sozial verträglichen Mieten. Gestartet war die Genossenschaft im Jahr 2019 mit dem Ziel, bezahlbaren, klimaneutralen Wohnraum zu schaffen. 500 Wohnungen sollten entstehen, organisiert in einem dörflichen Ambiente mit viel gemeinschaftlichem Raum und 70% Grünflächen. Wärmepumpe, Geothermie, Solar aufs Dach, Fahrradständer vor dem Haus…hach, wie schön! Rasch kamen 900 mal die 1.000 Euro Genossenschaftsanteile zusammen, bald konnte man auch die Fertigstellung des ersten Gebäudes verkünden. Doch dann rechnete eine der beteiligten Banken nochmal nach und die GLS-Bank sagte nein zur Finanzierung. Unter anderem sei die Eigenkapitalquote zu gering und man sei nun mal in erster Linie den Eigentümern der Bank verpflichtet und dann erst den Zielen des Projektes Ecovillage. Die GLS-Bank ist selbst auch eine Genossenschaft. Offenbar im Gegensatz zu Ecovillage mit einem tragfähigen Konzept.

Dazu muss man wissen, dass Insolvenzen von Genossenschaften eigentlich sehr selten sind. Nur etwa 0,1% der Unternehmensinsolvenzen entfielen 2019 und 2020 auf Genossenschaften, was auch daran liegen könnte, dass die Mitglieder stets eigenes Kapital im Feuer haben, der Geschäftszweck sich meist auf wertschöpfende Infrastrukturprojekte richtet, Beschlüsse abseits des Tagesgeschäfts von der Generalversammlung gefasst werden müssen und die überschaubare Größe für direktere Verantwortlichkeiten sorgt. Diese deutsche Besonderheit namens „Genossenschaft“ mag begrifflich an Sozialismus erinnern, in Wirklichkeit ist diese Form der Schaffung und Bewirtschaftung einer Allmende das liberalste, was unsere Marktwirtschaft zu bieten hat. Und das Stabilste. Warum also ging das in Hannover so spektakulär schief?

Das Klima-Musterdorf am Rande der Stadt

Der Traum vom Häuschen im Grünen ist auch von Grünen nicht tot zu kriegen. Es ist schon merkwürdig, wie zuverlässig es Städter aus ihren Betonhabitaten zieht, wenn sie ihre Fantasie spielen lassen. Ein Projekt wie Ecovillage ließe sich ja auch auf irgendeiner Industriebrache mitten in Hannover realisieren, doch es sollte der Stadtrand sein. Von „Dorf“ ist immer wieder zu lesen auf der Webseite des Projekts. Man versuchte, das Beste aus allen Welten zu verwirklichen.

Kleinteilige Bauweise mit viel Grün – aber doch noch irgendwie Stadt. Dörfliche Idylle – aber autofrei dank Stadtbahnanbindung. Progressive Energiebilanz, Holzbauweise und Architekten mit Sendungsbewusstsein – aber sozial verträgliche Mieten. Geothermie und Wärmepumpen – aber energetisch Selbstversorgung zum Sparpreis. Irgendwie hat sich wohl auch die These von Björn Vedder noch nicht bis nach Hannover herumgesprochen, der zu wissen glaubt, dass Landleben reaktionär macht – und wer will das schon, im Grün-Roten Hannover! Doch während die Politik den Berufspendlern in der Peripherie Landleben und Auto-Mobilität madig macht, träumt der energiegewendete Großstädter vom Weiler mit dörflichem Charme.

Der DLF lieferte zu diesem scheinbar widersprüchlichen Trend der Stadtflucht gleich zu Beginn die allein gültige Erklärung. Der Leser ahnt es sicher: Es treibe die Menschen aus den Städten, weil der Klimawandel diese zu sehr aufheize! Da haben wir’s! Dass Städte Hitzeinseln sind, liegt aber nicht am Klimawandel, sondern an Bauweise, Flächenversiegelung, Enge, Energieverbrauch und Beton. Außerdem wandelt sich das Klima bekanntlich stets und weltweit und macht auch vor Dörfern und Klimavorstädten nicht halt. Nicht mal dort, wo im Sommer auf einer Kreuzung ein Klimakleber sitzt, ist es kühler! Aber das Framing im DLF möchte uns vermitteln, dass da ein Klimaprojekt gescheitert sei – und für diese gelten ökologische aber keine ökonomischen Gesetzmäßigkeiten. Oder sollten es zumindest. Tun sie aber nicht. All die energetisch-ökologischen Verstiegenheiten des Projekts, welches gleichzeitig das Klima retten, die Wohnungsnot beenden und eine dörfliche Gemeinschaft in der Stadt schaffen sollte, war schlicht unbezahlbar.

