„Schlammschlacht mit Kothaufen-Emoji – Musk will bei Twitter jetzt Rabatt“ titelt die WELT und beweist, dass sie die Dimension dessen nicht erkennt, was bei der wohl spektakulärsten Übernahme des Jahres gerade vor sich geht. Das anrüchige Häufchen-Icon als Musks Antwort auf einen langen und ausweichenden Tweet des Twitter-CEO Agrawal ist nur der Stein des Anstoßes in dieser „Rabattschlacht“. Musks Ärger geht tiefer und betrifft das eigentliche Kapital Twitters, die aktiven User. Doch nur die menschlichen, echten interessieren ihn. Nicht die Legionen an Fake-Accounts und Bots, die seit Jahren das Glutamat politischer Kampagnen sind und Relevanz, Reichweite und Reaktionen simulieren. Für eine Firma, die Anzeigen auf Twitter schaltet, berechnen sich die Kosten nach Klickzahlen und Reichweiten. Niemand möchte gern hören, jahrelang für die nutzlose Aufmerksamkeit von Bots gezahlt zu haben. Sollte sich Musks Verdacht erhärten, dass auf Twitter nicht nur 5% sondern bis zu 20% aller Interaktionen mit Bots statt mit echten Menschen stattfinden, könnte eine Welle von Klagen enttäuschter Werbekunden über Twitter hinwegrollen. Von den Klagen der Anteilseigner ganz zu schweigen, die ihre Investition auf Sand und Lügen gebaut sähen. Und dann ist da noch die Aufsichtsbehörde SEC, die sich für gefälschte oder geschönte Geschäftsberichte des börsennotierten Unternehmens interessieren könnte. Es ist der Blick hinter die Kulissen, vor dem Twitter geradezu panische Angst hat. Aus guten Gründen, wie wir gerade durch eine kreative journalistische Enthüllung erfahren durften.

Prinzip Honigfalle

Eine erfreuliche Ausnahme im amerikanischen Medienbetrieb ­– der dort noch viel vollständiger und unheilvoller mit dem Politbetrieb verschmolzen ist als in Europa – ist „Project Veritas“. Von den Leitmedien verleumdet oder bestenfalls ignoriert, auf Sozialen Medien gebannt tritt das FBI dem Gründer James O’Keefe schon mal mitten in der Nacht die Türe ein und leitet beschlagnahmte Unterlagen von „Project Veritas“ an die New York Times weiter. Man mag nicht, was O’Keefe tut und lässt ihn das immer wieder wissen. Finanziert durch Spenden betreibt „Project Veritas“ das, was einst die vordringlichste Aufgabe guten Journalismus war: investigative Recherche. Die angewandte Methode ist nicht ganz unumstritten aber legal und einfach. Man nutzt die im woken Milljöh verbreiteten Defizite bei der Partnersuche und platziert Lockvögel – in der Regel attraktive Frauen – auf Tinder. Taucht die Honigfalle dann als Vorschlag bei einem Mitarbeiter des Ermittlungsziels auf, schon sitzt der Nerd seinem Tindertraum in einer Bar oder einem Restaurant gegenüber. Versteckte Kamera und Mikrofon inklusive.

In diesem Undercover-Format sitzt dem Lockvogel nun Siru Murugesan gegenüber, leitender Softwareentwickler bei Twitter. In Anbetracht der Balz-Situation müssen wir die Dimension seine Aussagen natürlich entweder durch zwei Teilen oder mit zwei Multiplizieren, je nachdem, was ihn der vermeintlichen Tinderbekanntschaft gegenüber besser aussehen lassen würde. Aber die Richtung der Aussagen ist entscheidend. Nichts von dem was Murugesan der versteckten Kamera erzählt, wirft ein positives Licht auf Twitter.

