Die Schweiz ist seit einiger Zeit unter Druck, das EU-Rahmenabkommen zu unterzeichnen, also einer Art Beitritt „light*“ zuzustimmen. Der Druck kommt von Seiten der EU und viele Schweizer haben Bedenken, ihre Unabhängigkeit der Brüsseler Bürokratie als Morgengabe zu überreichen. Nun stocken die Verhandlungen. Aus offensichtlichen Gründen. Der Schweizer Europa-Experte Darius Farman vom Thinktank „foraus“ trifft im Licht der Pandemie nun einige Aussagen, die ehrlicher kaum sein können. Hier einige Überlegungen zu Aussagen Farmans im Artikel auf 20min.ch.
«Die Kompetenzen Brüssels in der Gesundheitspolitik sind relativ gering.»
Man stelle sich vor, es wäre anders. Ein zentral aus Brüssel gesteuertes Gesundheitssystem zum Beispiel. Oder Notfallvorsorge, die ein EU-Kommissar regelt. Wie viel länger hätte es wohl gedauert, bis in Brüssel die Alarmglocken läuten, nur weil in einem kleinen Teil Italiens die Welt auf dem Kopf steht…wir kommen am Ende des Textes darauf zurück.
«In der Pandemie reißen die tiefen Gräben zwischen Nord und Süd wieder auf.»
Die Gräben waren nie geschlossen. Man hatte mit der gemeinsamen Währung Euro nur Strohmatten darüber gelegt. Die südlichen Länder hatten sich in Wirklichkeit noch kaum vom Crash 2008 erholt.
Das Worst-Case-Szenario wäre für die EU eine lange und schwierige Wirtschaftskrise, so der Experte: «Diese würde den Handlungsspielraum der EU für Reformen sowie das europäische Modell in der Welt dauerhaft schwächen.»
Die Wirtschaftskrise wird nicht kommen, sie ist schon da. Sie wäre auch ohne das Virus gekommen, und zwar aufgrund der Ungleichgewichte innerhalb des Euroraums und des Finanzgebarens der EZB. Das schränkt den Handlungsspielraum für Brüssels Lieblingsprojekt tatsächlich ein: Modell für die Welt sein! Man sieht sich dort entgegen eigener Beteuerungen eben nicht als Mittel zum Zweck, das Leben der Bürger der EU-Länder besser und sicherer zu machen. Man möchte die Welt gestalten!
Die EU und das Weltgeschehen
Trotz der vielen erwiesenen Unvollkommenheiten bleibe die Union jedoch die beste Lösung der europäischen Staaten, um das Weltgeschehen beeinflussen zu können.
Schon wieder! Weltgeschehen! Und unter diesem Aspekt betrachten wir eine Aussage vom Beginn des Artikels:
Die Pandemie nach dem Brexit-Hickhack hat Brüssel auf dem falschen Fuß erwischt: «Zu Beginn der Krise haben nationalistische Reflexe gespielt.» Die Ausfuhrverbote für Schutzausrüstung durch mehrere EU-Staaten beispielsweise hätten von mangelnder Solidarität gezeugt.
Ich sehe hier etwas anderes. Am Brexit stört Brüssel vor allem der Verlust an Größe und internationaler Bedeutung. Man hat nun einfach weniger Finger im Brei des Weltgeschehens, welches man ja beeinflussen will. Die Pandemie zeigt, dass die Aufmerksamkeit der Nationalstaaten im Gegensatz zur Brüsseler Politik nicht vordringlich nach außen, sondern nach innen gerichtet ist.
Was Farman nämlich „nationalstaatlichen Reflexe“ nennt, ist die Reaktion eines lange unterdrückten Immunsystems, über welches die EU als künstliche Entität nie verfügt hat. Sonst hätte man ja auch die Auto-Immunreaktionen erkannt, die zur Amputation Großbritanniens geführt haben – und diese durch veränderte Politik verhindert. Brüssel richtet seinen Blick nach außen, auf das „Weltgeschehen“ – und versagt selbst bei dieser Betrachtung. Denn die Pandemie ist ja auch zunächst ein äußerer Faktor gewesen, dessen Bedeutung die EU nicht rechtzeitig erkannt hat.
* Leserin *** weist mich zurecht darauf hin, dass es sich keinesfalls um einen Vertrag mit „leichtem“ Charakter handeln würde. Besonders deshalb nicht, weil der Vertrag eine automatisierte sukzessive Übernahme von EU-Recht bedeutete und damit so ziemlich gegen jeden Grundsatz der direkten Demokratie der Schweiz verstoßen würde. Das stimmt leider. Dieses „light“ bezog sich eher auf die Art und Weise, wie der Vertrag von Seiten der Befürworter dargestellt wird – sowohl in der EU, also auch in der Schweiz. Der Begriff als solcher existiert wohl nur hier im Artikel. Doch dazu komme ich in einem späteren Artikel.
Wie ich bereits im Kommentar auf den vorangegangen Beitrag anmerkte, vielleicht fliegt uns ja im Rahmen der Krise die EU um die Ohren.
Lustig finde ich in diesem Zusammenhang, lt.
20min.ch sind die Italiener entäuscht, dass einige EU Staaten keine Corona Bonds wollen.
Ja, kann ich mir gut vorstellen, Vergemeinschaftung der Schulden ist für einige eine echt tolle Idee.
Habe ich auch schon versucht. Wollte meinen Kredit an meinen Nachbarn weiterreichen weil der mehr verdient.
Der wollte aber nicht. Kann ich gar nicht verstehen, wir wohnen doch im selben Haus.
Und dann das dürftige Argument, wenn ich über meine Verhältnisse lebte solle ich für meine Schulden auch selbst aufkommen.
Leute gibt es.
Sehr illustrierte Darstellunmg der Verhaeltnisse,die fast jeder versteht… Aber … ein einer Krise stellen wir uns vor, dass nicht die Schuldenbewaeltigung, sondern die Mitmenschlichkeit und die Hilfe von denen, die es koennen, an jene, die es nicht koennen, im Vordergrund steht.
Den ‘magic money tree’ der immer blueht, koennen alle Staatsoberhaeupter ernten lassen, wenn sie nicht zu sehr befangen sein wuerden in der Furcht vor ihrer politischen Karriere.
Oder mit anderen Worten, Geld drucken auf Teufel komm raus ist jetzt noetig… um Wirtschaft und Land und Leute noicht untergehen zu lassen. Eine Loesung fuer die Probleme danach wird sich finden, wenn alle dasselbe machen …
Die „Probleme danach“, z.B. eine Inflation sowie rapide steigende Staatsverschuldungen, könnten sehr schwer zu lösen sein.
Wie viel mehr Steuern wollen Sie denn noch zahlen?
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