Ich weiß, was Sie jetzt fragen wollen, liebe Leser, aber ich habe keine Antwort. Deshalb nehme ich das Fazit dieses Textes gleich mal vorweg und sage, dass all die Begebenheiten, von denen ich gleich berichte, anscheinend kaum Auswirkungen auf die Umfragen zu den Präsidentschaftswahlen hatten. Die stehen in Summe bolzenfest rund um 50/50 – alles darüber hinaus ist Projektion, statistisches Rauschen oder Glaskugelei.

Einzig die Wetten zeigen einen etwas anderen Trend. Hier geht es ja nicht so sehr darum, was man als Ausgang der Präsidentschaftswahl gern hätte, sondern darum, was nach eigenem Erwarten passieren wird. Entsprechend fallen Wetteinsätze und Quoten aus. Für die zahlreichen Anbieter solcher Polit-Wetten scheint gerade Folgendes zu gelten: Je häufiger Kamala Harris vor der Kamera Fragen beantwortet, umso mehr wetten die Spieler auf Trump.

Harris hat gerade „Media Blitz“ gestartet, das heißt, sie tingelt mit und ohne Begleitung von Tim Walz durch alle nur denkbaren TV-, Podcast- und Radioformate – und denkbar sind natürlich nur solche, die kaum kritische Fragen stellen. Doch ihre Wetten werden schlechter und schlechter. Die Umfragen jedoch nicht, was uns zum Hauptproblem der objektiven Berichterstattung bringt: Die Messung verändert das Messergebnis.

Wer Geld auf Sieg oder Niederlage setzt, wer sich tiefgreifend informiert, um vielleicht schlau klingende Kommentare zum Geschehen abzusondern oder auch nur eine qualifizierte Wahl treffen zu können und deshalb Harris’ Reden durch die Netze und Siebe einer Analyse schaufelt, steht nach solcher Arbeit meist entsetzt und mit leeren Händen da und fragt, „Wer ist diese Frau überhaupt und wenn ja, wie viele?“, während ein sehr großer Teil ihrer Unterstützer und potenziellen Wähler mit dem Rauschen des Sandes beim Schaufeln zufrieden ist. Die Schnittmenge dieser Gruppen ist Null, dafür sorgen die Medien.

Kaum ernsthafte Fragen und keine Antworten

Nicht dass wir das nicht schon immer geahnt hätten! Doch nun brachte James O’Keefe mit einer seiner Under-Cover-Aktionen Gewissheit in das böse Vorurteil, und wir dürfen annehmen, dass MSNBC nur die Spitze des Eisbergs ist. Dort jedenfalls tue man alles dafür, Harris’ Kampagne zu helfen, was wiederum nur für jene ersichtlich ist, die – siehe oben – ihr Tagwerk darin sehen, nach solchen Indizien zu suchen. Denn Konsequenzen haben solche Operationen natürlich nicht. Keine Staatsanwaltschaft ermittelt, kein Justizminister fordert Aufklärung, kein Gesetz zur Wahlkampffinanzierung wird in Stellung gebracht, keine Neutralität angemahnt.

Das Aufeinandertreffen von Walz und Vance war der wohl letzte Versuch beider Lager, nicht nur vertrautes Publikum zu erreichen. Fleißig im Sinne von vielen Interviews und Auftritten sind indes sowohl Harris als auch Trump. Letzterer hat gerade in Butler, Pennsylvania – also dem Ort, wo er angeschossen wurde – eine Rallye mit vielleicht 200.000 Zuschauern und jeder Menge Prominenz von RFKj bis Elon Musk abgehalten.

Harris’ Charme-Offensive gegenüber der Presse begann mit dem Podcast „Call Her Daddy“ von Alex Cooper, einem so mittel erfolgreichen Format der Generation „Z“, in dem es eigentlich vorrangig nicht um Politik, sondern um Sex geht. Das schien Harris die ideale Plattform für ihr Dauerschleifenthema Abtreibung zu sein, und Cooper baute Harris gern die Brücke: ob sie auch nur ein Bundesgesetz kenne, dass Männern die volle Kontrolle über ihren Körper einschränken würde. Heiteres Lachen auf beiden Seiten, „natürlich nicht“. Die männlichen Zuschauer – so es sie denn gab – könnten rufen: „Hallo ihr zwei Schwestern, was ist mit den Selected Service Act?“ Denn nur Männer können im Verteidigungsfall zum Wehrdienst verpflichtet werden, und was dann mit deren Körpern zu passieren hat, entscheidet letztlich die Nase im Weißen Haus.