Prinzip Hoffnung

Kuriosum am Rande: „Missgendern“ zählt in unserer woke-fluiden Moderne zu den Delikten, bei denen Twitter keine Gnade mit seinen Usern kennt. Die Hauspolitik geht mit Kritikern oder beharrlichen Wunschpronomenverweigerern hart um. Sperrungen und Löschungen sind an der Tagesordnung. Eins-zwei-fix legt das Löschkommando den Hebel auf Meinungshygiene um und ganze Heerscharen von zu jeder Empörung entschlossenen Usern mit Pronomen im Twitter-Bio stehen bereit, den Genderstrolch zur Strecke zu bringen. Da ist es doch recht erbaulich zu sehen, dass selbst leitende Mitarbeiter bei Twitter auf den ältesten und in höchstem Maße geschlechterbinären Trick der Welt hereinfallen und sich per Tinder Wisch und Match nach Strich und Faden von einer Honigfalle ausfragen lassen. Großstadttwitterianer frönen bei der Balz offenbar einem geradezu antiquiert binären Geschlechterrollenverständnis! Der Lockvogel ist zwar nie im Bild, aber wir dürfen getrost davon ausgehen, dass die Dame wohl mehr Ähnlichkeiten mit Scarlett Johansson als mit Judith Butler hat. Die inneren Werte zählen eben doch nicht immer. Das ist einerseits biologistisch-evolutionär erfreulich, entstellt aber andererseits das ganze verlogene Virtue Signalling der Safe-Space-Gendergaga-Architekten bei Twitter zur Kenntlichkeit.

Balzbekenntnisse

Murugesan berichtet, bei Twitter gehe die Angst um vor dem Tag, an dem Musk den Laden tatsächlich übernimmt. Wohl nicht nur deshalb, weil viele seiner Kollegen politisch „super link, links, links, links, links“ stehen, sondern weil das Arbeitsumfeld bei Twitter so gar nicht dem entspreche, was Musk bei Tesla oder SpaceX praktiziert. Effizienz ist das Stichwort, was mir dazu einfällt. Ein Beispiel: Im Tesla-Werk in Brandenburg soll sich laut meiner Quelle kurz vor der Eröffnung folgendes zugetragen haben. Eine Fertigungsreihe aus mehreren Maschinen war schon zur Abnahme bereit, als Musk entschied, alle Arbeitsschritte müssten in einer einzigen Maschine ausgeführt werden. Machen! Mir egal, wie ihr das anstellt! Einfach so. Das Stöhnen und Augenrollen dürfte kein Ende genommen haben bei den Firmen, die Teslas Mega-Factory in den märkischen Sand stellten. Der Manager, der die Maschinenreihe beauftrag hatte und die Abnahme durchführen sollte, wurde auf der Stelle gefeuert und via Privatjet ein Nachfolger eingeflogen. Der landete „per Express“ in Berlin und hatte die Kündigung seines Vorgänger dabei. So vermied Musk, dass jemand auf dem Weg nach draußen noch Schaden anrichten konnte.

Bei Twitter, so Murugesan, wird generell nicht viel gearbeitet. Wer sich nicht wohl fühle, bleibe einfach ein paar Tage oder noch länger einfach zuhause. Er selbst habe im letzten Quartal nur vier Stunden pro Woche gearbeitet. Bei Twitter seien alle „Commie as fuck“, also so kommunistisch wie man nur sein kann. Gemäß dem natürlich, was man bei Twitter unter Kommunismus versteht. Niemand kümmere sich um die Zahlen „wie die Kapitalisten“ (ergo wie Musk) und jeder mache im Grunde, was er wolle. Musk könnte wohl an Tag „Eins“ 90% der Belegschaft vor die Tür setzen, ohne dass es den Betrieb negativ beeinflussen würde. Die Ertragslage wohl eher positiv.

So wie die Arbeit im aktuellen Twitter-Freizeitpark stellen sich ja viele linke Aktivisten die nahe Zukunft vor, wenn sie das Weltklima gerettet und den Kapitalismus abgeschafft haben. Viel Zeit, viel Geld, viel Prestige und wenig Arbeit. Sie halten das für die nächste gesellschaftliche Evolutionsstufe und vergessen dabei, dass es selbst in der rosaroten kommunistischen Theorie („jeder nach seinen Bedürfnissen“) eines wie auch immer verfassten inneren Antriebes („jeder nach seinen Fähigkeiten“) bedürfte, diese Fähigkeiten der Gesellschaft nutzbringend (und natürlich selbst- und kostenlos) zur Verfügung zu stellen.

Da Sozialismus und Kommunismus außer „innerer ideologischer Einsicht“ nur Zwang als Anreiz kennen, Arbeit individuell und leistungsgerecht zu entlohnen, scheitert diese Ideologie ja stets so kläglich wie blutig. Man schiebt es dann gern auf das mangelhafte Material, der Mensch sei eben noch nicht reif, weshalb man es beim nächsten Versuch besser machen und zum Experiment den „neuen Menschen“ schaffen wolle, der endlich geeignet sei, dieses Paradies zu verwirklichen. Im Grunde versucht der Kommunismus dasselbe wie Platon, nur dass es zur „Philosophenherrschaft“ des Kommunismus (im Sozialismus schaltet man wegen mangelndem Klassenbewusstsein noch eine „Partei der Arbeiterklasse“ als Führungsschicht dazwischen) nicht nur einiger auserwählter Weiser bedarf, sondern die Gesamtheit der Menschen solche Philosophen sein müssten, die „im Schweigen der Leidenschaften“, wie Rousseau sagen würde, immer das Richtige und Notwendige in der richtigen Dosierung zur rechten Zeit tun.

