In Konstanz feiern also Seenotretter einen Schiffbruch und ein „Bündnis“, das sich rechtlich irgendwo zwischen Furz und Verein befindet, feiert einen „Erfolg für die zivile Stadtgesellschaft“. Schließlich habe man verhindert, dass auf dem Bodensee irgendwo zwischen Österreich, Deutschland und der Schweiz 100 Menschen bei Kaffee und Kuchen einer hochgeheimen Verschwörung lauschen konnten, deren Aufzeichnung am nächsten Tag wie angekündigt im Radio zu hören sein würde.
„Wie am Morgen auf „Kontrafunk“ berichtet wurde, scheint die für morgen (5.7., 15 Uhr) geplante Bootsfahrt „Der Kontrafunk zu Wasser – Mit der MS Bodensee zum Dreiländereck“ abgesagt.“ – teilt das Bündnis mit.
Immerhin muss man bei „Konstanz für Demokratie“ einen Tapferen abgestellt haben, der sich im Programm des „rechts-nationalen Webradio-Sender aus Steckborn“ all den Hass und die Hetze mal wirklich anhören musste, die dort angeblich verbreitet wird. Der Rest der Aufmerksamkeit stammt allerdings nur vom Hörensagen. Webradio höre sie nicht, so Katrin Brüggemann, eine der Initiatoren des Buzzword-Bündnisses.
Das Bündnis „Konstanz für Demokratie – klare Kante gegen Rechts in Stadt und Landkreis“ bestätigte, dass es auch direkt auf Clemens Mauch zuging. Die E-Mail liegt dem SÜDKURIER vor. Unterzeichnet von Katrin Brüggemann und Anselm Venedey, enthält sie auch die Ankündigung einer Protestkundgebung, droht aber keinerlei Gewalt an. Dass sich der Inhaber des Bootsbetriebs bedroht oder bedrängt gefühlt haben könnte, „kann ich überhaupt nicht nachvollziehen“, erklärt dazu Katrin Brüggemann.
Auf jemanden zugehen, so nennt man für gewöhnlich eine Geste der ausgestreckten Hand, einen Kompromiss oder ein Friedensangebot. Bei der Mail, die mir auch vorliegt, handelt es sich aber eher um die Art Angebot, dass man besser nicht ablehnen sollte. Da baut sich jemand vor dir auf und verweist indirekt aber unmissverständlich auf die vielen Neffen, Cousins und Freunde, denen gar nicht gefalle, was man da mache.
Vielleicht hätte der Schiffseigner die vereinbarte Bootsfahrt noch durchführen können, doch was käme für ihn danach? Hätte die sich selbst verstärkende Empörung der Gleichgeschalteten den „abtrünnigen“ Skipper wieder in ihrer Mitte begrüßt, oder ihn fortan als was auch immer betitelt, geschnitten und boykottiert? Bei Freunden der Fernstenliebe und Nächstenverpetzung ist eher letzteres zu erwarten. Und ist man als Bootseigner nicht angewiesen auf behördliche Genehmigungen? Muss man nicht Werft und Hafen der Stadt benutzen, von wo auch schon klandesines aber heftiges Räuspern zu hören war? Ist nicht das anschmutzende „umstritten“ bereits in die Textbausteine des Südkurier geladen? Wenn der Kontrafunk die Stadt längst wieder verlassen hat, hat man es als Bootseigner, der mit „solchen Leuten“ Geschäfte macht, weiterhin mit dieser feinen, toleranten und gleichgeschalteten „Zivilgesellschaft“ zu tun.
„Ich frage die Leute nicht, welcher Partei sie angehören“ sagt Schiffseigner Clemens Mauch und verteidigt damit das alte Diktum europäischer Handelstradition, die dank friedlichem Austausch von Waren und Dienstleistungen den Wohlstand Europas erst möglich machten. Es waren stets die Staaten und damit der politische Überbau der Ökonomie, die Boykotte und Handelsbeschränkungen zur Vorbereitung und Durchführung ihrer Kriege durchsetzten. Seien es die inneren, oder die nach außen.