Dann kam Harris’ Auftritt in „60 Minutes“ bei CBS, und bereits der Name lässt Schlüsse auf die übliche Länge des Formats zu. Die Stunde von Kamala Harris dauerte immerhin 20 Minuten. Doch man muss Moderator Bill Whitaker zugute halten, dass er von allen harrisfreundlichen Softballspielern in den Medien bisher den härtesten Schlag hatte. Da waren nur wenige Fragen der Kategorie „warum sind sie so großartig“, jedoch bestand auch Whitaker nicht allzu sehr darauf, dass seine Fragen letztlich überhaupt beantwortet würden.

Verdoppeln statt halbieren

Überhaupt die Fragen. Ob bei „60 Minutes“, „The View“, Colbert oder Howard Stern – meist ging es um Dinge, die vielleicht auf Moderationskärtchen stehen und sogar den Moderator interessieren. Das Publikum hingegen kaum, was beabsichtigt ist. Es fällt nämlich leichter, über eine Nicht-Antwort hinwegzusehen, wenn man schon mit der Frage überhaupt nichts anfangen kann. Man kann aber gut Bullshit-Bingo zu den Antworten spielen und hat eine Reihe mit „Middle Class“, „Opportunity Economy“, „Small Businesses“ und „Fair Share“ schnell beisammen.

Eine gute Frage stellte Whitaker dann doch, und wäre er der Antwort wirklich nachgegangen, hätte sie auf die Waage gelegt und die Lügen und Verdrehungen in Harris’ Ausführungen aufgezeigt, könnten wir jetzt vielleicht eine empfindliche Störung im „Joy-Wahlkampf“ von Kamala Harris bemerken.

Whitaker: „Nach dem Amtsantritt ihrer Administration hat sich die Zahl der illegalen Einwanderer vervierfacht. War es ein Fehler, die Migrationspolitik Trumps aufzugeben?“

Es folgte aber nicht der bekannte Wortsalat a la Harris, sondern eine interessante Behauptung. Von Tag eins an habe man eine Lösung des Problems angeboten. Doch Whitaker hakt nach:

„Ich fragte, war es ein Fehler, diese Flut an Migration überhaupt erst zuzulassen?“

„Wir haben den Zustrom halbiert“, sagt Harris. Was nach einer Vervierfachung in der Konsequenz immer noch eine Verdopplung bedeuten würde, aber nun ja, Mathe! Und das geschah auch erst, als Biden Anfang des Jahres die große Wahlpanik bekam und erkannte, wie sehr ihm die illegale Migration die Umfragewerte verhagelt.

Keine Lösung für ein selbst geschaffenes Problem

Für die Lösung des Problems brauche man aber unbedingt die Hilfe des Kongresses, so Harris. Zur Erinnerung: Die aktuelle leichte Verschärfung des Grenzregimes unter Biden ist Ergebnis einer Executive Order, nicht eines Parlamentsbeschlusses – genau wie die Regeln, die unter der Trump-Administration galten und buchstäblich an „Day One“ von Biden außer Kraft gesetzt wurden. Biden und Harris wollten die Illegalen zehn oder fünfzehn Millionen, aber das sagt man eben nicht so gern im Fernsehen.

Doch kommen wir zur „Lösung des Problems“, welche Harris und Biden an Tag eins ihrer Administration angeblich präsentierten, was natürlich nur am Widerstand der pöhsen Republikaner gescheitert sein kann. So wird es jedenfalls laufend suggeriert.

Dieser „Day-One-Gesetzentwurf“ aus 2021 sah vor allem eine weitreichende Amnestie für illegale Einwanderer vor, verbunden mit großzügigen Visaregeln für den Familiennachzug, Eingliederungsprogramme und Ressourcen für ein verstärktes Monitoring der Mitarbeiter der Grenzschutzbehörde, ob da nicht doch ein geheimes Flämmchen der Fremden- und Diversity-Feindlichkeit in den Beamten brenne, welches man austreten müsse.

Nach der Wahl 2020 hatten die Dems nicht nur die Präsidentschaft, sondern (bis zur Zwischenwahl) auch die Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses. Es fanden sich jedoch für dieses Gesetz zur „Lösung des Problems“ – letzteres nach Amtsantritt der Biden-Regierung erst geschaffen – nicht einmal in den Reihen der Demokraten genügend Unterstützer, weshalb es schnell begraben wurde! Aber hey, lasst es uns doch trotzdem so darstellen, als sei Trump irgendwie schuld daran!

