Wenn die zehnjährige Tochter eines Tages nach Hause kommt und verkündet, ab sofort Vegetarierin zu sein – und dies konsequent durchzieht – hat sie sofort einen mächtigen Verbündeten. Denn Mama oder Papa – je nachdem, wer die Ehre hat – steht ab sofort vor der Aufgabe, zwei Gerichte zu kochen. Eins für die Tochter und eins für den renitent karnivoren Rest der Familie. Das wird sie oder er auch eine Weile durchhalten, bis der genervte Koch nach Auswegen aus Mäkelei und Doppelbelastung sucht. Schließlich werden alle Register gezogen, Gesundheit, Tierwohl und Klimarettung werden als Argumente herangezogen und wenn man auch selbst nicht daran glaubt, verrichtet man doch das aktivistische Erziehungshandwerk der Tochter, um endlich wieder einen normalen Alltag bei Tisch und in der Küche zurückzubekommen. Nicht die Aktivisten schaffen im Sinne ideologischer Absolutismen Tatsachen, sondern all jene, die den Weg des geringsten Widerstands suchen, und zwar deren Werk verrichten, aber aus anderen, scheinbar pragmatischen Gründen.

Und ist es nicht so, dass in der Betriebskantine weniger ideologische Feuer brennen, wenn es kein Schweinefleisch oder gleich gar kein Fleisch mehr gibt? Geht man nicht jedem Ärger aus dem Weg, wenn man die Fahne ergreift und vorneweg marschiert in die vegane, CO2-freie Zukunft? Erhält man nicht Lob und Anerkennung und kommt die Kritik nicht nur hinter vorgehaltener Hand, weil die Scham gegenüber althergebrachten Essgewohnheiten zum guten Ton gehört? VW möchte nun nach dem Dieselmotor und dem Benzinmotor auch noch das letzte Band durchschneiden, was den Autobauer mit seinen Kunden, einem immer kleiner und leiser werdenden „Proletariat“, verband. Die VW-Currywurst wird aus der Werkskantine verbannt.

„Viele Mitarbeiter wünschten sich vegetarische und vegane Alternativen“, heißt es zur Begründung. Viele sind nicht alle, aber auf die tatsächliche Anzahl der „vielen“ kommt es ja auch gar nicht an, wie wir wissen. Entscheidend sind hier die Karmapunkte, die man im politischen Wettstreit um Subventionen und Staatsgarantien sammeln kann. Ein kleiner Schritt für den Speiseplan, ein großer in Richtung Weltrettung, der nur gelingen kann, wenn die Kantine in Wolfsburg ganz von Fleisch befreit ist.

Der Nutzwert der Fahrzeuge sinkt unterdessen mit den Kalorien für die Arbeiter, der hochgelobte elektrische ID.3 darf bereits laut Zulassung keine Anhänger mehr ziehen, was etwa Pferdehalter, diese besondere Sorte von „Karnivoren“, die auf Peta-unfreundliche Haltung von Nutztieren zum Zeitvertreib bestehen, von der Kundenliste streicht. Das Ziel ist ausgegeben, der tapfer erhobene Lauch weist in die fleischlose Zukunft: Runter vom Land, rein in die Stadt, reizarm statt Reichweite. Und die Kantine leistet ihren Beitrag. „Die rund 150 Rezepte sollen dann ohne Fleisch auskommen, nur hin und wieder werde Fisch zum Angebot gehören.“

Mach‘s gut, VW-Currywurst, du vielleicht letztes „Originalteil“. Ich mochte dich zwar nicht besonders, fand jedoch den Marketing-Gag auf deiner Pelle sehr gelungen. Vielleicht wird man dich im Handel noch eine Weile finden, doch jetzt, wo du aus der Werkskantine verbannt bist, ist es nicht mehr das gleiche. Du warst ein Anker der Technik zum unteren Mittelstand, der sich den immer teurer werdenden Golf kaum mehr leisten konnte. Du warst „einer von uns“, warst wie die „Flasche Bier“, die Kanzler Schröder verlangte und die ihn glaubhaft mit jenem Teil der Bevölkerung verband, der sich nicht auf Klimarettungskonferenzen und auf dem Campus von Universitäten herumtreibt. Nach dem Namensbestandteil „Wagen“ wird mit dir nun auch das „Volk“ abgewickelt.

Da sich der Abstand zur Stammklientel durch die neuen E-Modelle weiter vergrößert hat, war die Ankerkette dorthin wohl zu lang geworden. VW hat Segel in eine ungewisse Zukunft gesetzt und ob er dort als Autobauer oder als subalterner Mobilitätsanbieter von staatlichen Gnaden ankommen wird, ist ungewiss. Alles Traditionelle ist da nur lästig. Die Kulturrevolution heißt auch Volkswagen herzlich willkommen. Und nun reih‘ dich ein, verderbter Klimasünder. Denke nicht, dass wir vergessen werden, aus welcher Ecke du zu uns übergelaufen bist.