Zivilgesellschaft mit militärischem Vokabular
Die Politisierung und Polarisierung jedes Aspektes des menschlichen Lebens, der Medien, der Kunst, der Sprache, der Essgewohnheiten, ja, selbst von Freizeitaktivitäten wie einer Bootsfahrt mit Kaffee und Kuchen wird zum Aspekt eines sich immer weiter ausbreitenden Bürgerkrieges, in dem sich der Staat auf eine Seite geschlagen hat. Und mag dieser Krieg auch (noch) nicht mit Waffen ausgetragen werden, ist der Sprachgebrauch doch längst durchzogen von militärischen Begriffen und Einsprengseln roher Gewaltfantasien.
Unter „Kampf gegen…“ macht man es heute nicht mehr. Die Dichotomie aus „Wir“ und „Die“ kennt keine Übergänge. Alles, was vom Gegner kommt, ist Scheinargument, Fake News und Verrat. Man zeigt den Frontverlauf mit „klarer Kante“. Man „setzt Zeichen“ wie Fähnchen auf einer Generalstabskarte. Man ballt sich unter Schlagworten wie „gemeinsam gegen“, „wir alle“ oder „wir sind mehr“ zu virtuellen Gewalthaufen zusammen und feiert verhinderte Veranstaltungen wie gewonnene Schlachten. Und ist es nicht so praktisch wie kräfteschonend, dass der „Feind“ offenbar überhaupt keinen Widerstand leistet? Musste jemals eine Demo der „Omas gegen Rechts“ oder Solidaritätsmärsche für die Hamas durch Polizei vor handfestem Widerstand beschützt werden?
Der politische Gegner als Mensch ist diesem dualistischen Weltbild dabei nur im Wege, weshalb man ihm alle rationalen Reaktionen und Interpretationen seiner Lage und der Folgen glatt abspricht, während man den eigenen weltenwandelnde Fähigkeiten zuschreibt. So heißt es im Newsletter der Konstanzer: „Eine glatte Lüge ist die Behauptung natürlich trotzdem. Die Bootsfahrt des Kontrafunk wurde nicht wegen irgendeiner nichtexistenten Bedrohungslage abgesagt.“
Denn was eine Bedrohung ist und zurecht von einem Bootseigner als solche empfunden werden darf, legen Katrin Brüggemann und Anselm Venedey vom Konstanzer Spezialdemokraten-Bündnis fest. Doch worin bestand nun das Verwerfliche und Abzulehnende in einer Bootsfahrt, die zu verhindern es angeblich nicht mal einer Drohung bedurfte? Die „Bedrohung durch Linksradikale“ als Begründung für die Absage der Schifffahrt sei nur „inszeniert“, erklärte Brüggemann gegenüber dem Südkurier.
Offenbar überrascht vom eigenen raschen Erfolg ist man doch offenkundig ein wenig enttäuscht darüber, dass man sich nicht mit Plakaten und Injurien an den Gästen des Kontrafunk abarbeiten konnte, die man sich schon gern mal angesehen hätte. Wie mögen die wohl aussehen, diese Nichtmenschen und Falschdenker? Man denke nur an all die schönen Fotos, die Recherchen nach Arbeitgebern und Banken und all die netten Mails und Artikel, die nun nicht gemacht und geschrieben und in aktivistische Machtdemonstrationen verwandelt werden können. Kein Halali, keine Strecke, die Jagd wurde abgeblasen, bevor der erste Schuss fiel. Schwache Leistung für einen „Feind“, der zwar ohne jeden Zweifel – das weiß man im Bündnis der Selbstbestätigten ganz sicher – die braune Machtergreifung durch Hass und Hetze plane, aber mit einem Schiff keine hundert Meter auf einem See zurücklegen kann und den versammelten Aktivisten die geballte Zivilität der Konfliktvermeidung entgegenschleudert.
Worin die „Inszenierung“ der Absage bestanden haben soll, erklärt Brüggemann leider nicht. Flüge, Übernachtungen, Catering…all das musste der Kontrafunk schließlich bezahlen und die Stadt Konstanz und deren Unternehmen bekommen ein gutes Stück vom nicht verzehrten Kuchen ab. Wenn sich also herumspricht, wer in der Stadt wirklich das Sagen hat und unter welcher politischen Prämisse alle Geschäfte dort zu stehen haben, falls man es nicht mit der organisierten Empörung zu tun bekommen will, sollte man sich besser nicht an die Absage durch den Kontrafunk, sondern das „auf den Schiffseigern zugehen“ der Spezialdemokraten erinnern.
