Foto: itlookslikemaik / photocase.de
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Leiten Sie ein Unternehmen? Machen Sie zu wenig Umsatz, weil Sie kostbare Zeit damit verschwenden müssen, den Markt zu beobachten, Angebote abzugeben oder einzuholen? Zwingt Sie der Kostendruck zu immer neuen Anstrengungen, Ihre Produktivität zu erhöhen und Ihr Angebot neu zu strukturieren? Brechen Ihnen Märkte weg, während sich neue nur mühsam öffnen? Kommt das Geld nicht von allein oder aus dem Automaten? Nun, ich weiß natürlich nicht, in welcher Branche Sie tätig sind. Auf keinen Fall jedoch sind Sie Chef eines Senders der ARD-Gruppe!

Läuft bei dir!

Nachdem unsere öffentlich-rechtlichen Medien erfolgreich das GEZ-System von einem Fahndungssystem gegen anarchische Totalverweigerer in eine egalitäre Kopfsteuer umgewandelt haben, müssen diese mal wieder angepasst werden. Am besten, so die ARD, täte man dies zeitgemäß mit einer Automatik – indem man die Steigerung der Gebühr (die sich wie eine Steuer anfühlt) an das BIP koppelt, weil das so schön flexibel ist und man nicht Jahr für Jahr bei der Politik um mehr Geld betteln möchte.

Dabei ist das Bruttoinlandsprodukt ein besonders delikater Kandidat für die Ehe mit öffentlichen Medien, nicht nur deshalb, weil dieser Index mit dem Sendeauftrag der ARD nichts zu tun hat. Das BIP ist kein Maßstab für Inflation, Wohlstand oder auch nur den Zustand eines Landes. Es zeigt lediglich die Summe aller Waren und Dienstleistungen an, die innerhalb eines Jahres erwirtschaftet wurden – alles, was sich mit Geld nicht ausdrücken lässt, ist nicht drin. Wenn also die deutsche Export-Wirtschaft Rekorde feiert, steigt das BIP. Steigt der Rohölpreis stark an und das Tanken wird teurer, steigt das BIP. Das BIP steigt aber auch, wenn bei einem Massenunfall auf der A1 150 Autos zerdeppert werden, die umliegenden Kliniken Überstunden machen müssen und die Rettungskräfte danach psychologische Unterstützung brauchen. Ebenso nützlich für das BIP sind Erdbeben, Tornados, Sturmfluten, Selbstanzeigen von Steuersündern, ein Winter mit viel Eis, Schnee und Heizkosten sowie steigende Umsätze privater Medienunternehmen. Nur das Zeug, was man geraucht haben muss, um auf solche Finanzierungsideen zu kommen, das zählt ausgerechnet nicht zum BIP.

Überspitzt formuliert: Wenn irgendwo mal wieder eine Flüchtlingsunterkunft brennt, egal wer dafür gesorgt hat…die ARD bekäme im darauffolgenden Jahr mehr Geld, um weiterhin unparteiisch über brennende Flüchtlingsunterkünfte berichten zu können. Jede Stadionprügelei von Hooligans und die daraus resultierenden polizeilichen Maßnahmen, jede Eskalation bei einer Pegida-Demo, jeder Flüchtling, der untergebracht, versorgt und betreut werden muss, brächte der ARD Geld. Es ist der feuchte Traum jedes Geldverschwenders, dass automatisch jedes Jahr mehr Geld zur Verfügung steht. Einfach so, Quantität vor Qualität. Hauptsache mehr, egal woher.

Die warme Hand gibt lieber als die kalte

Warum nur, werden Sie sich fragen, kommt die ARD auf solche Ideen? Geht es der ARD finanziell so schlecht, dass man sich dringend an einen steigenden Index anwanzen muss? Geht man vielleicht davon aus, dass bei steigendem BIP die Bevölkerung eher bereit sein wird, steigende Kosten für ARD und ZDF zu finanzieren? Und was wäre, wenn das BIP wie von 2008 auf 2009 auch mal wieder sinken würde? Gäbe es dann weniger Geld für ARD und ZDF, oder würde man sich dann eine andere ökonomische Kennziffer suchen, die in diesem Fall besser zu Sendungsbewusstsein und Finanzbedarf passt? Langfristig zeigt die Ausgabenkurve im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nämlich nur in eine Richtung: nach oben, egal welche Berechnungsgrundlage man für die Ermittlung des Finanzbedarfs anwendet.

Aber bleiben wir ruhig bei der Idee mit einer aussagekräftigen ökonomischen Kennziffer. Wir sollten aber eine wählen, die sich unmittelbarer als das Katastrophen-Affine BIP am Geldbeutel der Bürger orientiert. Koppeln wir die Rundfunkgebühren an den Verbraucherpreisindex in Deutschland. Aber bitte umgekehrt proportional!

Auch erschienen auf achgut.com

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