Das Jubeljahr der Lutheraner ist mir ein Rätsel. Besonders seine Lage im Kalender. Es startete ein knappes Jahr vor dem Ereignis, dass eigentlich gefeiert werden soll mit dem Sonnengruß von Margot Käßmann zum Jahreswechsel 2016/17 an der Datumsgrenze. Die Zeit lief also gewissermaßen rückwärts und war nach den fulminanten Feierlichkeiten am 31.Oktober 2017 eigentlich schon wieder vorbei. Das kann man bedauern, besonders deshalb, weil es in den zehn Monaten die das Jubeljahr dauerte, niemand fertiggebracht hat, eine zeitgenössische Interpretation des konstituierenden Aktes in die Wege zu leiten. Zum Beispiel indem man die 146 Artikel des Grundgesetzes an die Tür des Kanzleramtes nagelt. Doch in alter Luther-Manier wollte man es sich nicht mit den Fürsten verderben, die noch dazu großzügig die Steuerzahler des Sprengels Deutschland für die Festivitäten zur Kasse gebeten haben, um bei der Finanzierung der Gaudi mitzuhelfen.

Und wir bekommen ja auch was für’s Geld! Die Leser der „Neuen Presse“ Hannover zum Beispiel erhielten das evangelische Magazin „chrismon spezial“ als kostenlose Sonderbeilage zum Reformationstag. Aber was heißt schon kostenlos! Bereits eine ganzseitige Anzeige des ZDF auf Seite sieben sagt mir, dass neben dem Steuerzahler und dem Kirchensteuerzahler auch der GEZ-Zahler sein Scherflein beigetragen hat. Doch lassen wir die finanzielle Haarspalterei, denn ich las das Heftchen nicht, um die Verwendung meiner Fernsehgebühren zu überprüfen, sondern weil es mir von jemandem, der im Unterschied zu mir sogar Kirchensteuer zahlt, mit den Worten „Lies das mal, ich bin kurz vor’m Platzen! Die woll’n mich wohl verarschen!“ in die Hand gedrückt wurde. Aufgeschlagen war die Seite mit dem Leitartikel und es lächelten mir der EKD Ratsvorsitzende Bischof Heinrich Bedford-Strohm, Studentin der Literaturwissenschaft Sofie Mörchen und Theologe Julian-Christopher Marx entgegen, die dem Blatt ein gemeinsames Interview mit dem Titel „Wir wollen Visionen, kein ewiges Hin und Her“ gaben.

Schon der Titel ist unglücklich gewählt, wollen doch gerade Studenten und junge Sozialwissenschaftler oft beides: Visionen und ewiges Hin und Her. Aber in dem Artikel ging es nicht um die Legalisierung von Cannabis oder freie Liebe. Um Glaube, evangelische Kirche, die Lebenswirklichkeit der Gemeindemitglieder, Kirchenaustritte, Luther, Reformation oder deren Jubiläum ging es aber auch nicht. Es ging, sie werden es kaum glauben, vor allem um den Klimawandel!

Sag mir, was gewesen sein wird

Chrismon möchte gleich zu Anfang von den Interviewpartnern wissen, wie denn die Zukunft in 20 Jahren aussehen werde. Eine Frage, an der selbst Zukunftsforscher immer wieder so kläglich scheitern, wie Meteorologen am Wetter der nächsten Woche. Doch Sofie Mörchen kennt die Antwort: „Es ist endlich etwas gegen die Klima­erwärmung passiert!“. Ich frage zurück: „Und, wird’s was genützt haben?“, aber da das Interview ja schon gedruckt ist, erhalte ich keine Antwort. Die kann ich jedoch ahnen und erfahre gleich zu Beginn, was Richtung und Zweck dieses mehrseitigen Interviews sein wird: Kirche ist Politik, Politik ist alles, alle müssen Partei ergreifen – Kirche ist Partei! Klimapartei!

