Vielleicht hat der eine oder andere auch hierzulande von dem Zerwürfnis gehört, das sich beim konservativen US-Medienunternehmen „The Daily Wire“ unlängst zwischen Mitgründer Ben Shapiro und Candace Owens zugetragen hat. Ich will hier gar nicht auf die Details eingehen, sondern lediglich zu einer Episode überleiten, an die ich denken musste, als ich gerade die offizielle Erklärung der Norwegischen Regierung zur Anerkennung des Staates Palästina (was auch immer genau das sein soll) las. Candace Owens war nämlich vor einiger Zeit zu Besuch in Israel und natürlich auch in Jerusalem. Wenn man sich nicht auskennt und ein sehr beschränktes Verständnis der Geschichte des Ortes hat, hängt in Israel alles davon ab, in wessen Hände man bei einer Führung durch Zeit und Raum gerät. Interpretation ist alles und so kann es passieren, dass man durch die Ausstellungen der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem läuft und am Ende nichts anderes denken kann als „was tun diese schrecklichen Juden den armen Palästinensern nur an!“ – und genau das geschieht auch oft. Dafür sorgt ein ganzer Zoo an internationalen „antizionistischen“ NGOs aus Europa.
Owens, ihre eigenen Erfahrungen im segregierten Süden der USA im Kopf (oder angesichts ihres zarten Alters eher die Projektion derselben), wird nun also in Jerusalem mit „Segregation“ konfrontiert, glaubt sie. Es gäbe ein Viertel für Muslime und nur dort dürften Muslime leben (was nicht stimmt). Das sei Segregation und verwerflich, sagt sie. Auch sei das Viertel viel düsterer und hässlicher als die anderen Viertel, in denen Juden, Christen und Armenier leben. Der sie begleitende Guide war sich der Schlussfolgerungen in Owens Kopf vielleicht nicht bewusst, vielleicht hat er sie auch in ihrem Fehlschluss bestärkt, ich habe keine Ahnung, wer sie durch die Stadt und deren Geschichte führte.
Jedenfalls schloss Owens aus dem „Gesehenen“ auf eine schreiende Ungerechtigkeit, weil sie die historischen Fakten nicht kannte oder ignorierte. Zunächst hätte ihr auffallen müssen, dass eine Segregation nach Religionszugehörigkeit nicht ganz passen kann, weil Armenier ja auch Christen sind. Zweites hätte man ihr sagen sollen, dass die Einteilung in Viertel viele Jahrhunderte alt ist und der Befriedung der Stadt diente, weil sich jede Gruppe mit Zähnen und Klauen an jeden Stein krallte, der dem jeweiligen Heiligtum auch nur nahekam. Die „Teilung“ in ihrer heutigen Form wurde in früher osmanischer Zeit eingeführt, was auch die herausgehobene Anwesenheit der Armenier erklärt, die im osmanischen Reich – und bis zum Genozid ab 1915 – anerkannte Volksgruppe waren. Frühere Bemühungen um eine Einteilung in Viertel unternahmen bereits die Mamluken und vor ihnen die europäischen Kreuzfahrerstaaten.
Und noch etwas erfuhr Owens offenbar nicht: Während der Besatzung der Westbank und Ost-Jerusalems durch Jordanien von 1948-1967 wurde aus dem Jüdischen Viertel nicht nur alle Juden vertrieben, es wurde mehr oder weniger platt gemacht. Synagogen wurden gesprengt oder mindestens profanisiert, Häuser abgerissen und die Klagemauer zum rein muslimischen Heiligtum umgewidmet. Nachdem das Viertel 1967 unter israelische Kontrolle kam, startete ein Jahrzehnte dauernder Wiederaufbau der Infrastruktur im neo-orientalischen Stil. Die Unterschiede im Zustand der Bausubstanz der Viertel der Jerusalemer Altstadt erklären sich also nicht aus einer „zionistischen Segregation“, sondern dem Versuch der jordanischen Regierung, in Jerusalem alle Spuren jüdischer Geschichte zu tilgen und der Wiederherstellung derselben durch Israel.
Lässt man nur ein paar winzige Details weg, verkehrt man allerdings – wie im Fall Candace Owens – die Sache leicht in ihr komplettes Gegenteil. Kommen dann noch gewisse „antizionistische“ Vorurteile hinzu, lassen sich die Widersprüche in den Erzählungen leicht wegwischen. Wer die psychologischen Mechanismen verstehen will, die wirken, wenn sich eine geradezu infektiöse Idee im Kopf eines Menschen eingenistet hat und dort verhindert, dass neue Fakten zu veränderten Schlussfolgerungen führen, der lese „The Parasitic Mind“ von Gad Saad. Diese Buchempfehlung wollte ich schon lange irgendwo unterbringen.
