Eine der letzten Richtungsentscheidungen im Vorfeld einer Präsidentschaftswahl ist für jeden Kandidaten die Auswahl eines „Running Mate“. Meist wird diese mit Blick auf eine vermutete Schwäche in bestimmten Wählerkreisen getroffen und auch so kommuniziert. Als Vize für Obama sollte Biden 2008 und 2012 die eher traditionellen Wähler der Demokraten ansprechen, denen Obama etwas zu progressiv war. Mike Pence als Vize für Trump sollte im religiös-konservativen Lager der Republikaner für gutes Wetter sorgen und dass Kamala Harris nicht aufgrund ihrer Kompetenz ausgewählt wurde, sondern durch und durch ein „diversity pick“ war, bestätigt Präsident Biden bei jeder Gelegenheit. Eine Auswahl übrigens, die man bei dem Dems mit Blick auf die Umfragewerte wohl gern korrigieren würde, was sich aber aufgrund des im Lager vorherrschenden Opfergruppenrepräsentationsrankings als völlig unmöglich erweist. Mit Spannung wird deshalb erwartet, wen Donald Trump als VP-Kandidaten an seine Seite ziehen wird.
Die Liste der hoch gehandelten Kandidaten ist lang und reicht von einigen erfolglosen Mitbewerbern wie Tim Scott und Vivek Ramaswamy über politische Newcomer wie Senator J. D. Vance aus Ohio und politische Schwergewichte wie Marco Rubio und Tucker Carlson bis hin zu Tulsi Gabbard, die vor vier Jahren selbst für das Präsidentenamt kandidierte und zuletzt geräuschvoll in einem Buch mit dem Untertitel „Leave the Democrat Party Behind“ die Tür zu ihrer ehemaligen Partei hinter sich zugeschlagen hatte.
Autobiografische Bücher zu schreiben ist überhaupt eine gern gewählte Methode, um Wähler und Unterstützer hinter sich zu versammeln und in der obligate Interviewtour durch die TV-Studios zu zeigen, wie geeignet man für die höheren Weihen der Politik sei. Solche ein Buch ist das fingerschnipsende „Nimm mich!“ im Klassenraum, dass dem Lehrer sagt: was auch immer die Frage ist, ich bin die Antwort.
Das dachte wohl auch Kristi Noem, die republikanische Gouverneurin von South Dakota, deren Autobiografie „No Going Back“ am 7. Mai erschienen ist. Noems Idee war, sich darin als die entscheidungs- und führungsstarke Politikerin aus den „ausgedehnten Ebenen des ländlichen South Dakota“ darzustellen. Was dabei heraus kam, ist aber eher das Bild einer Madam Gnadenlos vom Lande, die der Achillesferse unter Trumps Wählerschaft, den weißen Vorstadtladys aus der Mittelschicht, kalt lächelnd blutige Hundewelpen vor die Haustür legt. Ich übertreibe hier nur ein wenig.
Um es kurz zu machen: Noem, sonst eher um romantisierende Bilder bemüht, die sie hoch zu Ross als geschickte Reiterin zeigen, schildert im Buch, wie sie den nur 14 Monate alten Hund „Cricket“ in einer Kiesgrube erschoss, weil dieser zu ungestüm und für die Jagd ungeeigent gewesen sei. Dass die Episode überhaupt im Buch vorkommt, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass es Zeugen dafür gibt. Nur reicherte sie die Schilderung auch noch mit Äußerungen wie „Ich hasste diesen Hund!“ an und holt die Leser somit direkt auf der Gefühlsebene ab. Und auf dieser Ebene denkt die entsetzte Vorstadtlady: Noem erschießt Hundewelpen, weil sie nach Hühnern schnappen! Was fällt ihr ein!
Für die meisten Hundebesitzer, die zu ihrem Hund eine sehr familiäre Beziehung haben, ist die eiskalte Nutzwertabschätzung Noems hier völlig unverständlich, die Schilderung des Ereignisses kalt und herzlos. Dass sie am selben Tag auch noch eigenhändig eine Ziege erschoss, von der man im Buch nur erfährt, dass sie übel roch, gibt der Episode den frostigen Hauch des Overkills. Eine Ranch in South Dakota kann man so führen, aber die Wählerschaft, die mit Katze und Hund auf dem heimischen Sofa die Abendnachrichten schaut, will so jemanden nicht mal in der Nähe des Weißen Hauses sehen.
