Wenn es aufgrund von Bürgerkriegen, Erdbeben, Misswirtschaft oder anderen Katastrophen zu unhaltbaren humanitären Zuständen in einem Land kommt, wenn die lokale Regierung nicht mehr in der Lage ist, ihren administrativen Pflichten nachzukommen, dann wenden sich internationale Hilfsorganisationen direkt an die Menschen. Griechenland ist auf dem Weg, ein solcher „Failed State“ zu werden. Verhandlungen mit der griechischen Regierung konnten dies offensichtlich nicht mehr verhindern. Die EU scheint bereits umzuschwenken und sich auf die humanitäre Hilfe für die Griechen vorzubereiten. Für die Griechen, nicht für Griechenland.
„Keine Ahnung, keine Meinung, kein Konzept…
…keine Lust um aufzusteh’n“ … Westernhagens Liedzeile klingt heute fast prophetisch. Nicht erst die aktuelle griechische Regierung hat nichts unternommen, um ihr Land endlich aus dem tiefen Jammertal herauszuführen, in das es geraten war. Die Vorgänger von Tsipras & Co schafften es sogar nur so zu tun, als täten sie etwas. Mit solchen Tricks hält sich Syriza gar nicht erst auf! Das Strampeln im tiefen Wasser ging genauso weiter. Wenn dann vom Beckenrand kluge Ratschläge kommen, wird das irgendwann lästig. Mit dem Strampeln aber einfach aufzuhören, weil man genug davon hat, dass einem das Wasser bis zum Hals steht, ist keine Lösung. Eine kleine Leistungsbilanz der Regierung Tsipras fiele denn auch verheerend aus: Keine Vereinbarungen etwa mit der Schweiz oder Liechtenstein zur Rückholung hinterzogener Steuermillionen, keine Investitionsanreize für Investoren, keine effizientere Administration, der Millitärhaushalt lediglich „eingefroren“, entlassene Beamte wieder eingestellt, Privatisierungen gestoppt, die Vetternwirtschaft fortgesetzt (man muss sich nur mal die Namen und Verwandtschaftsverhältnisse mancher Spitzenbeamter in Athen ansehen). Syriza ist eine Klientelpartei, genauso wie Pasok oder Neo Demokratia es sind. Mit dem einzigen Unterschied, dass deren Klientel eben Staatsbedienstete und Rentner sind.
Pest oder Cholera, bitte ankreuzen
Griechenland hat gewählt und „OXI“ gesagt. All die Interpretationen dieses NEINS lassen nichts Gutes für die nähere Zukunft dieses Landes hoffen. Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte lang haben die Griechen ihren Regierungen zutiefst misstraut. Man glaubte ihnen nichts, man zahlte sehr widerwillig Steuern, weil „die da oben“ sich damit eh nur die Taschen füllten und ihre Vettern und Günstlinge versorgten. Staat war das eine, das eigene Leben das andere. Beides hatte scheinbar nichts miteinander zu tun. Und ausgerechnet den Blendern von der Syriza laufen die Menschen nun wie die Lemminge hinterher. Später, vielleicht in fünf Jahren, vielleicht aber auch schon in fünf Wochen wird man sich sagen, dass man eben doch keiner Regierung trauen könne, dass man es EINMAL versucht hätte und das Ergebnis eine Katastrophe war.
Es war ein Referendum über eine Fangfrage und die Mehrheit der Griechischen Wähler hat es nicht bemerkt – sonst hätte die Bevölkerung das Referendum boykottieren müssen und überhaupt nicht zur Wahl gehen dürfen. DAS wäre ein demokratischer Akt gewesen. „Ihr wollt Antworten von eurer Bevölkerung? Dann stellt uns keine dummen Fragen!“ Die Regierung Tsipras lehnt die Hilfsangebote seiner Partner ab, verhält sich zutiefst undiplomatisch, nennt Gläubiger Terroristen und lässt sich dieses Verhalten vom eigenen Volk sanktionieren. Die beleidigte europäische Öffentlichkeit schaut fassungslos zu und wird im Ergebnis ihren eigenen Regierungen klar zu verstehen geben, dass auch sie „NEIN“ sagen kann, dass sie nicht bereit ist, dem ehrlosen Spiel ihrer gewählten Politiker länger zuzusehen. Umfragen in den Eurostaaten gehen inzwischen von bis zu 80% Ablehnung für Hilfsmaßnahmen oder Schuldenschnitte für Griechenland aus. Auf dieser Basis sind Verhandlungen fast unmöglich – weil auf der anderen Straßenseite warten schon die Rattenfänger Petri oder Le Pen.
Keiner mag den Denunzianten. Niemals.
Tsipra’s Finanzminister trat zurück, weil ihm nahegelegt worden sei, er wäre bei zukünftigen Verhandlungen eher nicht willkommen. Das ist nicht nur stark untertrieben, sondern schon wieder komplett aus der Zeit gefallen. Dies ist nämlich schon seit Monaten der Fall, nicht erst seit heute. Es ist für Verhandlungen verheerend, wenn man Koch und Kellner verwechselt, wie Superman „Schuldenschnitt sofort“ rufend in den Raum stürmt, vertrauliche Gespräche mitschneidet und nicht einmal die Sorge um das eigene Volk erkennen lässt. Auch von ihm kamen keinerlei Konzepte, die Griechenland langfristig aus dem Sumpf ziehen könnten. Seine Werkzeuge stammen ausnahmslos aus dem Repertoire des Spieltheoretikers. Kein Plan B, immer volles Risiko. Wer verliert, steht vom Tisch auf, verbeugt sich lächelnd und geht. Genau das hat er jetzt getan – nicht weil er versagt hätte, sondern weil ihn die Mitspieler nicht mögen. Er vergisst aber schon wieder, wer ihn an den Tisch gesetzt hat und wer die Einsätze bezahlen muss.