Warum ich Ihnen das alles erzählen, liebe Leser? Weil Norwegen offensichtlich die Candace Owens unter den Staaten ist und sich beim Gang durch die Geschichte des Nahostkonflikts dem falschen Guide anvertraut hat. Wir lesen auf der offiziellen Seite der norwegischen Regierung:
„Norwegen erkennt Palästina im Einklang mit dem Völkerrecht und den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates als Staat an. Die territoriale Abgrenzung zwischen dem Staat Palästina und dem Staat Israel sollte auf den Grenzen von vor 1967 basieren, d. h. auf der in den Waffenstillstandsabkommen von 1949 festgelegten Demarkationslinie, mit Jerusalem als Hauptstadt beider Staaten und unbeschadet einer endgültigen Grenzregelung, einschließlich der Nutzung von Landtausch.“
Zurück nach 1949 also. Möchte Norwegen erlauben oder ermöglichen, dass in Ostjerusalem die Bagger wieder rollen, um das Jüdische Viertel in der Altstadt in einen Parkplatz und die Klagemauer in einen Paddock für Mohammeds Pferd al-Buraq zu verwandeln? Nur sollen das diesmal nicht die Jordanier machen, sondern die Palästinenser. Wahrscheinlich, weil die gründlicher und schneller beim Auslöschen sind.
Israel in den Grenzen von 1949 ist es, was norwegische Politiker tatsächlich für die „Lösung“ des Problems halten. Und Jerusalem wird wieder geteilt – das hat ja schon mit Berlin und Nikosia super funktioniert! All die Schwätzer und Strategen, die zur eloquenten Analyse gern in die Vergangenheit abtauchen und wechselseitig den europäischen Kolonialismus (nie den osmanischen) oder das Sykes-Picot-Abkommen für die Misere verantwortlich machen, tun in Norwegen genau dasselbe: sie ziehen Linien auf Karten und definieren eine „Stunde Null“. Das Abkommen von Oslo aus 1993, auf das sich die norwegische Regierung bezieht, hat die palästinensische Seite spätestens am 7. Oktober 2023 mit Kugeln und Messern gekündigt, die in den Körpern getöteter, vergewaltigter und gefolterter Israelis stecken. Aber das muss eine Regierung nicht kümmern, die tausende Kilometer entfernt den Unterschied zwischen Frieden und Friedensnobelpreis nicht kennt und als Haupthindernis zur „Lösung des Nahostkonflikts“ nicht etwa den soziopathischen Antisemitismus von Hamas und deren Spießgesellen sieht, sondern in „illegalen“ und womöglich sogar „militanten“ Siedlern im Westjordanland. Letztere gab es im Gaza-Streifen nicht, was ist also hier die Ausrede?
Wie ich den Nahostkonflikt im Handumdrehen löste
Aber enden wir positiv und greifen das Problem der Segregation wieder auf, von dem Candace Owens so fasziniert war. Ich werde ihn jetzt nämlich lösen, diesen Nahostkonflikt! Und zwar mit den Mitteln von Diversity, Equity und Inclusion, jawohl! Folgendermaßen gehen wir vor: nachdem die Hamas zerschlagen ist, ihre Anführer in Untersuchungshaft sitzen (oder in der Hölle Jungfrauen mit Neo-Pronomen zählen) und die Geiseln befreit sind, rückt die norwegische Armee in Gaza ein. Norweger mag man dort nämlich.
Jetzt kümmern wir uns um Equity: zwei Staaten, Israel wie es heute aussieht und Palästina, bestehend aus den Provinzen Gaza und der Westbank. Keine Angst, liebe Israelis, die Norweger sind ja da, um den Frieden zu wahren, die IDF kann in ihre Stützpunkte zurückkehren.
Nun zur Diversity. In Israel leben 20% Araber, die dort Land und Immobilien besitzen und volle Bürgerrechte haben. Soweit geht das schon mal klar mit Buntheit und Vielfalt. In Palästina müssen wir wegen der Vertreibung von Juden und Christen in der vornorwegischen Vergangenheit noch etwas nachhelfen. Und zwar durch „Stunde Null“ und Grenzziehungen. Die „illegalen“ Siedlungen, deren Land und Gemäuer allerdings legal gekauft und gebaut und keineswegs irgendwem gestohlen wurden, liegen ja nun teilweise in Palästina und deshalb erhalten deren Einwohner selbstverständlich die volle palästinensische Staatsbürgerschaft – mit allen Bürgerrechten und Pflichten, wie etwa Steuern zu zahlen.