Nun kann man zur Erklärung anheben, dass hier „versehentlich“ ein Vorhang weggezogen wurde und eigentlich niemand hätte sehen sollen, wie die Wurst wirklich gemacht wird. Hunde stehen in vielen Ländern auf der Speisekarte und auf einer großen Ranch mögen sie – Gott sei’s geklagt – Nutztiere wie Huhn und Hammel sein. Wäre da nicht noch eine andere Geschichte im Buch gelandet.
Ich und Kim
Denn da ist ja noch die andere Seite der Kristi Noem, die im Buch ins vorteilhafteste Licht gerückt werden soll. Schon als Kontrast zum Opponenten Joe Biden, der aufgrund seines körperlichen und zunehmend auch geistigen Verfalls auf der internationalen Bühne keine gute Figur macht. Kristi „bella figura“ Noem hingegen jage Schurken und Despoten schon durch ihre Blicke Angst und Schrecken ein. Der Leser, das Schicksal Crickets gewahr, sieht Noem schon auf der Wanderung mit Putin und Xi, die Schrotflinte im Anschlag und dem stolpernden chinesischen Präsidenten zurufend: „brich dir jetzt ein Bein, und wir gehen allein weiter!“
Noem schildert ein Treffen, dass sie mit Kim Jong Un gehabt habe, dem Diktator Nordkoreas. Niedergestarrt habe sie den Kim, der wohl geglaubt habe, leichtes Spiel mit ihr zu haben, jawohl! Nun kann man die amerikanischen Spitzenpolitiker an einer Hand abzählen, die in diesem Jahrtausend (und dem davor) ein Treffen mit einem der Kims hatten und dass Noem keinesfalls dazu gehört, ist offensichtlich.
In mehreren Interviews kam nun also nicht nur das Schicksal des Hundewelpen Cricket zur Sprache, den Noem postfaktisch zur wilden Bestie zu framen versucht. Die Medien fragen auch frech nach dem Treffen mit Kim. Noem windet sich, sagt, sie rede nicht über Gespräche, die sie mit „World Leaders“ führe, obwohl ihre Gesprächspartner doch nur nach dem wann und wo fragten. Überhaupt habe die „Episode“ gar nicht im Buch erscheinen sollen und man werde das korrigieren. Eine Lügnerin sitzt in der Ecke der Selbstüberschätzung und es bereitet den Medien sichtlich Freude, sie zu kitzeln. Das „Versehen“ mit der „Episode“ in Nordkorea hätte Noem doch spätestens dann auffallen müssen, als sie selbst den Text als Hörbuch eingesprochen hat, oder?
Das Interview mit Stuart Varney bei Fox Business, wo Noem eigentlich ein politisches Heimspiel haben sollte, gab ihren Ambitionen auf die Vizepräsidentschaft dann wohl den Rest. Dünnhäutig und angefasst weicht sie den Fragen Varneys aus und alles, was Noem sonst vielleicht zu sagen und zur Debatte beizutragen hat, verschwindet hinter der unbeantworteten Frage, ob es ein Fehler war, die Tötung ihres Hundes so ins Buch zu nehmen. Fox, wo man ein sicheres Gespür für die Stimmung an der republikanischen Wählerbasis besitzt, hat längst den Stab über Noem gebrochen und der Sargnagel für deren Ambitionen für das Weiße Haus war die Folge „Gutfeld“ vom 7. Mai, zu der Noem eigentlich eingeladen war, dann aber kurzfristig wegen „schlechten Wetters“ absagte. Doch wer nicht Gast sein will, steht eben auf der Speisekarte und Greg Gutfeld führte die abwesende Noem in die Kiesgrube der öffentlichen Verachtung, wo er einen Gag nach dem anderen auf sie abfeuerte.
Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sich Noem politisch noch rechtzeitig erholen kann, um ernsthaft als Vize in Betracht gezogen zu werden. Am ehesten würde man ihr wohl noch die Lüge und Prahlerei über das Treffen mit Kim Jong Un nachsehen. Die empathielose Schilderung der eigenhändigen Hundetötung wird man ihr nie verzeihen. Für Trump, der das alles mit großem Interesse verfolgt haben dürfte, wäre Noem jedenfalls mehr Belastung als Hilfe.
