Beim Neujahrsempfang der AfD in Münster gab es die rituelle Gegendemo vor den Toren des Rathauses. Es fielen dabei  unter anderem Bemerkungen wie: “Ich habe nichts gegen Ausländer, aber…” und „…sollen dorthin zurückgehen, wo sie herkommen“.

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Nicht von den AfD-Mitgliedern, sondern von einer Gegendemonstrantin, festgehalten auf Video. Die sehr engagiert ins Mikrofon schreiende Frau sprach nämlich über einen Arbeitskollegen, der aus Kasachstan stamme und AfD wähle. Deshalb würde sie ihn gern in Mittelasien entsorgen.

Nun ist jemand, der die AfD wählt, ein deutscher Staatsbürger, sonst wäre er gar nicht wahlberechtigt. Sie dürfen nicht nur wählen, sondern sich auch wählen lassen wie AfD-Politiker Achille Demagbo, der aus Benin stammt. Demagbo sagte einmal auf die Frage, ob er in Deutschland diskriminiert worden sei: Bisher nur wegen meiner Mitgliedschaft in der AfD.

Was waren das noch für übersichtliche Zeiten, als Nazis Bomberjacken und Springerstiefel trugen, progressive Linke grünlila Haare trugen, Konservative Krawatten, und Grüne am Strickpulli zu erkennen waren, wenn sie nicht gerade Otto Schily hießen. Die Welt war sortiert, der Russe stand vor der Tür und der Amerikaner dahinter. In der Spätzeit dieser Epoche, als dieser bereits die ausrichtenden Feldlinien des Ost-West-Konflikts abhanden gekommen waren, also in den 90er Jahren, fällt die Erfindung des Framing-Begriffs „Ausländerfeind“, der den damals durch die Republik irrlichternden gewalttätigen Spacken einen Stempel in den Specknacken drückte, groß genug, damit nie wieder einer dieser wenig sprachbegabten stereotypisch aus Hoyerswerda oder Rostock-Lichtenhagen stammenden Zeitgenossen etwas in die Kameras sprechen konnte, ohne dass beim Zuschauer sofort die entsprechenden Bilder im Kopf gezündet wurden. Und klar war auch: Nur die denken so, wie wir glauben, dass Nazis so denken.

Der Autor Rolf Peter Sieferle hatte übrigens schon vor Jahren auf die hervorragende propagandistische Wirkung des Begriffs „Ausländerfeind“ hingewiesen, der suggerieren soll, jeder, der sich gegen ungefilterte Masseneinwanderung wendet, müsste auch etwas gegen den amerikanischen Gastprofessor, den italienischen Gastwirt und den vietnamesischen Ladenbesitzer in seiner Stadt haben.

Heute ist nichts mehr übersichtlich und auf nichts mehr Verlass, nicht mal auf die guten alten Vorurteile. Schwarze lassen sich in den Vorstand einer vermeintlichen Nazipartei wählen, der Russe und der Ami hämmern gemeinsam an unsere morsche Tür, „Ausländer“ wählen die AfD, linke Ausländerfreunde fordern die Abschiebung von Kollegen nach Kasachstan. Und Grüne riechen stärker nach Kerosin als vormals Hans-Dietrich Genscher. Wer soll sich da noch auskennen?

Identitätspolitik ist ein ideologisches Versatzstück, dem alle Extremisten zuneigen. Ich behaupte sogar, dass Identitätspolitik das wichtigste Merkmal jedes politischen oder religiösen Extremismus ist. Findet der Rechtsnationale es statthaft, zu definieren, was „gute Deutsche“ zu tun und zu lassen haben, hat der internationale Sozialist für andere Gruppen und Grüppchen Verhaltensmuster parat, über deren Einhaltung er gern mit erhobener Faust wacht. Wer die Identität „Ausländer“ verpasst bekommt, muss als Beleg für das Wohlwollen der Linken und die Feindschaft der Rechten gelten, außerdem wird er gebraucht als Ornament und Gewürz, mit dem sich der Grad der Buntheit steigern lässt.

Sich in Deutschland integrieren soll er, freilich ohne „deutsch“ zu werden, denn das lehnt die Linke ja als nationalistische Tendenz ab. Aus allen Wolken fallen Linke dann, wenn „die Ausländer“ es wagen, die für sie vorgesehene Position als Ornament zu verlassen. „Ein Schwarzer in der Nazi-Partei?“ fragt sich der Linke im Fall von Demagbo. „Weiß der nicht“ –  wo sein Platz ist?, müsste der Satz ehrlicherweise lauten. Stattdessen wird ergänzt „…dass das alles Ausländerfeinde und Rassisten sind?“

Weil die Vorwürfe durch die Anschuldigung des Rassismus auch nicht schlüssiger werden, greift man zur Verschwörungstheorie und behauptet, schwule, farbige, lesbische, jüdische oder muslimische AfD-Mitglieder seien nur Ablenkungsmanöver oder „Blackwashing“, um ihren Rassismus, Antisemitismus und ihre Homophobie zu überdecken, unter denen alle Linken stellvertretend leiden. Nur eben diejenigen nicht, die sie als erste wahrnehmen müssten.

