Eigenartige Dinge geschehen gerade in der Presse, die uns in Deutschland wie in den USA gerade alles mitteilt, was es über Haltungsjournalismus zu wissen gibt. In den Staaten hat gerade Bari Weiss, die wohl letzte echte liberale Journalistin des Blattes, die New York Times verlassen und die Tür mit einem so lauten Knall in Form ihres offenen Kündigungsschreibens zugeworfen, dass die Antifa-Aufkleber auf den Tassen in so ziemlich jeder deutschen Redaktion vor Schreck ins Rutschen kamen. Weiss‘ Generalabrechnung mit dem, was von der einst stolzen und wohl bedeutendsten Zeitung der Welt übrig geblieben ist, nachdem ideologische Engführung und Orange-Man-Bad-Clickbaiting dort Einzug gehalten haben und der Sieg Trumps in 2016 bis heute nicht verdaut ist, kann man eigentlich kaum lesen, ohne dass einem die Tränen in die Augen steigen.

Bei der NYT herrschen nach Weiss‘ Aussage Einschüchterung und Mobbing und wer nicht entlang der gewünschten Blattlinie schreibt, wird zermürbt und „zum Trocknen aufgehängt“. Der Weggang von Bari Weiss ist kein Randereignis, sondern wird in der Branche sehr aufmerksam verfolgt. Sie gehörte zum Führungspersonal des Meinungsteils der NYT und war als talentierte Autorin international geschätzt. Obschon bekennender „Never-Trumper“, berichtete und schrieb sie dennoch fair und objektiv auch über den aktuellen Präsidenten. Zumindest versuchte sie es, solange es noch möglich war. Außerdem ist Weiss seit Jahren stark engagiert im medialen Kampf gegen den auch in den USA immer bedrohlicher werdenden Antisemitismus. Dennoch wird das Echo ihres Weggangs in unseren Medien kaum wahrnehmbar sein.

Der Spiegel etwa, der seit vier Jahren einen ähnlich wahnhaft/manischen Berichtsstil gegenüber Trump verfolgt wie die New York Times heute und sich in Artikeln und Titelbildern einen geradezu dionysischen Wettbewerb um die besoffensten Trump-Injurien mit anderen linken Medien liefert, würde beim Lesen von Weiss‘ Kündigung buchstäblich „in den Spiegel“ schauen. Die Macher des Spiegels leiden nämlich unter derselben Krankheit, die auch die Qualität der NYT vergiftet hat. Man versucht, das Niveau, einer alten Konservendose gleich, immer weiter die Straße hinunter zu kicken. Natürlich kann ich nicht wissen, ob sich nicht doch jemand bei Zeit, SZ oder Spiegel dazu aufraffen wird, eine dürre Meldung zum Weggang von Bari Weiss zu verfassen. Eine ausführliche Würdigung des Briefes wäre wohl zu viel verlangt. Zum Zeitpunkt, als ich dies hier schrieb, ergab die Suche nach „Bari Weiss“ bei allen dreien keine Treffer. Ich glaube keinen Augenblick, dass in den Redaktionen die Fakten noch nicht bekannt sind, denn die WELT bringt eine unkommentierte Übersetzung des Schreibens im Wortlaut.

Dies ereignete sich just zu der Zeit, als ich an diesem Artikel schrieb, der eigentlich den Zustand der Süddeutschen Zeitung zum Thema hat. Doch wie sie sehen werden, liebe Leser, sind Weiss‘ Rücktritt und das, was es Neues über die SZ zu berichten gibt, zwei Seiten derselben Medaille und die Zustandsbeschreibung der großen New Yorker Tageszeitung spiegelt sicher recht gut den der provinziellen Süddeutschen Zeitung wider. Behalten wir also im Gedächtnis, was Bari Weiss über den ideologisierten, linkslastigen Zustand der NYT aus eigener leidvoller Anschauung berichtet hat und schauen uns an, was die SZ in verklausulierten aber aufschlussreichen Worten als ihr neues Selbstverständnis, ihr „Wertepapier“ definiert hat und zwecks Erfüllung an ihre Mitarbeiter weiterreicht.