Dessen Chancen auf Wiederwahl verbessern sich währenddessen durch die „Mithilfe“ der Justiz immer weiter. Der Prozess in Florida, in dem es um die geheimen Dokumente und die Frage gehen soll, ob Trump sie hätte behalten dürfen, rückt in weite Ferne. Zerknirscht musste die Staatsanwaltschaft einräumen, dass die beschlagnahmten Beweismittel irgendwie durcheinandergeraten seien, was einen eklatanten Bruch in der Glaubwürdigkeit bedeutet. Wer Beweise sortieren kann, kann auch welche verschwinden lassen oder hinzufügen. Dieser Drops, der aus Expertensicht die größte tatsächliche Gefahr für Trump war, ist also gelutscht. Im New Yorker „Hush Money Trial“ sorgt der Richter dafür, dass Trump den größten Teil der Woche in einem Gerichtssaal festsitzt, was diesen davon abhält, durchs Land zu reisen, auf Wahlkampfveranstaltungen zu polemisieren und damit wie üblich selbst die Munition herzustellen, die für absichtsvolle Missinterpretationen in den Schrittstudios bei CNN und MSNBC benötigt wird. Je weniger er sagen kann, umso mehr befassen sich die Medien mit den politischen Volten Bidens und das hilft Trump in den Umfragen.
Unterdessen gehe die VP-Eignungstests in der Öffentlichkeit weiter. Trump kann sich raushalten, zurücklehnen und abwarten, was die Medien bei den Kandidaten an Schwachstellen finden. Oder sich – wie im Fall von Kristi Noem gesehen – selbst auf den Marktplatz stellen, um potenzielle Wähler mit vorgehaltener Waffe zu verschrecken.
Wer sich auch selbst zerlegt, ist die AfD. Nicolaus Fest hat eine pointierte Rede dazu gehalten.
https://youtu.be/g7hJ5lpFMDA
In Minute 6:23 redet er von Primitiven, die auf ihrem Handy Abstimmungsweisungen verfolgen. Sie setzen sich also nicht mit den Themen und Kandidaten auseinandersetzen. Da hätte ich ein paar Fragen an die Leute, die diese ganzen Verschwörungen überblicken.
Wie hat der Ami das jetzt wieder gemacht? Wir wissen ja schon, dass die Entscheider bei den anderen Parteien nicht einfach nur naturblöd und niederträchtig sein können. Sie müssen von äußeren Mächten eingesetzt worden sein. Aber wurden die ganzen AfD-Handystarrer auch vom CIA eingesetzt? Der Ami scheint ungeheure Ressourcen gegen die Deutschen aufzufahren. Braucht er die nicht alle für seinen unbändigen So-Da-Hass gegen Russland?
Und wessen Agent ist Robert Habeck? Immerhin wurden die Sanktionen gegen Russland voll und ganz durch den Öko-Mist unterminiert. Statt Fracking und Kernkraft hochzufahren, hat man die niederländischen Gasfelder stillgelegt und die deutschen Kraftwerke abgeschaltet. Damit konnte Russland sein Gas zu hohen Preisen verkaufen und hatte keinen Schaden. Unser Vorteil dabei war, dass wir schon drei, vier Jahre früher sicher vor dem nuklearen Supergau auf deutschem Boden waren. Dafür haben wir Gaskraftwerke hochgefahren.
https://newsletter.doomberg.com/p/broken-record-81d
Der Ökofanatismus konnte auch bei der Artillerieproduktion nicht mal für ein paar Jahre ausgesetzt werden.
https://youtu.be/UKs1mERKE14?t=555
Sind vielleicht doch so einfache Mächte wie Dummheit und Niedertracht am Werk?
Anette Heinisch hat kürzlich einen Artikel veröffentlicht, indem sie noch einmal nach einer Parteigründung fragt. Ich hab den Überblick verloren, woran die bisherigen alle gescheitert sind. Wir müssen leider davon ausgehen, dass das Land in eine Chaos-Phase übergehen wird. Und dann setzen sich jene durch, die wissen, was sie wollen. Ich glaub, dass die Leute zurecht keine Geduld mehr für Koalitionsüberlegungen haben. Ein Richtungswechsel auf die Art der Bonner Republik wird uns nicht mehr ermöglicht werden. Einsichten müssen sich durchsetzen, nicht Gruppen.
