Wenn selbst Hannes Stein über den Mugshot von Donald Trump von einem „ziemlich guten Foto“ spricht, ist die Sache wohl ernst. Denn irgendwie hatte man sich das Foto wohl anders gewünscht. Müde, erschöpft und geschlagen wollte man ihn sehen, den „Orange Man“, nicht mit eiskaltem Racheblick, wie er nun von T-Shirts, Kaffeetassen und Stickern ins Elektorat gucken wird. Nur noch eine Anklage sei er von der Präsidentschaft entfernt, sagte Trump unmittelbar vor der Nachricht, sich dem Gericht ergeben und nach Georgia begeben zu sollen, um sich auch dort erkennungsdienstlich behandeln zu lassen. Zumindest die Umfragewerte geben ihm recht: Er führt mit so großem Abstand das Bewerberfeld der Republikaner an wie wohl noch kein Kandidat seit 40 Jahren. Tendenz: von Anklage zu Anklage steigend. Vor Biden liegt er in den Umfragen indes nur sehr knapp.

Zeitlich hätte er es schaffen können, nach der ersten Debatte der Republikaner in Milwaukee nach Atlanta zum Fototermin zu fliegen, doch Trump nahm an dem Event der Bewerber nicht teil. Der Veranstalter Fox News habe das nicht verdient, er selbst habe das nicht nötig, so Trump. Außerdem werde er auf keinen Fall den geforderten Eid leisten, den am Ende siegreichen Kandidaten der Republikaner zu unterstützen. Im Feld seien einige Kandidaten, die er niemals unterstützen werde. Auch mag für seine Abwesenheit eine Rolle gespielt haben, dass gerade die Staatsanwaltschaft in DC ihm einen Maulkorb verpasst hat, über bestimmte Aspekte seines Falles in der Öffentlichkeit zu sprechen, was in Trumps Wahlkampf, der sich hauptsächlich um ihn selbst und die Ereignisse von 2020 dreht, fast unmöglich durchzuhalten ist.

Die erste Debatte der republikanischen Herausforderer Bidens fand also ohne Trump statt, der zur gleichen Zeit in einem Interview mit Tucker Carlson auf Twitter-X zu sehen war. Laut Spiegel stachelte der „hart rechte Ex-Moderator Carlson Trump immer wieder an“, was schon eine sehr grotesk gefärbte Darstellung ist, denn selten plätscherte ein Interview eines Präsidentschaftskandidaten ruhiger dahin als eben dieses: Ein gefasster, gut aufgelegter Trump beklagt sich über die Behandlung seiner Person, und Tucker spielt Softball mit ihm. Kritische Fragen: Mangelware. Eine nette Unterhaltung mit gigantischer Reichweite (über 200 Millionen Impressionen) als Gegenveranstaltung zur eher klassischen, ja, klassizistischen Debatte auf Fox News. Sogar das „Bimmelimm“, welches die Redezeit der TV-Kombattanten bei Fox begrenzte, wirkte wie aus der Zeit gefallen.

„Ich bin das Steak, er der Salat!“

Tucker Carlsons Interview wiederum war kaum mehr als ein Nachweis der Vitalität im direkten Vergleich zum Amtsinhaber Biden, denn Trump beweist immerhin, dass sein Sinn für Humor noch intakt ist (Biden laufe wie auf Zahnstochern, zwei Zoll Rasen seien schon zu hoch für ihn und er könne nicht mal einen Strandsessel anheben…), dass er ganze und sinnvolle Sätze formulieren kann, dass sein Gedächtnis funktioniert und dass ihn das juristische Dauerfeuer nicht aus der Fassung bringt. Alles Dinge, in denen er sich grundlegend und für alle sichtbar von Biden unterscheidet. Die Botschaft – und es ist fast die einzige: „Ich bin das Steak, er der Salat!“

An diesem einen Abend sollte die Musik in Milwaukee also ohne den Kapellmeister spielen, und die acht (hinter Trump) aussichtsreichsten Republikaner für die Nominierung boten trotz all der gescripteten Antworten zumindest deutlich mehr Unterhaltung als vergleichbare Veranstaltungen in Deutschland. Um eines gleich vorwegzunehmen: In allen behandelten Politikfeldern unterscheiden sich die Kandidaten nur marginal. Mit einer Ausnahme, auf die ich noch zu sprechen komme. Alle Kandidaten sind sich einig, dass Grenzsicherung, Schuldenabbau und eine Reform des Bildungssektors erste Priorität haben, alle sondern diesbezüglich die üblichen politischen Floskeln ab. Auch hier mit einer Ausnahme.