Während die Grünen in den letzten Jahren den Weg von einer Partei zu einer Glaubensgemeinschaft dogmatischer Prägung im Eiltempo zurückgelegt haben, geht die evangelische Kirche in Deutschland den entgegengesetzten Weg – sie möchte Partei sein: Und da Religion ein Minenfeld ist, sucht man sich lieber ein Parteiprogramm mit großem Konsenspotenzial: die Klimaerwärmung. Und die Migration, denn Marx’ Zukunftsvision sagt, dass „[…] wir in Europa eine gemeinsame Linie gefunden haben [werden], mit der weltweiten Migra­tion umzugehen.“

Was waren das doch für goldene Zeiten, in denen die Kandidatinnen einer „Miss America Wahl“, nach ihren Träumen befragt, nur so realistische Ideen wie „Weltfrieden“ äußerten! Heutige Weltverbesserer kühlen das Klima auf den von Gott vorherbestimmten idealen mittleren Wert, lassen Europa das Problem der weltweiten Migration lösen und regulieren als nächstes die Rotationsgeschwindigkeit der Milchstraße, womöglich durch einen Hungerstreik. Wann sind eigentlich aus gläubigen, fatalistischen Christen omnipotente Ich-glaube-also-weiß-ich geworden? Sind anmaßende, großspurige Allmachtsphantasien nicht die Sache von uns Atheisten, die keine relativierende, erratische und sich der Erkenntnis entziehende Instanz über sich dulden?

Bischof Bedford-Strohm ist jedenfalls ganz der Meinung von Marx & Mörchen und möchte wissen, was die Kirche beitragen kann. Was jetzt folgt, ist die übliche rhetorisch-kausale Abwärtsspirale aus Kirche ist nah, Politik ist fern. Kirche versteht, Politik nicht. Mit Parteien können junge Leute nichts anfangen, aber Kirche…doch hier bekommt das Argument einen Knax, weil der Bischof es gleich vereinnahmt: „Wir alle sind Politik. Und wer sich nicht einmischt und selber einsetzt, der soll sich auch nicht vom Sofa aus beklagen.“

In dieser Aussage stecken Überheblichkeit und Lüge: Die Überheblichkeit zeigt sich im konkreten Fall nämlich immer dann, wenn das „einmischen“ nicht in den gewünschten Bahnen erfolgt oder den offiziell verordneten Losungen widerspricht. Und die Lüge wiegt noch schwerer. Denn nirgends in unserer Verfassung steht geschrieben, dass „beklagen“ nur demjenigen zustünde, der sich „selbst einsetzt“. Dieser Mitmachfetisch ist ein Merkmal von Diktaturen, weil diese ein vitales Interesse daran haben, dass der Dreck ihrer Fehler möglichst unter jedem Fingernagel klebt: Mitgegangen – Mitgehangen!

Mitgehen ist auch das Thema der ev. Kirche in Sachen Klimawandel. Bedford-Strohm beschäftige die „Klimafrage“ seit er studiert habe. „Es war für mich ein besonderer Moment im Leben, als ich vor zwei Jahren Schirmherr des öku­­menischen Pilgerwegs nach Paris war.“ Die Klimapilger sind übrigens gerade wieder unterwegs, diesmal nach Bonn, wo die diesjährige Synode Klimakonferenz stattfindet. Pilgern, das war in der Neuzeit und bis vor kurzem ein Mittel der inneren Einkehr, Entschleunigung und Sinnsuche – heute überwölbt eine zumindest fragwürdige politische Agenda eine Veranstaltung, die von den Kirchen zu einer Art „Open Air Gottesdienst“ für den richtigen Zweck erklärt wird. Und während Jesus auf dem Weg seine Gefolgsleute unterrichten, Kranke heilen und Tote erwecken würde, rennen seine Schäflein heute der Agenda einer internationalen Gruppe politischer Scharlatane hinterher, die alle Jahre wieder ein komplett überflüssiges Konzil abhalten, gegen welches das Konzil von Konstanz die klimatische Bescheidenheit des Jahrestreffens eines Taubenzüchtervereins hat. Die Kirchen – die deutschen vorneweg – bilden gern das gesellschaftlich schmückende Beiwerk, singt den Klimarettern ein „Te deum“ und Bedford-Strohm ist ob so viel Volontarismus doch tatsächlich noch erstaunt, dass Christina Figueres, die Chefin des Klimabüros in Paris, zu Tränen gerührt war. Zumindest ein Ziel ist mit dem Klimapilgern erreicht: die „ökologische Umstellung unserer Mobilität“, welche Bedford-Strohm fordert. Denn mehr als laufen ist gemäß der neuen Religion einfach nicht drin.

