Ja, man ist überrascht in den deutschen Leitmedien – warum nur will das iranische Volk die Lügen seiner Regierung nicht mehr schlucken, wenn Medien und Politik bei uns dies seit Jahren so bereitwillig tun? „Als wäre ein Knoten geplatzt“ kommentiert die Tagesschau in einer Mischung aus Staunen und Verblüffung. Und weiter: Sie wissen, dass sie alles riskieren – und trotzdem protestieren die Menschen im Iran.“ Ja was denn sonst? Man weiß, was einem winkt, aber auch, was einem blüht in einem Regime, dass seit vierzig Jahren seine Bürger unterdrückt, gängelt, bevormundet und tötet, gegen Israel und die USA eine pubertäre Tourette-Rhetorik pflegt und mit großen Summen den Terror finanziert. Ob unser Bundespräsident das auch weiß? Schließlich hat er den Machthabern erst im letzten Jahr zum 40. Jahrestag ihres Putsches gratuliert. Die Tagesschau weiß: „Vor ein paar Tagen sah es für das System noch rosig aus. Das Blut des im Iran beliebten Generals Soleimani konsolidierte für einen Moment das System der Islamischen Republik.“

Autorin Natalie Amiri lag offensichtlich schon vor ein paar Tagen falsch. Verordnete oder gelenkte Massendemonstrationen durch die Anhänger und Abhängigen des Regimes und die Revolutionsgarden, welche im Iran ein Staat im Staate sind, sollte man nicht mit „dem Volk“ gleichsetzen, zumal man diese Mengenlehre bei regierungskritischen Kundgebungen in Deutschland nie zu erwähnen vergisst. Die Perser jedenfalls haben die Nase gestrichen voll, das System bröckelt. Und das seit Jahren! Nur die EU und speziell Deutschland begreifen das nicht und versuchen immer noch, das „Atomabkommen“ zu retten, welches die Mullahs einen Dreck interessierte, im Iran niemand wichtiges unterzeichnet hat* und nichts als nette Worte und Versprechungen enthielt. Sogar einen Tauschhandel am Dollar vorbei hat man eingerichtet, um schnell zur Tagesordnung übergehen zu können.

Sportler laufen dem Regime davon, Frauen legen das Kopftuch ab, obwohl sie wissen, dass es sie das Leben kosten kann. Die Jugend hat das Regime längst verloren und die Mullahs wissen das. Eines Tages, wenn die Iraner die Theokratie auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen haben, wird man auch von Deutschland und Europa Rechenschaft fordern für das Festhalten an kleinen Geschäftchen, das Appeasement, die Kopftücher auf den unwissenden Köpfen von Roth oder Mogherini in Teheran und die Kisten über antiken Marmorstatuen in Rom, um dem Präsidenten eines Gottesstaates zu gefallen. Man sollte nicht den einen Gottesstaat, IS, (mit Worten, für Taten reicht es nicht) bekämpfen und zum Gebaren des anderen Gottesstaates, Iran, schweigen.

Regime change ist gescheitert – Wandel durch Annäherung auch

In Berlin befürchtet man die „Destabilisierung“ der Region, als sei der Begriff „Stabilität“ dort auf mehr anzuwenden als die Unterdrückung der Völker durch theokratisch legitimierte Diktaturen. Einzige Ausnahme: Israel, das von unserer Außenpolitik jedoch oft behandelt wird, als sei es eine. „Aber die Wahlen…“ heißt es dann. Ja, im Iran haben die Bürger die „Wahl“. Und nicht zuletzt Peter Scholl-Latour bekam immer ganz feuchte Augen bei dem Gedanken. Aber der trug ja auch immer ein Foto von sich und dem Ayatollah bei sich, flog 1979 in eben der Maschine mit, die Chomeini aus seinem Pariser Exil nach Teheran brachte und hatte auch sonst so einige Schrullen, die man einem weit gereisten, polyglotten und erfahrenen Doyen des Journalismus wie ihm gern verzieh. Außerdem sprach Scholl-Latour nur für sich, nicht wie Herr Steinmeier „im Namen des deutschen Volkes“.

Aber ist eine Wahl wirklich stets Ausdruck einer Demokratie in einer Republik, in der Regierung und Verwaltung „res publica“, also öffentliche Sache ist, wie unser irrlichterndes politisches Personal nicht müde wird, zu behaupten? In Venezuela wird gewählt, in Russland auch. Was sagt das über den Zustand der Freiheit in diesen Ländern aus? Nichts! Nein, Wahlen machen nicht immer den Unterschied zwischen Freiheit und Tyrannei aus. Die Bevölkerung des Iran wurde jedenfalls bei dem „Atom-Deal“ vom Westen über den Tisch gezogen, die Stabilisierung der Finanzen nützten nur dem Regime. Alle Versuche der Iraner, sich bei Wahlen seit 2009 eine wirklich andere Regierung zu geben, wurden bisher vom Regime verhindert. Bei der Überwindung der Diktatur werden den Iranern Wahlen ebenso wenig helfen, wie den Nordkoreanern.

Obama fragte nicht, wofür das Dollar-Bargeld verwendet wurde, das 2016 auf Paletten nach Teheran geflogen wurde und auch die Bundesregierung hatte es vor allem fürchterlich eilig, den Export anzukurbeln, ignorierend, dass der überwiegende Teil der beteiligten iranischen Firmen unter der Kontrolle der Revolutionsgarden oder der Mullahs stehen. Der alte amerikanische Glaube an den „regime change“ mag naiv gewesen, die Versuche der USA, dieser Idee „nachzuhelfen“ oft gescheitert sein – der alte deutsche Glaube an „Wandel durch Annäherung“ ist es auch, so ehrlich sollte man sein. Zumal die Praxis häufiger ein „das wollen wir so genau lieber nicht wissen“ war.

