Religiöse Vorschriften und solche, die viele dafür halten, können ganz schön nerven, selbst dann, wenn man als Atheist nicht gezwungen ist, sich an diese zu halten. Jedoch verhalte ich mich angemessen, wenn ich zum Beispiel eine Kirche in Rom betrete. Mir würde es nie einfallen, dort am Ostersonntag in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Gott ist tot“ aufzutauchen. Wenn ich eine Moschee betrete, ziehe ich selbstverständlich die Schuhe aus, betrete ich eine Synagoge, bedecke ich meinen Kopf. Ich tue das, weil ich es für höflich halte, das Hausrecht akzeptiere, die Hausherren nicht verärgern und die Gläubigen nicht verarschen will. Ich betrete diese Häuser ja auch freiwillig, bin dort Gast und benehme mich entsprechend. Wenn ich die Kirche, Synagoge oder Moschee wieder verlasse, setze ich die Kleiderordnung wieder auf „Normal“, fertig.

BesucherInnen (wichtig, mit Binnen-I) des Iran fassen die Höflichkeit jedoch deutlich weiter, indem sie sich auch außerhalb von Moscheen freiwillig der Kleiderordnung der Mullahs unterwerfen und dabei noch versuchen, staatstragend in die Kameras zu lächeln. Claudia Roth hat’s getan, Ilse Aigner hat’s getan und auch Catherine Ashton, die EU-Außenbeauftragte hatte bei ihrem Iran-Besuch ein züchtiges Kopftuch auf, um ihre Gastgeber nicht zu sexuellen Übergriffen zu verleiten. *

Über den Fall Roth wurde viel berichtet und in der Tat sind deren Kopftuchbilder besonders verstörend, wenn man sie den seit Jahren lodernden Scheiterhaufen gegenüberstellt, auf denen die Grünen alles verbrennen, das ihnen nicht genderkorrekt erscheint. Binnen-I, m/w hinter Berufsbezeichnungen, Radfahrende statt Radfahrer…all die Spiegelfechtereinen des Postfeminismus, die von weiten Teilen der Bevölkerung nur noch mit Scheibenwischerbewegungen der Hand kommentiert werden. Was zählt schon das freiwillige Aufgeben von hart erkämpften Errungenschaften des Feminismus, wenn es gilt, auch den letzten Elektriker zur ElektrikerIn zu machen. Es ist auch noch nicht lange her dass ich, als ich in einem Vortrag ein Buch erwähnte, „…dass man gelesen haben muss…“, aus dem Publikum die Entgegnung hörte „Und Frau auch!“.

„Eure Probleme möchten wir haben“ denkt sich da die moderne Frau im Iran und schiebt ihren Schleier noch ein bisschen weiter nach hinten. Damit könnte Sie schon eine Grenze überschritten haben, die ihr eine Tracht Prügel durch die Sittenwächter auf den Straßen Teherans einbringen kann. Von Freiwilligkeit keine Spur.

Anders in Deutschland

Hier denken sich einige Mitglieder der gemeinsamen Iran-Wirtschaftsdelegation der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen offenbar, „warum bis zur Landung in Teheran warten. Lass uns das Kopftuch gleich zuhause anziehen, Fotos machen und die Fotos in der offiziellen Broschüre zur Reisen verwenden!“ **– das zeugt von kulturellem Respekt und wer weiß, vielleicht erkennen uns die Mullahs so leichter wieder, wenn’s um die Auftragsvergabe geht. Der Iran hat ja nun wieder Milliarden zu verteilen und was schmerzen schon der Verlust von ein paar feministischen Prinzipien, wenn der Horizont in Dollargrün strahlt. Und jede der verschleierten Delegationsteinehmerinnen kann sich problemlos auf unsere politischen VorreiterInnen berufen und das Lied von der verlorenen Jungfernschaft anstimmen: „Beim ersten mal tut’s noch weh.“ Bei den Kopftüchern der Delegation stimmt aber offensichtlich die Bezahlung, da ziert man sich nicht mehr. Ein geläufigste Begriff für derlei Pragmatismus lautet in Deutschland Prostitution.