Im Gleichschritt gegen die Unsicherheit
Und da in Konstanz gerade das größte Problem der Stadt, eine Kaffeefahrt mit einem Ausflugsdampfer, verhindert wurde, hat man sich damit auch gleich all der anderen gesellschaftlichen Disruptionen entledigt, auf die der Kontrafunk sonst so frech wie sachlich hinweist. Denn merke, Konstanzer: Migrationsprobleme? Gibt es nicht! Die Energiewende? Läuft wie am Schnürchen! mRNA-Impfungen? Sicher, wirksam und effektiv! Für alle anderen, die Zweifler, die den blinden Aktivismus einiger weniger Konstanzer, die sich für die Elite der Zivilgesellschaft und deren Überwachungsausschuss halten, für billigst zu habenden moralischen Dünkel halten, sei hier der Soziologe Friedrich Pohlmann zitiert:
„Selbstgleichschaltung von Menschen durch Parolen schreien und marschieren ermöglicht eine leichte Umlenkbarkeit ihrer Gedanken und Gefühle von wirklichen Tätern auf fiktive. Weil man jetzt fiktive Feinde bekämpfen kann, kann die eigentliche Untat an den Bewusstseinsrand gedrängt werden und weil man Teil der gleichgerichteten Masse ist, können sich alle wechselseitig bestätigt fühlen. Das Ergebnis derartiger Dissonanzreduktionen ist die Banalisierung der Untat.“
Die Zuflucht des von den eigenen zerfallenden Dogmen überforderten Geistes also, der die eigene Untat oder die Gutheißung einer solchen zur Reaktion auf eine nur fiktive Untat umdeutet. Gewissermaßen handelt es sich um die andere Seite einer Münze, auf der Hannah Ahrendts Diktum von der „Banalität des Bösen“ geschrieben steht: die Dämonisierung des Banalen.
Die Analyse Friedrich Pohlmanns stammt übrigens aus einem Essay, den er in der Kontrafunk-Reihe „Audimax – das Kontrafunkkolleg“ veröffentlicht hat und er sei hiermit ausdrücklich zum Nachhören empfohlen. Es sei denn, sie hören wie Katrin Brüggemann kein Webradio. Dann gehen sie besser gleich mit einem Schild auf die Straße und zeigen sie allen, wie glatt und klar ihre Kante ist.
Ach ja, die „Sonntagsrunde“ im Kontrafunk, der allwöchentliche würdige Nachfolger des ARD-Presseclubs, wurde zwar nicht auf dem Schiff, aber dennoch wie geplant aufgezeichnet und heute, am 6.7.2025 gesendet. Wie’s der Zufall will just an jenem Tag, an dem sich die Verbrennung des Reformers Jan Hus zu Konstanz zum 610. mal jährt.
Happy Verbrennungandersdenkenderday, liebe Konstanzer!
Glück im Unglück: Sie hätten auch den Wels auf euch loslassen können!
Ich hatte eigentlich versprochen, über das Folgende nicht zu reden und halte es deshalb vage und unzuordenbar. Man muss es mir nicht glauben, aber es war so.
Es gab mal einen winzigen, anonym betriebenen Blog, mehr Bargespräch als Publikation; passwortgeschützt, mit Server in den USA. Eines Tages wurden Einstellungen geändert. Die/der Blogger/in setzte die Änderungen zurück. Wenige Tage später änderten sie sich aber wieder. Dann kam eine Email mit ihrem/seinem gekürzten Klarnamen und der Aufforderung, sich „zu mäßigen“, wenn er/sie nicht wolle, das der an „nicht passender Stelle“ plötzlich auftauche. Sie/Er hat den Blog sofort vom Netz genommen. Das war bereits Ende 2019.
Mich wunderte, dass jemand für so einen mickrigen Blog so einen Aufwand betreibt. Auch damals hatte man schon Passworte verschlüsselt hinterlegt. Denkbar ist aber auch, dass den Geheimdiensten die Passwörter zugänglich sind und irgendein deutscher Sesselfurzer überhaupt keine Mühe hatte, sondern nur seine Position und den privilegierten Zugang für seinen persönlichen Fanatismus missbraucht hat.