Wo man ein schlechtes Gewissen braucht, ist Afrika nicht weit

Klimatisch düsteres weiß der Bischof Bedford-Strohm aus Tansania zu berichten, das er unlängst besuchte. Doch wenn er den CO2-Ausstoß des Landes (0,2 Tonnen pro Jahr und Einwohner) mit dem Deutschlands (10 Tonnen) oder der USA (16 Tonnen) vergleicht, stellt sich da wirklich die Frage „Ist das gerecht?“ Allein die Reisen der Teilnehmer der nächsten Klimakonferenz schlagen mit so vielen Tonnen CO2 ins Kontor, dass es wohl reichen könnte, Tansania 50 Jahre in die Zukunft zu katapultieren. Allein schon die 4,9 Tonnen CO2, die dem Bischof für seine Reise nach Afrika angerechnet werden müssen, heben ihn deutlich über den deutschen Durchschnitt und machen seinen Ruf nach Klima-Gerechtigkeit zum leeren Gerede, oder, um es mit Heine und somit besser auszudrücken:

Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.
Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.

Tansania zählt dabei noch zu den afrikanischen Ländern, denen es vergleichsweise gut geht. So gut, dass es sich wie viele andere Staaten der Region eine blühende Korruption leisten kann und seinen Parlamentsabgeordneten fürstliche Diäten zahlt, die mit $ 7.200 pro Monat etwa dreimal so hoch ausfallen, wie in Spanien. Auch dahin fließt letztlich das Geld der Entwicklungsprojekte, von denen Bedford-Strohm sprach.

Betrachtet man die Aufmerksamkeit, welche das neue Lieblingsthema der evangelischen Kirche von seinen Repräsentanten und Adepten erhält, könnte man denken, es könne kaum besser laufen. Denn offenbar sind für den Bischof Themen wie Kirchenaustritte, eine zunehmende Verrohung unserer Gesellschaft durch die Ausbreitung einer anderen, weniger kooperativen Religion nicht die Felder, die man im Jubeljahr beackern muss. Und doch sieht Bedford-Strohm Anlass zur Klage: „Wenn die Kirche zu einem Themenabend einlädt „Was kommt nach dem Tod?“, dann sind die Säle voll. Machen wir eine Veranstaltung zum Klimawandel, kommen deutlich weniger.“ Ich sag’s ja nur ungern, aber warum wundert sich der Zimmermann, dass man sein Brot nicht kauft? Fehlt ihm womöglich die Expertise als Bäcker? Glaubt der Bischof wirklich, die Menschen suchen in der Kirche Antworten auf den Klimawandel, statt Halt und Trost im Glauben? Denkt er ernsthaft, ein Thema, dass von beinahe allen politischen Kräften und fast allen Medien tagtäglich mit größter Kraft gegeißelt wird, muss nun auch noch von seiner Kirche erschlagen werden?

Es sieht jedoch so aus, als habe er in tatsächlichen Glaubensfragen längst kapituliert. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Gläubigen nicht mal von einem Bischof eine klare, der Selbstvergewisserung dienliche Aussage zum Islam erhalten? Bedford-Strohm: „Auch im Islam gibt es starke Kräfte, die für diesen Grundkonsens [Menscherechte] eintreten. Verteufeln wir den Islam als Ganzes, setzen wir auch seine Modernisierer schachmatt.“ Was der Islam unter Menschenrechten versteht, haben seine „starken Kräfte“ in der Kairoer Erklärung in der Tat klar formuliert.

Dort steht, dass die Scharia der Kit sei, der die Menschheit zusammenhalten soll und dass es außerhalb der Scharia keine Menschenrechte gebe. Sucht Bedford-Strohm dort die „Modernisierer“ des Islam? Denn alle wirklichen Modernisierer werden von den Vertretern ihrer Religion früher oder später aus dem Islam hinausgedrängt, wo sie dann als „Nestbeschmutzer“ und „Apostaten“ auch den Respekt der Kirchen verlieren und schachmatt gesetzt werden. Ein Bischof, dessen Kirche von einem exkommunizierten Mönch gegründet wurde, sollte eigentlich wissen, dass eine erstarrte, verknöcherte Religion nicht von innen reformiert werden kann. Ex-Muslime, die dies folgerichtig von außen tun wollen, erfahren in unserer Gesellschaft jedoch keine Unterstützung, weil uns das zu gefährlich ist.

