Ob wir am Sonntag erleben dürfen, wie das Bundesland südlich des Weißwurstäquators nach jahrzehntelanger Einparteienherrschaft Anschluss an die Moderne findet? Wird Bayern endlich das kunterbunte Berlin einholen können oder weiterhin in feudal-rückständigen Partei-Strukturen mit Ewigkeitsanspruch verharren wie…wie…Bremen, nur anders? In mir ringen der Realist und der Fatalist. Der Fatalist ist längst von der Klippe gesprungen und ruft „nun gebt der Katharina Schulze doch einfach das Land, umso schneller ist es vorbei“, doch der Realist packt den Lebensmüden beherzt am Knöchel und stöhnt „Aber es lief doch bisher so gut in Bavaria! Besser als sonst irgendwo!“

Doch solche Kämpfe toben ja ständig in mir. Auch bei der Energiewende sage ich mir oft, man möge doch bitte endlich einfach auf die Grünen hören und mit einem Countdown von ein paar Tagen alle Atom- und Kohlekraftwerke vom Netz nehmen – am besten jetzt am Wochenende, während die Bundesliga spielt und die Stadien beleuchtet werden müssen, während die Sonne nicht scheint und der Wind nicht… Doch die Vernunft hält den Knöchel des Fatalismus fest umklammert, den Laden mit der anderen Hand am Laufen und das Licht leuchtet weiter. Die einen glauben, es könne gar nicht verlöschen denn es brannte ja immer und die anderen, die das nicht glauben, lassen es zum Glück soweit erst gar nicht kommen. Egal wie sehr sie dafür gescholten werden.

Demokratie in Bayern, sowas gab’s doch gemäß der anerkannten Definition im Grunde noch nie, oder? Regierungswechsel, eines der Merkmale der Demokratie, wie wir alle mal in der Schule gelernt haben und wie wir es aller Welt wärmstens empfehlen, gab es in Bayern bisher nicht. Immer dieselbe Partei am Drücker im Franz-Josef-Land. Wie schön und toll und modern und digital und grün würde es erst werden, wenn auch Bayern wirtschaftlich aufschließen könnte – Bayern könnte unter Grün endlich Motor der Moderne und wirtschaftliches Zugpferd Deutschlands werden! Was meinen Sie? Das sind die Bayern jetzt schon? Wie kann das denn sein, so ganz ohne Demokratie im weiß-blauen Freistaat und ohne die Grünen? Da gäbe es schon noch weitere Ursachen des Erfolgs, meinen Sie? Freiheit zum Beispiel? Die Regierung halte sich weitgehend aus den Belangen der Bürger heraus, sei verlässlich und sorge für Planungssicherheit bei Investitionen, meinen Sie? Auch gäbe es dort ein Schulsystem, das auf Leistung und Wissensvermittlung ausgelegt ist und in dem die Kinder mehr lernen, als klimafreundliches Lüften und gendersensible leichte Sprache…ja, auch das könnte Teil der Erklärung des bayrischen Erfolges sein. Bayern profitiert seit Jahren von einer großen Homogenität, in der die Regeln des Zusammenlebens, der Wirtschaft und der Kultur eben nicht täglich neu ausgehandelt werden müssen sondern feststehen.

Damit befindet sich die CSU im krassen Gegensatz zu den Grünen, die heute noch gar nicht wissen, was sie am nächsten Tag bekämpfen wollen, und über eine sehr viel größere ideologische Flexibilität verfügen. Ein Baum ist für die Grünen im Jahr 2018 nicht mehr ein Baum! Denn der eine steht der Zukunft im Weg, wenn etwa ein Windrad gebaut werden muss, während der andere der holzgewordene Protest ist, wenn es gilt, die Kohleförderung zu verhindern. In NRW zum Beispiel beschlossen die Grünen mit der SPD gemeinsam den Abbau von Braunkohle unter dem Hambacher Forst und heute beklatschen sie Baumhäuser im „Hambi“. Wie’s halt passt, da kann sich schon mal was ändern, da muss man flexibel sein. So flexibel wie Kapital, das dort keine Wurzeln schlagen wird, wo der Geist wurzelloser politischer Beliebigkeit über jedem geschlossenen Vertrag schwebt und ein heute gegebenes Wort morgen schon wertlos sein kann.

