Mögen sie Science-Fiction, liebe Leser? Mir jedenfalls geht es so, dass der positive, utopische Teil dieses altehrwürdigen Genres geradezu nach mir ruft, jetzt, da der dystopische, negative Teil immer dichter an unseren Alltag heranwächst. Letzteres ist leider eine ganz und gar sachliche Feststellung, nur die Einschätzung des Grades, in dem wir schon in „1984“, „Schöne neue Welt“, „Matrix“, „Fahrenheit 451“ oder „Soylent Green“ angekommen sind, schwankt leicht. Star Trek war anders, voller Optimismus. Star Trek habe ich immer gemocht. Nicht die neuen Serien mit Raumschiffen voller doppelt und dreifach diverser Heulbojen, die ununterbrochen mental angefasst, von Mikoaggressionen geschüttelt und so leicht am Kollabieren sind, dass sie unbekannte Lebensformen eher in ihrem Erbrochenen suchen würden, als hinaus in unendliche Weiten zu fliegen und eine romulanische Patrouille davon abzuhalten, eine menschliche Kolonie auf dem Planeten Wünsch-dir-was auszulöschen. ‚Kolonisten? Vielleicht sogar CIS-Familien? Bäh! Meine Therapiesitzung fängt gleich an!‘

Nein, ich spreche von Star Trek irgendwo zwischen James Tiberius Kirk und Kathryn Janeway, als die Sternenflotte zwar auch schon eine autoritäre dreiviertelkommunistische galaktische EU war, sich aber durchaus von Logik und Grundsätzen leiten ließ, gegen diese selbst natürlich ständig verstieß, ohne danach jedoch in Sack und Asche zu gehen. Die anderen Protagonisten waren ja auch nicht besser. Doch genug der Abschweifung, ich wollte nur einen einzigen Aspekt aus diesem SF-Spektakel herausgreifen und mit den grünen, woken Utopien der Generation „follow-the-science“ vergleichen.

Die erträumte und filmisch phantasierte Utopie hatte nämlich vor allem eines: jede Menge billige und selbstverständlich immer verfügbare Energie! Warpantrieb, Beamen, Schutzschilde, Phaser, Nahrungsreplikatoren, Quantentorpedos…Saft, Saft, wir brauchen Saft! Captain Picard sagte nicht „Fliegen wir los, sobald genug Wind weht!“ sondern „Maximum Warp, Energie!“ Und das war nicht die Grünste! Antimaterie und Radioaktivität sind immer mit an Bord und wenn man Spannung beim Publikum aufbauen will, muss die in den Plasmaleitungen sinken oder der Warp-Antrieb defekt sein. Abenteuer am Rande des Blackouts, aber immer mit einsatzbereitem Notfall-Energiesystem für die Lebenserhaltung…ach, wie gut wir sowas im nächsten Winter brauchen könnten! Außerdem saßen im Maschinenraum von Enterprise und Voyager keine Soziologen oder Gleichstellungsbeauftragten, sondern Ingenieure wie Montgomery Scott, Geordi La Forge und B‘Elanna Torres und mit diesen für völlige Gleichheit kämpfenden, genderfluiden Borg und ihrem kollektiven Bewusstsein wird man am Ende auch immer fertig. Doch zurück in die Gegenwart, dort werden schließlich die Gleise verlegt, die in die Star Trek Zukunft führen!

Zukunft der Ökologie: Klimaglück

In der Fiktion grüner Weltretter geht es im Kontrast zu Star Trek weit anämischer zu als auf einem Brückendeck der Sternenflotte. Ich will gar nicht wissen, wie lang die „Lange Nacht der ZEIT“ wirklich war, das Video über „Zukunft der Ökologie: Kilmaglück“ war jedenfalls lang genug. „Uwe Jean Heuser, Leiter des Ressorts Green bei der ZEIT, diskutiert mit Klimaretterinnen und -aktivisten über die Utopie einer lebenswerten klimaneutralen Zukunft.“ Heißt es auf der Webseite über das Panel, wo angefangen bei den Freitagskindern über Aussterberebellen und Ex-Piraten bis zur grünen Bundestagsabgeordneten Emilia Fester (ja, genau die) alles vertreten war, was in diesem Land gerade politisch in die Transformationsriemen greift. Heuser von der Zeit, der „Hamburgs Local Heroe Emilia Fester aus Hildesheim“ (warum kommen die Durchgeknallten immer aus meiner Gegend) ganz familiär Milla nennen darf, fühlt sich sichtlich pudelwohl auf dieser Tenne, auf der das grüne Phrasenstroh kräftig gedroschen wurde.

