Zugegeben, ich hab’s ja generell nicht so mit deutschen TV-Serien oder Filmen. Dabei kann ich als Nicht-Cineast das prinzipielle Problem kaum angemessen beschreiben, welches ich mit den meisten unserer heimischen Produktionen habe. Sind es die albernen Plots, die teils hölzernen Dialoge oder die Tatsache, dass jede Szene – ich übertreibe sicherlich – wie für’s Theater inszeniert scheint? Dazu kommt in den letzten Jahren immer stärker der Wille der Regisseure und Produzenten, das Medium für dumpfhämmernde Volkserziehung oder fieses Nudging zu benutzen. Kein Tatort und nicht mal die „Lindenstraße“ kommt, wie man so hört, ohne artige Flüchtlinge und plattköpfig-depperte Nazis aus braunen Dresdner Sümpfen aus, die die heile Willkommenskultur stören. Wird das so bestellt? Nein, aber geliefert und bei den öffentlich-rechtbemittelten offenbar gern genommen, wo Unterhaltung, Kunst oder Einschaltquote schon mal Nebensache sein dürfen. Man hat’s doch! Und hat man’s mal nicht, gibt es die Filmförderung und jede Menge Stiftungen. Ist das Messer nicht wirklich heiß, sucht es nach weicher Butter.

Und so ist es sicher auch nur Zufall, dass die Heldin der ZDF-Neo-Serie „Die Lobbyistin“ nicht etwa für die Braunkohle- oder Pharmaindustrie arbeitet. So etwas glaubhaft darzustellen, könnte am Ende womöglich zu Sympathien des Zuschauers mit diesen Branchen führen – für so bescheuert hält man beim ZDF seine Zuschauer mittlerweile. Nein, doppelt gut ist gerade gut genug! Und deshalb arbeitet die Filmrolle von Rosalie Thomass natürlich in der Ökostrombranche! Dort rollt der Fortschritt, dort sind sogar Lobbyist_innen die Guten, was dem vorgeblich sabbernd-debilen ZDF-Schauer selbige über den Rücken jagen könnte, denn Lobbyisten sind doch sonst immer die Bösen, weil sie Interessen vertreten! Interessen! Man denke nur! Aber die bösen verdienen Geld mit Waffen, die guten mit Ökostrom. Das ist dann natürlich was anderes! Und wie in der Politik, so in der NGO, so im Film – das Gute ist konsistent. Und sterbenslangweilig! Was bei ZDF-Neo’s „Die Lobbyistin“ an TV-Kost herauskam, war selbst dem an groblinnene edukative Fernsehkost gewöhnten Spiegel – ich zitiere wörtlich – zu erbärmlich! Man titelt folgerichtig und treffend „Die dumme Seite der Macht“.

Ökostrom, Tabak, Waffen – Lobbyismus ist immer dasselbe

Dabei wurde das Thema bereits vor zwölf Jahren und tausendfach besser und glaubwürdiger von Jason Reitman als Komödie realisiert. Reitmann beweist in „Thank you for smoking“ allerdings mehr Mut, indem er Aaron Eckhart alias Nick Naylor von der Tabakindustrie auftreten lässt. Doch stopp mal! Ökostrombranche? War da nicht was? Nur weil es eine Branche beim Wähler noch nicht gänzlich verschissen hat – Grüne, 9%, sie erinnern sich – heißt das ja nicht, dass das die Guten sind. Verspargelung der Landschaft, marode Energiebetriebe, klamme Kommunen, denen die Einnahmen aus ihren Gelddruckmaschinen „Stadtwerke“ und „RWE-Beteiligungen“ wegbrechen, eine EEG-Umlage von 240 Kugeln Eis pro Jahr, tausende Stromabschaltungen wegen Unbezahlbarkeit…das alles haben wir doch dem Einfluss von Lobbyisten der Ökostrombranche wie der ZDF-Neo-Figur Eva Blumenthal zu verdanken, die eigentlich von Claudia Kempfert hätte gespielt werden müssen – die Haarfarbe passt, die Weltretter-Attitüde und der Hauch von „Was-schert-mich-fremdes-Elend“ ebenfalls. Denn wenn diese Lobby erst mit dem Umbau der deutschen Energiewirtschaft fertig sein wird – 2050 soll es ja soweit sein – werden wir vor Glück jauchzen, wenn wir uns auf diesen Schock erst mal wie Nick Naylor in „Thank you for smoking“ noch eine anzünden können. In Deutschland natürlich nur draußen, wo die Pharmalobbyisten für Erkältungsmittel werben und Heizpilze der CO2-Bilanz der Öko-Lobbyist_innen ans Bein pissen.

Es wäre an der Zeit, endlich mal eine realistische TV-Serie über die Lobbystrukturen der Ökostrombranche zu produzieren. ARD, ZDF…Interesse? Die Drehbücher gibt’s zum Beispiel bei Günter Ederer, Dirk Maxeiner und Alexander Wendt.

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1 Kommentar

  1. „Thank you for smoking“ ist in der Tat ein exzellenter Film (im Original, die Eindeutschungen ertrage ich leider – oder Gottseidank? – nicht mehr).

    Die deusche Fernsehindustrie würde ohne die ganzen Zwangsgebühren sang-, klang- und bildlos von der sprichwörtlichen Bühne verschwinden. Daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln.

    Diese notorische Grundeinstellung der meisten Medienleute, humanistisch, ethisch/moralisch, und – natürlich – ökologisch höherstehend/nobler/weltenrettender unterwegs zu sein als die Durchschnittsbevölkerung, kann man diesem selbstverliebten „Milljöh“ wohl nicht mehr austreiben. Da ist Hopfen und Malz verloren.

    Schade um das gute Bier.

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