Die letzte Volkspartei verschwindet

Es ist nicht ganz klar, wie weit man den sagenhaften Umfragewerten der Grünen in Bayern trauen darf. Die Zuwächse auf bald 20% kommen aus zu vielen Richtungen und sind ungewiss. Die Enttäuschung über die ohnehin schon schwache SPD und die schlingernde, durchsetzungsschwache CSU kann sich in einer Umfrage durchaus in der Ankündigung ausdrücken, Grün zu wählen. Ob das am Ende aber dazu führt, dass der Gefragte sich aufrafft und überhaupt zur Wahl geht, darf durchaus bezweifelt werden. Fällt die CSU am Ende tatsächlich auf 35% oder weniger, wäre in Bayern das Ende der letzten Volkspartei in Deutschland in Sicht und der Umbau des letzten Bundeslandes in ein ideologisches Utopia nähme Fahrt auf. Wenn Schulze bedauert, in Bayern nicht genug Windräder aufstellen zu können, weil Flächennutzungspläne und Abstandregeln zu streng seien (was die betroffenen Anwohner aber gar nicht finden)  oder wenn sie einem Landwirt ins Gesicht sagt, ihn bei der Umkrempelung seines Hofes auf Biolandbau unterstützen zu wollen (obwohl dieser weder um die Umkrempelung noch ums Mitnehmen gebeten hat), wenn Schulze sofort ins „Hey“ oder gleich ins „Du“ fällt, sobald sie ex cathedra spricht und eigentlich überhaupt nicht einen, sondern alle meint…all das zeigt, dass die Grünen das Bundesland Bayern als Ganzes für einen recht groben Klotz Holz halten, an dem sie nur allzu gern herumhacken würden, um ihn hübsch rund zu machen. Wehe, wenn es wie eine Beute an sie fallen sollte.

Aus grüner Sicht nutzte die CSU ihre Gestaltungsmacht, die ihr aufgrund einer absoluten Mehrheit zufiel, nicht konsequent genug, um Politik zu „machen“ und die Gesellschaft „umzubauen“. Statt die Wirtschaft einfach sich selbst zu überlassen oder darauf zu vertrauen, dass jeder Landwirt und auch jeder Bürger selbst am besten weiß, was gut für ihn ist, entstünde unter grüner Ägide ein bevormundender, ideologisierter bayrischer Staatsapparat, der zumindest beim Start noch über ausreichend Mittel verfügen könnte, um allerlei ökonomische und gesellschaftliche Experimente zu starten. Dass sich die Politik in Bayern auf Festbieranstich und Sonntagsreden beschränkt und sich ansonsten vorwiegend mit sich selbst beschäftigt, wäre dann vorbei. Die Grünen wollen „gestalten“ und glauben fest daran den Auftrag zu haben, die Sonne jeden Tag gut von Ost nach West zu bringen. Die eigentliche Frage aber, die man sich am Sonntag in Bayern stellen sollte, ist folgende: Läuft Bayern wirtschaftlich so gut, obwohl die CSU in landesfürstlicher Manier „minimalinvasiv“ regiert, oder gerade deshalb?

Wenn am 14.10.2018 um 18 Uhr die Grünen nicht die absolute Mehrheit in Bayern in den Prognosen haben, lag es jedenfalls nicht an unseren Medien, die sich nach Kräften bemühten, grüne Selbstverliebtheit und Phrasendrescherei zur Aufbruchstimmung umzufiedeln. Vorneweg der Spiegel, dem im Videoporträt von Katharina Schulze einfach nichts peinlich war. Selfiestimmung liegt in der Luft, wenn Schulze dem politischen Gegner vorwirft, die Kohleverstromung für den „ganz heißen Scheiß“ zu halten. Das tun zwar nicht mal die Betreiber der Kohlekraftwerke, die höchsten von „leider notwendigem Scheiß“ reden würden, aber wer kann in dem Moment den Wortschwall bremsen und fragen, ob all die Anwürfe und Verdächtigungen wirklich stimmen, oder nur der schwarz/weiß-Phantasie von Frau Schulze entspringen? Deren Welt teilt sich nämlich exakt in Klimaretter und Klimaleugner, Willkommensklatscher und Hetzjagdveranstalter, Europagegner und Europafreunde. Die „Spaltung der Gesellschaft“ wird von den Grünen gleichzeitig herbeigeführt, beklagt und wie von keiner anderen Partei genutzt. Die Medien, mehrheitlich ohnehin auf grüner Linie, rollen dafür nur zu gern den journalistischen Klangteppich aus.