Das Wertepapier der Süddeutschen Zeitung – aus Worten werde Haltung

Zum besseren Verständnis des Folgenden müssen wir einen kleinen historischen Abstecher machen. Der Weg der Jugend ins staatlich kontrollierte Leben war in der DDR definiert durch eine Abfolge von kommunistischen Jugendorganisationen, deren erste die „Jungen Pioniere“ waren, in die man bereits in der Grundschule eintrat. Die Ideologie geht eben am besten in die Hirne, wenn sie noch weich und von der unerfreulichen Empirie sozialistischer Realität unbelastet sind. Der Aufnahmeritus enthielt ein eidlich zu sprechendes Gelöbnis aus zehn Geboten, voll von mit Binsen gemischten Unverschämtheiten, die den Außenstehenden entsetzen. Dekretierte Liebe zur DDR und der Sowjetunion, Ehre den Symbolen der Macht und verpflichtender Arbeitseifer bei der Errichtung des sozialistischen Utopia. Es ist ein Zeitdokument der Indoktrination, das in gewisser Weise heute wieder Nachahmer findet. In München, bei der Süddeutschen.

Klar, das Wasser steht vielen Blättern bis zum Hals. Nur scheint es, dass man in der Führungsetage der Süddeutschen Zeitung nicht die eigene politische Schlagseite, mangelhafte Berichterstattung und einen unverblümten politischen Aktivismus dafür verantwortlich macht, sondern einen Mangel daran. Die Transformation der Zeitung aus der Welt des Papiers ins digitale Zeitalter wird offenbar nicht als gelungen betrachtet und der Diagnose der NYT-Autorin Weiss, die schwindende Bedeutung läge vor allem an der Tatsache, dass immer dieselbe Blase an immer derselben Stelle angestochen werde, will die SZ offenbar nicht folgen.

Damit die Süddeutsche im digitalen „Neuland“ bestehen kann – und um mir die Gelegenheit zur Verwendung eines berühmten merkelschen Euphemismus zu geben – verfasst der Redaktionsausschuss der Süddeutschen Zeitung ein aus zehn Geboten bestehendes „Wertepapier“ für die Mitarbeiter, dessen Stil sich deutlich an den des Jungpioniergelöbnisses anlehnt. Dieses „Wertepapier“ solle „…als Kompass die Richtung weisen, in die sich die SZ entwickeln muss, um auch in Zukunft an der Spitze des Qualitätsjournalismus zu stehen.“ Der Kompass wird nicht der einzige Versuch bleiben, nautische Metaphern zu strapazieren.

Ersetzt man gedanklich „Wir Jungpioniere“ durch „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SZ“, hat man’s inhaltlich eigentlich schon fast. Die meisten der Stanzen sind wie bei den Jungpionieren eigentlich Binsen, deren bloße Erwähnung als Energieverschwendung gelten sollte – es sei denn, sie umschreiben Missstände von solchem Ausmaß, dass einem angst und bange werden muss.

Liest man die Erklärungstexte unter den Gelöbnispunkten, erhärtet sich der Verdacht, dass hier der Versuch unternommen wird, durch Worte Handlungen und Verhaltensweisen so zu verändern, damit sie dem Gelöbnis gerecht werden. Der Ist-Zustand muss also das Gegenteil sein. Wozu sollte man sonst solche Selbstverständlichkeiten betonen? Es formuliert ja auch niemand eine Forderung zur Achtung der Gravitation – die ist nämlich einfach da und verschafft sich Anerkennung. Mit dem postulierten „fairen Umgang miteinander“ etwas muss es also eine andere, negative Bewandtnis haben. Hier einige ausgewählte Headlines des SZ-Gelöbnisses mit einigen Anmerkungen.

(1) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung begreifen sich über alle Ressorts und Veröffentlichungskanäle hinweg als eine Redaktion.