Der Vorstandssprecher von Ecovillage, Gerd Nord, dazu im DLF: „Der Bau von kostengünstigem Wohnraum wird nicht ausreichend gefördert.“ Es ist offenbar verdammt teuer, billigen Wohnraum zu schaffen, wenn Sugardaddy Staat oder Onkel Dagobert nicht einspringen und das Endergebnis auch noch Häuptling große Wärmepumpe Habeck, Luisa Neubauer und Schrumpfologinnen wie Ulrike Herrmann gefallen soll. Für Minister, Abgeordnete unserer Parlamente und grüne Parteivorsitzende sind durch ökologische Standards in die Höhe getriebene Baukosten vielleicht erschwinglich, doch an Ecovillage waren auch Menschen beteiligt, deren Einkommen zu 22% nur auf dem Niveau der Berechtigung für B-Scheine* liegt, weitere 14% liegen nur knapp darüber. Für all diese Zeichner von Genossenschaftsanteilen sind die zu erwartenden 1.000 Euro Verlust der Einlagen ein verdammt harter Schlag.

Dabei hätte ich dem Projekt wirklich gegönnt, dass es letztlich funktioniert und finanziell darstellbar ist. Meinetwegen sogar all die energetischen Verstiegenheiten, die man plante. Doch der Traum vom Landleben am Rande der Stadt ist geplatzt und wird auch weiterhin nur in einiger Entfernung vom Grünen Hannover gelebt, weit draußen, abseits von der Stadtbahn, wo Gülle und demonstrierende Traktoren herkommen.

Dolly Parton wird das Bonmot zugeschrieben, es sei sehr teuer, so billig auszusehen. Für die reihum scheiternden Leuchtturmprojekte der deutschen Energie-, Verkehrs-, Heiz-, Wohn- und all der andere Wenden gilt einmal mehr: Dass Sonne, Wind und grüne Ideen uns so recht und billig sind, kommt uns letztlich verdammt teuer zu stehen.

Alles, was vom Projekt übrig blieb: drei kleine Gebäue

* 23.000 Euro Jahreseinkommen z. B. für einen Zwei-Personen-Haushalt

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7 Kommentare

  1. Bei dem Text über den Versuch per Milchmädchen ein Bülerbü zu schaffen, fällt vor allem eines auf, diese Menschen kennen ihre Grenzen nicht, wollen sie auch nicht austesten und sie haben nicht den geringsten Sinn für Humor und Party. Es sind allsamt Biedermänner mit zugekniffenen Arschbacken. Die sind so befangen und zwanghaft Grün, das sie weder jemals Natur erfahren können, noch ihrer eigenen Menschwerdung gerecht werden. Ihr Leben besteht aus Angst und Hysterie. Man sieht hier weder Phantasie noch Kreativität am Werk. Was man sieht ist, das sich hier verlorene Geister einer Ideologie geöffnet haben die sich sektengleich, und irrational, einem grünen Märchen opfern. Das Projekt mußte schon deshalb scheitern, weil diese Menschen nicht aus Lust und Freude, aus echter Eigeninitiative und Risikobereitschaft ihre Motivation beziehen, sondern aus der hysterischen Haltung heraus einfach zu den Gutmenschen gehören zu wollen. Was wäre das den gewesen wenn es fertig geworden wäre? Ein Altersheim im Gettostil, ein habeck’sches Hysteriecamp. Wenn man meint die Welt retten zu wollen weil man dem Lebensstoff dieser Erde den Gar aus machen will (CO2), dann kauft man sich ein paar Latten und Nägel im Baumarkt und zimmert sich ein Häuschen im Wald, an einem Bach. Oder man stellt sich mit anderen ein paar Wohnwagen in die Walachhei, baut Drogen an, macht Musik und Party, und lebt von Luft und Liebe. Aber das ganze spielt sich ja in Hannover ab. Also der stadtgewordenen links Ideologie. Nirgendwo gibt es so viele grüne Spießer wie in Hannover. Hauptstadt der grünen Lust- und Lebensfeindlichkeit.