Das Biden-Trilemma

Eine merkwürdige Stille liegt mittlerweile über der Präsidentschaft von Biden, die sich dem Ende zuneigt. Ich denke, es darf heute als sicher gelten, dass sein Rückzug eine Palastrevolte war, angezettelt von Obama, Schumer und Pelosi. Deshalb der frühe Debatten-Termin gegen Trump noch vor der offiziellen Nominierung. Biden wollte nicht abtreten, also ließ man ihn ins Messer laufen. Doch so ganz kampflos mag er nicht abtreten, der Joe, und so schadet er seiner Vatermörderin Kamala immer wieder dadurch, dass er sie bei jeder Gelegenheit über den grünen Klee lobt. Überall sei Kamala kompetent an den Entscheidungen beteiligt gewesen, kein Blatt Papier passe zwischen ihn und Kamala! Immer wieder sei sie die Letzte im Raum gewesen.

Es passt leider so gar nicht zur Strategie, als Kandidatin des Wandels zu firmieren, wenn man Teil dessen ist, was verändert werden soll. Ihr bliebe immer noch die Flucht nach vorn, der 25. Verfassungszusatz, die Absetzung Bidens. Doch das würde sie noch enger an das Erbe Bidens und seiner gescheiterten Administration fesseln, auch wenn man damit rechnen kann, dass viele Wähler die erste Präsidentschaft einer „Woman of Color“ nicht klanglos nach ein paar Wochen zu Ende gehen lassen würden. Und so wird Biden wohl bis zur Wahl durchhalten, weiter in den Talkshows sitzen, und nach all seinen Lobreden auf Kamala kann man ihn danach ganz leise Michael Jacksons „This Girl Is Mine“ summen hören.

Auf unerklärliche Weise gilt Kamala Harris trotz Bidens Störfeuer von der Seitenlinie nach wie vor als Kandidatin, die für einen „Wandel“ steht und sogar der ihr wohlgesonnene Stephen Colbert wollen mal erklärt bekommen, wie das denn funktioniert, da sie ja Teil der aktuellen Regierung sei. Die Antwort: „Ich bin offensichtlich nicht Joe Biden, was schon mal ein Wechsel ist. Aber ebenso wichtig ist, denke ich, da es nur noch 28 Tage bis zur Wahl sind: ich bin nicht Donald Trump.“

Genauer bekommt der Wähler es nicht mehr, egal wie oft er fragt. Und für die ungestellte Frage, welche Strategie die Harris-Kampagne eigentlich fährt und um Wähler wirbt, mit all den leeren Floskeln und Wortgirlanden, deren Anfang man schon vergessen hat, wenn der nächste Halbsatz beginnt, gipfelt in dieser leicht flapsigen und auf Pointe optimierten Aussage. Nicht Trump zu sein, hat Joe Biden 2021 ins Weiße Haus gebracht, und Harris hofft auf Wiederholung. Ob die Wähler, welche mehrheitlich genug haben von der Biden-Regierung, denselben Fehler noch einmal machen?

Zuerst erschienen auf Achgut.com

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3 Kommentare

  1. Die Harris-Kampagne ist extrem deutsch. Der Unterschied zu unserer Floskel-Dampfplauderei-Schönwetterbeschwörung ist aber, dass die Linke in Amerika damit auf Widerstand stößt. Es ist schon beachtlich, dass acht Jahre nach dem Schock über die vernachlässigten Sorgen des vergessene Fly-Over-Americas eine Freu-dich-oder-ich-hau-dich-Kampagne starten konnte. Ich vermute stark, dass die europhilen Bürokraten in Washington unsere Demobilisierungsstrategie kopiert haben. Viele Kommentatoren des Zeitgeists übersehen gerne, dass unser politisches Fiasko auf beiden Seiten des Atlantiks wurzelt.

    Harris versichert jedenfalls, „Ich habe einen Plan“. Ich meine, Merkel, nein, Sellner! Der hat einen, wenn auch keinen geheimen. Den haben nur die Frauen. Martin Sellner will Asylanwärter in irgendwelche afrikanischen Immobilien verfrachten. Das ist natürlich die von Labour abgeräumte Ruandalösung. Und die australische Insellösung, die auch unter Frauke Petry ein AfD-Vorschlag war.
    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/frauke-petry-will-fluechtlinge-auf-inseln-abschieben-a-1107550.html

    Dominique Cumming, ein freischaffender Ex-Mitarbeiter („Berater“) von Boris Johnson sagt, das sei die politisch bequemere Schmuddellösung gewesen, weil man das heiße Eisen nicht anfassen will. Das Eisen ist die „Rechtsprechung“ von „internationalen Gerichten“ und ihre Auslegung internationaler Abkommen. Thilo Sarrazin, einer der wenigen Intellektuellen mit konkreten Vorschlägen, weist darauf hin, dass man einige dieser Verträge neufassen muss. Ich bin der Meinung, dass sie noch nicht einmal die Dinge aussagen, die die „Gerichte“ hineininterpretieren. Das öffnet zwei Bahnen: (1) Die von Sarrazin postulierte Erneuerung der Abkommen
    (2) Druck auf die internationalen Pseudo-Gerichte Ausüben, bis sie die Urteile revidieren (Entzug von Finanzierung und Anerkennung).