Das taten sie bisher offensichtlich nicht, denn sonst müsste man das nicht schreiben. Die Angst zu verstummen geht um in deutschen Redaktionen. Ich stelle mir vor, dass es bei der SZ ähnlich zugeht wie beim Spiegel. Juan Moreno, der den Relotius-Skandal ans Licht brachte, beschrieb es in seinem sehr zu empfehlenden Buch „Tausend Zeilen Lügen“ etwa so: Die Frage an einen Kollegen, an was er gerade arbeite, wird weniger als Einstieg in einen Smalltalk denn als Spionage und Versuch empfunden, dem Kollegen zuvor zu kommen. Man witzelt, so Moreno, die häufigste Methode des Suizids unter Spiegel-Autoren sei, sich vom Berg der eigenen unveröffentlichten Manuskripte in die Tiefe zu stürzen. Die SZ dekretiert nun, sie sei eins und einig und unteilbar – einzigartig sowieso. Warum ist so etwas notwendig, wenn nicht das Gegenteil der Fall wäre?

(2) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SZ hören einander zu, unabhängig von Alter, Geschlecht, Hierarchie und Betriebszugehörigkeit.

Die Beschwörung von Zusammenhalt und Benimm zieht sich durch die SZ-Gebote wie ein roter Faden, es muss also finster aussehen dort und verbale Messerstechereien, Standesdünkel und Hierarchien bestimmen sehr wahrscheinlich den Alltag, ganz egal, mit welch innigem Vibrato in den Artikeln des Blattes die wunderbare Gleichheit aller Menschen besungen wird. Intern muss den Mitarbeiter wie Kleinkindern erklärt werden, dass sie einander zuhören sollen. Peinlicher und gouvernantenhafter geht’s kaum.

(3) Die Süddeutsche Zeitung ist ein vertrauter, unbestechlicher, neugieriger, offener, kluger und wenn möglich heiterer Freund und Begleiter.

Das ist vollendeter Jungpioniersprech und Wunschdenken. Was ein Blatt wirklich ist, bestimmen nämlich diejenigen, die es wirtschaftlich tragen, also die Leser und Anzeigenkunden. Man hat offenbar andere Finanzierungsquellen im Sinn und wir hören hier offenbar eher einem Bewerbungsmonolog als einer Selbstdiagnose zu. Die SZ, dein heiterer Freund und Begleiter. Wie putzig!

(5) Die Süddeutsche Zeitung versteht sich als Leuchtturm in einer unruhigen und unübersichtlichen Welt.

Das ist ehrlich und ein passendes Bild noch dazu. Denn ein Leuchtturm will leiten, er teilt das Meer in Untiefen und sichere Fahrwasser, in richtig und falsch. Seinem Licht folgt man gern, weil es den schmalen Grad markiert, der das Leben vom Tode trennt. Das wäre die Süddeutsche auch gern, ein Leuchtturm, der sagt, wo es langgeht und dafür mit dem reinen Licht der absoluten Wahrheit den Weg weist. Für ein Pressemedium ist das die buchstäbliche Definition von Hybris, doch in Zeiten von GPS hat der Leuchtturm ausgedient. Niemand ist mehr darauf angewiesen, seinem Licht zu folgen, um sicher zu navigieren. Der Leuchtturm hat sein seine Aufgabe verloren, versucht sich nun als Hafenmeister und spielt den Platzanweiser für die vielen kleinen Schiffe, die ganz ohne sein leitendes Licht im Hafen der Meinungsfreiheit angekommen sind.

Dazu passt auch folgende Passage aus dem Erklärungstext des 5. Gebots: „[Die SZ] ordnet stets schnell und gründlich ein. Die Gewichtung und auch das Weglassen von Themen auf allen Ausspielwegen erfolgen mit kühlem Kopf, Gelassenheit und im Dialog unter Kolleginnen und Kollegen.“ Gerade für das Weglassen von Themen hat sich im grummelnden Publikum ein griffiger Begriff eingebürgert, der die Lücke thematisiert, die durch das Weglassen sichtbar wird. Nun kann eine Zeitung natürlich nicht über alles berichten, gegen das Weglassen an sich ist also nichts einzuwenden. Offenbar haben jedoch viele ehemalige Abonnenten der SZ den Eindruck, dass dort beim „schnellen und gründlichen Einordnen und Gewichten“ etwas Schlagseite entstanden ist, über Bari Weiss kann ich beispielsweise noch immer nichts finden in der Süddeutschen…

(8) Die Redaktion versteht Zahlen und Daten als Chance und nutzt sie, ohne sich zu deren Sklaven zu machen.