Zuerst erschienen auf Publicomag

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6 Kommentare

  1. „Ausländerfreunde fordern die Abschiebung von Kollegen nach Kasachstan“

    Offenbar wollen diese Freunde – oder besser Freundinnen – nur solche Ausländer, denen sie sich überlegen fühlen. Offenbar sind wir die Übermenschen; also dürfen wir entscheiden, welche Menschen wir importieren. Es wäre ja nochmal schöner, wenn der Boi nicht tickt, wie der Massa will.

    Überhaupt scheint mir, dass Frauen sich weniger nach „oben“ orientieren und dem Wettbewerb stellen. Vielmehr umgeben sie sich zielstrebig mit jenen, die die sie betütteln und matronisieren können – letztlich um sie zu kaufen.

    Und sie neigen dazu, Paradigmen nicht aufzubauen, sondern schamlos auszunutzen. Gleichheit und Rechtsstaat, Verteidigung und Migration: Eine Frau fragt nicht: „Was wäre, wenn das alle täten?“ Sondern sie beutet das Ding bis zum Allerletzten aus. Wieso sind gerade Frauen ganz vorne dabei zu ruinieren, was Generationen aufgebaut haben?

    Was mir Sorgen macht, ist die ausgesprochen weibliche Sozialisierung unserer Jugend. Zielsicher wanzt man sich an die Migranten an und schützt sie vor den harten Anforderungen des westlichen Alltags. Die Schneeflöcken kriegen ohne Smartphone nichts mehr auf die Reihe, sind aber auf Autopilot, wenn es um das Verschleudern der Commons geht.

    Ein Kommentar ist mir unvergessen: „Oder wie es mir mal ein muslimischer Taxifahrer auf die Frage, wieso man denn die Frauen im Islam lieber von weitreichenden Entscheidungen fern hält, erklärte: »Weil sie einfach Alles kaputt kriegen.« (ACHSE, 20.08.2018)“

  2. „Weil die Vor­würfe durch die Anschul­di­gung des Ras­sis­mus auch nicht schlüs­si­ger werden, greift man zur Ver­schwö­rungs­theo­rie und behaup­tet, schwule, farbige, les­bi­sche, jüdi­sche oder mus­li­mi­sche AfD-Mit­glie­der seien nur Ablen­kungs­ma­nö­ver oder „Black­wa­shing“, um ihren Ras­sis­mus, Anti­se­mi­tis­mus und ihre Homo­pho­bie zu über­de­cken, unter denen alle Linken stell­ver­tre­tend leiden.“

    Wär ich die AfD, würde ich mir auch alle möglichen Minderheiten ins Boot holen, und diese bestmöglich sichtbar verteilen, um der Gegenseite ihr Narativ kaputt zu machen. Daher würde ich durchaus davon ausgehen, dass die AfD die Partei ist, die Menschen, die einen Platz in der Opfer-Olympiade gewonnen haben, bezüglich gut sichtbarer Listenplätze am stärksten fördert. Die Qualifikation „Neger“ dürfte für die AfD höher im Kurs liegen, als für alle anderen Parteien.

    Es ist schon witzig, wohin dieser aus Narativen und Propaganda bestehende „demokratische Diskurs“ die Leute so treibt. Mit „witzig“ meine ich „idiotisch“. Die am stärksten ethnozentrisch ausgerichtete Partei, die sich am stärksten gegen diese ganzen unfairen Inklusionsregelungen wettert, die Einheimische benachteiligen, ist gleichzeitig die Partei, die den größten Anreiz hat, ihre Reihen mit Quotennegern, Quotenjuden, und Quotenmoslems zu füllen, und diese gut sichtbar als Zeichen erfolgreicher Inklusion zu präsentieren. Ich würde wetten, dass die AfD intern mehr „Affirmative Action“ praktiziert, als die Grünen.

    Hab ich heute eigentlich schon erwähnt, dass Demokratie nicht funktioniert? Dieser systematische Anreiz zur Verlogenheit, den ich gerade beschrieben habe, ist ein weiterer Grund dafür. Und ja, auch die AfD muss diese Verlogenheits-Scharade mitspielen, wenn sie gewählt werden will.

  3. „Iden­ti­täts­po­li­tik ist ein ideo­lo­gi­sches Ver­satz­stück, dem alle Extre­mis­ten zunei­gen. Ich behaupte sogar, dass Iden­ti­täts­po­li­tik das wich­tigste Merkmal jedes poli­ti­schen oder reli­giö­sen Extre­mis­mus ist.“

    Mal ne These:

    Es existieren weder Extremisten noch Moderate, und auch keine Mitte. Das sind Propagandabegriffe, die suggerieren sollen, die Mitte und die Moderaten wären zahlenmäßig stark, und man könne besonders gut mit denen verhandeln, während Extremisten seltene Randerscheinungen sind, mit denen man nicht reden kann.

