„Epstein Files“ oder „Client List“ sind zu feststehenden Begriffen geworden. Immer wenn davon die Rede ist, triggert die Kabale in allen Köpfen. Namen werden geraunt, Augenbrauen hochgezogen, und wenn dann noch jemand kalauert, „Epstein didn‘t kill himself“, herrscht großes Einverständnis. Und tatsächlich gehört der Tod dieses „Creep“, wie Trump Epstein neulich betitelte, in eine Reihe prominenter Kriminalfälle, mit deren Aufklärung man sich entweder schwertut, oder für die so hanebüchene Erklärungen vorliegen, dass es jedem logisch denkenden Menschen die Schuhe auszieht. Gemeinsam ist diesen Fällen, dass die Öffentlichkeit die offiziellen Erklärungen vehement ablehnt und sich eine alte Frage drängend stellt: Cui Bono? Wem nützte der Tod von Jeffrey Epstein. Und so sehr wir uns auch Aufklärung in gerade dieser Sache wünschen… wissen wir es bis heute nicht. Und auch die Regierung unter Donald Trump tut gerade wenig bis nichts dafür, das zu ändern.

Gegen den tiefen Staat

Als eiserner Besen durch Behörden und Ministerien zu fahren, war ein zentrales Wahlversprechen Trumps. Dazu gehörte, endlich Transparenz in alten Fällen herzustellen, die sich mittlerweile zu veritablen Verschwörungsgebäuden aufgetürmt haben: die Morde an den Kennedys und Martin Luther King etwa, oder eben der Fall Epstein, diesem Typen also, mit dem wohl jeder zweite Politiker oder Promi schon mal ein Selfie gemacht hat, heute hoffend, dass es nie das Licht der Welt erblicken möge.

Alle Zutaten für eine rasche Aufarbeitung des „Selbstmordes“ von Epstein waren nach Trumps Amtsantritt beisammen, als Pam Bondi, eine frühere Staatsanwältin aus Florida, zur Justizministerin, Kash Patel zum FBI-Direktor und der ehemalige Secret Service Agent Dan Bongino zu dessen Stellvertreter ernannt wurden. Alles MAGA-Leute der ersten Stunde. An den entsprechenden Personalien der Regierung „Trump 1“ und der Biden-Regierung tropften hingegen alle Forderungen nach neuen Ermittlungen in der Causa Epstein ab, was die Verschwörungstheorien noch größer werden ließ. Doch Patel und besonders Bongino, der für einen nur so mittel bezahlten Posten auf Zeit in der Regierung ein Millionen-Einkommen als Podcaster sausen ließ, würden sicher liefern.

Und hatte Pam Bondi auf die Frage nach der Epstein-Kundenliste nicht am 21. Februar noch gesagt, sie habe diese „gerade auf meinem Schreibtisch“? Eifrig hatte sie anlässlich eines Termins im Weißen Haus am 27. Februar 2025 einer ganzen Reihe von YouTubern der MAGA-Szene Ordner mit der vielversprechenden Aufschrift „The Epstein Files: Phase 1“ übergeben, für die sie selbst und höchstpersönlich sogar die Etiketten ausgedruckt hatte. Doch enthielt der Ordner keinerlei neue Informationen, nur längst bekannte Fluglisten, Termineinträge und belangloses Zeug. Die Influencer waren jedenfalls alles andere als erfreut, als sie auf ihrem Heimweg die „Dokumente“ überflogen.

Am 29. Mai kündigte der stellvertretende FBI-Direktor Dan Bongino schließlich an, das Überwachungsvideo veröffentlichen zu wollen, welches angeblich die Zellentür zeigt und belegen werde, dass niemand außer Epstein zum Zeitpunkt seines Todes in der Zelle gewesen sein kann. „Ich möchte das ganz klarstellen. Ich verlange nicht, dass mir jemand glaubt. Ich sage Ihnen, was da ist und was nicht“.

Eine Analyse der Metadaten ergab später, dass das Video mit Adobe Premiere aus drei Teilstücken zusammengefügt war. Doch selbst wenn man glauben will, Epstein habe sich selbst getötet und all die Fakten, die die erst ermöglichen – also die extra Bettwäsche, die ausgefallene Überwachungskamera, der verlegte Zellenkumpel und die schlafenden Wachleute sich nur zufällig häuften –, bleibt ja immer noch die Frage nach der „Kundenliste“. Nicht dass es eine solche im physischen Sinn geben würde. So simpel funktionieren nur Bond-Bösewichte oder Terroristen, die gern Feindlisten führen. Aber man könnte sicher eine solche Liste anfertigen aus all dem Beweismaterial, welches zweifellos existiert.