Seltsam deplaziert in dieser Runde wirkte Anne Lamp, Gründerin der Firma „traceless“, die sich ständig dafür entschuldigte (warum eigentlich), so etwas langweiliges wie Verfahrenstechnik studiert zu haben. Zwar kam auch sie um die üblichen Ergebenheitsfloskeln nicht herum und vielleicht glaubt sie sogar daran, jedoch hat sie als einzige in der Runde etwas Nützliches studiert, eine Firma gegründet, Handfestes vorzuweisen hat und entwickelt außerdem Kunststoffe aus Bioabfällen. Sie hat das Grundprinzip des anzustrebenden Energieerhalts in technischen Prozessen begriffen und versucht, daraus ein Geschäft zu entwickeln. More power to her, wie der Amerikaner sagen würde, wenn in Deutschland noch Power zu haben wäre.

Es ging jedoch um Utopien und die Frage, auf was wir uns dereinst freuen dürfen, wenn F4F, Extinction Rebellion und die Grünen ihre segensreiche Arbeit vollbracht haben und die „Wende ins Klimaglück“ geschafft ist. Die Frage ist gut, gerade weil sie harmlos und selbstverständlich daherkommt. Kaum jemand stellte bisher solche Fragen. Meistens geht es nur darum, was die Klimaretter nicht wollen – und da gibt es ja so einiges. Nun heißt es Farbe bekennen und vor dem Publikum auszubreiten, wie die grüne Welt von morgen aussehen wird, wenn etwa Emilia (Milla) Fester mal so richtig ins Verwirklichen kommt. Bei Minute 38 (hier die Kurzfassung auf Twitter) heißt es dann „Milla, was kriegen wir?“ Ich habe Festers Ausflug nach Millatown im Übermorgenland getreulich transkribiert, denn sowas darf einfach nicht in Vergessenheit geraten:

„Ich hab immer ein so wunderschönes Bild vor Augen, über…einfach einen Platz zu gehen auf dem grade ganz viele Autos parken. Man nennt es glaube ich Parkplatz, das Wort habe ich lange nicht benutzt, denn ich suche eigentlich nur immer Fahrradständer. Und alle Fassaden um mich herum sind voll grün, also so grüne Fassaden und da wo sonst Autos stehen, spielen Kinder und malen so Kreidebilder und müssen keine Angst haben überfahren zu werden. Am Rand des Bildes [hier eine horizondnahe, ausschweifende Handgeste einfügen, Blick in den Himmel] fahren Fahrradfahrer-Innen [Glottagschlag bitte deutlich mitdenken] lachend über eine Straße, in der sie keine Sorge haben muss, dass irgend ein LKW mal wieder keinen Abbiege-Assistent hat. Und irgendwo ist ein Brunnen und irgendwie trifft sich da das schwule Paar grade mit der jungen Frau von nebenan und irgendwie ist total heitere Stimmung und es ist ein Bisschen wie auf’m Dorf aber mitten in der Stadt. Weil es Begegnungsräume gibt, mitten in der Stadt und es gibt einen Baum, der spendet Schatten, deswegen erhitzt nicht alles, nicht alle Flächen sind versiegelt, sondern wir sind dann auch noch resilient gegen die ansteigenden Regen die kommen und wenn mal ein viel zu doller Regen kommt, dann haben wir einen großartigen Katastrophenschutz, der uns aber SOFORT (die Faust geht hoch und runter) rettet und dann was auch immer kaputt geht sofort bezahlt und dafür sorgt, dass die Existenzgrundlagen der Menschen, die rund um diesen Platz leben, nicht verloren gehen, weil wir vor 25 Jahren zu doof waren, die Erderhitzung auf unter 1,2 oder 1,5 Grad zu halten. Und wir sind resilient als ganze Gesellschaft. Das ist mein Bild und das ist sehr, sehr gesund.“