Man muss die Veranstaltung angesichts der Umfragewerte ohnehin eher unter dem Aspekt der psychologischen Profilierung betrachten und Punkte für die potenzielle Eignung als Sidekick für den in allen Umfragen unangefochten führenden Trump vergeben. Etwas weniger wahrscheinlich, aber dennoch wichtig ist, wer in die Fußstapfen Trumps würde treten können, falls eine der vier Anklagen zur Anwendung des 14. Verfassungszusatzes führt und Trump generell oder auch nur in einem Bundesstaat von den Wahlzetteln gestrichen wird. Bis zur ersten Vorwahl in Iowa sind es noch fünf Monate. Zeit, alle acht Kandidaten angesichts ihrer Performance in der ersten Debatte kurz und entlang der Bühnenordnung von links nach rechts zu bewerten.

Wie ein BVB-Schal im Schalke-Fanblock

Asa Hutchinson (bis Januar 2023 Gouverneur von Arkansas)

Das erste, was an Hutchinson auffällt, ist sein starker Akzent. Außer seiner starken Abneigung gegen Trump, versteht sich, den er für moralisch disqualifiziert hält. Von allen Kandidaten mochte das Publikum ihn offenbar am wenigsten. Mehr muss man über ihn und seine Aussichten, die Kandidatur zu gewinnen, wohl nicht wissen.

Chris Christie (bis 2018 Gouverneur von New Jersey)

Der Anti-Trump ist nach DeSantis die zweitliebste Zielscheibe des Ex-Präsidenten. Er kommt in der Debatte besser rüber, als sein Ruf vermuten lässt, und ist einer der wenigen Anwesenden mit Humor. Vivek Ramaswamy klinge wie ChatGPT, stichelt Christie. Er habe die Befürchtung, ein junger unerfahrener Typ wie Vivek werde am Ende genauso enttäuschen wie Obama. Später beschwert Christie sich scherzhaft, dass ausgerechnet er die Frage nach UFOs beantworten solle, nur weil eine Frau in seinem Staat New Jersey welche gesehen haben will. Christie hat kaum mehr Chancen auf die Nominierung als Hutchinson, auch wenn er sich gern mit Reagan vergleicht, welcher als republikanischer Gouverneur aus einen „blue state“ gekommen sei und dann gegen einen Amtsinhaber (Carter) gewonnen habe. Christie mag eloquent sein, ein Reagan ist er sicher nicht.

Mike Pence (bis 2017 Gouverneur von Indiana, Vizepräsident unter Trump)

Sein ganzes Auftreten, sein starrer Blick, seine langen Sprechpausen… alles soll sagen: „Ich habe Erfahrung, ich bleibe ruhig, ich verhalte mich korrekt“. Die Fliege auf seinem Haar war das Aufregendste, was von Pence im Wahlkampf 2020 zu berichten war, und diese Aufregung scheint er in diesem Wahlkampf noch mal halbieren zu wollen. Pence ist anschlussfähig für die vielen unabhängigen Wähler, die ihn als Retter der Demokratie feiern, weil er Trumps Ansinnen, die „Wahl zu stehlen“, 2020 eine Absage erteilt habe. Der Trump-Basis ist Pence allerdings so verhasst wie ein BVB-Schal im Schalke-Fanblock, und bevor er im MAGA-Block eine Stimme bekommt, dürfte die Hölle Kühlzentrale für Käpt’n Iglo sein.

Kugelsicheres Wahlsystem in Florida

Ron DeSantis (Gouverneur von Florida)

Zweifellos ist Florida mit seiner boomenden Wirtschaft, wenig staatlicher Regulierung und niedrigen Steuern gerade das Erfolgsmodell unter den US-Bundesstaaten, und DeSantis’ Politik hat daran großen Anteil. So viel Gutes kann man über seine Präsidentschaftskampagne gerade nicht berichten. Es gelingt ihm nicht, die böswilligen Falschbehauptungen („Don’t-say-gay-bill“) in den Medien zu zerstreuen oder das Publikum landesweit zu begeistern. Das Wahlsystem Floridas wurde nach der Wahl im Jahr 2000 geradezu kugelsicher und transparent gestaltet und dürfte das modernste und sicherste im ganzen Land sein. Mir ist schleierhaft, warum DeSantis es nicht schafft, dies zum Exportschlager zu machen, ja, dies nicht einmal thematisiert. Er wirkt meist hölzern, seine Reden begeistern kaum, seine Ausbrüche wirken inszeniert. Es gibt Ausnahmen, auch in dieser Debatte. So, als die Moderatoren ein „yes or no“ zur „Bedrohung durch den Klimawandel“ von den Kandidaten fordern. DeSantis ruft „Sind wir Schulkinder?“ und fordert „Lasst uns darüber debattieren!“ Derzeit sieht es so aus, als würde DeSantis seine wenig erfolgreiche Kampagne neu starten, nachdem er einiges Personal ausgetauscht hatte. Trump an Radikalität noch überbieten zu wollen, statt die Skalierung erfolgreicher Florida-Politik zu versprechen, erwies sich als Gift in den Prognosen. Weder stünde DeSantis als VP für Trump zur Verfügung, noch würde der ihn je auswählen. Stattdessen arbeitet sich Trump seit Monaten an ihm ab.