Schulze beantwortet Fragen mit Grundsätzen

Wie es journalistisch richtig geht, zeigte ausgerechnet die BILD in einer Fragerunde, die man mit der Spitzengrünen veranstaltete. Den Auftritt Schulzes kann man nur als im entlarvenden Sinne gelungen bezeichnen, weil sie auch auf wiederholtes Nachfragen immer noch auf ihren Textbausteinen und Plattitüden beharrte. „Was ich sagen möchte ist das, was ich erwähnt hatte“ – na da schau her, schöner hätte auch die Kanzlerin nichts sagen können! Trotzig bis patzig war Schulzes Vortrag, voller Klingelworte und teils unverschämter und unbelegter Anschuldigungen. Der Vorwurf eines Zuschauers, der nach einer Stunde Dauerfeuer sagte, „Des wor wie früh’r in der Schul‘“ und vom Niveau einer Schülersprecherin* sprach, die „koa einzigs mal jo oda nei sag’n kinna“ trifft leider nur zu genau. Die Grünen und im besonderen Maße deren Spitzenkandidatin treffen mit ihrer internationalistischen Agenda auf gewachsenes Lokalkolorit, dessen Sprache sie nicht einmal verstehen. Sie reden von „Bayern als Teil Europas“, während die Franken noch nicht entschieden haben, ob sie überhaupt und endgültig zu Bayern gehören wollen. Auf den im besten bajuwarisch vorgetragenen Vorwurf, wie eine Schülersprecherin zu agieren, sagte Schulze wörtlich: „Ich habe klar formuliert, wofür wir Grüne stehen. Der Unterschied zu anderen Parteien ist, dass wir eine klare Haltung haben“. Eine klare Haltung haben die Grünen in der Tat, aber eben nicht zu Bayern, sondern zu ihrer internationalistischen Erziehungsagenda, in der es für bayrische Sonderwege und lokale Verstiegenheiten einfach keinen Platz mehr gibt. „Ich habe klar formuliert“ bedeutet „ich habe Recht!“, die „klare Haltung“ bedeutet „ich weiß alles besser“ und wenn sie abschließend lächelnd ausruft „Wir Grüne gestalten mit den Menschen zusammen die Zukunft“ weiß man von Hof bis Garmisch und von Passau bis Neu-Ulm, was ansteht: die unfreundliche Übernahme durch eine Alien-Partei, die nur galaktische Ziele kennt und in Bayern einen Interessenausgleich zwischen „Grünen und Menschen“ herbeiführen möchte. Das in den nächsten vier Jahren mit anzusehen, könnte allerdings auch dem Fatalisten in mir großen Spaß machen.

 

* Dieses Wort benutzt Katharina Schulze natürlich nie, denn das würde selbst ihr perfekt gegendertes Hochdeutsch überfordern. Denn korrekt müsste es natürlich Schülerinnen-und-Schüler-Sprecherinnen-und-Sprecher heißen.

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„B-R-E-X-I-T“

21 Kommentare

  1. Jetzt sind die Grüne also zweitstärkste Partei in bayern. Was das für uns Autofahrer bedeutet, kann man sich ja vorstellen. Ich habe mir gerade ein schönes SUV gekauft, muss jetzt aber feststellen, dass die normierten Parkplätze zu klein sind. Das ist ein echtes Problem, macht aber deutlich, dass die Schönheit eines Autos heute überhaupt nichts zählt. Statt ausreichend große Parkplätze in genügender Anzahl zur Verfügung zu stellen, wird das Geld für Windräder verbraten oder für Illegals. Es ist der Kampf gegen die Schönheit (https://www.achgut.com/artikel/kampf_gegen_die_schoenheit, schöner Artikel von Annabelle Schunke!), der diese Grüninnen antreibt:

    Grüninnen hassen Autos, denn
    Selbst sind sie nicht schön, meist zu breit.
    Daher der Kampf gegen den Cayenne,
    Den Diesel. Daher rührt ihr Neid!
    (Siegfried Prütt 2018)

  2. Grüne zerstören mit Erfolg
    Was Ingenieure schafften.
    Was Morgenthau entwarf für’s Volk,
    Müssen wir heute verkraften.
    (Siegfried Prütt 2018)

  3. „In NRW zum Beispiel beschlossen die Grünen mit der SPD gemeinsam den Abbau von Braunkohle unter dem Hambacher Forst und heute beklatschen sie Baumhäuser im ‚Hambi‘.“

    Es geht doch nicht um Aussagen oder Logik; es geht um die Diskurshoheit. Gerade Frauen wollen jeden Tag eine andere Welt aushandeln. Da ist es doch völlig belanglos, was gestern beschlossen wurde; Faschist ist, wer heute eine andere Meinung hat. Linkspopulistische Frauen konnten problemlos noch gestern für Gleichberechtigung und Gewaltfreiheit kämpfen und heute messernde Machos „merhaba“ heißen; morgen stimmen Frau Jelpke oder Hendricks nach einem Blick in den Spiegel vielleicht sogar ein in das Hohelied der Burka.

