Wie schreibt Carolin Emcke eigentlich ihre Texte? Geht sie in den Keller und schließt sich tagelang dort im Dunkeln ein, um den Leidensdruck zu spüren, den sie auszudrücken wünscht? Nimmt sie bewusstseinsverengende Drogen? Denn warum sonst greifen deutsche Publizisten, die ihr ganzes Leben auf der Butterseite verbracht haben, so gern zu geschichtsblinden Vergleichen? So wie eben gerade auch Carolin Emcke, die als Gastrednerin beim Parteitat der Grünen folgenden Vergleich ziehen zu müssen glaubte:

„Es wird sicher wieder von Elite gesprochen werden. Und vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen und die Virologinnen sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscherinnen.“

Das ist schon dreist, und zwar auf mehreren Ebenen. Erstens kann die Judenverfolgung im dritten Reich nicht so schlimm gewesen sein, wenn man es mit dem Schicksal der Klimaforscher vergleichen kann, denen „Warner“ ein Herzeleid zufügen. Zweitens impliziert der Satz, dass Klimaforscher überhaupt in irgendeiner Weise bedroht oder verfolgt würden. Wer ist es, der da warnt? Was folgt aus dieser Warnung? Und zieht sich drittens nicht die schlechte Angewohnheit durch viele aktivistische Reden, die Genderkorrektheit nur auf jene Akteure anzuwenden, die in der Aussage positiv dargestellt werden? Warum also „Klimaforscherinnen“ aber keine „Jüdinnen“? Gewiss, der letzte Vorwurf ist nicht ganz ernst gemeint, deshalb zurück zu den wirklichen Unverschämtheiten.

Dem ganzen grünen Kampf gegen die Realität fehlt nämlich seit Jahren ein wichtiges Element: ein klar identifizierbarer Feind, gegen den man sich wie David gegen Goliath erheben kann. Echte Sympathie fliegt nämlich immer nur dem Underdog, dem David zu. Man muss schon aufpassen, dass man nicht plötzlich als Goliath dasteht. Der Pendler, der Mallorca-Urlauber, der Fleisch grillende VW-Arbeiter…sie alle sind zwar erklärte Feinde der Grünen, taugen aber nicht gerade zum Goliath. Die Grünen tun so, – und Emckes Text ist der Beleg – als befänden sie sich im Widerstand gegen finstere Mächte, dabei sind sie längst selbst die Macht, die sich ideologisch in alle gesellschaftlichen Bereiche ausgedehnt hat.

Sämtliche Institutionen sind von ihnen besetzt, Gegenwehr findet kaum noch statt. Ihnen gehören fast alle Parteien (nicht nur die eigene), ihnen gehören die Universitäten, die Schulen, die Medien, die Kultur, die Jugend. Stiftungen und Regierungsprogramme weben dichte Teppiche der Unterstützung, Konzernlenker sind ihnen zu Diensten und ihre Propheten, die Klimaforscher, sitzen in den Talkrunden und predigen Verzicht und den Umbau der Gesellschaft. Es sind die Warner, die machtlos, unsichtbar und bedeutungslos sind. Niemand hört auf sie, denn die Klimaforscher reden zu viel und die Freitagskinder klatschen zu laut.

Im Gegensatz zu den Nazis, die um die Juden eine Drohkulisse aufbauten, die es in Wirklichkeit nie gab, verfügen die in Rede stehenden „Warner“, vor denen sich Klimaforscher heute angeblich ängstigen müssen, über keine Macht, aus der eine Bedrohung erwächst. Emcke nutzt also einen rhetorischen Trick, mit dem sie die Bedeutung des Wortes „Warnung“ einfach umdreht. Denn in Wirklichkeit nimmt sie in ihrer Rede die Mächtigen gegen die Machtlosen in Schutz und vergreift sich dabei an der Geschichte, sonst hätte auch diesmal niemand bemerkt, dass die ideologische Basis der Grünen wie so oft zum bedrohten Underdog heruntergeschrieben werden soll. Dass es in diesem Ton weitergehen wird, ist unvermeidlich. Aber lasst bitte die Juden da raus!

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8 Kommentare

  1. Irgendwie fehlt da noch irgendwas mit Corona. Dann ist alles perfekt. Zum Beispiel wären die dreifach total durchgeimpften Maskenträger*Innen, die allein nachts im Auto unterwegs sind und sich vor dem Aufspüren durch die Polizei fürchten, absolut bedroht durch einen Fahrrad fahrenden, ungeimpften, symptomfreien, maskenlosen, rechtsesoterischen Coronaleugneraluhutnazi mit dem Seuchentod bedroht. Genauso wie damals die armen Juden. Dagegen schützt allein der totale Lockdown bis zur Nullinzidenz von CO2 unter der Bettdecke.