Das eher halbherzige Dementi der Justizministerin, durchgestochen an das eher linksstehende Medium Axios, kam am 6. Juli und bezog sich explizit auf diese nicht existente Kundenliste und schloss den Fall mit einem trotzigen Federstrich ab: Es existiert keine Liste, Punkt! Und weiter: „Das Justizministerium und das FBI sind der Auffassung, dass eine weitere Offenlegung weder angemessen noch gerechtfertigt wäre“. Dass man keine solche Liste erstellen könne, sagte Bondi bezeichnenderweise nicht, und man darf unterstellen, dass sie als versierte Prozess-Anwältin sehr genau zu formulieren imstande ist.

Gewinnt der tiefe Staat?

Nichts außer einer weltstürzenden Liste von Namen und Missetaten hätte die Spekulationen beenden können, so viel ist sicher. Zu lange dauern die Hinterzimmerdeals, Absprachen und verrückten Zufälle nun schon, als dass man sich in der interessierten Öffentlichkeit mit dem zufrieden geben könnte, was jetzt als Wahrheit verkündet wird: Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Bangino und Patel sollen angeblich mit Rücktritt gedroht haben, als sie erfuhren, für Bondi sei der Fall jetzt erledigt. Es soll sehr laut geworden sein zwischen Bongino und Bondi, und es bedurfte wohl eines Telefonats mit Trump, um Bongino überhaupt zur Rückkehr in sein Büro zu bewegen.

Die MAGA-Basis tobt jedenfalls und akzeptiert zum allergrößten Teil den Schlussstrich nicht, den die Trump-Administration unter die Epstein-Sache ziehen möchte. Nichts passt wirklich zusammen, und wenn die Aufregung überhaupt zu etwas taugt, dann dazu, die Unterstellung zu widerlegen, Trumps „Make America Great Again“ Bewegung sei im Grunde eine Sekte, deren Anhänger blind ausführen, was ihr Herr und Meister von ihr verlange. Doch Trumps Aufforderung, man solle keine Zeit mehr mit diesem „Creep“ Epstein verschwenden, denn man habe Besseres zu tun, wird von den meisten nicht akzeptiert, und es ist unwahrscheinlich, dass Trump diese Zahnpasta, die er bis vor kurzem noch selbst gedrückt hat, zurück in die Tube quetschen kann.

Ein Königreich für eine Theorie!

Nichts ist ausgeräumt, nichts bewiesen. Einige lose Fäden hängen hier und da aus der Geschichte und verbinden Epstein mit bekannten Figuren. Wer bis hier gelesen hat, muss sicher nicht daran erinnert werden, dass Leute wie Bill Gates, Bill Clinton, Prince Andrew, Donald Trump und viele andere immer wieder genannt werden und als Gäste in Epsteins Flieger oder auf seiner Privatinsel auftauchen. Mehr als 90 Namen werden genannt, und jeder, der Epstein mal ein Stück Seife verkauft hat, trat ja mit ihm in eine Geschäftsbeziehung und kann zu einer Zeile auf einer Liste werden.

Und da gibt es natürlich noch eine ganze Menagerie von Hilfskräften, die – wissentlich oder nicht – bei dessen perversen Mädchenbeschaffungen mitgewirkt haben. Sie putzten die Tatorte, bereiteten Mahlzeiten zu, schraubten Lampen in Fassungen, schrubbten die Böden, reinigten Pools und fuhren die Mädchen von A nach B – rein rechtlich in den USA ein Fall, der nach den Regeln gegen bandenmäßig organisiertes Verbrechen verfolgt werden müsste. Doch wie von Zauberhand verschwanden Täter wie Zeugen, wurden Verfahren eingestellt oder nicht weiterverfolgt. Jean-Luce Brunel, der für Epstein als „Model-Agent“ in Europa tätig war, erhängte sich drei Jahre nach dem Tod seines Chefs wie dieser mit einem Bettlaken. Und zwar in Untersuchungshaft in einem französischen Gefängnis.