Das ist nicht gesund, das ist infantil! Das ist buchstäblich die Phantasie eines Kindes, in der es keine Widersprüche gibt und alle Rechnungen aufgehen. Tauben fliegen, Schweine fliegen, Kinder fliegen, alle fliegen! Nichts ist bedrohlich, für alles ist gesorgt. Alles wird untergerührt, jeder Begriff – für sich allein genommen richtig und gut – wird Bestandteil dieses fragilen Polit-Soufflees. Wenn Nudeln schmecken, Schokolade schmeckt, Gummibärchen schmecken, und Vanilleeis auch schmeckt – warum dann nicht Nudeln mit Schokolade, Vanilleeis und Gummibärchen essen? Statt zusammenzudenken wird zusammengerührt, was nicht gefällt, lässt man einfach weg. Autos gibt es nicht, denn Kinder fahren keine Autos. LKW gibt es auch nicht, die wollen nur immer beim Abbiegen RadfahrerINNEN umnieten. Es gibt einen Baum, einen Brunnen, ein schwules Paar, eine junge Nachbarin und einen Rettungsdienst. Einen Sofort-Rettungsdienst sogar, den man sich auf die Straße malen kann. Stadt wird Dorf, während das Dorf gleichzeitig zu Stadt wird – denn dass dort in Zukunft alle fünf Minuten ein Bus oder eine U-Bahn fährt, ist ausgemachte Sache im grünen Utopia. Flächen muss man nur versiegeln, damit Kinder darauf Kreidebilder malen können und wenn etwas kaputt geht, bezahlt der Papa (Staat) sofort und alle sind voll „resilient“, das Buzzword für Polit-Amateure, wenn sie beklagen, die Bürger lächelten nicht genug, während sie die staatlicher Übergriffigkeit genießen. Gut, dass sie das noch einstreuen konnte, denn es klingt so schön klug. Emilia Fester ist in erster Linie resilient gegen die einströmende Realität.

Was sie uns hier offenbart, ist das religiöse Abstraktum vom Paradies, so wie sie es in ihrer Religion geweissagt ist. Früher musste man, wollte man solche Bilder von Friede, Freude, Eierkuchen sehen, den „Wachturm“ lesen, wo auf epischen Gemälden Menschen, Löwen und Lämmer gemeinsam Gras rauchten fraßen. Kann man so träumen, klar, auch öffentlich. Doch sollte man dann kein politisches Mandat innehaben, dessen Gesetzesausschwitzungen in alle Winkel des verwirrten Landes kriechen, sondern sein Glück als Prophet, Eremit oder ARD-Kommentator suchen. In Parlamenten, wo die Zukunft eines Landes verhandelt wird, haben solche Anwandlungen nichts zu suchen.

Letzter Kontakt

Auch nicht auf dem Brückendeck des Raumschiffs „Enterprise“. Setzte man heute eine unserer grünen Offiziere auf den Captain’s Chair in der Star Trek Zukunft, käme das Schiff kaum aus dem Raumdock heraus, weil der radioaktive Warpkern ganz sicher als erstes über Bord gegangen wäre.

Überlässt man Infantilisten wie Fester die Gestaltung der Zukunft, müssen wir uns über die „Oberste Direktive“ der Sternenflotte jedenfalls keine Gedanken machen. Den Warp-Antrieb werden wir ohnehin nie entwickeln und die Vulkanier werden bei einem Patrouillenflug an der Erde vorbei gelangweilt in ihr Computerlogbuch eintragen, dass sie beobachtet haben, wie Kinder in Hamburg auf einem ehemaligen Mitarbeiterparkplatz der ZEIT, auf dem keine Autos standen, mit Kreide seltsame Dinge malten, während ein Fahrradfahrer (Vulkanier gendern nie, weil sich das mit ihrem Sinn für Logik nicht verträgt) nicht von einem LKW überfahren wurde. Selbst die Borg würden sich nicht für diese Erde interessieren. Wer will denn solche technologischen Eigenschaften seiner Zivilisation hinzufügen?

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13 Kommentare

  1. Kate Mulgrew aka Kathryn Janeway ist und bleibt mein Lieblings-Captain im Star Trek-Universum. Nicht, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie in einer extremen Situation hochgradig tough und rational agiert, gleichzeitig „die Mama ihrer Crew“ist, wie Q sehr treffend konstatiert, und ihrer Widersacherin und Geschlechtsgenossin, der Borg-Königin (kongenial durch die Schauspielerinnen Alice Krige und Susanna Thompson dargestellt), jederzeit Paroli bieten kann. – Widerstand ist nicht nur zwecklos. Meddl on, Leute!

  2. Neueren Gedanken folgend kann das schöne Bild jetzt erweitert werden:
    In der kalten Jahreszeit versammeln sich die Alten und die Armen in kuscheligen Wärmeinseln.
    Eine Suppenküche steht bereit, mit regionalen, biologischen Eintöpfen von freundlichen Ehrenamtlern aller Geschlechter in irdene Schalen geschöpft auch innere Wärme zu schenken.
    Die Gemeinschaftswaschkaue mit lauwarmem abwärmegeheizten Wasser dient der Hygiene. Kernseife ist vorhanden.
    Kleidung gibt es bei der nachhaltigen Kleiderkammer, wohin Milla gerne ihre gebrauchte Kleidung für ein zweites Leben bringt.
    Der Tag klingt aus, wenn die Armen den Alten ins Etagenbett helfen, bevor sie sich selbst an ruhigem Schlaf erquicken.
    Nur zwei Bedingungen muss der alte und/oder arme Wärmefreund erfüllen: Die vollständige Immunisierung (gerne vor Ort vom Sanitätspersonal appliziert) und das Tragen einer FFP2-Bedeckung.
    Doch, das Leben kann idyllisch sein!