  2. Danke. Der nächste Schritt der paranoiden Projektion von Frau E., welche verblüffend an antisemitische Stereotype der NS-Zeit erinnert, was z.B. die „Deutsche Physik“ anbelangt, sollte die strafrechtliche Verfolgung sein. Sind Klimaleugner nicht wie Holocaustleugner fakten- und menschenfeindlich? So wie die einen das große Ausmorden der europäischen Juden leugnen, leugnen die anderen das bevorstehende Verbrennen großer Teile der Menschheit. Davor können nur zunehmende Ablasszahlungen an die Kirche Klimallahs und vollständige Unterwerfung unter sie retten. Die Völkerrechtlerin, Politikwissenschaftlerin, Trampoline und Energieexpertin Bb. hatte schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, dass Medien grundsätzlich über Kritik am Glauben Klimallahs nicht mehr berichten sollten.

    Ad personam Frau E. sollte man noch (a) anmerken, dass sie einen „Friedenspreis“ erhielt. Den würde heute allerdings auch Ilja Ehrenburg erhalten, wäre es ihm vergönnt, den Wiederaufstieg des absoluten, totalitären Geistes zu erleben. Ferner stammt (b) von Frau E. der schöne, selbstverständlich satirisch gemeinte Vorschlag, man solle Herrn Trumps kleinen Sohn in eine Pflegefamilie geben. Das heißt Hall-Dung zeigen. War das nicht allerbeste Tradition in der DDR oder in Francos Spanien? Dem Physiognomiker genügt (c) ein Blick auf das edle, von Vor- und Nachdenkzerfurchungen imprägnierte & käsmannisierte Antlitz, um das maligne Amalgam aus parareligiösem Fanatismus und intellektueller Dienstbarkeit zu erkennen. Sauber.

    • Mit Ehrenburg erwähnen Sie den Richtigen! Wenn man sich die Frisuren von Ehrenburg und Emcke anschaut, stellt man fest, dass sie sich in ihrer Unstruktur (ein Scheitel nach links, der andere nach rechts) sehr ähneln. Nächster Fakt: Frau E. wurde am 18.8.1967 geboren, Herr E. starb am 31.8.1967 – Seelenwanderung postnatal? Und zählt der antideutsche Ehrenburg – Paris, Moskau, Spanien, Stalin – nicht zu jenen Kosmopoliten, vor denen uns Herr Maaßen warnt? Die Wege sind verschlungen, rätselhaft, was wird werden?

  3. Wer sich heute im Klima-Widerstand fühlen will, kann sich von Andreas Malm inspirieren lassen („Wie man eine Pipeline in die Luft jagt – Kämpfen lernen in einer Welt in Flammen“, 2020).

    Selbst Linke wundern sich:
    https://www.links-lesen.de/wie-man-eine-pipeline-in-die-luft-jagt/

    „Die Besonderheit, dass die Klimabewegung die erste soziale emanzipatorische Bewegung ist, die von den allermeisten Politikern und Medien wenn nicht ausdrücklich für ihr Engagement gelobt, dann doch zumindest nur von den wenigsten frontal angegriffen wird, ist für Malm nicht erwähnenswert.“

    Der Klima-Underdog ist längst ein Wolfsrudel.

  4. Dr. Wilhelm Nussbaum kam mit seiner »Arbeitsgemeinschaft für jüdische Erbforschung und Eugenik« 1935 zu Schlüssen, die den Nazis nicht passten:

    https://www.jmberlin.de/1933/de/08_31_brief-von-arthur-czellitzer-an-wilhelm-nussbaum-grunder-der-arbeitsgemeinschaft-fur-judische-erbforschung-und-eugenik.php

    Es reicht also nicht aus, dass ein Forscher sich mit angesagten Themen beschäftigt (damals Eugenik, heute Klimawandel). Er muss auch zu den richtigen Ergebnissen kommen, um zur Elite zu gehören. Wer so kleinkariert wie Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning am politischen Konsens für die große Transformation kratzt, stellt sich selber ins Abseits.

    Selbst mancher Rechtswissenschaftler hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt, und gräbt irgendwelche alten Urteile aus: https://ef-magazin.de/2021/06/12/18725-make-love-not-law-drei-elemente-des-verfassungsrechtlich-absoluten

    Auch den Klimaökonomen William Nordhaus mit seinem angestaubten Nobelpreis schweigt man in Deutschland lieber tot:
    https://www.econlib.org/library/Columns/y2018/MurphyNordhaus.html

    • Waaah!, Sie haben „Elite“ gesagt, und da bekommt Carolin Emcke gleich wieder den ganz großen grünen Arkelanfall und fühlt sich wieder wie siebzehn Jüdinnen im Klimasturm, weil Sie das gesagt haben.

      Ach übrigens, ich sollte auch unbedingt mindestens Transjüdinnen werden, um überhaupt noch eppes sagen zu dürfen. Bin mir aber bloß a Jud, und zwar ein halb-alter halb-weißer ganz-unschwuler toxisch-männlicher, was mich als Kronzeugen ja nun völlig und völliger, ja am Allervölligsten totaluntauglich macht. Seufz.

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