Der 50. Geburtstag

Und dann ist da ja noch Donald Trump, der durch sein Desinteresse an der weiteren Aufklärung der Causa Epstein aus Abgeordneten der Demokraten plötzlich fordernde Aufklärer macht. Hat er was zu verbergen, der Präsident? Das Wall Street Journal brachte in einem Artikel am 17. Juli Trumps Namen wieder ins Epstein-Spiel. Es geht um ein „besonderes Geschenk“, ein Buch, das Ghislain Maxwell anlässlich Epsteins 50. Geburtstag zusammengestellt habe. Sie soll dafür kleine Beiträge von Familie, Freunden und Bekannten Epsteins eingesammelt haben, darunter auch von Alan Dershowitz und Donald Trump. Dumme oder halbstarke Sprüche und Kritzeleien. Trump bestreitet, jemals etwas Derartiges verfasst zu haben und droht mit Klage. Dershowitz bat das Wall Street Journal, ihm eine Kopie dessen zuzusenden, was er damals geschrieben haben soll. Man lehnte ab, das könne man nicht. Womöglich hat man das Corpus delicti also nicht mal wirklich vorliegen. Und selbst wenn, ist das völlig nutzlos – außer für Anschmutzungen – weil sich all das schon 2002 ereignet haben müsste, lange vor den ersten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Florida. Trump brach den Kontakt zu Epstein irgendwann um 2004 ab.

Spinne im Geheimdienstnetz oder talentierter Betrüger?

Die heute beliebtesten Theorien rücken Epstein in die Nähe von Geheimdiensten. Er habe für die CIA oder den Mossad oder beide gearbeitet. Geheimdienste sind natürlich immer der perfekte Einstieg in eine Verschwörung, weil die nicht in der Öffentlichkeit Dementis verbreiten oder Erklärungen abgeben. Jedenfalls keine glaubhaften, weil Geheimdienst und so *zwinker, zwinker*.

Und tatsächlich brachte er einige Talente und eine gewisse Unverschämtheit mit, die ihn dort leicht verortbar machten. Durch Vermittlung des Vaters des späteren Justizministers William Barr bekam er einst einen Posten als Mathelehrer an der renommierten privaten Dalton School in New York, ohne über die nötigen Abschlüsse zu verfügen. Bei der inzwischen implodierten Investmentbank Bear Stearns, wo er als Risiko-Analyst arbeitete, bekam er Ärger mit der Personalabteilung, als die herausfand, dass keine Universität, an der Epstein gewesen sein wollte, je von ihm gehört hatte. Er überzeugt das Unternehmen, ihn trotz der Lüge nicht zu feuern. Steven Hoffenberg, dem er bei der Fälschung von Unternehmensbilanzen im Rahmen eines gigantischen Ponzi-Betrugs half, belastete Epstein nicht, weil der angab, Zeuge des Justizministeriums zu sein und dort Leute zu kennen. Hoffenberg ging ins Gefängnis, Epstein wurde nie belangt, wusch und verschob weiter Gelder, wohl auch im Auftrag von Geheimdiensten, verfügte über einen gefälschten österreichischen Pass, der so gut war, dass er ihn – wie zahlreiche Visastempel belegen – eifrig nutzte, und hatte offenbar ein großes Talent, sehr viel reichere Menschen als er selbst es war, um beträchtliche Summen zu erleichtern. Der Unternehmer Leon Black allein überwies ihm für „Steuer und Nachlassplanungsberatung“ insgesamt 170 Millionen Dollar. Die üblichen Spenden für öffentliche Einrichtungen, Sportclubs und Galas verschafften im Zugang zum Kunst-, Polit-, und Finanzadel der Welt. Für jede Erklärung, wer oder was außer einem üblen Kinderschänder Jeffrey Epstein nun eigentlich war, halten die Fakten aber auch stets logische Sackgassen bereit.

Doch warum nun das Statement der Justizministerin, da sei nichts? Möglichkeit Nummer eins ist natürlich: Da war wirklich nichts zu finden! Alles nur Verschwörungstheorien! Doch das hätte man als Negativbeweis einer Theorie doch erst recht mit der Öffentlichkeit teilen können.

Möglichkeit zwei: Die Funde sind so brisant, dass Bondi und Trump gewissermaßen auf einen Topf voll Gold gestoßen sind, aus dem man nun politisches Kapital zu schlagen versucht. Doch gäbe es da etwas, hätte man es unter der Biden-Administration längst verwenden können, sofern es Trump belastete – oder beseitigen, wenn es ihm in die Hände fallen könnte. Was uns zur dritten Möglichkeit führt. Man sucht einfach an der falschen Stelle. Als Patel und Bangino das FBI übernahmen, hatten sie es sofort mit massivem Widerstand zu tun. Es gab Räume im Hoover-Building, die verschlossen waren und niemand die Schlüssel finden oder auch nur sagen konnte, was sich in den Räumen befand. Die neue Behördenleitung musste sich den Zugang zu Informationen buchstäblich erkämpfen, und nichts deutet darauf hin, dass der Widerstand ganz erloschen ist. Sollten sich also belastende Unterlagen beim FBI befunden haben, wer sagt, dass sie nicht längst abgeholt und/oder vernichtet wurden?