Vivek Ramaswamy (Unternehmer)

Jung, Self-made-man, Migrationshintergrund, stets der Klügste im Raum – so könnte man Ramaswamy charakterisieren. Anders als Trump, der sich seine Gegner gern einzeln vorknöpft, schafft es Ramaswamy mit einem Halbsatz, gleich das gesamte Panel (und das halbe Publikum) gegen sich aufzubringen. Jeder außer ihm selbst sei hier doch „bestellt und bezahlt“, also irgendwie gekauft und bestochen. Eine Einschätzung, die angesichts der finanziellen Erfordernisse von Wahlkampagnen in der amerikanischen Politik nicht gänzlich falsch ist. Doch wer alle angreift, greift niemanden an. Was er erreicht, ist, dass alle Augen auf ihn gerichtet sind – und alle Gegenwehr. Nichts davon erreicht ihn persönlich oder kratzt seine Politikerehre, auf die alle anderen Kandidaten große Stücke geben und sehr zornig werden, wenn sie angegangen wird. Ramaswamy ist kein Politiker, er kennt diese Ehrenhändel nicht, stellt sie aber auch nicht in Rechnung. Klimawandel? Nichts als Betrug! Das Buuhhh aus dem Publikum kommt prompt!

Und Ramaswamy legt nach: die Klimawandelpolitik sei schlimmer als der Klimawandel selbst, womit er nach dem Buuhhh gleich wieder Applaus erntet. Überhaupt schlägt das Publikum bei ihm am heftigsten an, in Zustimmung wie in Ablehnung hat er die größte Bandbreite. Immer ist er auf den Zehenspitzen, alert, schlagfertig, unterbricht, hakt nach, bleibt niemandem eine Beleidigung oder Spitze schuldig. Auf den giftigen Obama-Vergleich Christies entgegnet Ramaswamy lachend, Christie dürfe ihn jetzt ruhig umarmen, denn das habe er mit Obama ja auch so getan. Er hat sichtbar Spaß an der Provokation, riskiert eher, seine Meinung später korrigieren zu müssen, als eine klare Aussage zu verweigern.

Die Debatte in Milwaukee beherrscht er spielend. Und er vertritt als Einziger die Forderung, die angesichts der Probleme im Inland unpopulären Zahlungen an die Ukraine nicht weiter auszuweiten. Ramaswamy ist der einzige Kandidat im Feld, den Trump nie direkt angegriffen hat, was ihn sowohl als VP als auch als Reservekandidat und „MAGA-Erbe“ tauglich macht. Dass Ramaswamy, ähnlich wie Trump, ein politischer Neuling und Quereinsteiger ist, verstärkt diesen Eindruck. Ob die Egos von Trump und Ramaswamy aber wirklich kompatibel sind? Ich habe da so meine Zweifel, denn Trump duldet neben sich bekanntlich keine Sonne. Jedenfalls keine, die eloquenter und intelligenter ist als er selbst. Ramaswamys Hand war allerdings als erste und ohne Zögern oben, als die Moderatoren wissen wollten, wer Trump auch nach einer möglichen Verurteilung noch unterstützen würde. Loyalität ist eine Währung, in der Trump zahlt, was ihn allerdings auch mindestens das erste Jahr seiner ersten Amtszeit gekostet hat. Doch das ist eine andere Geschichte.

Nikki Haley (bis 2017 Gouverneurin von South Carolina, UN-Botschafterin bis 2018)

Angesichts des angehäuften Defizits sei es Zeit für einen guten Buchhalter im Weißen Haus, so Haley, die wohl von allen Kandidaten den längsten Anlauf für ihre Kandidatur genommen hat. Nach ihrem Rücktritt als Trumps UN-Botschafterin hielt sie sich beharrlich aus der großen Politik heraus und fütterte stattdessen ihre Social-Media-Accounts mit harmlosem Content wie öffentlichen Networking-Fotos in Clubs, Rathäusern, Partys oder familiärer Idylle. Sollte sie schon länger mit dem Gedanken an eine Kandidatur liebäugeln, dann im Verborgenen und via Gerücht. Sie war als UN-Botschafterin und ist in der Debatte schlagfertig, faktensicher, realistisch. Hinter Ramaswamy klar die zweite Gewinnerin.