Ich hatte auch schon mal eine rein irdische „Begegnung der dritten Art“. Das will ich aber auch in allseitigen Einvernehmen dabei bewenden lassen. Will nur sagen, dass man eben nicht wichtig sein muss. Leider. Auch wenn der Gedanke motiviert.
Es ist die Natur des Massenwahns. Der Kleinbühnenkünstler Andrew Doyle hat ein Buch über die Hexenverbrennung von Salem geschrieben. Das hatte ich schon mal erwähnt. Die Quintessenz ist, dass der Wahn auf dem Persilschein der Autoritäten beruht. Im Englischen gibt es das Wort „sanction“. Das klingt wie Wirtschaftsembargo, weil in der Antike das Heilige (sanctus) auch unberührbar war. Wenn man im englischen Sprachraum jemandem vorwirft, etwas „zu heiligen“, meint man, etwas Böses zum Guten zu erklären und den Menschen damit zu erlauben, einem schlechten Vorbild zu folgen.
Warum ist das gefährlich? Und warum funktioniert es? Weil Menschen Dilemmata kennen. Manchmal muss man über das Böse zum Guten kommen. Gelegentlich ist es aber so, dass Autoritäten das Böse heiligen und damit nur die Niederträchtigen entfesseln, denen es um das Böse selbst geht, denen der Weg das Ziel ist. Dabei ist es egal, was das Dilemma-Gut ist, für das man die schwarzen Wege öffnet. Ob G´tt, Sozialismus, Islam, Rassismusbekämpfung oder Frieden an und für sich wertvoll sind, spielt nicht die entscheidende Rolle. Wichtig ist, dass unerklärt bleibt, wie der schwarze Weg überhaupt zum Ziel führt. Wird er pragmatisch abschätzbar, kann man an Alternativen denken. Der schwarze Weg ist aber den Niederträchtigen das Ziel. Sie lieben ihn um seiner Selbst.
Aber was hat das jetzt mit Katrin Göring-Eckart und der Schädelknackerin zu tun?
Unter dem Strich bleibt eine riesen Gratis-Werbung für den Kon5trafunk, sagte Peter Hahne im Sonntagsgespräch. – Der Streisand-Effekt. Daran haben Anselm Venedey und Karin Brüggemann nicht gedacht, nedwahr.
Der Bericht übergeht im übrigen die erhebliche finazielle Schieflage der Stadt. – Das Regierungspräsidium schickte der Stadtverwaltung dieser TAge einen Warnbrief – die Drohung hier: Externe Aufsicht über das Kosntanzer Stadtsdäckel. Man gibt viel zuviel Geld aus – und nimmt zuwenig ein!
Ich frage mich ja schon, was all die „Kämpfer“ machen, wenn sie dereinst den „Kampf“ für „unsere Demokratie“ gewonnen und alle Feinde ausgemerzt haben. Was dann? Ohne Feindbild müsste man sich ja mit sich selbst beschäftigen und sich am Ende gar hinterfragen. Wobei, warum hinterfragen, wenn man immer alles richtig macht? Rechtschaffenheit muss sich nicht rechtfertigen.
Ausgezeichneter Beitrag, mit Biss gegen die Konstanzer Wasserflöhe im Pelz der Demokratie.
Man kann nur zu dem Schluss kommen – der Kontrapunkt ist relevant:
Je hysterischer die Reaktion auf die ausgemachten „Demokratiefeinde“ desto relevanter und gefährlicher ist das Angebot für „Useredemokraten“.
Exzellent. Wer immer noch nicht wahrhaben will, dass der Bürgerkrieg zwischen den ideologischen Gräben längst entbrannt und nicht mehr zu „befrieden“ ist, dürfte über die Geschichte totalitärer Parteien sehr wenig wissen – oder ignoriert sie. Ob daraus Straßenschlachten entspringen oder das wirtschaftliche und moralische Verröcheln einer korrupten Oligarchie von Parteien, Korporationen und Konzernen? Fragen Sie die KI Ihres Vertrauens.
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