Der Twittersozialismus, den linke Bewegungen wie F4F oder die Antifa tatsächlich anstreben, funktioniert anders. Er ist die perfekte Verkörperung des Prinzips, das Michael Klonovsky so trefflich formuliert hat.

„Der Sozialismus ist nicht der Widersacher des Kapitalismus, sondern sein Parasit.“

Da es den idealen, selbstlosen Menschen, der einem System nicht mehr Ressourcen entnimmt, als er darin erzeugt, in toto nicht gibt, erodiert jede nicht marktwirtschaftlich organisierte soziale Struktur ihrem Scheitern entgegen. Für Twitter könnte die Rettung in Gestalt eines markwirtschaftlich-musk‘schen Anti-Idiotikums gerade noch rechtzeitig kommen. Und allen parasitär sozialistischen Ideen, die ja bekanntlich gemeinsam haben, dass sie ihre Wurzeln mit Worten wie „Umverteilen“, „Enteignen“, „Verbieten“ oder „Gerechtigkeit“ in die Blutbahnen funktionierender Gemeinschaften schlagen wollen, sei empfohlen, es doch zur Abwechslung man mit einer anderen biologischen Strategie zu versuchen.

Nicht Parasit, sondern Symbiont sein! Was hindert euch, ein Tech-Unternehmen zu gründen, in dem woke Genderpronomen verpflichtend sind, nur vier Stunden pro Woche gearbeitet und dennoch fürstlich bezahlt wird? Was hindert euch, Städte und Kommunen zu gründen, die CO2-neutral sind, in denen keine Autos fahren, Sonne und Wind allen Strom liefern und die tägliche Genderzuordnung durch das Schwenken von Fahnen kundzutun ist? Zeigt uns, dass all das funktioniert und wir von eurem guten Vorbild lernen können! Symbiose eben! Ich scherze. Wenn das funktionierte – und es mangelte in der Geschichte ja nicht an großen wie kleinen Versuchen – würden wir die leuchtenden Beispiele ja irgendwo auf der Weltkarte finden.

Und wir würden sie tolerieren, denn so ticken die Libertären und Konservativen nun mal, während sich linke Weltrettungs- und Selbstbedienungskollektive wie die Twitterbelegschaft schwer damit tun, dass es da einen Gegenentwurf, eine andere Meinung, eine Alternative geben kann. „…tatsächlich zensieren wir die Rechten und nicht die Linken“ bekennt Murugesan freimütig im Video. Und zwar deshalb, so Murugesan weiter, weil die Rechte zwar die Äußerungen der Linken ertragen und tolerieren könne, jedoch nicht umgekehrt.

Wie so oft in letzter Zeit verwandelt sich jede belächelte und verspottete Verschwörungstheorie über die Arbeitsweise der Social-Media-Plattformen gerade in valide Nachrichten und man muss sich schon sehr zusammenreißen, um nicht mit bitterer Genugtuung auszurufen „Ich hab’s euch doch gesagt!“.

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5 Kommentare

  1. Welcher Ärger und welche Klagen von Werbekunden soll Twitter denn auf sich ziehen? Ich dachte, die hätten gar keine Einnahmen. Die haben doch gar keine Werbekunden, oder? Was die Anleger wollen, ist vielleicht auch das, was sie kriegen: Macht, Zensur und Fanatismus.

    Viel erschreckender ist, dass der Trend mitnichten nur Big Tech umfasst. Das ganze pseudo-moralische Investment von ESG-Score bis Islamic Banking hat für jeden Heilslehrenfanatismus die Bahn frei geschossen. Bei Shell, Exxon und Eon haben sich spezialisierte Aktivistenfonds breit gemacht, die gar nicht wollen, dass die Unternehmen weitere Öl- und Gasfelder entdecken und erschließen. Kein Scheiß! Die nennen sich auch selbstbewusst activist hedge funds!

    Glaubt jemand ernsthaft, dass der Wert von Tesla höher ist als der von allen anderen Automobilunternehmen zusammen? Nein, auch hier gibt es eine Moralblase. Jeder kauft, weil sich schon alle anderen auf die Weise wichtig tun. In Medien und Politik werden die Tesla-Mühlen gehypt und der Absturz ist eigentlich absehbar. Aber solange die Blase wächst, kann man noch verdienen, jedenfalls wenn man später dann einen Tick schneller Verkauft als die anderen.