Tim Scott (Senator von South Carolina)

Der Senator mit dem Duktus eines Predigers. Eine Attitüde, die er in Abstufungen bis zum Martin-Luther-King-Ähnlichkeitswettbewerb hochfahren kann. Humor hat er auch: „Ich komme aus dem Süden, ich rede langsam“. Sehr sympathisch, in der Debatte jedoch – man verzeihe mir den bösen Kalauer – recht farblos.

Doug Burgum (Gouverneur von North Dakota)

Doug wer…? Burgum weiß eigentlich selbst nicht recht, wie er in die Debatte gekommen ist und wirkt, als müsse er sich überwinden, zu sprechen, verhaspelt sich auch oft. Was er dann aber sagt, hat Hand und Fuß. Einen besonderen Punkt hat er in der Abtreibungsdebatte. Er sei gegen den Versuch, die Angelegenheit wieder auf Bundesebene zu heben, wie viele Reps dies – zum Leidwesen der letzten Zwischenwahlen und aktueller Umfragen – fordern. Man habe nicht 50 Jahre gegen Roe v. Waide gekämpft, nur um fünf Minuten nach der Entscheidung des Obersten Gerichts zu fordern, Washington solle wieder für alle entscheiden, nur diesmal anders. Nein, die Sache sei in den Bundesstaaten gut aufgehoben. Ich würde Burgum als dritten Sieger in der Runde einordnen, wenngleich seine Chancen auf die Nominierung nahe Null sein dürften. Aber als Sidekick für Trump… denkbar.

Der Elefant im anderen Raum

Um eine Nominierung zu gewinnen, muss man so auftreten, als hätte man sie bereits in der Tasche. Derzeit gibt es nur einen, auf den das zutrifft – und das ist Joe Biden. Der Grund dafür ist weder seine „erfolgreiche Politik“, für die er den doppeldeutigen Begriff „Bidenomics“ verwendet, noch sein von Tag zu Tag schwächer werdendes politisches Licht. Vielmehr ist Kamala Harris seine politische Lebensversicherung. Bidens Entscheidung, Harris zum VP zu wählen, muss im Nachhinein als Drohung verstanden werden. ‚Sägt ihr mich ab, bekommt ihr sie!‘ Eine Wahl mit Harris als Spitzenkandidatin könnte wohl auch ein republikanisches Schinkensandwich gewinnen.

Debatten mit anderen Dems wird sich Biden nicht stellen, alle Versuche, etwa durch Robert Kennedy Junior, ihn herauszufordern, werden ignoriert, und als Amtsinhaber muss Biden auch nicht begründen, warum. Ob es im eigentlichen Wahlkampf zu einem Treffen mit dem republikanischen Herausforderer kommt, ist ebenso fraglich. Man setzt lieber auf die Strategie, den Wählern Angst vor Trump einzujagen, und bei vielen Wechselwählern könnte das funktionieren. Schon die Vorstellung, für jemanden zu stimmen, dessen Konterfei auf Mugshots zu sehen ist und der viermal angeklagt und vielleicht auch verurteilt wird, ist vielen in der politisch eher uninteressierten Vorstadt-Mittelschicht zuwider.

Andererseits ächzt gerade diese Mittelschicht unter der galoppierenden Inflation, den hohen Energiekosten und den gestiegenen Zinsen, und es ist zudem schwer, die aktuellen politischen Volten noch der Vorgängerregierung in die Schuhe zu schieben. Und da sind ja noch die dicken Kerben in Bidens Brett: der vermasselte Truppenabzug aus Afghanistan, die vielen unschönen Details, welche die Untersuchungen des Geschäftsgebarens der Familie Biden durch den Kongress ans Licht bringt und als aktueller Höhepunkt die Reaktion Bidens auf die vielen Opfer der Brände auf Hawaii. Man kann nicht in eine Community gehen, die gerade hunderte Todesopfer durch die Feuer zu beklagen hat und darüber sprechen, dass man „beinahe“ mal seine geliebte 67er Corvette durch ein Feuer verloren habe! Bidens Corvette geht es bekanntlich bestens, wie wir seit dem Fund geheimer Dokumente in seiner Garage wissen, und ganz Hawaii zeigte ihm gerade den Mittelfinger.

Ganz zu schweigen davon, dass selbst viele harte Nevertrumper die politische Instrumentalisierung der Justiz gegen Bidens Rivalen kritisch sehen. Ein Telefonat Trumps mit dem ukrainischen Präsidenten, in welchem der nach dem Stand der Ermittlungen in Sachen Burisma fragte, war Gegenstand des ersten Impeachments gegen Trump. Der Vorwurf: Trump würde versuchen, die Justiz gegen seinen politischen Gegner in Stellung zu bringen. Biden hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal seine Kandidatur für 2020 erklärt, während Trump zum Zeitpunkt sämtlicher Anklagen gegen ihn schon der aussichtsreichste Kandidat der Republikaner war. Wie berechtigt Trumps Neugier damals war, erfahren die Amerikaner gerade durch die Anhörungen im Kongress.