    Ein weiteres Teilproblem, das einer Lösung harrt, ist, dass Putin schon seit Jahren die „Weapon of Mass Migration“-Strategie über seinen Vassallenstaat Weißrussland fährt. Der Scholz-Regierung fällt bislang nichts dazu ein, außer heimlich Migranten nach Polen zurückzukarren, was selbst dem autoritären EU-Apparatschik Tusk auf die Leber geht. AfD und BSW sind natülich ein Totalausfall. Abseits von Verblendung gibt es höchstwahrscheinlich auch ein Korruptionsproblem. Beispiel:
    https://www.agrarheute.com/politik/staatsanwalt-ermittelt-afd-politiker-politische-gefangene-ausbeuten-626700

    Wenn ich schon bei konstruktiver AfD-Kritik bin, dann will ich noch daran erinnern, dass die in der Coronazeit nach Visa-Vergaben für Erntehelfer gebettelt haben.
    https://afdkompakt.de/2020/03/30/afd-im-bundestag-fordert-sofort-programm-fuer-europaeische-erntehelfer/

    Ich melde mal meine Zweifel an, dass die heutige Riege unter dem medialen Druck von „Merkel streichelt“ und „tausende Flüchtlinge am Bahnhof Budapest“ anders gehandelt hätten als Angela Merkel. Alice Weidel zeigt sich opportunistisch. In der Debatte mit Wahrenknecht sprach sie sich gegen Waffenlieferungen an Israel aus. Sie ist eben der Meinung, dass sich die vermeintlich dummen Deutschen sowieso nur für diese oder jene Phrasendrescherei interessieren.

    „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ ist natürlich kein echtes Zitat von Adenauer, höchstens – wenn überhaupt – ein Scherz. Wir erleben einen echten Niedergang von Integrität und Qualtität in unserer politischen Führung.

  2. It’s Entertainment, Sweathart! Nothing else! Wahlkampf in Massendemokratien, eine Mischung aus Kirmes & Dschungelcamp für Couchpotatos. In den USA, die uns mit allem zehn Jahre, ne nur noch fünf Jahre, voraus sind, noch mehr als hierzulande. Zuckerschnute gegen Badboy, die zweite Staffel, Folge 9. Argumente? Wahrheit? Logik? Ah geh, nur Zuckerwatte schlagen von morgens bis abends auf allen Kanälen. Und die Masse schaut gelangweilt weg oder mosert sogar rum. Die Originale sind irgendwie spannender. Aber, wenn die Umfragen, wohlgemerkt die adjustierten, bei 50:50 liegen, scheint Darth Vader sich noch nicht entschieden zu haben. Insofern sollten Sie nicht die 10. Folge verpassen! Sie wird sich über zwei Monate hinziehen und es sei jetzt schon verraten, der Claim ist: Wo sind die Stimmzettel? Damit wird diese letzte Folge viel spannender als vor fünf Jahren, wo man die Stimmzettel nur vier Wochen zählte. Regie führt übrigens Nancy Pelosi, die schon so viele erfolgreiche Serien gedreht hat! – Disclaimer für alle Trusted Flagger: Dies ist Satire. Alle Verbindungen mit der Realität sind rein zufällig.

  3. “ Ob die Wähler, welche mehrheitlich genug haben von der Biden-Regierung, denselben Fehler noch einmal machen?“
    Ich gehe nicht davon aus das die Mehrheit genug von der aktuellen Regierung hat. Schließlich besteht die Bevölkerungsmasse jeder Population zu mindestens 80% aus völlig bewusstlos (im tiefsten Sinne des Wortes) vor sich hin metabolisierenden Bioautomaten. Deren intellektuelle Leistungsfähigkeit unterscheidet sich nur höchst marginal von der einer Blaualge und wird höchstens von ihrem genetisch determinierten Helotentum in den Schatten gestellt.

    Die Front aus grünen Khmer und Woko-Haram, (vulgo „Progressiv“) die in den USA unter dem Titel „Demokraten“ geführt werden, haben das begriffen. Der Normalo ist nicht blöd, sondern blöder. Und zwar egal wie tief man das Niveau für blöd ansetzt.

    P.S.: Es gibt ja diesen blöden Satz das man nicht alle auf Dauer bescheißen kann. Vielleicht nicht alle, aber die überwältigende Mehrheit sehr wohl. Und das ist noch nicht mal besonders schwer.

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