Vier Jahre sind für einen Geheimdienst eine lange Zeit. Vielleicht suchten Bondi, Patel und Bongino also einfach an der falschen Stelle. Wir dürfen weiter spekulieren und da sich Donald Trump in dieser Sache nicht als Aufklärer, sondern als Bremser zu betätigen scheint, sollte er sich darüber nicht beklagen. Und ein Rest Hoffnung besteht ja noch, dass man in den Bergen von Akten doch noch mal auf die Suche nach der Wahrheit geht. Am 19.7.2025 gab Trump dem Druck der MAGA-Basis (etwas) nach. Der US-Präsident habe „aufgrund der lächerlichen Publicity, die Jeffrey Epstein zuteil wurde“ US-Justizministerin Pam Bondi angewiesen, „vorbehaltlich der gerichtlichen Genehmigung alle relevanten Zeugenaussagen der Grand Jury vorzulegen“.

Und wie wäre es mit folgender Spur, Pam Bondi? Virginia Giuffre, eines der Opfer von Epstein und dessen Spezi Prince Andrew, die auch Alan Dershowitz beschuldigte, sie missbraucht zu haben, räumte später ein, Epsteins Anwalt (er hatte so einige) wohl mit jemand anderem verwechselt zu haben. Der entsprechend drohende Rechtsstreit wurde beigelegt. Giuffre nahm sich im April 2025 das Leben, und nun werden wir vielleicht nie erfahren, mit wem sie Dershowitz verwechselt haben könnte. Genau hier mit den Entschwärzungen der versiegelten Gerichtsakten zu beginnen, könnte eine gute Idee sein, Pam Bondi!

Zuerst erschienen auf Achgut.com

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2 Kommentare

  1. Ein „grooming“ der Eliten ist schon seit Jahrhunderten bekannt.Auch beim Klerus. Neu ist der rassistisch/religiöse Mißbrauch der britischen Grooming Gangs. Und auch da bildet sich Ein Deep State. Judikative, Legislative und auch teilweise selbst die Legislative sind dort zu finden. Die Opfer werden immer jünger. Auch Medien lassen Kinder keine Kinder mehr sein und überlassen Sie sich selbst mit den propagierten Halbwissen. Kinder unfähiger Eltern. Kindeswohl wird dem Zeitgeist und der Wokekismus untergeordnet. Früher brauchte der Überbringer der Wahrheit ein schnelles Pferd. Heute ein Bademantel wenn um 5 Uhr die Polizei vor der Tür steht.

  2. Der Elefant im Raum ist halt, dass Epstein Israeli war und mit mehreren Geheimdiensten zusammenarbeitete. Alan Dershowitz, der auch auf der Kundenliste steht, will das möglichst viele Dokumente veröffentlicht werden. Trump, der auch draufsteht, sollte sich dem anschließen. Wie die Anwältin Ann Coulter richtig bemerkt, lassen sich selbst intime Videos und Fotos veröffentlichen, wenn Brüste, Genitalien und die Gesichter der Opfer verpixelt werden. Jede unnötige Geheimniskrämerei facht den Antisemitismus weiter an. Es kommen einfach viele Sachen in der Angelegenheit zusammen.

    Wenn ich behaupte, dass Dershowitz und Trump draufstehen, dann liegt das daran, dass „Kundenliste“ schon immer eine rhetorische Figur war. Natürlich führten die keine Zettel mit „Massagetermin Dershowitz, Mittagessen Trump, Bübchenescort Spacey, Jackson usw. …“ Anzunehmen ist, dass „Kunden“ Leute sind, denen Epstein gegen Gefälligkeiten Informationen zukommen ließ, ohne dass die um deren Ursprung wissen mussten. Das Geschäft bestand nicht nur aus der Sammlung von Kompromat und aus Spionagetätigkeit (beides mithilfe von Prostituierten), sondern auch aus Informationenhökerei. Und das ist auch die Stelle, an der die Geheimdienste andockten.

    Es ist nämlich gar nicht sonderlich schwer, mit Geheimdiensten zu tun zu kriegen. Fast jeder einigermaßen sportliche Hochbegabte in militärisch beanspruchten Ländern wie Israel oder den Mitgliedsstaaten der „Five Eyes“ erlebt mal so einen Kontaktversuch. Epstein war mehrsprachig, sportlich und hochbegabt. Mehr noch: Ein Talent.

