Im israelischen Exil hat sich Chaim Noll das schon in der DDR trainierte Näschen für Denunziation, Lüge und Gleichschaltung bewahrt. Präzise beschreibt er, wie 16 Merkel-Jahre Deutschland zum Negativen verändert haben.
In einem Land, in dem man die kreative Kontroverse abschafft, das alternative Denken, die intellektuelle Infragestellung, wird es auch nichts mit neuer Technologie und der digitalen Revolution.
(Chaim Noll)
Ich weiß gar nicht, wie oft ich mir schon gewünscht habe, genau wie Chaim Noll von Israel aus den Lauf der Dinge in Deutschland zu betrachten. Zumindest zeitweise. Zwar sitze ich in meiner Phantasie dann nicht in einem Haus mitten in der Negev-Wüste, wie Noll, sondern irgendwo oberhalb der Hänge des Golan mit Blick auf den Hermon und den See Genezareth, aber das Prinzip wäre dasselbe. Die Entfernung schärft den Blick, so sagt man. Ich glaube jedoch, hier wirkt etwas anderes. Das Gute, das einen an den Ort der Kindheit und Jugend bindet, nimmt man mit, wohin auch immer man geht. Die Missstände aber, die man aus der Ferne beschreibt, reichen im Alltag nicht an den Betrachter heran, sie haben keine Macht über ihn, kompromittieren und attackieren ihn nicht, und wenn doch, dann nur als Echo aus der Weite. Die Entfernung hilft also nicht dem Blick, sondern dem Urteil. Nolls regelmäßige Aufenthalte in Deutschland sorgen zudem dafür, dass eine Verklärung des Blicks gar nicht erst einsetzen kann. Auch den absichtsvollen Verletzungen fehlt es an Wucht.
„Ich kann hier in Israel darüber lachen, doch viele, die hier in Deutschland von solchen Verwandlungen heimgesucht werden, können es nicht.“ – so schreibt Noll über die Anschmutzungen seiner Person durch die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung, die ihn wegen einer Kritik an der Nahostpolitik des deutschen Außenministers 2019 mal eben schnell in die rechte Ecke stellte und eine Veranstaltung kurzerhand absagte. Es hat einen gewissen Charme, sich Deutschlandbesuchen wie Kuraufenthalten unterziehen zu können – Reizklima inbegriffen. Schön, hier zu sein, noch schöner, auch wieder verschwinden zu können.
Für alle, die wie ich hier zwischen Rhein und Oder im politischen Brei sitzen, eingemauert in ein ganzes Labyrinth von Denk-, Sprech-, und Entscheidungsverboten, ist es deshalb eine Freude, solche sämtlich nicht im Buch zu finden – es sei denn als Gegenstand der Betrachtung. Auf Chaim Nolls Bühne ziehen sie alle noch einmal am Leser vorüber, die Merkeliaden und Merkelianer der vergangenen Jahre, es ist ein Parforceritt durch Jahre politischer Anmaßung und menschlicher Katastrophen, samt ihren Kammerdienern und Erfüllungsgehilfen. So etwa Anetta Kahane, die sogar versuchte, gerichtlich gegen einen von Nolls Artikel vorzugehen, entschlossen, noch die leiseste Regierungskritik über das Bindeglied „Verschwörungstheorie“ zum Antisemitismus aufzublasen. Der Versuch war vergeblich. Sie finden den Text auch im Buch, ab Seite 53.
Merkel: roter Faden und rotes Tuch
Merkels häufige Besuche in seiner Wahlheimat Israel sorgten zusätzlich dafür, dass Chaim Noll diesen „roten Faden“, der sich mit der Zeit zu einem roten Tuch aufwebte, nicht aus den Augen verlieren konnte. Die Kanzlerin begegnet dem Leser auf vielen Seiten und in vielen Episoden, auch in persönlichen Begegnungen. Den vielen leeren Kanzlerinnenworten stehen unschöne Tatsachen wie die fortwährende deutsche Finanzierung israelfeindlicher NGOs und der Hamas sowie ein beschämendes deutsches Abstimmungsverhalten in der UNO gegenüber. Die 16 Merkel-Jahre haben nicht nur in Deutschland, sondern auch in den deutsch-israelischen Beziehungen großen Schaden angerichtet.