Wir müssten eigentlich deutlicher formulieren, wie die staatlichen Institutionen auszusehen hätten und bräuchten jeweils mehrere Vorschläge.
Wir sind als Kultur zu militant. Die Selbstreflexion darüber müsste in der Breite ankommen.
Oh weh, bin ich dröge. Hey, bald soll eine neue Bibel rauskommen, ökumenisch, überarbeitet, neu, und neu aufgelegt. Endlich wird Jesus modernisiert. Man darf also gespannt sein.
Jesus: Sind das die Zöllner?
Miosga: Nein, die sind von der AfD.
J: Abschaum! Sind die da drüben die Zöllner?
M: Ja, sie nehmen immer mehr von uns.
J: Sagt an, wohin geht das Geld?
Zöllner: Nach Rom.
J: Für was Sinnvolles?
Zöllner: Für Nutten
J: Ich liebe Nutten! Wer ist das da?
Miosga: Hans-Georg Maaßen, Herr. Er will Steuern senken.
Jesus: Nutten, hab ich gesagt! NUTTEN!
Möchten Sie nicht lieber Ihren eigenen Blog aufmachen?
Damit Leserbriefe das bleiben, was sie zum ursprünglichen Thema sein sollten? Und unterdurchschnittliche Witze weglassen, die noch viiiel weniger mit der Thematik zu tun haben? Danke 🙂
Nö. Scrollen Sie einfach drüber.
Ich gebe sonst nie Voraussagen ab, aber hier lehne ich mich mal aus dem Fenster: Wetten, dass Ben Shapiro als Vizepräsident ins Gespräch kommen wird? Ich hab da nämlich son Gefühl.
Die Wette würdest Du verlieren. Bens Publikum wählt Trump sowieso. Außerdem hat Ben keinen Bock auf sowas.
Wir werden ja sehen 🙂
Du hast vergessen, dass Shapiro mal vor paar Jahren durchaus als Präsidentschaftskandidat gehandelt wurde, und er sagte da durchaus nicht, dass er kein‘ Bock drauf habe.
Ich sag mal dieses: Wenn Trump ihn fragt, ob er dazu bereit wäre, wird er nicht ablehnen. Davon abgesehen ist er ja haargenau, was Trump als funktionierendes Gegengewicht braucht: Trump walzt jeden nieder, hingegen Shapiro widerlegt jeden schneller als der Blitz; Trump ist moralisch nicht ganz sicher, hingegen Shapiro ist da sehr sicher; Trump kommt sofort mitten auf den Punkt, aber Shapiro zielt über zehn genaue Punkte mitten auf den noch genaueren Punkt. Ferner haben sie Trotz großer Stil-Unterschiede erstaunliche Gemeinsamkeiten: Lange Geschäftspraxis, viel Erfahrung in der Öffentlichkeit, viel Intellekt (Trump mehr instinktiv, Shapiro mehr geschult).
Idealer Vizepräsident.
Gehandelt, ja. Aber er ist der letzte, der das erstrebt. Never ever!
Hmmm, hat er aber nie so gesagt. Er sagte garnix, weder ja noch nein.
Ich sag mal: Er wird nicht ablehnen, wenn man ihm anbietet, Kandidat als Vizepräsident zu werden. Er macht nämlich seit etwa einem Monat explizit Wahlkampf für Trump, inklusive große Geldspenden. Das hat er paarmal gesagt. Andeutung!
Ich würde… sagen wir 50 Euro wetten. Und so ich verlöre, diese liebend gern zahlen. Ben wäre ein guter VP, aber es würde ihn wohl auch zerreißen.
Herrlich, irgendwie.
Nicht herrlich, jedoch: Was hindert die Veranstalter der Wahl, im November ein 2020 2.0 durchzuführen? Was wurde in den letzten vier Jahren in Sachen Wahlsicherheit getan? Insbesondere, da immer noch jeder wählen darf, ein Ausweispapier wird nicht abgefragt, das ist ja irgendwie rassistisch.
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