    Hätte man eine Zeitmaschine, und würde man damit 90 Jahre zurück reisen, sich einige nach damaligen Gegebenheiten vollkommen durchschnittliche Leute herauspicken, und diese in die Gegenwart holen, dann wären diese einst durchschnittlichen Menschen nach heutigen Standards Extremisten. Man braucht dafür nichtmal eine Zeitmaschine. Eine zufällig zusammengewürfelte Anzahl Menschen aus dem arabischen Raum sind, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, im Bezug auf Juden und Homosexuelle, nach hiesigen Standards Extremisten. Negative Aspekte des Judentums, bzw des Staates Israels, aufzuzählen, hat hierzulande den Beigeschmack von Antisemitismus, und Diskriminierung von Homosexuellen geht gar nicht, während diese Dinge in der arabischen Welt eine Selbstverständlichkeit sind.

    Würde man eine Zahl von hiesigen Moderaten in die arabische Welt verpflanzen, wären diese, nach arabischen Standards, Extremisten. Ich würde annehmen, dass so eine Kommune aus zufällig ausgewählten West-Gutmenschen, die der arabischen Welt ihren eigenen Lebensentwurf aufdrängen wollen – so mit „Homo-Ehe“ und „Deine Kinder gehören dem Staat, und wir sagen diesem, was er Deinen Kindern eintrichtert“ und dergleichen – ähnlich entschieden bekämpft werden würde, wie der IS, falls allgegenwärtige Diskriminierung und Ausgrenzung nicht ausreichen sollten, um die Mitgliedschaft in dieser Kommune zu einer traumatischen Erfahrung zu machen. Was wiederum ein nach BRD-Standards extremistisches Vorgehen wäre, weil weder „allgegenwärtige Diskriminierung“ noch „Todesstrafe und Sippenhaft“ Dinge sind, zu denen man in der BRD bereit wäre. In der arabischen Welt hingegen schon.

    Ich erspare es mir jetzt mal, weitere Beispiele auszuführen. Die Welt ist zu voll davon. Man erwäge, was im viktorianischen Zeitalter „moderat“ war, oder im derzeitigen Venezuela. Oder in Ruanda oder im Sudan – insbesondere zu Zeiten, in denen die Leute dort Genozid spielten.

    Daraus schließend würde ich sagen, dass jeder noch so Moderate zu einem Extremisten wird, wenn man ihn zeitlich oder örtlich nur ein Wenig versetzt. Das ganze Konzept hat also keine Aussagekraft, und dient nur dazu, Menschen zu Mitläufern zu machen, und Kollektivismus einen familienfreundlichen Anstrich zu geben. Man erweckt fälschlich den Eindruck, Vernunft und Kollektivismus wären das Selbe, während im Extremismus nur Unvernunft liegen kann. In Wahrheit ist eher das Gegenteil der Fall, denn „reine Vernunft“ ist eine ziemlich radikale Position.

  4. Lieber Roger,

    bitte rüttel doch nicht am feinen und mühsam durch (Mainstream)medien klar definierten Weltbild von Gut und Böh(!)se, von links und rechts. Du verwirrst die Leute nur, die brauchen doch ihre gewohnten Denkmuster und Schablonen.
    Die braven Bürger kommen sonst leichthin noch auf die Idee, dass in unserer Gesellschaft das politische rechts-links überholt ist und mehr und mehr vom oben gegen unten dominiert wird.
    Wenn Unternehmer für die Grünen sind, da sie gut und gerne an den Windrädern verdienen und von der EEG-Umlage profitieren, muss das zu denken geben.

    „Und Grüne riechen stärker nach Kerosin als vormals Hans-Dietrich Genscher.“
    Wenn das unsere Pastorentochter KGE ließt, wird sie noch tiefer in ihre Idelogiekiste greifen, um den Kerosingeruch zu rechtfertigen. Und die andere Pastorentochter, unsere Miss Moneypenny (alias Engelchen Merkel), wird ihren Sponsor Soros anrufen, damit der mehr Geld fürs Redaktionsnetzwerk Deutschland freigibt, damit die das dann alles wieder richtig stellen.

    Und wo wir gerade bei Pastorentöchter sind:
    Beide müssen es ja wissen, dass Religion und Ideologie irgendwie verwandt sind.

    (Wie komme ich auf KGE?
    – Weil mich die Dame im Video vor dem Rathaus in Münster an sie erinnert: KGE schreit im Bundestag genauso im hohen Ton der Predigerstimme – mit viel Engagement und wenig Hirn.)

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