  2. Das Hameau de la Reine war wie ganz Versailles (Schloss für den König und zehntausend Bewohner) ein reines Staatsunternehmen, das keinen müden roten Heller abwarf, sondern das enorme Massen von Steuergeld verschlang. Zum anderen produzierte dieses Staatsunternehmen aber enorme Massen von Kunst auf höchstem Niveau, und zwar erstaunlich lange!, von etwa 1660 bis 1791, das sind hundertdreißig Jahre. Wobei die Qualität all dieser Kunst nie nachließ. Die ganze europäische Kultur zehrt bis heute davon.

    Ja früher war alles besser, nein? Wohl kaum. Aber nur eine ganz kleine, also wirklich sehr kleine Masse von bloß azeptabler Kunst will ich sehen, die etwa vom enormen französischen Staatsapparat von 2024 produziert würde. Huch-?, wie bitte?, hat dieser enorme Apparat der Gegenwart jemals nur ein ganz kleines Stückele eines ganz winzigen Künstchens produziert? Na hat er ja NICHT. Welch eine total absurde Frage.
    Oder der noch enormere deutsche Staatsapparat von 2024. K-K-Kunst-?, ja wie unheimlich absurd ist die Frage denn bitte, ob unsere allgegenwärtigen Staatsapparate jemals so was wie Kunst produzieren-?!
    Oder malt Annalena Baerbrock vielleicht heimlich ganz avantgardistische Blumenpostkarten und spendet den Erlös ihrem angebeteten Staatsmoloch, damit ihre Staatsexistenz um ein hundertstel Prozent billiger wird?
    Zuzutrauen wäre es ihr. Immerhin ist sie Idealistin.

    • Du bringst die Leute noch auf dumme Gedanken. Hunter Biden malt ja schon. Hier in Europa kümmert man sich um die Seinen mit Aufsichtsräten, EU-Pöstchen und Beratungen.

      Neulich hab ich gelesen, dass der Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer Berater wird. Dazu hat er zwei Unternehmen aus dem Hut gezogen (Positanis Holding GmbH und Tancredis GmbH). Er soll auch noch im Fachbeirat vom Logistiker Mosolf unterkommen. Der Name „Mordor“ hätte sich auch zu harmlos angehört, aber immerhin denkt man nicht gleich an Krebs am Sack.

      „Verdammt noch mal! Warum kann der nicht einfach normal als Anwalt arbeiten?“, fluchte ich. Wikipedia erklärte mir dann, dass er gar kein Jurist sei. Huch! Wie fachfremd ist das denn? Muss man nicht Jurist sein, um die Dörfer und Öko-Genossenschaften mit Rollschuhen und Rollstühlen zu wenden? Immerhin ist er Lehrer. Wäre ja noch schöner, wenn so ein ahnungsloser Ideologe aus der Autoindustrie, oder was wir sonst so haben, Verkehrsminister würde. Wenn jemand durchblickt, wie wir den Planeten retten, dann Richter!

      Jedenfalls arbeitet Herr Scheuer jetzt mit seinem Telefonbuch weiter. „Platzt das Rohr! Schreit die Praxiswand nach einem echten Hunter Biden! Wir kennen da jemanden, der Ihnen weiterhilft! Ihre Penilkarzinomitis GmbH.“

      • Höhöhö. Ach in der Tat, und die üblichen Verdächtigen sorgen notorisch dafür, dass 1) alles so bleibt, und 2) vor allem in ihren Händen. Wo käme man denn hin!, wenn der staatliche Staatssubventionen-Staatsapparat nicht immer riesenhafter wird-?, man käme vielleicht zu etwas Vernunft oder gar zu etwas Staatsschrumpfung. Nicht auszudenken. Vernunft ist doch rächts und überhaupt bös; und Schrumpfung ist nur grüngut, wenn die Wirtschaft und die Meinungsfreiheit schrumpfen.

        Und warte mal ab, was die übrlichen Verdächtigen in ein paar Tagen zum aktuellen Überall durch den Iran auf Israel sagen werden. Sie werden es so tun, wie nach dem Hamas-Massaker an 1200 Israelis am 7. Oktober ’23: Es erstmal verurteilend, und nach einer Woche Schamfrist den Israelis mal wieder zuviel Selbstverteidigung vorwerfend. So werden sie es auch wegen des iranischen Angriffs von letzter Nacht tun.

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