Noch gut fünf Monate bis zur Präsidentschaftswahl in den USA. Es soll hier mal nicht um Strafprozesse oder Umfragen gehen, sondern um die Atmosphäre, die beide Spitzenkandidaten verbreiten. Lässt sich abseits stark interpretierbarer Umfragewerte und dräuenden Verurteilung anhand der Auftritte der beiden Kandidaten etwas über ihre Wirkung auf das Elektorat sagen? Wie bringen sie ihre Botschaft rüber? Wohin geht der positive Blick in die Zukunft des Landes? Hören wir mal rein.

Die Alma Mater von Martin Luther King in Atlanta ist für Biden natürlich eine optimale Bühne, um die zuletzt schwindende Zustimmung des afroamerikanischen Wählerblocks zu verbessern. Anlass war die diesjährige Abschlussfeier, der Plot der Rede war erwartbar. Aus der analogen Zeit der siebziger Jahre gefallen, schafft es Biden nie ganz, auf schmeichlerische Übertreibungen und Lügen zu verzichten, selbst wenn diese heute in Echtzeit nachprüfbar sind. Biden sagt: „Ich habe mehr Männer von Morehouse im Weißen Haus, die mir sagen, was ich tun soll, als ich weiß, was ich tun soll.“ Klingt nicht nur schräg, stimmt auch nicht. Cedric Richmond ist der einzige Biden-Berater mit einem Abschluss von Morehouse.

Es dauerte auch nicht lange, bis Biden wie üblich vom großen Ganzen zum Schicksal seiner eigenen Familie kam. Wir kennen den Plot. Wie er aufwuchs, wie arm seine Familie war, wie er zur Bürgerrechtsbewegung kam, wie er von der Kirchengemeinde der Latinos, der Schwarzen, der Baptisten oder in der lokalen Synagoge religiös/politisch geformt wurde (Nichtzutreffendes jeweils streichen). Biden schafft es, sich selbst in kürzester Zeit stets ins Zentrum der jeweiligen DEI-Opfergruppe zu framen. Er, der sehr alte, sehr weiße und sehr privilegierte Mann aus Delaware. Wenigstens schafft er es in Morehouse, den Tod seines ältesten Sohnes richtig darzustellen, der an Krebs starb und nicht im Irak-Krieg gefallen ist. Folgt wenigstens später noch eine positive Ansprache an die Studenten, mit welcher der Präsident sie hinaus ins Leben schickt? Fehlanzeige!

„Die Pandemie hat euch viel genommen“ – Biden erwähnt nicht, dass es seine Administration war, die durch restriktive Maßnahmen dafür gesorgt hatte. „Einige von euch haben geliebte Menschen verloren – Mütter, Väter, Brüder, Schwestern, die heute nicht hier sein können, um mit euch zu feiern“ – dasselbe hier. Und was für eine Botschaft an solch einem Tag! „Ihr habt euren Highschool-Abschluss verpasst“ – auch dafür sorgte letztlich Biden selbst mit seiner Lockdown-Politik. „Ihr habt gerade mit dem College angefangen, als George Floyd ermordet wurde und es eine Abrechnung mit der Rassenfrage gab“ – womit die Rede endgültig ins Apokalyptische abbiegt und die Zukunft der Absolventen in düsteren Farben malt: „Was ist Demokratie, wenn schwarze Männer auf der Straße getötet werden? Was ist Demokratie, wenn eine Spur gebrochener Versprechen immer noch die Schwarzen – die schwarzen Gemeinschaften – heimsucht? Was ist Demokratie, wenn man zehnmal besser sein muss als alle anderen, um eine faire Chance zu bekommen?“

Bild des Schreckens

Jedes politisch nützliche Klischee wird da bemüht, mag es auch noch so falsch oder verlogen sein. In der überwiegenden Zahl der Fälle werden schwarze Männer auf der Straße von anderen schwarzen Männern getötet. Eine „Spur gebrochener Versprechen“ ist nirgends zu entdecken, kein einziges Gesetz in keinem einzigen Bundestaat benachteiligt Schwarze – es sei denn, sie fallen in die „fürsorglichen“ Hände von Politikern der Dems, wo der Rassismus der gesenkten Erwartungen fröhliche Urständ feiert. Auch dass Afroamerikaner zehnmal besser sein müssen, um eine Chance zu haben, ist eine Lüge. Das Gegenteil ist der Fall, dafür sorgt der ideologische Überbau aus DEI (Diversity Equity Inclusion) und Affirmative Action, was zur Absenkung der Leistungsanforderungen aufgrund von Hautfarbe oder Zugehörigkeit zur Buchstabensuppe führt.

Die Meritokratie ist zugunsten eines willkürlichen und eigentlich illegalen Quotierungssystems in den USA vielerorts außer Kraft gesetzt und die Auswirkungen werden gerade deutlich sichtbar. An der UCLA in Los Angeles zum Beispiel, wo man für die Zulassung zum Medizinstudium nicht mehr auf Eignung und Leistung setzt, sondern DEI die Quoten nach Pigmentierung regelt, haben sich die Durchfallquoten in standardisierten Tests bis zu verzehnfacht! Normal wäre im Landesdurchschnitt eine Durchfallquote von 5 Prozent – an der UCLA sind es mehr als 50 Prozent. Der Output an qualifizierten Medizinern geht dementsprechend zurück und man kann noch von Glück sprechen, dass die standardisierten sogenannten „Shelf Examinations“ als „Sieb“ zwischen den superdiversen Studenten der UCLA und den Patienten stehen. Doch wie lange noch?