Dialektik galore! Das erinnert fast ein wenig an Bidens achtlos hingemurmeltes „truth over facts“ und lädt geradezu dazu ein, „Chancen zu nutzen“, wenn sie sich bieten. Durch „Gewichtung und Weglassen“ vielleicht? Wer möchte schon Sklave der Fakten sein – ganz gleich, ob es sich um negative Leserkommentare, schwindende Reichweite, eine Hetzjagd oder eine Kriminalitätsstatistik handelt.

(9) Die SZ-Identität ist in allen ihren Produkten – ob analog oder digital – deutlich spürbar.

In einem Medium, das ständig der klebrichten linken Identitätspolitik das Wort redet, muss die eigene Identität natürlich aus jedem Knopfloch strahlen. Ich halte Authentizität für entscheidender.

Ich breche hier ab und überlasse es dem Leser, mit etwas Phantasie durch die weiteren Formulierungen des SZ-Gelöbnisses zu streifen. Zur perfekten Haltungsprothese fehlt dem „Wertepapier“ der SZ eigentlich nur eine lockende Perspektive, eine Anschlussverwendung im Falle von Wohlverhalten und Gelöbniserfüllung. Die stand einst direkt unter den zehn Geboten der Jungpioniere und ich möchte der SZ dringend raten, folgende – leicht abgeänderte – Form zu übernehmen:

„Wir bereiten uns darauf vor, gute Thälmannpioniere Regierungssprecher zu werden.“

Denn früh krümmt sich, was ein Häckchen werden will.


Update: Heute, am 15.7.2020 um 15:47 Uhr hatte die SZ nun doch ihr lautes Schweigen gebrochen und Bari Weiss einen ekelerregenden Artikel hinterhergeworfen, welcher alle Klingelworte der Verachtung und Verleumdung enthält, die man in der kürze der Zeit zusammenklauben konnte. Umstritten sei Weiss gewesen (offensichtlich), hätte Kontroversen ausgelöst (was eigentlich ihre Aufgabe ist), sie sei ohnehin „außerhalb der Branche unbekannt“ (selbst ihre Kollegen kennen sie nun nicht mehr) und hätte nun „Beifall von der falschen Seite“ – letzteres ist der schlimmste Vorwurf, zu dem Gesinnungsjournalisten mit ihrem engen Weltbild fähig sind. Auch schmutzt Willi Winkler von der SZ, ihr großes Geltungsbedürfnis sei Weiss wohl im Weg gewesen. Ein Artikel wie aus dem Lehrbuch des Rufmords und der Negativpropaganda! Aber ich will meinen Artikel positiv beenden. Das Gelöbnis der SZ-Autorenschaft wird offenbar Punkt für Punkt erfüllt. Punkt 9, die Identität des Blattes, wird auch in diesem Artikel überdeutlich: Haltungsjournalismus der schlimmsten Sorte!

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17 Kommentare

  1. Am lustigsten ist Artikel 8: Erinnert mich an eine ehemalige Nanny aus der Ukraine, die dort „kreative Buchführung“ gelernt hatte. Soll heißen, die Fakten (Zahlen) werden solange kreativ „gestaltet“ bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. War übrigens auch das Wesen der sozialistischen Planwirtschaft. Irgendwie Wahnsinn. Sitzen denn bei SPIEGEL und SZ nur noch dressierte Äffchen?

  2. Zum Bari Weiss-Artikel der SZ : „umstritten“ „selbsternannt“ – direkt aus dem Lehrbuch für Framing.

    Dann noch : „Hans-Georg Maaßen, der ehemalige deutsche Verfassungsschutzpräsident, musste sich anhängen und Weiss‘ Klage aufgreifen, wonach man mit jeder Meinungsäußerung sofort als Nazi und Rassist diffamiert werde. “ Dem geben sie also auch noch gleich ihr Fett mit, sozusagen Aufräumen in einem Aufwasch. Dass Maaßen lediglich die alltägliche Realität beschreibt – geschenkt.
    Das ist der Journalismus, auf den ich seit Jahren gerne verzichten kann.