Was in den jeweiligen Paralleluniversen gedacht wird

Der liegt in den Umfragen stabil 30 bis 50 Prozent vor allen seinen Rivalen, ganz gleich, womit er beworfen wird. Er hat fast schon ein Geschäftsmodell daraus gemacht und sammelt fleißig Spenden ein. Die braucht er gerade in erster Linie für seine Prozesse, und für anderes bleibt auch kaum Zeit. Etwa dafür, den möglichen Wahlsieg 2024 durch geeignete (legale) Maßnahmen zu sichern. Etwa durch „Ballot Harvesting“, wo es erlaubt ist, durch mehr Wahlbeobachter und Freiwillige bei den Auszählungen und generell mehr Transparenz im Wahlprozess der einzelnen Bundesstaaten.Dazu sind legislative Prozesse nötig, die viel Vorlauf brauchen und für die es fast schon zu spät ist. Trump tritt ja im Grunde zu denselben Bedingungen wieder an, unter denen ihm die letzte Wahl „gestohlen“ wurde. Wenn sich aber prozedural nichts ändert, wie kommt Trump auf die Idee, es diesmal zu schaffen? Seine Untätigkeit in dieser Sache und sein Beharren, bei der Auszählung selbst sei einiges nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen, statt dafür zu werben, die legislativen Bedingungen, etwa das generelle Wählen per Briefwahl, zu reformieren, stärkt vielleicht seine Position Georgia-Prozess, schwächt aber seine Wahlchancen für 2024.

In Milwaukee haben wir laut Glenn Greenwald eine Debatte in einem Paralleluniversum erlebt, in welchem Trump nicht antritt. Trump wiederum tritt in einem Paralleluniversum zur Wahl an, in dem er immer noch glaubt, dass ihm niemand schaden kann, nur weil er eben Trump ist und das gern „deep state“ genannte Establishment in den vielen Drei-Buchstaben-Organisation ruhig und gelassen ihrer Zerschlagung entgegensieht. Im Paralleluniversum der Demokraten gibt es gleich gar keine ernsthaften Gegenkandidaten mehr, weil man sich derer vorab in Gerichtsverfahren entledigen kann und die Exekutive der ehemaligen Regierung sowie deren Anwälte gleich mit abräumt. Sollte das nicht genügen, sind im nächsten Schritt dann die „Unterstützernetzwerke“, also die Sponsoren, kritische Journalisten und Blogger dran, zu guter Letzt die „Falschwähler“ selbst. Schließlich kriegt man gemäß dem in Georgia gegen Trump in Stellung gebrachten RICO-Law (Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act) jeden „dran“, der dem „Mafiaboss“ auch nur eine Zeitung verkauft und dafür Geld genommen hat.

Wir dürfen also gespannt sein, ob die Abschaffung der Demokratie zum Zweck der Rettung derselben zuerst in den USA oder in Deutschland abgeschlossen sein wird. Wer glaubt, schon die US-Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 seien an Wendungen, Lautstärke, Kosten und Absurdität nicht zu überbieten gewesen, der sollte sich für 2024 auf einiges gefasst machen.

Zuerst erschienen auf achgut.com

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4 Kommentare

  1. Eigentlich ist es wurscht, was Ron DeSantis macht. Wenn er nominiert wird, dann weil mehr Leute auf ihn aufmerksam werden, weil Trump verurteilt wird oder weil Trump was Dummes macht. Wir steuern auf eine Krise zu. Die Massen gieren nach Vertrautem. Das ist ein Vorteil sowohl für den Präsidenten und den Ex-Präsidenten. DeSantis ist der bessere Kandidat, aber Trump war auch schon 2020 der bessere Kandidat und äußere Bedingungen (damals Covid) können alles entscheiden. Das gesagte schließt nicht aus, dass DeSantis der Kandidat sein könnte.