    Ich mach alles noch schlimmer, weil mysteriöser, aber man überschätzt heillos die Macht der Geheimdienste und damit die „Juden im Dunkeln“, wenn man nicht versteht, dass es die psychiatrische Erkrankung Psychopathie tatsächlich gibt.

    Leute, für die Psychopathen ihre Maske fallen lassen, erleben das als traumatisierend. Eric Weinstein wurde von Epstein an einen Tisch gesetzt, der wie ein aufgebockter Militärsarg „aussah“. Das Tischtuch „sah aus“ wie ein Armeesargtuch (US-Flagge). Weinstein sollte Angst haben. Der Physiker erkannte, dass Epstein „anders“ ist, profund „anders“. Es ist der krankheitstypische nahtlose Wechsel aus sinnlosen Lügen und Widersprüchen, der den Stresspegel einseitig beim Zuhörers erhöht, zum plötzlich Klaren – in Epsteins Fall – sogar extrem Schlauen. Man spürt und soll spüren, dass man unterlegen ist, dass niemand einem glauben wird, wenn es zu einer Konfrontation kommt.

    Wenn man die Krankheit nicht kennt, kann man glauben, dass diese Art elaborierter Psychosch**ße und überhaupt diese geschmeidige Lügnerei das Ergebnis intensiver geheimdienstlicher Trainingseinheiten sein muss. Das ist aber falsch. Training hat seine Grenzen. Epstein hatte Talent.

    Zu einem bisschen Realismus über die Geheimdienste kommt man, wenn man überlegt, wie groß die Apparate mittlerweile sind. Nicht nur hätte man kaum die Ressourcen so viele Leute auf James-Bond-Niveau zu heben, die eine Hand weiß auch oft nicht mehr, was die andere tut. Ich erinnere mich noch daran, dass man die Brett-Kavanaugh-Beschuldigerin Christine Blasio-Ford mit dem CIA in Verbindung brachte. Interessant war, dass viele Medien von „unter Tränen“ schrieben, obwohl sie nicht tränte. Sie modulierte aber ihre Stimme durchgängig so, als wäre sie belegt. Die schmutzige Brille beeinträchtigte den Blick auf die Augen. Das sieht nach Geheimdiensttraining aus. Cui Bono (wem nützt es)? Ihrem Go-Fund-Me-Konto!

    Für den Angstfaktor spielt es eine untergeordnete Rolle, ob man sich von einem Psychopathen oder von einem scheinbar übermächtigen Geheimdienst konfrontiert sieht. Du willst nicht mehr stören. Es würde dir eh keiner glauben. Andere wollen auch nicht mehr stören. Du bist nicht der einzige, der erreichen will, dass niemand dich mit der anderen Person oder dem anderen Personenkreis in Verbindung bringt. Wer profitiert davon, wenn sämtliche Spuren, die zu Jeffrey Epstein führen, verwischen? Viele. Sehr viele. Das ist das Problem. Viele Leute, nicht nur Leute in der mehr oder weniger feindlichen Verwaltung, wollen ihre Verbindungen mit Epstein verschleiern. Auf Pam Bondis Tisch muss nichts mehr landen. Sie kann auch erst mal die dicke Mappe mit den „gähn, eh schon bekannten Flug- und Sonstwaslisten“ für eine heiße Sache gehalten haben, ohne etwas im Schilde zu führen. Das ist auch nicht „faul“, wie die Moderatorin Megyn Kelly meint. Bondi hat auch noch andere Sachen zu tun.

    Aber warum die fortwährende Angst? Er ist tot und kann doch mit seinem Charisma und seiner geschmeidigen Lügnerei nicht mehr gegen die Wahrheit anderer antreten.

    Nicht nur Psychopathen, sondern auch andere psychisch Kranke, können eine „fliegende Affen“-Dynamic (flying monkeys) entwickeln. Das sind Helfer, die ihrerseits in der Nähe des Irren wahnsinnig werden. Charles Manson musste niemanden persönlich töten. Die Flying Monkeys laden erhebliche Schuld auf sich und verlieren ihre Hemmungen. Auch das Phänomen lässt sich mit großer Macht verwechseln. Ein Mafia-Pate muss nur küssen. Er muss über die Methode, das Wann, das Wo und das Wer gar nichts wissen. Er muss manchmal nicht mal küssen. Und gelegentlich muss er nicht mal wissen, dass jemand verschwunden ist, der ihm hätte im Weg stehen können. Wer will mit einer Horde fliegender Affen in Verbindung gebracht werden?

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