  3. HiHi, die SZ ist also am Ende. Wer sowas schreibt und sich als Qualitätsjournalismus versteht, das ist ein Widerspruch der nicht auszuhalten ist, wo der Bogen irgendwann reißt. Nicht das ich das bedauern würde. Früher habe ich ganz gern gelegentlich mal in der SZ gelesen, aber seitdem keine Leserkommentare mehr vorhanden sind, habe ich auch keine Lust mehr extra für die SZ den Adblocker auszuschalten.
    Den Part der süddeutschen sozialdemokratischen Zeitung, die gelegentlich mal lese, hat jetzt Der Standart übernommen. Am besten sind dort die Leserkommentare, wo ich oft den Artikel überspringe und mir gleich die Kommentare durchlese.
    Ansonsten muss ich mich meinem Vorredner Franz Reinartz anschließen, die einzige deutschsprachige Zeitung die oft und gern lese ist die Neue Zürcher Zeitung. Die Zehn Grundsätze für guten Journalismus im digitalen Zeitalter, die Eric Gujer auf der Generalversammlung der NZZ 2017 formuliert hat, „Wahrheit und andere Lügen“: https://www.nzz.ch/meinung/guter-journalismus-wahrheit-und-andere-luegen-ld.1289153 , trennen Welten von der SZ. Intellektueller Anspruch hier, Leuchturm im Sinne von Roger Letsch dort.
    Im übrigen bin ich der Meinung Eric Gujer sollt als Chefredakteur der NZZ bald möglichst ersetzt werden. Der hat mir in seinen Artikeln zu viel Rechts­drall entwickelt. Ich schätze seinen Meinung, aber es macht die NZZ angreifbar.

  4. danke -wieder einmal-
    für den „augen-öffnenden“ artikel. ohne ins esoterische abzugleiten muß doch gefragt werden, wie es möglich ist, daß in den 15 jahren wo das zeitungsgeschäft durch digitalisierung den bach runtergeht, sich die redaktionelle vielfalt in fast allen printmedien radikal verengt.

    cui bono – wem nützt dies?

  5. Lieber Herr Letsch, gern schaue ich auf Ihrer Seite vorbei, ich habe aber festgestellt, dass beim Thema Kommunismus , DDR usw. Ihre grauen Zellen den Dienst versagen. WAS genau ist am Gelöbnis der Jungpioniere so verwerflich, so ätzed, dass es Sie schüttelt. Ich habe das Gelöbnis mit nur EINER Änderung hier nachvollzogen (Sowjetunion durch USA ersetzet). Was ergibt sich nun für die „Grundschüler der BRD“ anstelle von „Jungpioniere“ in diesen 10 Geboten? Sehen wir mal:
    WIR Grundschüler der BRD
    1. lieben unser Land.
    2. lieben unsere Eltern.
    3. lieben den Frieden.
    4. halten Freundschaft mit den Kindern der USA und allen Ländern.
    5. lernen fleißig, sind ordentlich und diszipliniert.
    6. achten alle arbeitenden Menschen und helfen überall tüchtig mit.
    7. sind gute Freunde und helfen einander.
    8. singen und tanzen, spielen und basteln gern.
    9. treiben Sport und halten unsere Körper sauber und gesund.
    10. tragen mit Stolz unser blaues Halstuch.
    Was, sagen Sie im Kommentar, was ist an diesen Geboten schlecht? DAs Land zu lieben? die Eltern oder den Frieden? Freundschaft mit den Kindern der Welt halten, fleißig lernen, arbeitende Menschenachten, usw. usf. Was also ist schlecht daran? Das blaue Halstuch tragen? Na endlich, JETZT haben wir’s!
    Beste Grüße, Ken

    • Es ist der Geist, den diese Binsen atmen und was man aus scheinbar harmlosen Begriffen für ein System des Gehorsams und der Indoktrination zimmern kann. Wenn Sie den Weg nicht erkennen, in den das alles mündet und die begleitende uniformierende Ornamentik für harmlos halten, sind es vielleicht nicht meine grauen Zellen, die ihren Dienst versagen.

