Ein bisschen fassungslos scheint man zu sein, bei der Süddeutschen Zeitung. Wie können sie nur, diese Republikaner! Was fällt ihnen ein, nach allem, was passiert ist, immer noch zu diesem…diesem Trump zu halten! Doch im Senat wird sich wohl keine Zweidrittelmehrheit dafür finden, dem aus dem Amt geschiedenen Präsidenten gewissermaßen eine Abmahnung hinterherzuwerfen, nachdem er schon gekündigt wurde und das Haus verlassen hat. Diese falsche Reihenfolge sei verfassungswidrig, so die Begründung der Ablehnung durch Senator Rand Paul, ein Argument, welches die Senatorenkollegen von den Demokraten „ablehnen“, wie die SZ schreibt. So einfach ist das heute. Argumente werden nicht mehr geprüft, man lehnt sie einfach ab und fertig!

Was sie SZ noch nicht begriffen hat: die Ablehnung der Unterstützung für das Impeachment-Verfahren könnte für die Republikanische Partei eine Überlebensfrage sein. Man kann es sich schlicht nicht leisten, Trump in den Augen seiner Anhänger zum Märtyrer zu machen, und so dessen beträchtliche Wählerbasis zu verprellen und zu verlieren. Sei es nun an die Nichtwähler oder an eine noch zu gründende dritte Partei, die Trump auch dann führen könnte, wenn ihm die Ausübung politischer Ämter verboten sein sollten. Hat Beppe Grillo mit Cinquestelle in Italien ja auch hinbekommen. Der Vergleich hat durchaus Potenzial. Auch Trump fühlt sich beim Reden halten und Entertainment der Massen sichtlich wohler als beim Regieren. Auf der Tribüne ist er seinen Fans näher, an deren Zustimmung sich sein Ego aufrichtet.

Man stelle sich vor, wie Trump demnächst auf Ralleys Wahlkampf gegen Demokraten und Republikaner macht – ein Albtraum wäre das aber in erster Linie für die Republikaner. Die erinnern sich noch sehr gut an die Präsidentschaftswahl 1992, als Bush Senior gegen Bill Clinton vor allem deshalb verlor, weil der unabhängige Kandidat Ross Perot fast 19% der Stimmen holte – konservative Stimmen, die Bush am Ende fehlten. Zu glauben, die Republikaner würden dieses Debakel gern noch einmal erleben, weshalb sie sich freudig dem Diktat der Dems unterwerfen, kann auch nur der Süddeutschen Zeitung einfallen!

Fehler im Plan

Auf einen Logikfehler im Plan der Demokraten, Trump das passive Wahlrecht zu entziehen, möchte ich noch hinweisen. Es ist gleichzeitig der Schwachpunkt der Partei von Pelosi und Biden, an dem Trumps Propaganda todsicher ansetzen würde, falls das Impeachment im Senat Bestand hätte.

Wir haben ja gelernt (und die einschlägigen Medien bestätigen uns dies ständig), dass die Wahl fair, nicht manipuliert und überhaupt wunderbar demokratisch und sicher abgelaufen ist, stimmt‘s? Trumps Betrugsvorwürfe seien nichts als Lügen. Und Biden hat diese Wahl gewonnen, obwohl er sicher nicht gerade die strahlendste Kerze auf der Demokratentorte war! Wenn Biden gegen diese Trump gewinnen kann, kann es doch jeder, oder?

Wovor sollten die Demokraten also Angst haben, wenn in vier Jahren ein greiser, fast 80-jähriger Trump gegen die strahlende, superdiverse, PoC-veredelte Vizepräsidentin Kamala Harris anträte? Würden die bis 2024 geschriebenen und gesendeten Hagiographien über Harris nicht unweigerlich ihre gewünschte Wirkung tun? Stünde das Ergebnis dieser Wahl nicht von vornherein fest? (Ok, diesen Satz streichen wir besser.) Doch ganz im Ernst: wozu sollte man Trump jetzt noch wie einst Oliver Cromwell posthum zum Tode verurteilen, wenn das amerikanische Volk in einer demokratischen Wahl sein Urteil bereits gefällt hat?