Und Mörchen springt dem Bischoff noch sekundierend zur Seite: „Nicht zu vergessen: Opfer des islamischen Terrors sind hauptsächlich Muslime. Das hat doch Gründe. Woher kommt der Terror überhaupt? Sind wir im Westen daran ganz unschuldig? Ich denke nicht. Darüber müssen wir ehrlich reden.“ Einfältiges Mörchen! Solche Äußerungen kämen dir sicher nicht in den Sinn, ginge es um Todesopfer in einer Auseinandersetzung zweier mexikanischer Drogenkartelle – die meisten Todesopfer dort sind nämlich üblicherweise Bandenmitglieder. Spricht diese Tatsache die Banden etwa von ihrer Verantwortung frei? Die Tatsache, dass die meisten Opfer des islamischen Terrors Muslime sind, zeigt doch nur, wo der Terror zuhause ist: in muslimischen Gesellschaften!

Quo vadis, Kirchen-Reichweite?

Der Theologe Marx steuert schließlich einen Satz bei, der meiner Meinung nach perfekt das Dilemma aufzeigt, in das sich die ev. Kirche selbst gebracht hat: „Die christliche Religion muss anschlussfähig sein für die religiös Indifferenten.“ – denn genau das muss sie nicht! Ich will nicht, dass die Kirche mir nachsteigt und versucht, mich mit areligiösen Themen zu ködern! Gut, mit religiösen Themen klappt das bei mir auch nicht, aber wenn Marx anmahnt, dies zudem „…nicht mit einer theologisch verquasten Sprache [zu tun], die unversehens von bestimmten Glaubenswahrheiten ausgeht: ­Jesus Christus, der Erlöser, die Sünde, das ewige Leben…“ und der Bischof hier nicht gleich Einspruch erhebt, scheint es mit dem Markenkern der Protestanten heute nicht mehr weit her zu sein. Bedford-Strohm begibt sich lieber auf vermintes Gelände: „Gestern haben wir in einem ökumenischen Gottesdienst uns alle an den Händen gehalten, beim Vaterunser die Hände nach oben gestreckt. Solche Formen von Körperlichkeit gehören dazu. Oder dass dir jemand ein Kreuz auf die Stirn malt.“ Davon kann ich nur abraten, Herr Bischof. In Zeiten, in denen jede körperliche Berührung auch nachträglich umgedeutet, aufgewertet und per Hashtag sanktioniert werden kann, sollte man jeden körperlichen Kontakt, zumal wenn er in einem gruppendynamischen Umfeld evoziert ist, tunlichst vermeiden. Hollywood dreht gerade durch, britische Politiker stürzen über „Hand am Knie“ und deutsche Ex-Botschafter machen Staatssekretärinnen mit Aufmerksamkeitsdefizit Komplimente, die diese zu sexuellen Übertretungen aufblasen.

Ich denke, genau dieser Aspekt menschlichen Zusammenlebens, nämlich einige moralische Grundprinzipien alltäglicher menschlicher Begegnungen im öffentlichen und privaten Raum, sind früher maßgeblich durch kirchliche Definition und Sanktion stark beeinflusst worden. Doch wahrscheinlich weil die Kirchen in der jüngeren Vergangenheit aufgrund diverser moralisch relevanter Skandale auf diesem Feld kläglich versagt haben, verabschiedete man sich gleich ganz aus dem Minenfeld zwischenmenschlicher Interaktion und suchte sich als Ersatz abgehobene Meta-Ebenen wie den Klimawandel zur Sinngebung. Doch brauchen wir in der Klimawandelreligion wirklich weitere Prediger? Oder noch eine weitere Grüne Partei? Diese Fragen möge sich jeder selbst beantworten. Ich jedenfalls werde das mir unverhofft zugelaufene Exemplar „chrismon spezial“ gut und klimawandelsicher aufbewahren. Nur für den Fall, dass in zwanzig Jahren mal jemand von mir wissen möchte, wie es zum Untergang der evangelischen Kirche kommen konnte.