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9 Kommentare

  1. Deutschland schafft sich ab, in mehreren großen Schritten (Kernenergie, Zuwanderung, Eurorettung) und vielen kleinen Schritten (z.B. Currywurst). Ist aber egal, die neue Dominante am östlichen Horizont bevorzugt sowieso Ente kross gebraten.

  2. Da Baerbock verbrannt ist, stelle ich die neue grüne Wahlkampagne vor: „Das ist alles ausgerechnet!“

    „Wussten Sie, dass sie jeden Tag soviel Wurst essen, dass sie mit Salatsojabrätlingen genug CO2 speichern können, um ein Kernkraftwerk abschalten zu können? Das ist alles ausgerechnet!“

    „Wussten Sie, dass die Kubaner protestieren müssen, weil das Klima um 0.03°C gestiegen ist? Das ist alles ausgerechnet!“

    „Wussten Sie, dass die Zentralbank Milliarden Euro generiert, ohne auch nur einen einzigen Baum im Regenwald für Papiergeld fällen zu müssen? Das ist alles ausgerechnet!“

    „Wussten Sie, dass vor Millionen Jahren Menschen anderer Kulturen, die viel wertvoller sind als die spießige unsrige, schon Raumschiffe hatten und mit Lichtschwertern ihr Butterbrot schmierten? Das ist alles ausgerechnet! Und Wissenschaft (99% der Sciencefictionäre stimmen der Aussage zu.).“

    „Wussten Sie, dass sie nur mit einer einzigen obdachlosen, afghanischen, minderjährigen Fachkraft 20 Herzchirurgen ersetzen können? Das ist alles ausgerechnet!“

    *Notiz an klagefreudige Renate Künast: Die Zitate sind nicht echt.

  3. „Erhält man nicht Lob und Anerkennung und kommt die Kritik nicht nur hinter vorgehaltener Hand, weil die Scham gegenüber althergebrachten Essgewohnheiten zum guten Ton gehört?“

    Ist nicht „Lob und Anerkennung“ die Vorstufe zum Darwin Award, wenn jemand den unfreiwilligen, hirnlosen Selbstmordversuch irgenwie doch noch überlebt? „Vielen“ der Wokisten mit ihren allzu ständigen*, hirnlosen Weltrettungsversuchen (die alle anderen hoffentlich irgendwie doch noch überleben) könnte durchaus auch diese Sorte „Lob und Anerkennung“ verliehen werden. Schade nur, dass alle anderen kolateral blöd von linksseits mit hineingezogen werden in die ständigen Versuche.

    *das Leerzeichen ist Absicht: sie sind viel zu dauernd dabei, beim weltretten – nicht dass sich Wo-Kisten nicht auch für alles zuständig fühlen würden; aber das hatte ich ursprünglich nicht gemeint.

  4. Das neue Einheitsfront Lied:

    „Drum links zwei, drei,
    drum links zwei, drei.
    Wo dein Platz du Woker ist,
    reih dich ein in die woke Einheitsfront,
    weil du auch ein Woker bist. „

  5. Passt prima zum Abgasschummel! Jeden Peil verloren, die jungen, wilden Manager (ohne Gender) in Politik und Wirtschaft. Operative Hektik ersetzt geistige Windstille. Hauptsache den Namen tanzen können.

    • PS: …und wenn man jetzt noch bedenkt: Gerhard Schröder hat seine (ich glaub, 3.) Ehefrau verlassen, weil’s nie Currywurst gab…

  6. Zwar: einerseits soll es die Currywurst immer noch in der Kantine gegenüber geben (s. den „Welt“-Bericht), aber: andererseits ist die Curry- eben nicht Wurst, sondern das Leibgericht des Kanzlers Schröder, der zusammen mit dem VW (!) – Manager Hartz die Gesetze entwickelt hat, die sich insgesamt als segensreich für den Standort Deutschland erwiesen haben. Ist demnach der Currywurst-Verzicht der erste Schritt in die „woke“ Wirtschaftspolitik von Annalenas Gnaden? Hofft man so bei VW auf „Staatsknete“ des linksgrünen Wohlfahrtsausschusses?

    • Solche Dinge fangen ja immer mit „eins“ an. Dann werden es zwei, was ja kaum mehr ist. Dann lässt man eine Weile das Zählen und schon sind es „viele“ und die Sache ist durch. 😉

      • Aus dem Veggieday wird die Veggieweek, die Diktatur der Grünen auf Kosten der Menschen, die Fleisch mögen.
        Einem Unternehmer wie Herrn Tönnies, der sovielen Menschen Arbeit gibt, soll damit wohl geschadet werden. Bei einem Besuch eines Aldi-Marktes sah ich bereits Produkte mit dem Logo „Mein Veggie-Tag“, als gelte es, die Diktatur in vorauseilendem Gehorsam Wirklichkeit werden zu lassen. Da kaufe ich erstmal nicht mehr ein!

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