Zurück zu Biden, der vor den Studenten in Morehouse ein Bild des Schreckens ausbreitet: überall Ungerechtigkeit, Rassismus, Lynchmorde und Benachteiligung. Das Leben eine Zumutung, die Hautfarbe ist alles, ihr alle habt keine Chance, da draußen wartet die Baumwollplantage auf euch, wählt mich. Alles, was Biden seinen hier durchweg schwarzen Zuhörern anzubieten hat, ist Zukunftsangst und der Popanz eines Systems, das sie angeblich ablehnt, während es sie gleichzeitig überproportional bevorzugt und fördert. Und immer wieder blitzt unter der politischen Kümmer-Dich-Fassade der blanke Rassismus hervor. Nicht nur in Bidens Reden, sondern auch in denen seiner hochrangigen Parteigänger. So zuletzt bei Katie Hochul, der Gouverneurin von New York, die auf einer Konferenz Anfang Mai doch tatsächlich sagte, die „schwarzen Kids in der Bronx wüssten nicht einmal, was das Wort Computer bedeute“. Den Satz bereute sie später, als die Welle der Empörung über sie hinwegrollte. Doch wer mag glauben, dass sie sich nur „versprochen“ hat?

Trump in der Hochburg der Demokraten

Und wir bleiben in der Bronx, wo Hochul die schwarzen Computer-Analphabeten vermutet. Hispanics und Afroamerikaner stellen mit etwa 80 Prozent die Bevölkerungsmehrheit in diesem Stadtteil von New York City und die Demokraten gewinnen dort seit Erdzeitaltern mit 20-25 Prozent Abstand jede Wahl. Es ist der Wahlbezirk von Alexandria Ocasio-Cortez, und der letzte Republikaner, der sich im Wahlkampf um die Präsidentschaft dorthin wagte, war Ronald Reagan. Am 23. Mai 2024 redete Trump in der Bronx auf einer Rally im Crotona Park vor mehr als 10.000 Anhängern und macht sie somit sichtbar in einer Hochburg der Demokratischen Partei. Er spricht viel über sich selbst, er hat ja auch einiges zu berichten. Aber er spricht auch über die Stadt. Er improvisiert viel, redet in bombastischem Pathos wie stets, aber er unterstreicht das Positive, streichelt die inflationsgebeutelten Seelen seiner Zuhörer, die an ihrer Stadt und deren Politik verzweifeln.

„Mein ganzes Leben lang glaube ich daran, dass diese Stadt ein monumentales Zeugnis der Kraft des amerikanischen Geistes und des amerikanischen Traums ist. Als New York 1624 als kleiner, rauer holländischer Handelsposten nahe der Spitze Manhattans begann, sah man um sich herum nichts als Wildnis und Sumpf. Aber mit der Muskelkraft, dem Rückgrat und dem Genie der New Yorker bauten wir diese Stadt zu einem gewaltigen Wald aus Eisen, Aluminium, Beton und Stahl aus. Wir machten die Stadt und den Staat zur Hauptstadt des globalen Handels. Wir verwandelten unsere Heimatstadt in das geschäftige Zentrum einer selbstbewussten, glamourösen amerikanischen Kultur und inspirierten die ganze Welt. Wir inspirierten die Welt.“ (Hier finden Sie die komplette Transkription)

Während Biden immer zorniger und verbitterter zu werden scheint, gewinnt Trump in der Routine des Wahlkampfes seine Lockerheit zurück. Aktuell hat er das Momentum klar auf seiner Seite. Doch da sind ja noch die zahlreichen juristischen Fallen, über die er zunächst hinwegmuss. Zuerst in seiner Heimatstadt New York City. Ach übrigens: Ronald Reagan gewann 1980 trotz seiner Rede in der Bronx den Staat New York nicht. Die Präsidentschaft aber schon.

Zuerst erschienen auf Achgut.com

Vorheriger ArtikelFrieden für unsere Zeit?
Nächster ArtikelEin durch und durch faires Verfahren

1 Kommentar

  1. Ach Gott, was soll ich sagen? Diese Politik der Anbiederung auf beiden Seiten ist so widerlich! Zwei alte Paten kämpfen um Zustimmung für ihren jeweiligen Clan, der nichts macht um die Welt zu verbessern, aber seine Opfer umschmeichelt und belügt, nur um seine eigene Kasse zu füllen. Und diese Medien im Zeitalter der Massen und Lügen, aka Propaganda, schaffen es tatsächlich 7/24 diesen Mist zu quirlen, zu verpacken und alle 30 Minuten unter die Leute zu bringen. Ohne rot zu werden! Aber nicht nur die sind schuld am elenden Zustand der Welt, sondern auch die zig Millionen von hirntoten und selbstsüchtigen Mitläufern. Die alle selbst vor einem Krieg nicht zurückschrecken. Erschienen höher entwickelte Außerirdische was würden die sagen? Alle verrückt hier! Massenparanoia.

Kommentarfunktion ist geschlossen.