Nicht mehr die IDF muss ausrücken, wenn deren Häuser, Felder und Schulen angegriffen werden, das macht dann die freundliche palästinensische Polizei (vielleicht unter norwegischer Anleitung) aus der Nachbarschaft. Diversität ist bekanntlich keine Einbahnstraße und wenn muslimische Araber in Israel mit allen Bürgerrechten leben können, muss das natürlich für Juden in Palästina genauso gelten!
Für Inclusion sorgt dann die palästinensische Polizei, wenn sie beim CSD in Gaza-City und Ramallah für Ordnung sorgt und sollte es am Backstand der „Queers for Palestine“ am Rande der Parade Streit über die Qualität der Baklava geben, ist ja noch die norwegische Armee da, um zu schlichten.
Frieden könnte so einfach sein, wenn nicht nur Muslime, sondern auch Juden überall dort mit vollen, gesicherten Bürgerrechten leben könnten, wo sie wollen. Der viel gescholtene Zionismus ist die Konsequenz aus der Tatsache, dass dies leider nicht der Fall ist und wo es zeitweise der Fall ist, man sich offensichtlich nicht darauf verlassen kann.
Und so wird sich wohl auch die Initiative Norwegens, Irlands und Spaniens im bloßen Appeasement des Terrorismus erschöpfen. Man wird die Zahlungen der Schutzgelder an palästinensische Terrororganisationen wieder aufnehmen, man wird erneut die Lehrer und Schulbücher bezahlen, dank derer die nächste Generation palästinensischer Kinder zu antisemitischen Soziopathen erzogen wird und der ganze Kreislauf ideologischer Scheiße beginnt von neuem. Und ich habe gerade die Norweger immer für ausgesprochen zurückhaltend, abwägend und vernünftig gehalten!
Jetzt wedeln sie mit einem Anerkennungspapier wie einst Neville Chamberlain. Und der hatte immerhin – auch wenn sie nicht viel wert war – sogar die Zusage der Parteien, sich daran zu halten!
Nihilistische norwegische Narren!
Candace Owens hat keine Südstaatenerfahrung. Sie lügt. Sie hatte auch schon bekannt gegeben, dass sie es nicht leiden könne, wenn Leute von ihrer Hautfarbe auf sie schließen. Ihre Familie stamme nämlich aus der Karibik.
https://x.com/RealCandaceO/status/1638737176556109825
Soweit ich gehört hab, ist ihr nicht-karibischer Familienteil weiß. Man beachte auch, wie sie in Rogers verlinkten Video ihren Satz mittendrin für den schicken Südstaatenhintergrund umbaut. Erst „[Dass Jerusalem eine Bastion der Freiheit sei] Das ist nicht mein Eindruck und ich wuchs auf, weißt du, …“ Bis dahin will sie noch ihre alte Aschenbrödellüge aufwärmen, aber dann besinnt sie sich und bezieht ihre Expertise nun aus Opas Haus. Opa war plötzlich aus den Südstaaten und sie, also, Haus!
Rein theoretisch könnte ich mich mit ihrer weißen Familie irren und sie könnte über ihre Mutter Afroamerikanerin sein in der klassischen Wortbedeutung als Subkultur der Nachfahren der Opfer der Sklaverei. Wäre sie in diesen Kreisen aufgewachsen, hätte sie aber den Dialekt. Den spricht sie nicht. Sie lügt. Immer und immer wieder. Sie wurde auch entsprechend nicht von irgend einem Reiseleiter auf die falsche Fährte gelotst oder so. Sie hat eine Geisteskrankheit und nicht im übertragenen Sinn. Sie ist krank.
Als Schülerin hat sie einen besoffenen Anrufstreich ihrer Mitschüler genutzt, um sie vor Gericht zu zerren und ein hübsches Sümmchen in einer außergerichtlichen Einigung mit der Schulbehörde zu erzielen. Der Spaß war sofort als solcher erkennbar, weil die Schüler dabei sangen und lachten. Bei einem Ted-Talk hatte Owens Beispiele der dabei verwendeten rassistschen Sprüche hinter sich eingeblendet und die sind alle so übertrieben und zusammenhanglos, dass man den Alkohol förmlich riecht. Jeder kann sich mal überlegen, ob er selbst als typischerweise noch unsicherer Teenager die Sorte Mensch gewesen wäre, die ihre eigenen Mitschüler zu Schulleiter, Polizei und Gericht zerrt, um ohne mit der Wimper zu zucken alle mit der Behauptung anzulügen, dass man sich von einem offensichtlichen Jux wahnsinnig beleidigt und bedroht fühlt.