      • Nur eine kurze Antwort, weil diese Diskussion vom eigentlichen Inhalt des Beitrags abgleitet: Es zeugt weder von Achtung, noch von Intelligenz, wenn mit geschickt platzierten suggestiven Formulierungen einer Aussage ein Inhalt unterstellt wird, den diese nie hatte. Genau so, wie Sie geschrieben haben, haben auch mir schon viele Menschen mitgeteilt, wie ich – angeblich – gelebt hatte. Ich weiß das – sie nicht. So ist es auch in diesem Fall. Ich verstehe solche Unterstellungen nicht, da versagen meine grauen Zellen.

        • Sorry, Herr Burger, aber es sind definitiv nicht Herrn Letschs „graue Zellen“, die versagen. Dessen Vergleich der SZ-Dogmen mit den Geboten der „Jungpioniere“ in der DDR trifft den Nagel auf den Kopf. Junger Pionier (später „Thälmann- Pionier“) zu sein, bedeutete, von frühs bis abends mit kommunistischer Propaganda indoktriniert zu werden: Beginnend mit dem morgendlichen „Fahnenappell“ auf dem Schulhof, endend mit dem abendlichen Besuch der Lehrerin, die sich bei den Eltern beschwerte, daß der Filius beim Treffen mit „antifaschistischen Widerstandskämpfern“ (meist verbitterte rote Socken mit leerem Blick) das Pionierhalstuch nicht umhatte. Ich vermute mal stark, daß es bei der (national)sozialistischen HJ – dem Vorbild – ähnlich lief. Und genau das passiert bei den linken „Haltungs“-Medien: Die frühzeitig grün-sozialistisch indoktrinieren Jungspunde von der Henrry-Nannen-Schule für Journalismus sollen ja nicht anfangen, zu zweifeln oder gar selbständig zu denken. Und deshalb knallt man ihnen – wie weiland den Pimpfen im dritten Reich und den Pionieren in der DDR – eine Latte von Geboten vor den Kopf. Die – wie in einem totalitären Umfeld üblich – sakrosankt sind. Was, bitte, ist an diesem Vergleich falsch?

        • Roland, Auf solche Schreiberei dürfte ich nicht antworten, weil zu dumm. Da bis hierher aber ggf. andere Leser schauen, muss ich kurz antworten: Wer behauptet, in der DDR hätte es tägliche Morgenapelle (auf dem Schulhof!) gegeben und „abendliche Besuche der Lehrerin“, der lügt. Und zwar dreist. Die Erklärung ist wahrscheinlich Ihre geistige Herkunft, die HJ mit DDR-Pionieren vergleicht. Ganz nah am olivgrün-braunen Rand. Zu so einer Haltung haben über Jahrzehnte in der BRD ja genügend NSDAP-Lehrer, Richter und Politiker beigetragen.

        • Lieber Burger, ich bin in der DDR aufgewachsen und habe sie zwei Jahre vor dem Fall der Mauer in einem bis zur Grenze versiegelten Abteil eines Zuges verlassen. Insofern erst einmal: Ich weiß wovon ich rede. (Die Fahnenapelle hat es übrigens tatsächlich nicht täglich, aber in regelmäßigen Abständen, selbst im Ferienlager, gegeben). Zu den Parallelen Nationalsozialismus- Kommunismus: Als Student in der DDR las ich „LTI“ (Die Sprache des Dritten Reiches) von Victor Klemperer. Es war wie eine Erleuchtung, mit einem Schlag wurde mir, der unter der verlogenen kommunistischen Propaganda litt wie ein Hund, vieles klar. Als ich kurz danach den „Iwan Denissowitsch“ von Alexander Solschenizyn las, hatte ich keine Fragen mehr. Man mag mir mit allem kommen, aber bitte nicht mehr mit dem ahistorischen Blödsinn, der Kommunismus sei mit anderen totalitären Systemen nicht vergleichbar gewesen.