    Es geht nicht um die Inhalte, es geht um die weibliche Dominanz. Zutiefst frustrierte alte Schabracken machen alles kaputt, was besser funktioniert oder besser aussieht als sie selber. Allen voran Gestalten fleischgewordenen Männerhasses wie Judith Butler und Luise Pusch.

  4. Schulzes Vorstellungsvideo auf Youtube hat aktuell 78+ zu 521- Bewertungen. Wie von ihr gewünsccht hinterließ ich einen Kommentar („…wenn Sie die „Spitzenkandidatin“ der Grünen sind, dann graut mir vor dem Rest.“)
    Allerdings zeigt die Seite seltsamerweise „0 comments“ und es sind auch keine weiteren Kommentare zu sehen, obwohl das Video schon eine Woche im Netz ist, und in einem anderen Forum jemand behauptet, ebenfalls dort kommentiert zu haben.

  5. Der Optimist in mir sagt, dass Bayern Humorvizekönig ist (Hessen ist König) und man bei Umfragen dann „grün“ sagt, aber am Ende dann doch selbst die Satanistisch-Feministische Einheitsvielfaltseinfaltspartei* denen noch vorziehen würde.

    *Die sehen immerhin Dieselabgase als natürliche Alternative zu Koks.

    • Vielleicht noch eine kleine Aufmunterung. Ezra Levant’s „Rebel Media“ versucht sich ein Bild zu machen. Bitte über kleine Fehlerchen hinwegsehen. Ich finde es großartig, dass sich mehr und mehr Menschen für den Wahnsinn hierzulande interessieren. Nur so kommt etwas Bewegung in die internationale rot-grüne Sekte.

      https://www.therebel.media/rebelbavaria

  6. Wenn die Umfragewerte stimmen und auch eine Frau Schulze nicht abschreckend genug ist (und ihr Video ist extrem gruselig), ist den Biodeutschen nicht mehr zu helfen. Da bleibt nur noch zurücklehnen und vom Schaukelstuhl aus auf den Sonnenuntergang warten. Die Mehrheit hat es so gewollt.

  7. Wird aber trotzdem gewählt. Die linksgrünen Genoss*Innen haben mit ihrer ökohysterischen Gehirnwäsche ganze Arbeit geleistet; mit freundlicher Unterstützung der „Qualitätsmedien“.

  8. Warum nur Bayern und nicht ganz Deutschland? Ach so, das haben sie ja schon weitgehend. Jedenfalls im (Würge)Griff. Na dann.

    • Ich fürchte, bis auf Bayern haben die den Rest schon in der Tasche. Na gut, Sachsen leistet noch Gegenwehr, muss sich dafür aber mit Nutella bewerfen lassen.

      • Noch sind in 14 von 16 Länderregierungen die grünen oder roten Kommunisten vertreten. Das Pendel schwingt aber gewaltig in die Gegenrichtung. Und das in der gesamten Ersten Welt.

        Wenn der Michel und die Micheline mehr internationale Presse läsen, würden sie bemerken, welche Scheinwelt uns von Zeit, Stern & Co. vorgespiegelt wird. Vor allem die Verteufelung von Trump ist ein rein deutsches Phänomen. Und ebenso die Vergötterung der Kindlichen Kaiserin, die überall sonst belächelt, verachtet oder ignoriert wird.

        Ein klassischer Fall von Projektion übrigens, wie unsere Presse dem POTUS alles anhängt, was bei der GröKAZ zum offensichtlichen Befund gehört…

  9. Sehr guter Artikel.
    Köstlich der Fatalist und der Realist. So zerrissen fühle ich mich auch oft.
    Danke Herr Letsch.
    Hoffen wir mal, dass die Bayern gute Entscheidungen treffen. Eine Entscheidung für Frau Schulze gehört m.M. nach nicht dazu.
    Wir werden sehen.

      • Ich denke, intellektuell ÜBERfordert trifft zumindest den gruseligen Video-Clip… Da möchte man bei so viel Arroganz und Selbstverliebtheit glatt in den Boden versinken – nur leider öffnet der sich nicht…
        „Ich wünsche mir, die Bundesregierung hätte die Moral einer Telefonzelle. In der zahlt man nämlich zuerst und wählt dann. Bei der Bundesregierung muss man immer zuerst wählen und dann zahlen.“ Oskar Lafontaine

  10. Da bleibt ja nur der Ritt auf der Endzeitangst mancher Menschen. Grün ist das Leben und schwarz der Tod.

    • Nö. Weiß-Blau ist definitiv der Erfolg, das Leben folglich wohl auch; hingegen die perfekt gendernde grüne Endzeitstimmung (die sich als Aufbruch daherlügt) ist der Tod von Weiß-Blau.

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