Hannover (ub) –  Klaus-Peter B. reagierte erleichtert auf die Ankündigung der Satireseite „Der Postillon“, sämtliche Artikel ab sofort auch in leichter Sprache anzubieten. „Das konnte ja so nicht weitergehen“ sagte B. „Ich hab’ den Quatsch zwar nie gelesen aber stellen sie sich doch mal vor, welche Gefahr von solcher Satire ausgeht, wenn das mal einer nicht sofort als Spaß erkennt! Man kann doch heutzutage keine Scherze machen, wenn man nicht gleich dranscheibt, dass das nur Spaß ist. Gut, dass die vom Ministerium da jetzt mal genauer hinschauen.“ Der ziemlich zerknirscht wirkende Stefan Sichermann, der seit 1845 Herausgeber des Postillons ist, erklärte dazu: „Wir konnten das Ministerium für Wahres und Gutes nur mit Mühe davon überzeugen, dass es technisch nicht machbar ist, analog der Cookie-Warnung auch eine Satire-Warnung auf unserer Seite anzubringen, zumal diese auch noch nicht wegklickbar sein sollte. Für eine Übergangszeit bis Ende 2017 ist es uns noch gestattet, Satire ohne Kennzeichnung zu verbreiten, solange „Der Postillon“ als Quelle genannt wird. Außerdem bieten wir auf Drängen des Ministeriums unsere Seite ab sofort zusätzlich in „leichter Sprache“ an, das heißt, wir sagen den Besuchern, wo sie lachen sollen, dass alles nur Spaß ist und sie sich um nichts Sorgen müssen, weil das Ministerium für Gutes und Wahres für sie arbeitet und aufpasst, dass wir unsere Leser nicht überfordern.“

Auf unsere Frage, was es mit der „Übergangszeit“ auf sich habe, antwortet Sichermann mit einem Seufzer. „Ab 2018 wird „leichte Sprache“ bundesweit verpflichtend als allgemeine Verkehrssprache bei Behörden, Schulen, Medien, Ministerien und im Internet. Das heißt, sobald die Arbeitsgruppe aus Innen-, Justiz-, Bildungs- und Familienministerien das Problem der Gendergerechtigkeit gelöst hat, dass sich bei der Verwendung „einfacher Sprache“ ergibt.“

Wie aus gut unterrichteten Kreisen im Bildungsministerium berichtet wird, plant man dort unter dem Arbeitstitel „simplify mind“ seit längerem schon an der Abschaffung des Fragezeichens und des Konjunktivs. Stand dem bisher jedoch die traditionelle Berufsauffassung insbesondere der Journalisten im Weg, schwindet deren Widerstand jedoch in dem Maße, wie sie in den Einfluss von staatlich alimentierten Stiftungen, Ministerien und sogenannter „systemrelevanter Medien“ geraten. „Wer trauert schon dem Konjunktiv nach, wenn er im spanischen Golfressort sein Handycap verbessern kann?“ grölte der Leiter des Arbeitskreises „simplify mind“, wie unsere Zeugen übereinstimmend berichten. Fragen werden ab 2018 nicht mehr gestellt, weil sich vorgefertigte Antworten im Feldversuch als wirksam erwiesen haben und der Konjunktiv, der die Bildung von Meinungen fördert und Gewissheiten anzweifelt, wird dann ebenfalls nicht mehr benötigt. Wenn alles nach Plan verlaufe, so unsere Quelle, sei Deutschland spätestens im Jahr 2018 ein besserer, harmonischerer Ort aus Subjekt, Prädikat und Objekt.

Dieser Text wurde vom Ministerium für Wahres und Gutes geprüft. Der Text ist frei erfunden. Glauben Sie kein Wort. Wir ermitteln noch, ob es sich um Satire oder Fake-News handelt, weil Satire über Satire bei unseren Algorithmen derzeit nur den Fehler „Division by Zero“ auslöst. Wir empfehlen, diesen Beitrag nicht zu lesen, bis der Absch(l)ussbericht der Kommission für verwirrendes Schreibverhalten vorliegt. Bitte bleiben Sie ganz links, wir informieren Sie, wenn die Gefahr vorüber ist.

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1 Kommentar

  1. Sehr geehrter Herr Letsch,

    Bitte seien Sie nachsichtig mit meiner Lachmuskulatur — besonders wenn das Ministerium für Wahres und Gutes das Lachen als ungesund und ungenügend nachhaltig definieren sollte. Da könnten doch meine harmonischen Oberschwingungen ganz aus dem Gleichgewicht kommen!

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