In Bezug auf die Behandlung des Ex-Präsidenten sitzen im Moment sowohl Republikaner als auch Demokraten zwischen Baum und Borke. Und Trump weiß das. Auf dem Flughafen in Florida, wo er nach seinem Flug von Washington landete, warteten mehr Schaulustige, als zur gleichen Zeit vor den Stufen des Kapitols Lady Gaga beim Singen der Nationalhymne lauschten. Fähnchen schon mitgezählt.

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8 Kommentare

  1. Korrektur:
    Biden soll 42 „executieve orders“ in der ersten Woche unterzeichnet haben.
    Orginal Aussage von „dement Joe“ im US Nachwahlkampf über Trump 2020 (meine Übersetzung):
    „Ein Mann (Trump) der nach „executive orders“ regiert, ohne demokratische Legimation (der Abgeordneten), ist ein Diktator.
    Biden ist der perfekte Politiker. Jeder Tag ist ganz neu für ihn und die Demenz löscht jede Erinnerung an vorherigen Aussagen.

  2. Trump wird nicht mehr kandidieren. Der Mann ist im Rentenalter und hat ein heißes Babe mit dem er sein Lebensabend verbringen kann. Es gibt auch noch ein paar andere Leute, die das, was er machen wollte, machen können. So sonderlich originell waren seine Politikvorschläge ja nun auch wieder nicht.

    Ich vermute hinter dem Impeachment-Theater reinen Hass. Die Linken drehen am Rad. Denen ist auch egal, dass die Republikaner längst verstanden haben, dass ihre Wut nicht Trump galt, sondern den einfachen Bürgern, die er vertreten wollte. Er war nur im Weg.

    Und dann sprach der auch noch schlechtes Englisch. Sollte jemand mit so einem überschaubaren Wortschatz nicht Truck fahren oder Nancy Pelosis Rasen mähen? Das ist die Denke derer, die für den „kleinen Mann“, den „little Guy“, angeblich da sind. Bäh, der Trump bestellt sein Rotwein nicht auf Französisch! Neureich! Vulgär! Jagd ihn vom Hof!

  3. Die Ausgangslage der Republikaner und Senatoren stimmt genau. Es könnte aber auch ein junger Republikanischer Kandidat erscheinen der die bald desolate Lage der USA für seine Wahl ausnutzen kann. Man kann nur hoffen, das die Mehrheit der arbeitenden Amerikaner ohne Gewalt bis zur nächsten Wahl still hält. In seiner ersten Woche hat Biden mit seinen 19 „Executive Orders“ schon mehr Wähler verprellt als die „woken“ Medien vertuschen können.
    Über mangelnde Beschäftigung werden die Verfassungs Gerichte auch nicht klagen können, siehe die Klage Texas gegen Bidens 100 tägigen Abschiebe Stop. Es wird mehr Klagen geben.

  4. Auch wenn es nicht genehm ist. Das Impeachment hätte funktionieren sollen, weil Mr. Trump zumindest verschwurbelt zum Sturm des Kapitols aufgerufen hat. Zumindest hätte er sich bei der Wortwahl denken können wie diese Worte bei radikalreren seiner Anhänger wirken. Er war schließlich noch im Amt und so etwas sollte kein Präsident in einer Demokratie äußern.

      • Typischer Riss im Raum-Zeit-Kontinuum! Die ersten Entglasungsarbeiten und Besichtigungstouren am Kapitol (ca. 12:30) begannen ca. 50 min. vor Trumps mystischen Blutrauschsätzen (ca. 13:20); zudem ca. 45 min. Fußmarsch vom Kapitol entfernt. U. a. radikalisierte er seine hypnotisierten Anhänger mit solchen Sätzen: „I know that everyone here will soon be marching over to the Capitol building to peacefully and patriotically make your voices heard“. Das „peacefully“ hat ihn verraten.

    • Da hat man sich so schön im Recht gewähnt und BUMM… Wieder einmal den öffentlich-rechtlichen und den FakeNews-Schreiberlingen von SZ bis Relotius auf den Leim gegangen…..
      Unangenehm, oder?

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