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14 Kommentare

  1. Die Leserbriefschreiber vom 4. 11. 2017 veranlassen mich zu dieser Anmerkung.
    Der Kritik von Roger Letsch in Sachen Bedford – Strohm ist zuzustimmen und wenig hinzuzufügen. Seid dieser ausgerechnet auf dem Tempelberg sein Biscħofskreuz aus vorauseilendem Gehorsam verleugnete und dies peinlich begründete ist er für mich als EKD – Ratsvorsitzender meiner Kirche obsolet. Ja, Sie lesen lesen richtig: Meiner Kirche. In manchen Ohren mag das heute wie ein heikles „Outing “ klingen, aber wie auch Deutschland mein Land bleibt, obwohl es derzeit merkelisiert ist, so bleibt meine Kirche meine Kirche. Trotz alledem.
    Wenn Bedford – Strohm womöglich für Terroristen betet – oder Frau Käßmann ? – und sich um die „Modernisierer“ des Islam Sorgen macht, dann ist das seine Privatangelegenheit. (Dass letztere deshalb aus dem Islam gedrängt würden und dann den Respekt der Kirchen verlören, ist eine fragwürdige These. )
    Bedford – Strohm & Co. haben die naive Hoffnung jetzt oder früher oder später mit dem Islam auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Mit Unterwerfungsgesten ( Tempelberg) und Toleranzappellen versuchen sie ihn milde zu stimmen und biedern sich einer Ideologie an, für die sie b e s t e n f a l l s als Ungläubige gelten.
    Da die Resonanz in der EKD auf die Islam – Debatte, vorsichtig ausgedrückt, verhalten ist und ein Christ großen Wert auf den Erhalt der Schöpfung legt, versuchen einige Kirchenführer mit der „Klimawandel – Religion“ zu punkten. Die Grün – Ideologisierung dieses Themas stößt allerdings einen lutherischen Protestanten eher ab. Das Dilemma ist die Tatsache, dass die Kirche tatsächlich zu oft vor Glaubensfragen kapituliert und die Verkündigung vernachlässigt.
    Wenn allerdings – so der Tenor der o. g. Leserbriefschreiber – die Kirche als überholte Institution aus der Vergangenheit abgekanzelt und der Austritt als einzige Option angepriesen wird, so darf man fragen: Womit – um Himmels Willen ! – können wir dem Islam ernsthaft und glaubensgestützt entgegen treten ?
    Das Lutherjahr hat uns und der Kirche durchaus „Amtshilfe“ gewährt. Man musste sie nur suchen und finden.
    Schlussbemerkung :
    Das Lamentieren über die leeren Kirchen als Pauschalsymptom bringt nichts und ist durchaus nicht angebracht.
    In meiner Gemeinde war am 31. Oktober – dem Reformationsjubiläum – kein unbesetzter Platz mehr zu finden.
    Dirk Jungnickel

    (Hatte den Leserbrief leider auf der Achse 5 Minuten zu spät eingereicht.)

    • Bei mir ist es nie zu spät. 😉
      Die Sache mit den abgelegten Kreuzen empfand ich übrigens als unprovozierte Unterwerfungsgeste unter den Islam. JEDER Christ, mit dem ich darüber sprach – und viele hörten und sahen das Gebaren ihrer geistlichen Fürsten bei der Gelegenheit zum ersten mal – sah das genauso!

      • Yep. Sogar ich als Jude finde dieses ostentativ-feige Ablegen eines Kreuzes unter aller Kanone.
        Soviel Antichristlichkeit und Selbsthass bei einem Berufschristen!, ah, wie abstoßend kläglich.