    Ich erinnere mich auch noch an den Shareholder-Value-Grusel der 1990er und früher 2000er. Da ging es darum, Leute wie Milton Friedman als brandgefährlich darzustellen, weil er das ganze Geschwätz darüber, wofür die Unternehmen angeblich verantwortlich seien – außer natürlich dafür Geschäfte zu machen – als Inkompetenz und pseudo-moralische Wichtigtuerei anprangerte. Jetzt haben wir Unternehmen, die sich dafür feiern, dass sie nix bauen, wofür die Leute freiwillig ausreichend Geld ausgeben würden. Die Märkte werden zusammenkrachen. So viele Zombiluftschlösser können sich nicht ewig auf Treibsand halten.

    • Yo Ben, ’sup.

      Weißt Du, ich frage mich allmählich ernsthaft, wie weit die Marktgesetze im Westen überhaupt noch gültig sind, weil dort der Seigniorage-Effekt nicht nur der lokalen Bevölkerung die Kohle aus der Tasche zieht, sondern der ganzen Welt, die die westlichen Währungen ja als Reserven und harte Währung behandeln, und ihre Geschäfte darin tätigen. Der Westen hat es ja geschafft, mit den eigenen Währungen alle anderen Währungen aus dem internationalen Handelsgeschehen zu verdrängen. Und dadurch scheinen Politiker erheblich stärkeren Einfluss auf das Geschehen nehmen zu können, als „die Marktgesetze“ es andernfalls zuließen.

      Daher scheint mir die Situation zu sein, dass der Westen so lange mit seinem Bullshit durchkommen wird, wie die Restwelt sich darauf einlässt, ihre Reserven und ihren Handel mit westlichen Währungen zu tätigen, und nicht mit etwas, das nicht manipulierbar wäre.

      P.S.

      Meine These bestätigt übrigens die ganzen linken Vorurteile von der Ausbeutung der dritten Welt durch die Erste, also sei vorsichtig, bevor Du ihr zustimmst.

      • Für andere Länder ist es nicht ganz so einfach aus den Dollar-Euro-Pfund-Reserven herauszukommen. Das ist allerdings nicht einem bösen Treiben westlicher Regierungen geschuldet. Das Verhältnis ist zu symbiotisch. Patrick Boyle hat dazu ein ganz gutes Video gemacht.
        https://www.youtube.com/watch?v=y9HoPF0_a6A

        Ich stimme also der linken These nicht ganz zu, auch wenn ich sehe, dass die Inflation und der wirtschaftliche Schaden hier die Ökonomie in ärmeren Ländern mit in den Abgrund ziehen.

        Aber ich sehe auch kaum noch Marktgesetze im Westen eine Rolle spielen. Die Staatsquote ist viel zu hoch, der Markt ist zu verzerrt und die Zentralbank hat mit zu niedrigen Zinsen Fehlinvestitionen ermutigt, die schon das Gefühl dafür zerstört haben, was gebraucht wird und wofür Leute freiwillig ihr Geld ausgeben könnten. „Sozialunternehmen“ sind die Blüte der Dekadenz.

        Und für mich ist Marktverzerrung auch nicht einfach nur trivial. Wenn die Leute nicht mehr sinnvolle wirtschaftliche Entscheidungen treffen, nicht mehr vernünftig haushalten und nichts mehr anbieten, was nachgefragt wird, dann erodiert das Fundament. Dann gibt es über einen längeren Zeitraum auch keinen materiellen Unterschied mehr zum Kommunismus. Der Vorteil eines nicht verzerrten Marktes ist es ja, dass unzählige dezentrale Einzelentscheidungen klug auf sich ändernde Situationen und lokale Bedingungen eingehen können, während eine zentrale Planung an verschiedenen Ecken und Enden immer „dumm“ sein muss. Erhöhen wir jetzt aber ewig die Taktzahl der Staatseingriffen sowie die allgemeine Desorientierung, werden die Entscheidungen genauso dumm. Das Ergebnis wird finanziell das Gleiche sein.

  2. Sehr interessant. Ich bin gespannt, ob Musk es schafft, Twitter zu übernehmen. Ich denke ja, und zwar zu einem veritablen Kursabschlag. Auf das Aufräumen in dieser Revoluzzerbude freue ich mich jetzt schon. Den meisten wird wohl schon schon jetzt ihr fauler Rota…auf Grundeis gehen.

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