Warum ist Merkel etwa im Oktober 2021 noch einmal nach Israel gereist, entmachtet und dank vielfacher Wortbrüche von der Bevölkerung eher frostig empfangen? Vielleicht wirklich nur, um sich noch die Ehrendoktorwürde des Technions Haifa abzuholen, was schon für 2016 geplant war, wie ihre Rede dort durchblicken ließ? Es sind Episoden wie diese, die – unbeachtet von der heimischen Presse – mit scharfem Blick aus dem israelischen Exil ein ernüchterndes Bild von der Ära Merkel zeichnen, wie es dem Leser auf keinem CDU-Parteitag jemals gezeichnet wird.
In drei Abschnitten kämpft sich Noll durch die deutsche Zeitgeschichte der Ära Merkel und zeichnet mit sich geradezu aufdrängenden Wüstenmetaphern das Verdorren des deutschen Realismus nach. Da ist die einst blühende Vielfalt der Meinungen, die sich zu einem trockenen Wadi verwandelt hat, über dem die drückende Hitze wie Hefeteig jede Regung erstickt. Dann die einst prosperierenden Produkte deutschen Selbstbewusstseins, unsere wirtschaftliche Stärke, Bildungsstolz und Sprachgefühl, die heute samt und sonders ideologisch überformt, verzerrt und infrage gestellt werden. Lippenbekenntnisse zur historischen Verantwortung und Politiker, die „wegen Auschwitz in die Politik gegangen sind“ treffen auf Terrorfinanzierung der Hamas und einen Kuschelkurs gegenüber den Mullahs in Teheran, die Israel offen mit Vernichtung drohen.
Da passt vieles nicht zusammen, die Politik hat das Land in 16 Merkel-Jahren immer weiter in den Treibsand geführt, und je tiefer wir sinken, umso heftiger strampeln diejenigen, die das Land in die Wüste schicken. Im dritten Abschnitt behandelt Noll die geradezu pathologische deutsche Toleranz gegenüber der Intoleranz, den naiven bis gefährlichen Umgang mit muslimischer Masseneinwanderung, welche den Terror im Namen des Islam im Gepäck hat. Noll diagnostiziert Deutschland hier ein verkümmertes Gefahrenbewusstsein, denn offensichtlich denkt niemand darüber nach, die Karawane noch aufzuhalten, die sich – auch zu Lasten unserer EU-Nachbarländer und Verbündeten – nach Deutschland auf den Weg gemacht hat.
Chaim Nolls neues Buch – eine Auswahl von Texten zum deutschen Zeitgeist und Zeitgeschehen, die er in den vergangenen drei Jahren bei Achgut.com veröffentlicht hat – ist das Protokoll einer Zeitspanne, in der Deutschland wieder kleinlicher, verbohrter, ideologischer, hinterhältig und konspirativ geworden ist. Denken und Handeln des halben Landes haben sich dieser Charakterverschiebung angeglichen, was wir nicht zuletzt in der Wiederkehr des DDR-Sprechs und der technokratischen Unverschämtheiten in der Corona-Politik erleben durften. Chaim Noll, der „Rufer aus der Wüste“, hat sich das schon in der DDR trainierte Näschen für Denunziation, Lüge und Gleichschaltung bewahrt. Gut, dass es sie beide gibt, die Wüste und den Chaim Noll.
„Der Rufer aus der Wüste – Wie 16 Merkel-Jahre Deutschland ramponiert haben. Eine Ansage aus dem Exil in Israel“ ist hier im Achgut.com-Shop bestellbar.