    Hinter der Trumpverfolgung liegt die Tatsache, dass die Oberschicht zu viel Dreck am Stecken hat. Bevor ich auf die amerikanischen Verhältnisse eingehe, will ich noch daran erinnern, dass das in Deutschland auch so ist. Mein Augenöffner war die Medienreaktion auf die Pegidaparole „Lügenpresse“. Man bemühte sich erst gar nicht den Vorwurf zu zerstreuen. Natürlich lügen die. Sie irren nicht, sie „lückenpressen“ auch nicht, sondern sie wissen um ihre Lügen. Wer den Vorwurf äußert hat sich zu schämen. Und birgt das Wort „Lügenpresse“ nicht die Gefahr, dass Nazis aus ihrer Gruft aufsteigen und das Land übernehmen? Nein, natürlich nicht. Und das dachte auch keiner. Voluntäre in die Archive zu schicken, um jede Verwendung des Wortes zwischen 1933 und 1945 aufzuspüren, ist einfach eine Arschlochreaktion von Leuten, die nun mal wissen, dass sie lügen und den Vorwurf auch gar nicht beabsichtigen zu entkräften. Das ist halt so. Die halten sich nicht für gut, sondern für schlau und überlegen. Das langt denen. Die denken auch jetzt nicht, dass der Aiwanger mit dem alten Zettel Nazis aus dem Totenreich holt oder sonstwie gefährlich ist. Das sind einfach schlechte Menschen und die wissen das.

    Friedrich Merz wäre mit ehrlicher Arbeit nicht zu 12 Millionen Euro gekommen. Ich hätte so meine Vermutungen, was da gelaufen ist, aber ich lass das mal. Er weiß es. Ursula von der Leyen, Scholz, Merkel und so weiter wissen, was sie gemacht haben. Sie wissen, wie marode Deutschland und seine Wirtschaft jetzt sind und dass das Land erst langsam fällt und dann schnell. Dazugehören zählt, wenn die Massen nicht mehr selbstverständlich auf Währung, Sicherheit, Wohlstand und medizinische Versorgung zählen können. Entsprechend blinkt Merz auch in alle Richtungen. Sein Opa, einst SA- und NSDAP-Mitglied, hatte sich nach dem Krieg die volle Pension eingeklagt. Merz kann hinterher sagen, dass auch er innerlich gehadert habe. Er hat ja irgendwas zum Gendersternchen gesagt und so.

    Das Böse ist zur vielköpfigen Hydra geworden. Das ist schwerer zu begreifen und abgefahrener als eine Verschwörungstheorie mit Organisation und Befehlsketten. Der amerikanische Geheimdienst zum Beispiel ist ein riesiges Netzwerk. FBI, CIA, NSA, Homeland Security und viele weitere Agenturen gehören dazu. Tausende Menschen arbeiten dort. Koordiniert? Immer?

    Natürlich kann ich nicht sagen, ob die Behauptungen zutreffen, dass Christine Blasey Ford für den Geheimdienst gearbeitet hat. Um meinen Punkt zu illustrieren reicht es, dass es wahrscheinlich ist. Mir fiel damals auf, wie die Medien von ihrer Aussage „unter Tränen“ berichteten, obwohl sie über all die Stunden keine Träne vergoss. Sie trug aber eine schmutzige Brille. Wer anders als Schauspieler nicht nur in einem kurzen Zeitrahmen vorgegebene Sätze vorträgt, sondern über Stunden seine Mimik beherrschen muss, trägt besser eine große, dicke schmutzige Brille. Und das ist eine Geheimdiensttechnik. Um die zu kennen, muss sie selbst nicht für einen Geheimdienst gearbeitet haben. Sie muss nur einen von den tausenden Leuten kennen, der sie coachte. Sie musste auch nicht eine sicherheitskritische Funktion ausüben. Sie musste nur mit einem Go-Fund-Me-Spendenaufruf ihr eigenes Bankkonto vergolden.

    Dieses Wissen, dieses Herrschaftswissen, muss nicht strukturiert und organisatorisch gebunden sein. Und um das zu verstehen, kann man sich vor Augen halten, wie Mafia-Clans operieren. Der Pate mordet nie. Er muss nicht mal küssen. Es reicht, dass die Loyalen das Problem einfach irgendwie lösen. Und wenn die Struktur groß genug ist, muss der Problemlöser nicht einmal loyal sein, sondern nur seinen eigenen Status in der Gruppe zu erhöhen suchen ohne Absprache und ohne zu wissen, wem genau er damit wie dient. Der berühmte „Clinton Body Count“ beinhaltet je nach Zählung gewiss v.a. natürliche Tode, aber der ein oder andere Fall kann sich auch aus einer Interessensüberschneidung ergeben. Ob Bill Clinton oder jemand anderes ein Amt übernehmt berührt faustdicke finanzielle Interessen.