  2. Ich bekenne mich zum Glauben an Gott, Schöpfer der Universums, und Jesus Christus, seinen Sohn und ihm gleich. Ich denke, dass man dies auch heute guten Gewissens in intellektueller Redlichkeit auch tun kann, wiewohl es keine zwingenden Gründe gibt, genau das zu glauben. Darum wäre ich sehr froh, wenn diese Glaubensinhalte auch adäquat in der Kirche gelehrt würden. In der EKD und auch in der RKK sehe ich das zur Zeit nicht mehr. Wenn ich noch in einer der Großkirchen wäre, würde ich sofort austreten. Ich erkenne hierin nicht mehr einer Repräsentanz christlichen Glaubens. Ich will mich auch nicht zu einer absurden Klimareligion bekennen, die eben nicht intellektuell redlich vertretbar ist. Wäre Luther unter uns, würde er sicher ebenso aus dieser Kirche austreten, die ihr Kernanliegen verraten hat.

    • Ja, der Luther würde die protestantische Kirche sofort reformieren, aber sowas von. Er würde den nötigen Judenhass sorrforrt wieder einführen, weil der ja apostolisch ist (der modernistische Israelhass ist solches ist das aber nicht), und er würde die Klimaidee als Teufelswerk bezeichnen, weil es bloß darauf ankomme, ob man Gnade abkriege, und wenn nicht, warum nicht.

      Fürwahr auf großartigste Weise würde Luther die Käßmännische Sonnenklimakirche wieder regothisieren.

      • Was soll denn das? Luthers Anliegen war der Glaube an den gnädigen Gott, der in Jesus uns das Heil erwirkt. Das hat sein Leben und seine Reformation geprägt, denn das fand er in der RKK nicht mehr. Heute ist die EKD auch vom Kurs abgekommen und hat sich fremden Unheilslehren geöffnet. Was Luther vom Klimawandel gehalten hätte, weiß ich nicht. Er hätte auf jeden Fall feststellen müssen, dass dies mit der Kernbotschaft des NT nichts mehr zu tun hat.

        Bezüglich des Judenhass und seiner Ausfälle gegen Bauern: Luther ist wahrlich nicht über Kritik erhaben, aber er war auch Kind seiner Zeit. Er leitete großes für die Geistesgeschichte, aber er schrieb auch Dinge, die wir zu Recht verabscheuen. Ohne den Zeitbezug würde es für eine Empörung reichen. Aber wer wird denn Anachronist sein wollen?

        • Nein, Luther war in puncto Vernichtungsaufrufen gegen die Juden und in puncto Hass auf Bauern ja durchaus kein „Kind seiner Zeit“, sondern der stiernackigste Scharfmacher seiner Zeit, Herr Landvoigt.
          Humanisten also wahre Kinder jener Zeit wie Erasmus von Rotterdam oder Johannes Reuchlin sahen das völlig anders, aber sie waren eben nicht laut, grob und skrupellos genug, um Wellen von Gewalt zu entfachen. Luther konnte das viel besser.

  3. Dankeschön für diesen kritischen Text zu einer bizarren Realitätsferne, mit deren Auswirkungen auch der Atheist und Naturwissenschhaftler leben muss. Der Begriff „Klimakirche“ bringt wohl viele Auswüchse hervor, erwartbar noch bizarrere, dieser ist besonders widerwärtig. Gleichwohl bin ich dankbar, meine Erfahrungen mit einer Kirchenobrigkeit bestätigt zu sehen, die sich nirgends wohler fühlte als in Stromlinie zur Politbürokratie. Besonders übel, wenn sich Bischöfe und andere Würdenträger nach dem Kollaps von Diktaturen die Verdienste der wenigen im Widerstand befindlichen schwarzen Schafe und Hirten zurechnen und sich als „innere Widerständler“ outen, die unter Schmerzen auch schon einmal Privilegien am Tisch der Herrschenden erdulden mussten. Glaube, Spiritualität, Religion: Sie sind mit dieser Art „Frömmigkeit“ so wenig vereinbar, wie Grundregeln von Wissenschaft und Kunst. Die Ketzer werden diesen Kirchen niemals ausgehen.

  4. Auf einen Beschwerdebrief über dieses Heft „chrismon“, das notgedrungen an vielen Stellen herumliegt, bekam ich neben ausschließlich Versatzbausteinen die substanzielle Antwort, dass bei einer Auflage von 7 Millionen, sehr viel Werbung nötig sei. Wie viele Bäume mussten dafür gefällt werden?

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