Vielleicht sehe ich das aber auch mal wieder zu negativ. Die deutsche Wirtschaft stellt sich doch nur den Herausforderungen der Globalisierung – und wenn Deutschland das Iran-Geschäft nicht macht, kommt der Franzose, der Italiener oder der Amerikaner zum Zug. Und natürlich vergisst die deutsche Wirtschaft bei den Mullahs nicht unsere demokratischen, humanistischen Werte. Das wäre Verschwendung! Wir verkaufen Sie aber gern meistbietend. Ich halte es deshalb für denkbar, noch einen Schritt weiter zu gehen und im Pass jeder deutschen Frau ein verschleiertes Passbild zu verwenden. Man kann ja nie wissen, ob man mal einen Ayatollah in Ghom besuchen muss, dem sonst blümerant wird.

Die Zukunft wird großartig!

Wenn man die Klaus Klebers oder Gundula Gauses die Abendnachrichten verkünden sieht, wenn man ihnen dabei zuhört, wie sie sich äußern über Demonstrationen und Reden der „Wutbürger“, „Pegiden“ und „Dunkeldeutschen“, wenn sie in Zweifel ziehen, dass unsere Gesellschaft sich nicht zwingend zum Besseren wandelt, wenn sie Humanität erblicken, wo die „Dumpfbacken“ Appeasement und Heuchelei sehen – dann erinnert man sich vielleicht einst daran, dass auch eine Flut immer mit dem ersten Regentropfen beginnt. Mir ist nicht bange vor den Menschen, die vor ihren verkorksten Staaten zu uns fliehen, bang ist mir vor dem Teil unserer Politiker, der Verwaltung und Wirtschaft, die glauben, dennoch mit eben diesen verkorksten Staaten zu deren Bedingungen Geschäfte machen zu müssen. Pegida hat den falschen Ansatz, man sollte sich einen neuen Namen geben: Patriotische Europäer gegen europäische Appeaser – PEGEA!

Übrigens entblödeten sich nicht alle Frauen der deutschen Delegation, zum Kopftuch zu greifen. Zum Beispiel Matab Shafaati, Ingenieurin aus Greifswald, lächelt ohne in die Kamera. Für dieses „Kopftuch ab“ ein klares Hut ab! Anders die Herren Appeaser der Delegation. Die hätten sich schon aus Solidarität ebenfalls alle mit Kopftuch fotografieren lassen können. Aus Glaubensgründen. Weil sie glauben sollten, dass Frauen in Deutschland keines tragen müssen.

 

image001* Als Ahmadinedschad noch iranischer Präsident war und der Bestattung von Hugo Chaves in Venezuela beiwohnte, umarmte und küsste er dessen Witwe, eine unverschleierte Frau! Es scheint also nicht in Stein gemeißelt zu sein, dass sich Frau verschleiern muss, wenn sie mit iranischen Politikern Umgang hat.

 

** Die Datei wurde offensichtlich inzwischen gelöscht. dafür kann hier gelesen werden..

 

PS: Die Ereignisse überschlagen sich! Der Freistaat Sachsen erklärt sich und das Zustandekommen der Broschüre. Natürlich ein Versehen, sonst alles ganz korrekt. Ich weiß ehrlich nicht, was schlimmer ist: die Broschüre oder die Erklärung für deren Zustandekommen. ->hier

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4 Kommentare

  1. „Über den Fall Roth wurde viel berichtet und in der Tat sind deren Kopftuchbilder besonders verstörend, wenn man sie den seit Jahren lodernden Scheiterhaufen gegenüberstellt, auf denen die Grünen alles verbrennen, das ihnen nicht genderkorrekt erscheint.“

    Was mich besonders verstört, ist der unverbrüchliche Glaube in die grüne Homofreundlichkeit, obwohl die Göttin der Grünheit keine Probleme hatte, sich mit einem leibhaftigen Schwulenmörder zu amüsieren.:
    http://www.dw.com/image/0,,18221306_303,00.jpg
    Sollte ihretwegen der genderkorrekte Scheiterhaufen entzündet werden, würde ich mich dezent abwenden.

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