  3. Leider muss man sich als Erwachsener in dieser surrealen Freiluftpsychiatrie selbst immer öfter mit ausführlich kommentierenden Richtigstellungen wachkneifen. Sonst droht die Gefahr, dass einen der süßliche Brei überrollt, wie einst die Einwohner von Pompeji. Aber wahrscheinlich landen wir so oder so als tragische Figuren in irgendeiner anthropologischen Sammlung.

  4. Heile-Welt-KITSCH mit einem Horizont, der kaum die Größe eines Dorfes erreicht. O Mädchen!

    • … definitiv nicht mal Kleinenbroich, ’nen extra dörflichen Vorort Düsseldorf, erreicht die Kitschnudel. Erreicht sie immerhin den Horizont von Kleinkleckersdorf (extra althergebrachter Name jetzt) ?, ach das wagt man zu bezweifeln. Vielleicht erreicht sie grad noch so eben den Horizont der Bauklötzchenversion.

  5. Die neuen Serien so links liegen zu lassen geht aber gar nicht. Nach ‚Discovery‘ und ‚Picard‘ gibt es ja nun ‚Strange New Worlds‘. Ich hatte so auf wieder einmal gescheites Star Trek gehofft, aber neee… voll mit zickenden Nichtbinaeren und der „Captain“ als bettelnd konsenssuchendes Gamma-Maennchen dazwischen… Er haette doch wirklich mal lernen koennen, dass das die woken Gestoerten nur anstachelt. Da hilft nur die Peitsche.

  6. Sie haben einfach keine Fantasie. Man kann auch einen Biketrip ohne LSD machen, ist aber gefährlich wegen der LKW-Krise, die nur deshalb noch nicht unter Kontrolle gebracht wurde, weil sich nicht genug Menschen an der Autobahn festkleben.

    Wenn ich die Augen schließe, sehe ich bunte Plattenbauten. Ich sehe ein lesbisches Paar auf dem Weg zur Moschee. Ich sehe Kinder, die mit Daniel Cohn-Bendit spielen. Ein Löwe liegt neben einem Lamm und das Lamm liegt neben einem anderen Lamm und das, häh, was macht das da eigentlich? Hey, runter da! Hihihi. Das muss in mein Kinderbuch.

    Wir haben das alles ausgerechnet bei unserem Workshop „Kraft durch Freude statt Atomkraft“. Der Strom muss nämlich gar nicht aus der Steckdose kommen. Oft reicht schon ein USB-Kabel. Das sagt Nahja (Hannah-Maya) Maier und die ist unsere Beauftragte für Digitales und so (BD&s).

    Bei uns sind auch viele technikaffine Menschen, die früher bei den Piraten waren, People of a Leg Off und People of an Eye Out.

    Sie denken, ein Schiff braucht einen Fischschredder-Propeller, aber das ist wieder einfach nur gestrig. Die Zukunft gehört dem Wind. Forscher haben herausgefunden, dass man nur geschickt die Bettwäsche an den Masten hängen müsste, um so ein Ding zu fahren. Haben Sie daran mal gedacht? Wahnsinn, was Forscher alles unter der Bettwäsche erforschen! Das kommt auch ins Kinderbuch.

      • @Aristobulus
        Danke. Schön, dass es Ihnen gefallen hat.
        Wenn ich schon direkt schreibe, muss ich natürlich auch Rogers Text explizit loben. Wirklich witzig geschrieben. Alle fliegen!

  7. Onkel Fester von der Addams Family ist mir viel sympathischer als diese kindliche Gurke.

  8. Grandioser Artikel again. Das verlinkte Video jedoch hab ich nicht durchgehalten. Ich bin übrigens auch dafür: der alte weise Mann muss wieder her.

  9. Hingegen die Klingonen würden sich sehr für diesen Planeten interessieren, weil sich keiner wehrt wenn sie kommen und metzeln, denn das tun die so gern. Auch die Romulaner werden entzückt sein, weil sie Mengen von Sklaven auf diesem Planeten finden.

    Ach gar, Klingonen, Romulaner-?, na solche haben wir doch schon als gar nicht Außerirdische!, nämlich arabische und iranische Eroberer, russische Tyrannen, und selbstverständlich die Chinesen.

    Ich ernenne Emilia Fester hiermit zur offiziellen Sachwalter:in allfälliger Eroberer und Versklaver. Sie kann ja die Vulkanier bitten, mal ein gutes Wort einzulegen, aber sie traut Vulkaniern nicht, denn die haben ein zu heißes Klima.

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