        • Was für lächerliche Klischees! In der DDR gab es ebenso NSDAP-Mitglieder, beispielsweise ehemalige Wehrmachtsoffiziere bei der Nationalen Volksarmee, entgegen der offiziellen SED-Propaganda vom angeblichen „antifaschistischen“ Staat DDR. „Die Erklärung ist wahrscheinlich Ihre geistige Herkunft, die HJ mit DDR-Pionieren vergleicht. Ganz nah am olivgrün-braunen Rand. Zu so einer Haltung haben über Jahrzehnte in der BRD ja genügend NSDAP-Lehrer, Richter und Politiker beigetragen.“ Welche „Jahrzehnte“ sollen das gewesen sein? Spätestens seit den 70er Jahren war die Lehrerschaft in der Bundesrepublik großenteils links orientiert, zuerst SPDnah und später Grün.

  6. Die von Bari Weiss ‚entdeckten‘ Haltungs-Schäden sind von Melanie Philipps bereits sehr eindrücklich in ‚Guardian Angel‘ anhand eigener Erfahrung im britischen Linksbiotop beschrieben. Um zu veröffentlichen muß sie sich eines US-Verlages bedienen, im UK ist sie praktisch mit Publikationsverbot belegt. Das ist gelebte ‚Diversität‘.

  7. Oder, wie Danisch zum SZ-Artikel anmerkt:

    Bari Weiss wird damit plattgemacht, dass Trump und Maaßen ihr zustimmten.
    Womit in vollem Umfang bestätigt ist, was Bari Weiss da schreibt.

  8. Auch und sogar der von mir geschätzte Willi Winkler ?!
    (allerdings les ich die SZ und Consorten seit „Ukraine“ nicht mehr, kenne also nur seine Artikel vor diesem Dammbruch)

  9. Was Sie, werter Herr Letsch, für die SZ, Zeit und Spiegel konstatieren, trifft für eigentlich alle früher auch mal großen Zeitungen/Magazine zu. Man hat sich offenbar darin behaglich eingerichtet, gegen die Interessen eines Großteils der Leser zu schreiben, wie an den meist von der Artikelmeinung abweichenden Leserkommentaren bzw. Leservoten erkennbar ist (soweit es noch Kommentare gibt). Konsequenterweise sinken die Verkaufszahlen.
    Die Leser sind es offenbar leid, den Kakao, durch den sie gezogen werden, nicht nur zu trinken, sondern auch noch zu zahlen.
    Besonders schnell ist nach meiner Beobachtung die ehemals eher bürgerlich-konservative FAZ nach links-grün-außen gekippt. Auch bei der FAZ in den Kommentaren gut zu beobachten.
    Die Welt kämpft wohl noch um ihr Profil. Es scheint da so zu sein, wie Frau Weiss das für die NYT feststellt, dass die „alten“ Männer und Frauen noch versuchen, Journalismus zu betreiben, während die jüngeren mit missionarischem Eifer rot-grüne Dogmen und Regierungspropaganda verkünden.
    Früher lokal relevante Blätter wie RP, KStA oder WAZ sind wirklich nur noch bedingt und mit Lokalbezug im doppelten Sinn lesbar. Da ist mir sogar mein wöchentliches Anzeigeblatt lieber.
    Gefragt, was man noch lesen kann, um sich halbwegs unvoreingenommen informiert zu fühlen, kann ich eigentlich nur noch die NZZ nennen, die es in den letzten zwei Jahren verstanden hat, einen beeindruckenden Deutschland-Teil aufzubauen.

  10. Deutschland: Das Land der Dichter und Denker, vor allem Denker? Wann soll das gewesen sein, im Mittelalter? Mir kommt es bereits heute so vor, als dauerten die unsäglichen, heutigen „Zustände“ seit Ewigkeiten.

  11. Schade, (Schande) wenn heute die Dichter der deutschen Literatur vom Sockel der Geschichte gestoßen werden und wir solch wertvolle Journalisten an unserer Seite wissen, wo soll dieses Deutschland enden?

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