    Am 5. November 1991 wurde Robert Maxwells Leiche im Meer nahe der kanarischen Inseln entdeckt. Sie war nackt. Es war also ein natürlicher Tod. Der Medienmogul besaß unter anderem den Daily Mirror, die Daily News und The European. Nach seinem Ableben wurde bekannt, dass er sich an den Pensionsfunds seiner Unternehmen vergriffen haben soll. Seine Tochter glaubt an Mord. Man kann sich lebhaft vorstellen, dass jemand in ihrer Position die Kreise meidet, die mutmaßlich für das Vermögen, aber auch den Tod ihres Vaters verantwortlich zu sein scheinen. Die Yacht auf der Robert Maxwell seine letzten Stunden verbrachte ist nach ihr benannt, „Lady Ghislaine“.

    Vielleicht war Ghislaine Maxwell etwas robuster beim Trauern. Vielleicht fühlte sie sich bedroht. Jedenfalls zog sie prompt 1991 noch nach New York. Für die Liebe. Für Jeffrey Epstein. Sie übernahm die Hausverwaltung und verfasste die berüchtigte Hausordnung, deren oberstes Gebot das eiserne Schweigen unter allen Bedingungen war. Sie wurde ebenso wie Epstein für das Errichten eines Prostitutions- und Erpressersyndikats verurteilt.

    Der Physiker Eric Weinstein traf Epstein. Sein Urteil lautet, dass Epstein nicht echt sei. Ein Konstrukt. Ein Türsteher. Aber wessen Konstrukt? Meine These wäre, dass es ein sich selbst konstruierendes Konstrukt ist. Sind Harvey Weinstein, Meryl Streep, Roman Polanski und Jack Nicholson weniger Konstrukt? Alles was es braucht, ist ein finsteres Nash-Gleichgewicht, in dem alle Angst voreinander haben; ein Pakt mit dem Teufel und eine Hölle auf Erden. Hier ist der Link, in dem Weinstein seine Begegnung beschreibt.
    https://www.youtube.com/watch?v=VaoGl-soL1g
    Ich weiß nicht, warum er glaubt, dass Epstein ein „Konstrukt“ zu sein scheint, dessen finanzielle Ausstattung ungeklärt ist, während er nicht die gleiche Beschreibung für Robert Maxwell entwirft, die nackte Leiche vor Teneriffa. Die Lebensläufe vieler Leute sind fragwürdig. Für meinen Geschmack ist auch der CV von Thierry Breton etwas arg glatt. Er gründete 1981 die Firma „Forma Systems“, die weder Webseite noch Wikipediaeintrag hat. Danach ging es gleich in die höchsten Ränge der französischen Regierung, wo schon sein Vater bestens vernetzt war. Heute ist er EU-Kommissar und pflegt Zensurwünsche als Leidenschaft und Hobby.

    Epstein sprach zu Weinstein über dessen Forschung. Das ist deshalb bedrohlich, weil man dafür zum einen eine hohe Intelligenz haben muss und zum anderen ein Coaching durch Spezialisten. Das sind die Muskeln und die Instrumente. Das schreit, „Leg dich nicht mit uns an! Wir haben die Intelligenz und die Expertise auf jedem Feld.“ Weinstein weiß von zwei Harvard-Matheprofessoren, die mit Epstein in Kontakt standen. Gegenüber dem MIT-Informatiker Lex Fridman berichtete Weinstein von einem mysteriösen Seminar, das erklären könnte, wie Thierry Breton – der unabhängig davon vielleicht auch seine Meriten hat – auf geradezu magische Weise stets nach oben schwebt (auch wenn Breton das gar nicht selbst bemerkt haben muss).
    https://www.youtube.com/watch?v=fgGZMRJ15oY

    Kevin Spacey, Bill Clinton und Naomi Campbell standen auf Epsteins Passagierliste.
    https://ia803407.us.archive.org/33/items/epstein-flight-logs-unredacted/EPSTEIN%20FLIGHT%20LOGS%20UNREDACTED.pdf

    Prince Andrew war mit Epstein verbandelt. Bill Gates gibt zu, wegen einer Affäre von Epstein erpresst worden zu sein. Der deutsche Schauspieler Klaus Kinsky bekannte in seinem letzten Interview, mit Epstein befreundet zu sein. Seine Töchter Pola und Nastassja gaben übereinstimmend an, von Kinski missbraucht worden zu sein. Kinski gestand dem Regisseur Werner Herzog bereits 1981, dass ihn das, was er mit seinen Töchtern gemacht hat, zwanzig Jahre in den Knast bringen könnte.