Zuerst erschienen auf achgut.com
Es mag andere Ursachen diesen Gleichschritt in Israel gegeben habeb – ich bin der Meinung, die israelische Regierung hat ihre Bevölkerung an Pfitzer verkauft- jedoch vermisse ich schmerzlich ein Innehalten, Nachdenken, Umdenken. Immerhin ist Israel inzwischen beim 4. Pieks gelandet (warum immer dasselbe tut aber andere Ergebnisse erwarten?) wohl ohne großen Erfolg und der vielen Nebenwirkungen wie zb Myokarditis.
Was mich dahingehend schon sehr mitgenommen hat, ist folgendes Video zu den Nebenwirkungen in Israel. Ich habe sonst selten die Ausdauer, aber das habe ich mir dann bis zum Ende angesehen:
https://rumble.com/vn212d-the-testimonies-project-the-movie.html
> Der Korpsgeist, der sich aus dieser Wahrnehmung entwickelt, gekoppelt mit den gut trainierten logistischen Fähigkeiten und der Wissenschaftsgläubigkeit
M.E. ist das nur eine Spielart, wenn die auch sympathischer erscheint. Sehen Sie, das gibt es in verschiedener Form.
Ich habe eine Weile in Neuseeland gelebt. Die haben z.B. wie die Australier – und auch durch deren negative Vorbilder ueber die Jahrhunderte bedingt – schon immer eine grosse Sensibilitaet fuer Bedrohung durch Einschleppen nichtheimischer Fauna, also eine andere Form von allseitiger Bedrohung. Genau auf diesem Punkt liess sich hervorragend eine Null-Covid-Illusion aufbauen – eben weil sie es fuer andere Arten auch laengere Zeit schafften, die draussen zu halten. Und was die Australier selbst mittlerweile haben, sehen wir ja. Und auch NZselbst ist dahingehend nicht wirklich moderat.
Der Grund bleibt das Nichtdenken, das Unaufklaererische in Kants bekanntem Sinn. Es ist aus meiner Sicht nicht Zufall, dass die Reaktionen der Laender oft an deren ganz spezifische eigene Probleme gekoppelt sind, diejenigen, die sich gerade in ihren irrationalen Bestandteilen von interessierten Kreisen verwerten lassen.
In Deutschland ist das praktische Framing: unerwuenschte Ausrichtung = rechts = Nazi. Was eben sogar fuer solche Gruppen wie Querdenker erfolgreich gelingt. Alles durchschaubar, aber ohne eigenstaendiges Denken wird es schwer.
Gut beobachtet!
Leider ist es so, dass die aktuellste und real tiefgehendste Form an Repression in Israel genauso existiert und es bei den Impfraten sogar eine Vorreiterrolle einnimmt. In diesem Vergleich konnte man noch – mit Schmerzen – mit einigen der Entgleisungen der Aera Merkel bzw. speziellen deutschen Befindlichkeiten „irgendwie leben“.
Aber jetzt spitzt es sich mit realen Konsequenz zu – und zwar weltweit. Was den Blick auf Deutschland dann verengend aussehen laesst. Die Anlagen zur Unterwerfung sind ueberall da. Und die bleibt als Ursache dafuer, dass der Irrsinn sich durchsetzt, leider meistens unreflektiert.
Der Gleichschritt, mit dem sich Israel diesem Wahnsinn ergeben hat, hat meiner Meinung nach andere Ursachen als bei uns. Auch wenn das die Sache nicht besser macht, war es wohl das provozierte Gefühl, angesichts einer Bedrohung von allen Seiten die Kontrolle zu verlieren. Der Korpsgeist, der sich aus dieser Wahrnehmung entwickelt, gekoppelt mit den gut trainierten logistischen Fähigkeiten und der Wissenschaftsgläubigkeit vieler Israels führte dann in diesen Vorausgalopp.
Kommentarfunktion ist geschlossen.