Den letzten Faden durchtrennen

Es wäre an der Zeit, einen der letzten Hoffnungsfäden durchzutrennen, der das Mullah-Regime noch mit Europa verbindet und diese wertlose Stück Papier zu zerreißen, an das sich Frankreich und Deutschland seit 2015 klammern. Es war uns ganz gleich, welche Fakten im Nachhinein ans Licht kamen, was das iranische Regime vor uns verbarg oder wozu sie in offener Konfrontation zu unseren Verbündeten USA und Israel aufgerufen wurde. Ganz zu schweigen davon, wozu die Gelder verwendet wurden, die durch die Lockerung der Sanktionen in die Hände der Mullahs gelangten.

Wir sollten nicht schon wieder auf der falschen Seite der Geschichte stehen, indem wir durch Unterlassung oder irgendwelche Taschenspielertricks ein mörderisches Regime unterstützen, gegen das dessen Bewohner sich längst erheben. Dies wäre das mindeste, was wir für die Demonstranten tun können, die in Teheran und anderen iranischen Städten gerade ihr Leben für Werte riskieren, die in Deutschland bereits wieder leichtsinnig aufs Spiel gesetzt oder relativiert werden: die Freiheit in all ihren Facetten. Dazu gehört, als Homosexueller nicht an Baukränen aufgehängt und als Frau nicht unter ein Stoffgefängnis gesteckt zu werden.

Und habt keine Angst vor politischen Umbrüchen im Iran! Schlimmer als jetzt kann es nicht werden, eine islamistische Regierung kann sich nicht an die Macht putschen, denn die ist ja schon seit 1979 an der Macht und zieht eine breite Blutspur durch die Geschichte – nicht nur in der eigenen Bevölkerung. Die Perser werden das schon hinbekommen, wenn wir sie lassen, uns nicht ungefragt einmischen und ihren Führern endlich Unterstützung und Anerkennung verweigern. Ich kalauere schon seit Jahren und wiederhole das hier gern noch mal: wenn in Saudi-Arabien heute die Regierung stürzte, würden morgen alle Lichter ausgehen. Wenn das Regime im Iran stützte, würde man das an vielen Orten erst am nächsten Freitag bemerken, weil am Ende der Freitagspredigt die Rufe „Tod Israel, Tod den USA“ ausbleiben würden.

* In der Tat ist es bezeichnend, dass die Europäer auf einen Deal stolz wie Oskar waren, den sie mit dem dritten Mann des Landes ausgehandelt hatten. Nämlich mit Rohani, einer machtlose Marionette, deren Fäden der erste (Chamene’i) und der zweite Mann (Soleimani) in der Hand hielten. Von der Existenz des letzteren erfuhren die Europäer aus dem Drohnen-TV der US-Armee. 

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3 Kommentare

  1. Die Deutschen sind wieder mal unglaublich feige. Und zwar nicht nur aus Gutmenscherei oder Geschäftssinn. Vor allem die Damen fallen massiv auf die Taqiyya herein, dass das Kopftuch ein Zeichen von Selbstbestimmung sei. Die Naivsten unterwerfen sich im Voraus und ohne alle Not. Ist aber klar, denn ein Deckelchen finden sie allemal. Unter dem Tschador können sie dann endlich ihre Weiblichkeit ausleben.

    Da sich der Westen seit 40 Jahren faktisch im Krieg mit dem Iran befindet, zählen Verträge nichts. Wenn es sein muss, verhindern USA und Israel die Bombe. Und wenn die Europäer dann aufmucken, wird Onkel Donald ziemlich sauer. Unser Kinderparadies kann es doch nie und nimmer mit einer Supermacht aufnehmen.

  2. Na, da haben mal wieder welche feuchte Träume. Nein, die Iraner sehnen sich nicht nach Demokratie, zumindest nicht nach der Form, wie sie in den westlichen Verfassungen steht. Und sie sind mehrheitlich dafür, dass Israel vernichtet wird (egal welche Regierung sie haben), sie wollen die Atombombe und halten den Westen für dekadent, unmoralisch und feindlich gesinnt.
    Wie oft schon seit dem Beginn des Arabischen Frühlings haben die von den eigenen Wünschen besoffenen Politiker hier davon phantasiert, dass nun Demokratie und Menschenrechte platz greifen. Nichts, gar nichts davon wurde wahr und wird wahr. Die Mullahs werden vielleicht irgendwann mal gehen. Es wird aber kaum etwas besseres nachkommen.
    Eines allerdings ist zustimmungswürdig: Appeasement im Sinne von „Wandel durch Anbiederung“ scheitert, wahrscheinlich sogar immer, bestimmt jedoch beim Iran.

  3. Es ist ja nicht nur die Unterzeichnung des Deals durch den dritten Mann des Staates. Es ist vor allem die Tatsache, dass der Iran geheime Atomanlagen besitzt, die von diesem Vertrag gar nicht erfasst werden. Die IAEA kann in Natanz so viel kontrollieren wie sie will, dass geht den Mullahs am Allerwertesten vorbei.
    Alle wissen von diesen geheimen Anlagen unter der Kontrolle der Revolutionsgarden, tun aber so als gäbe es sie nicht.
    Und die Mullahs lachen sich tot über die Idioten in der westlichen Welt.

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