    Eine Zeitlang gab es den Running Gag, dass Merkel „ihr Vertrauen ausspricht“, bevor jemand zurücktrat. Die Frage ist, ob diese Leute trotz ihrer unehelichen Kindern und zweifelhaften akademischen Abschlüsse so nahe an die Macht kamen oder deshalb. Wenn jeder etwas verbrochen hat, hat auch jeder Angst. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Auch Merkel muss niemals in einem Geheimdienst tätig gewesen sein, um Methoden anzuwenden. Es reicht völlig, wenn sie, wie ich, gelegentlich Taktiken wiedererkannt. Und die DDR bot genügend Lehrmaterial. Eine Sache, die mir 2015 im Kopf kreiste, war diese Reihe von „Rohrschachtests“, die sie einsätzte. Der bekannteste davon legte sie Christian Wulff in den Mund. An dem Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ ist jedes einzelne Wort mehrdeutig. Geradezu synchron fragten sämtliche Medienleute, ob ihr Gegenüber das auch so sähe. Ein reiner Loyalitätstest. Da ähnliche Phrasen mitsamt Moderatorenchoreographie („Würden Sie auch sagen, dass wir es schaffen?“) folgten, war auch schon der erste Satz nicht von Wulff, sondern von Merkel.

    Spieltheoretiker müssten mal klären, wie man Leute, die Mist gebaut haben, in ein anderes Nash-Gleichgewicht überführt. Als Gesamtgruppe sind sie gefährlich. Aber bis auf pathologische Ausnahmen wollen diese Leute auch nicht so leben. Niemand will anderen ständig Angst machen oder in Angst leben. Niemand will, dass der Vater nackt aus dem Meer gefischt wird. Es muss eine Lösung gefunden werden. Da sie nicht an G’tt glauben, haben die Mitglieder dieser Korruptionsmilieus Angst, den Rest ihres Lebens mit dem Kampf dagegen zu verspielen. Robert Maxwell soll kurz vor seinem Tod zum Judentum zurückgefunden haben. Er war also wackelig und gefährlich. Die meisten Leute können das Schwarze schlecht sehen. Andere sind so durch, dass sie das Licht fürchten.
    https://www.youtube.com/watch?v=K9xyWLjwKDA

    • Ich hoffe nicht zu nerven. Eigentlich sind die fliegenden Affen, die auf Trump stürzen, der Aufhänger für meinen viel zu langen Kommentar, aber mir ist noch etwas zu Eric Weinsteins „Konstrukt“-Problem eingefallen. Zum einen meint er damit, dass einfach alles an Epsteins Persona eine Lüge war. Und natürlich fand Epstein zahlreiche Helfer, auch aus den Geheimdiensten. Aber das, was Weinstein schaudern ließ und gegenüber seiner Frau in einem Telefonat direkt danach das Wort „Konstrukt“ fassen ließ, ist etwas anderes. Echte Psychopathie ist wirklich, wirklich selten und Weinstein hatte vorher und nachher keine Berührung mehr damit. Wer einem Psychopathen begegnet, merkt entweder gar nichts oder fällt geradezu traumatisiert in ein tiefes Loch. Epstein hat bewusst seine Maske gegenüber Weinstein fallen lassen, um ihn einzuschüchtern. Psychopathen suchen den Thrill. Ich hab erlebt, dass sie Spuren legen. Wenn man die Wahrnehmungsschwelle überschritten hat und endlich bemerkt, dass „etwas“ nicht stimmt, blitzen tausende Erinnerung auf und das „etwas“ wird „alles“. Die Spuren machen „keinen Sinn“, weil sie es auch nicht sollen. Sie sollen nur ein Opfer erkennen lassen, dass etwas „nicht stimmt“. Es ist eine echte Krankheit und die Betroffenen sind echt anders. Psychopathie ist echt verschieden von anderen soziopathischen Störungen. Das Charisma und die Fähigkeit zur Manipulation kommen im Übrigen daher, dass eine kalte, emotionslose Beobachtung der Mitmenschen zu deutlich besserer Menschenkenntnis führt als Empathie oder die bei Frauen beliebte Küchenpsychologie („die Kindheit“, „innerlich unsicher“ blabla …). Epsteins merkwürdig ruhiges, angstfreies und reueloses Auftreten vermittelte Sicherheit und erhöhte sein Charisma. Das ist krankheitstypisch. Eric Weinstein sagt auch, dass der Persönlichkeitstyp von Epstein ihm gar nicht selbstmordgefährdet vorkam, und Selbstmorde sind tatsächlich sehr, sehr untypisch für die Störung. Allerdings sollte man bedenken, dass es für das Verlassen des momentanen Nash-Gleichgewichts vielleicht von Vorteil sein kann, dass Leute, die sich etwas zu Schulden kommen ließen, damit davonkommen.
      China, Russland, Schwarzafrika, die islamische Welt und Lateinamerika haben die gleichen Probleme und sogar eher noch verstärkt. Der Westen ist nicht besonders böse. Im Gegenteil.

  2. Ach, Leute. Ja dazu kann ich überhaupt nur Folgendes sagen, allerkürzest und schmerzlosest, nämlich dieses immerdar:
    42 !

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