Später startete sie „Social Autopsy“, eine Datenbank zum Sammeln von kompromittierendem Material. Die Finanzierung lief zumindest vorgeblich über Crowdfunding.
https://www.youtube.com/watch?v=d3-JkgDigyA
Man kann sich mal fragen, wie eine junge Frau, die später behaupten wird, aus einfachen Verhältnissen gekommen zu sein, die Programmierer und die Flotte an Erpressungsmaterialsuchern bezahlt haben will. Offenbar ließ sie Kontakte spielen, um überhaupt die Aufmerksamkeit für die Finanzierung zu bekommen. Keiner von uns könnte schlagartig hunderte Spender für ein Projekt finden, das offensichtlich der Vorbereitung einer Straftat (Erpressung) dient. Social Autopsy war weit über ein Jahr online und wurde mit den Adressen und potentiell peinlichen Bemerkungen von zehntausenden Menschen gefüttert. Dahinter stecken viele Arbeitsstunden, die bezahlt werden mussten.
Als Aufhänger für Rogers informativen Text ist sie natürlich geeignet. Man kann es auch als taktische und moralische Notwendigkeit sehen, jemanden auf der sachlichen statt auf der persönlichen Ebene zu stellen. Der Fall zeigt die größere Herausforderung auf, die unsere Gesellschaft dabei hat, die psychiatrisch Auffälligen auf die Seite zu schieben. Man kann nie wissen, wer wer ist und die Kranken sind die ersten, die mit ihren Fingern skrupellos auf andere zeigen. Ich denke, man muss im Wesentlichen wie Roger oben inhaltlich agieren, aber wissen, dass man einige Person selbst nicht überzeugen kann. Man tut es für Dritte. Wie auch der Cartoonist Scott Adams sagt, halten wir Äußerungen von Geisteskranken häufiger für ernstzunehmende Meinungen als uns gut tut. Man hat es nicht mit Leuten zu tun, die sich irren, sondern mit Irren. Owens ist keine Antisemitin. Sie hat gar keine Überzeugungen. Und keine konsistente Biografie, die sie länger als fünf Minuten am Stück aufrecht erhält.
Candace Owens Irrsin besteht in diesem aufflackernden Gefühl von Identärismus, das sie leider mit vielen teilt: Rassen-Identärismus. Sie geht dann so durch Jerusalem und fühlt sich schwarz; sucht nach anderen, die sich schwarz fühlen (wie fühlt sich das bloß an-?, also ich fühle mich nicht weiß, nicht mal gestreift), und dann findet sie Araber und assoziiert sofort, dass sie ein schwarzes Identärismusproblem haben, bloß weil sie selbst eines hat.
Ja so verzwackt denkt es sich leider, wenn man so ein Rassenproblem hat; und dann projiziert man es auf Deibel komm raus, woraufhin es dann richtig verzwackt wird!, denn dann sieht man Südstaaten-Rassentrennung in Israel, wo es weder überhaupt Rassen noch jemals Südstaaten gibt.
So entsteht dann ein Problem aus dem blauen Nichts.
Und die Juden müssens wieder ausbaden.
Prima Artikel. Danke.
Wenn die Norweger vielleicht etwas oder etwas mehr überfordert sein werden, um allein auf weiter Flur den Nahostkonflikt zu lösen, sollten bitteschön auch die Spanier und die Iren etwas beitragen; schon rein aus Volkssolidarität oder so. Ich denke da an die gezielte Einfuhr von möglichst viel Freixenet-Schaumweingetränk von Spanien zum Palestininenserstaat, damit das mal was wird. Auch weil weil dieser Schaumwein wohl deutlich süßer als Baklava ist, und wer würde den notleidenden Palästinenserischen nichts Süßes gönnen möchten?
Wenn das nicht reicht, sind ja auch noch die Iren in der Bringschuld. Die haben Bier und Irish Stew, das schnell vergärt und dann schnapsig wird. Also hin damit zu den Palästinenserischen. So löst man wahrscheilich den Nahostkonflikt.
Merkwürdig, dass seit 1929 noch keiner darauf kam. Ja wenn die Deutschen damals dem Mufti Amin Al-Husseini bloß Bier geliefert hätten, gebraut nach deutschem Reinheitsgebot. Aber die haben ihn bloß zum SS-General gemacht und ließen seine Schläger weiter bierlos darben. War wohl ein Fehler.
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